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Sport

Abseitige Klagen

“Das nicht gegebene Tor war der Knackpunkt des Spiels. Das Spiel wäre ganz anders gelaufen. Die Deutschen haben ein gutes Team mit viel Qualität. Sie haben eine gute Chance, die WM zu gewinnen.”

Soweit der englische Mittelfeldspieler James Milner laut “FR Online”.

Trainer Fabio Capello äußerte sich demnach wie folgt:

“Es wäre für uns sehr wichtig gewesen, dass zweite Tor anerkannt zu bekommen. Ich verstehe nicht, warum wor in unser heutigen Zeit mit soviel Technologie immer noch über solche Dinge reden müssen. Ich glaube, dass wir nach dem 1:2 gut gespielt haben. Es hätte 2:2 stehen müssen. Was danach passiert, war enttäuschend aufgrund der Fehler. Die Deutschen haben ihre Konter sehr gut gefahren. Deutschland ist eine große Mannschaft und hat gut gespielt, wir haben Fehler gemacht, aber der Schiedsrichter hat einen noch größeren gemacht. Aber das ist Fußball.”

Werfen wir nun einen Blick auf die “Stimmen zum Spiel” auf der offiziellen Website des Fußballweltverbands FIFA:

Dort sagt Milner vollständig:

“Die Deutschen haben ein gutes Team mit viel Qualität. Sie haben eine gute Chance, die WM zu gewinnen.”

Und Capello doziert:

“Wir haben gut gespielt, Deutschland ist eine der größten Mannschaften hier. Wir haben einige Fehler gemacht, die haben sie mit Kontern ausgenutzt. Die kleinen Dinge entscheiden immer über die Ergebnisse. Nach dem dritten Gegentor waren wir etwas niedergeschlagen. Der Fehler war, nach eingenem Freistoß den Konter zum Tor zu bekommen.”

Mit keinem Wort geht die FIFA auf das nicht gegebene Tor für England ein und auch zum Spiel Argentinien gegen Mexiko gibt es auf fifa.com keinerlei Kritik am Schiedsrichter, der ein Tor für Argentinien gegeben hatte, nachdem er auf der Stadionleinwand gesehen hatte, dass es eindeutig Abseits war.

Offenbar sieht die FIFA noch schlechter als die Schiedsrichter, die sie bei dieser WM einsetzt.

Mit Dank auch an Sebastian.

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Digital Sport

Gunter Sachs will längere Latte

Die Nichtmeldung des Jahrzehnts entnehmen wir heute – Wer hätte das gedacht? – “RP Online”:

Sieben Zentimeter pro Seite: Playboy-Legende fordert größere Tore. Düsseldorf (RPO). Fotograf Gunter Sachs fordert eine Vergrößerung der Fußball-Tore, damit die Torausbeute wieder in die Höhe geht. Die Playboy-Legende will die Tore um sieben Zentimeter an beiden Seiten und um neun Zentimeter nach oben ausweiten.

Eingesandt von Diamandis.

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Musik Sport

Fähnchen im Wind

Eines der besten Alben des vergangenen Jahres ist ganz klar “Troubadour” von K’naan. Dieses phänomenale Hip-Hop-Album des gebürtigen Somaliers hat es hier im Blog auf keine Liste geschafft, weil ich es (wie üblich) zu spät entdeckt habe — seine Tauglichkeit als Renovierungs- und Umzugssoundtrack hat es im Januar dann aber voll unter Beweis gestellt.

Zu den besten Songs des Albums zählt dieser hier, “Wavin’ Flag”:

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Als ich hörte, dass “Wavin’ Flag” die Hymne der Fußball-WM werden soll, dachte ich: “Geil. Endlich mal nicht so ein aufgedrückter Mist wie Anastacia (2002) oder so ein halbgares Amalgam wie bei Herbert Grönemeyer (2006), sondern ein junger, aufstrebender Künstler mit einer Botschaft!”, und ich sah die Menschen schon in den Straßen ihre Fahnen schwenken.

Nun ja: “Wavin’ Flag” ist der Werbesong eines Limonadenherstellers, der weder mit Afrika noch mit Fußball sonderlich viel am Hut hat, aber langjähriger Partner des Fußballweltverbands FIFA ist. Der Song bekam ein, zwei Makeovers verpasst, bis zum Beispiel das hier passierte:

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Aus dem Text wurden die allermeisten Verweise auf Armut, Hunger und Krieg getilgt, jetzt wird nur noch lustig gefeiert — das Spannungsfeld, das den Song mal ausgemacht hat, ist kaputt, dafür gibt es Nachschub für die Stadion-Mitgröl-Chöre. Das alles ist immer noch okay und besser als die Beiträge von Anastacia und – bei allem Respekt – Herbert Grönemeyer, nur irgendwie ist es auch ziemlich weichgespült, um auch ja in jedem Winkel der Welt gut rüberzukommen.

