Kategorien
Musik Digital

Something That I Didn’t Want To Know

Das Inter­net sorgt mit sei­ner stän­di­gen Ver­füg­bar­keit von unter­schied­lichs­ten Musi­ken bekannt­lich für eine immer stär­ke­re Indi­vi­dua­li­sie­rung des Musik­ge­schmacks. Der Ein­fluss der gro­ßen Plat­ten­fir­men geht zurück, jeder hört nur noch das, was ihm gefällt und was er irgend­wo ent­deckt hat. So weit die Theo­rie.

Wenn sich die Men­schen im Inter­net aber mal auf einen gemein­sa­men Song eini­gen kön­nen, dann rich­tig: Seit Wochen pos­ten mei­ne Face­book-Kon­tak­te jed­we­den Alters, Musik­ge­schmacks und jed­we­der sexu­el­ler Ori­en­tie­rung immer wie­der ein Musik­vi­deo. Gefühlt müs­sen alle aktu­ell 255 Freun­de den Clip min­des­tens zwei Mal „geteilt“ haben.

Da ich nicht jedes Video anschaue und jeden Song anhö­re, den irgend­je­mand bei Face­book gepos­tet hat, ging der Song anfangs an mir vor­bei. Gehört hab ich ihn tat­säch­lich das ers­te Mal im Radio, als alle ande­ren schon mit­sin­gen konn­ten, auch wenn ich Song und Video-Posts erst anschlie­ßend in Ver­bin­dung zuein­an­der set­zen konn­te:

Ich mag „Some­bo­dy That I Used To Know“ von Gotye nicht beson­ders. ((Das Video habe ich gera­de für die­sen Arti­kel tat­säch­lich zum ers­ten Mal gese­hen und ich mag es noch viel, viel weni­ger. Das sieht ja aus, als sei es von den ält­li­chen Haus­frau­en gedreht wor­den, die sonst Stepp­de­cken für die Wän­de von Pfarr­ge­mein­de­häu­sern und Arzt­pra­xen­war­te­zim­mern quil­ten!)) Den Refrain fin­de ich sehr anstren­gend und der ech­te Peter Gabri­el hät­te das schö­ner hin­be­kom­men. Aber ich will nicht aus­schlie­ßen, dass mei­ne Ableh­nung nicht allein auf dem Song selbst beruht, son­dern auch auf dem merk­wür­di­gen Hype, der ihn beglei­tet.

Ich habe näm­lich fest­ge­stellt, dass, wenn nur genug Men­schen in einem kur­zen Zeit­raum ein Video, einen Arti­kel oder ähn­li­ches, das ich noch nicht ken­ne, auf Face­book geteilt haben, ich kein Inter­es­se mehr dar­an habe, es über­haupt ken­nen­zu­ler­nen. Es ist qua­si ein inne­rer Back­lash, der eigent­lich ein Prelash ist. Ich nen­ne es: das „Videogames“-Paradox.

Denn auch Lana Del Reys Debüt­sin­gle hat einen der­ar­ti­gen Marsch durch alle Insti­tu­tio­nen hin­ter sich, dass mich Nach­fol­ge­sin­gles und Album gar nicht mehr inter­es­sie­ren – dabei moch­te ich den Song anfangs sogar.

Ich kann gar nicht erklä­ren, war­um sich man­che Lie­der so schnell „abnut­zen“, ande­re schon vor dem Hören ner­ven und wie­der ande­re mit jedem Mal bes­ser wer­den. „We Found Love“ von Rihan­na und Cal­vin Har­ris lie­be ich zum Bei­spiel umso mehr, je öfter ich es höre (und ich fand’s von Anfang an spit­zen­mä­ßig).

Bemer­kens­wert ist aber noch etwas: Auch wenn ich glau­be, dass sich Hits nicht mit letz­ter Gewiss­heit pla­nen las­sen, wenn ich zuge­be, dass „Some­bo­dy That I Used To Know“ und „Video­ga­mes“ bei­des sehr unwahr­schein­li­che Hits (Num­mer-Eins-Hits in Deutsch­land gar) sind, und ich aner­ken­ne, dass bei­de Songs in über­ra­schen­dem Maße alle Alters­grup­pen und sozia­len Schich­ten errei­chen – bei­de erschei­nen beim bei­na­he letz­ten exis­tie­ren­den Major­la­bel Uni­ver­sal.

Kategorien
Musik Digital

Von der Muse geleckt

In den Abend­stun­den des 27. Sep­tem­ber 2009 zwei­fel­te ich am Kon­zept der Demo­kra­tie. Ich fuhr mit dem Zug durch die Land­schaft, aber weder der wun­der­schö­ne Son­nen­un­ter­gang noch die wei­ten Wie­sen und Fel­der konn­ten dar­über hin­weg­täu­schen, dass Deutsch­land von einem Moment auf den ande­ren häss­lich gewor­den war. Das Volk hat­te eine schwarz-gel­be Koali­ti­on gewählt – bzw. wie Die­ter Nuhr sag­te: „Die CDU hat nicht gewon­nen, sie ist nur übrig geblie­ben!“

Als ich heu­te die Aus­wer­tung unse­rer Leser­wahl auf­rief, fühl­te ich mich ähn­lich.

Ich mei­ne: Muse?! Wirk­lich?! Muse?!

War­um nicht gleich Nickel­back oder Revol­ver­held? Das wäre wenigs­tens auf­rich­tig schlecht gewe­sen.

Aber nun gut: Über Geschmack soll man nicht strei­ten, da hat halt ein Teil der Leser­schaft ein­fach kei­nen. Egal.

Mit dem Rest kann ich im Gro­ßen und Gan­zen ganz gut leben, also dür­fen Sie die Lis­ten jetzt auch sehen.

Und zwar hier.

Die Gewin­ner unse­rer Ver­lo­sun­gen wur­den schon benach­rich­tigt.