Wesentlich spannender ist da das Mixtape “The Messengers”, das K’naan gemeinsam mit J.Period zusammengestellt hat: Nacheinander werden Fela Kuti, Bob Marley und Bob Dylan gewürdigt, was – vor allem bei Dylan, der auf den ersten Blick nicht so ganz in die musikalische Linie passen will – großartig funktioniert.

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Print Sport

Ein Denkmal für Heiko Herrlich

Heiko Herrlich war der Größte. Zumindest war er einer der ganz Großen in der goldenen Bundesliga-Saison 94/95, als Borussia Mönchengladbach nahezu alles gelang. Mit Martin Dahlin bildete er den effektivsten Sturm der Liga und wurde am Ende Torschützenkönig. Beim DFB-Pokalfinale gegen den VfL Wolfsburg schossen die überragenden Männer der Saison die Tore: Dahlin, Stefan Effenberg und natürlich Heiko Herrlich. Es war die Krönung einer großartigen Saison und für einen elfjährigen Jungen im Berliner Olympiastadion war klar, dass es der Auftakt einer neuen Ära für die Borussen sein würde. Wir würden um die Meisterschaft mitspielen und ich würde später so von den Spielern sprechen, wie es mein Patenonkel von Netzer, Vogts, Heynckes und Kleff tat.

Heiko Herrlich war ein Verräter. Das Pokalfinale war sein letztes Spiel für Gladbach. Er wollte weg, ausgerechnet zur anderen Borussia, nach Dortmund. Für einen Elfjährigen, der gerade seine erste Saison als Fan hinter sich gebracht hatte, war es unvorstellbar, warum man Mönchengladbach überhaupt verlassen wollen würde — geschweige denn nach Dortmund und unter diesen Umständen. Dass sich Herrlich und die Vereinsführung vor Gericht wieder trafen, sprach damals eindeutig gegen den Spieler, der bestimmt eh nur auf Kohle aus war. Dann verschwand er aus meinem Focus.

Als ich wieder von ihm hörte, war Heiko Herrlich krank. Die verfickte Arschlochkrankheit Krebs. Am Tag nachdem er kahlköpfig eine Pressekonferenz gegeben hatte, fragte mich meine Mutter, ob ich die Bilder in der Zeitung gesehen hatte. Ich hatte Mitleid mit Heiko Herrlich und Respekt vor seinem Überlebenswillen. Menschenleben zählen dann eben doch viel, viel mehr als Fußball.

Was weiter mit Heiko Herrlich passierte, habe ich kaum mitbekommen. Musik war wichtiger geworden als Fußball und dass Herrlich sich im Training Nasen- und Jochbein gebrochen hatte, erfuhr ich erst Jahre später aus einer sehr berührenden SWR-Doku über den Spieler, der sich immer wieder zurückgekämpft hatte, bis ihm nach vielen Rückschlägen die Motivation ausging und er stattdessen Trainer wurde.

Im vergangenen Winter übernahm Heiko Herrlich den Trainerposten beim VfL Bochum und ich freute mich sogar ein bisschen, dass ich wieder mehr von ihm mitbekam. Die ersten Spiele liefen hervorragend, dann ging es bergab. Als ich vor zwei Wochen beim Spiel gegen den HSV im Stadion war, wurde der Name des Trainers bei der Mannschaftsvorstellung vorsichtshalber gar nicht erst aufgerufen. Bochum kämpfte, war aber abschlussschwach, als stünden Klose und Gomez im Sturm, und verlor letztlich unglücklich mit 1:2. Noch nie zuvor hatte ein Verein, dessentwegen ich im Stadion war, verloren.

Und dann letzten Mittwoch diese Pressekonferenz beim VfL: Heiko Herrlich, wieder eine Spur zu selbstbewusst und realitätsfern, teilte in alle Richtungen aus. Und als der “Bild”-Reporter, der Herrlich so konsequent anduzte, dass sich selbst Waldi Hartmann geschämt hätte, dem Trainer Selbstzweifel einreden wollte, legte Herrlich los — nicht laut wie Giovanni Trapattoni oder Thomas Doll, sondern ganz ruhig. Und jeder, der Eltern hat oder mal auf eine Schule gegangen ist, weiß: Das knallt viel mehr.

Heiko Herrlich hatte bei “Bild” eh nichts mehr zu verlieren und griff die Zeitung deshalb frontal an. Er erklärte, warum ihn “Bild” seines Erachtens runterschreibt (weil er nicht mit der Zeitung reden wollte, vgl. Jürgen Klinsmann), er nahm gleich den nächsten Schritt vorweg (“Und ich weiß auch, dass es da vielleicht ‘nen Bumerang gibt, ne?”) und er sagte, er werde “aufrichtig” bleiben. Und dann ließ er noch so ganz nebenbei den Namen Günter Wallraff fallen, was natürlich wieder so gar nicht zum Klischee des doofen Fußballers passte.

Herrlichs Nachsatz zum Thema ist in Marmor zu meißeln:

Und drücken Sie auf Aufnahme, dass ich’s meinen Kindern irgendwann zeigen kann: Euch gegenüber, Ihnen gegenüber bleib’ ich aufrichtig. Die werden stolz sein auf mich, irgendwann.

Es sind Momente wie diese, in denen sonst die Musik anschwillt und in denen Menschen auf Tische steigen und “Oh Käpt’n, mein Käpt’n” skandieren. Und es sind Momente, die bitte, bitte bleiben sollen, in Zeiten, in denen Leute wie Miriam Pielhau oder Matthias Steiner in “Bild” intimste Momente nach Schicksalsschlägen ausbreiten, und sich selbst Sibel Kekilli, die vor sechs Jahren im Zentrum einer “Bild”-Kampagne von historischem Ausmaß stand, mit dem Blatt versöhnt zu haben scheint.

Sportlich sieht es nicht gut aus für Heiko Herrlich (wofür man sich heute auch noch beim deutschen Meister VfL Wolfsburg bedanken kann, der ausgerechnet gegen den Bochumer Kellerkonkurrenten SC Freiburg verlieren musste), aber menschlich war sein Auftritt beeindruckend. Heiko Herrlich ist einer der Großen.

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Mit Dir sind wir vier

Gar nicht mal so selten (im Sinne von: “Wenn ich überhaupt mal etwas gefragt werde, dann …”) werde ich gefragt, wie man eigentlich so ein “Medienblogger” wird.

Das ist eigentlich ganz einfach: Eine Zeit lang muss man sehr aufmerksam durch die Welt gehen und allen Quatsch aufschreiben, der einem in die Finger kommt. Dann hat man irgendwann seine Leser, seinen Freundeskreis und seine Familie derart für die kleinen und großen Fehler der Medien sensibilisiert, dass man mit Einsendungen überhäuft wird und sie nur noch aufschreiben muss.

Eingesandt von meiner Mutter:

Ein anderer Trompeter begeisterte ebenfalls: Julian Wasserfuhr, der im Quartett mit seinem Bruder Roman am Piano auch Stücke aus dem gerade erschienenen, fantastischen gemeinsamen Album "Upgraded In Gothenburg" spielte. Die beiden noch jungen Musiker haben die Jazztradition begriffen und überführten sie behutsam in ihre eigene Musik, meist mit wundervollem Understatement.
(Neue Rhein/Ruhr Zeitung vom 22. September 2009)

Das erinnert natürlich fatal an die von Fritz Walter d.J. überlieferte Sentenz:

Der Jürgen Klinsmann und ich sind schon ein tolles Trio, …äh Quartett.

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Sport

It Ain’t Over ’til It’s Over

Wenn’s nach mir gegangen wäre, hätte die Bundesligasaison um 16:15 Uhr wirklich vorbei sein können:

1. Bundesliga, Tabelle: 1. Gladbach 3:0 Tore 3 Pkt

Es gibt Dinge, von denen eigentlich klar ist, dass man sie nie tun darf: Sich über ein Festival-Lineup freuen, bevor der Zeitplan raus ist (und man feststellt, dass alle Bands, die man sehen will, gleichzeitig spielen); den eigenen Freunden vor dem entscheidenden Date vom aktuellen love interest erzählen und Siege von Borussia Mönchengladbach vor dem Abpfiff feiern. Ich hab heute zur Abwechslung mal wieder letzteres getan.

Weil ich im Vorverkauf keine Karten für den Gladbacher Block gekriegt hatte, war ich heute auf gut Glück zum Ruhrstadion gefahren. Dort gab es tatsächlich noch Karten, aber eben nur für die Bochumer Kurve. Mit ungutem Gefühl meine Eignung als Undercover-Agent betreffend stellte ich mich also zwischen die Bochumer Fans (zu denen ich mich als Zugezogener an jedem anderen Spieltag auch zähle) und stellte mir die – wie ich annahm theoretische – Frage, ob ich bei möglichen Gladbacher Toren wohl ruhig bleiben könnte.

VfL Bochum -  Borussia Mönchengladbach 0:1

Die Frage wurde in der 19. Minute beantwortet: Ich konnte. (In der letzten Saison habe ich mir beim 1:0 der Gladbacher meine Stimme völlig ruiniert. Falscher Block hat also auch was für sich.) Etwas überraschend ging Gladbach, das die ersten fünf Minuten die interessante Spielvariante komplett ohne Mittelfeld ausprobiert hatte, durch Arango in Führung. Sieben Minuten später kesselte es erneut, die ersten Bochum-Fans verließen das Stadion und die Borussia tat etwas, wofür sie nicht unbedingt immer berühmt ist: sie spielte schönen und schlüssigen Offensiv-Fußball. Das 3:0 in der 41. Minute war die logische Folge und Mönchengladbach war Tabellenführer.

Bis hierhin waren die Borussen-Fans schon häufig die lauteren Anhänger gewesen, jetzt waren sie die einzigen. In der Bochumer Kurve richtete sich jener abgrundtiefe Hass, den man außerhalb von Fußballstadien nur in Terrorcamps und Musikforen im Internet findet, plötzlich gegen die eigene Mannschaft. Zu gern wäre man in der Halbzeitpause in der Kabine gewesen, um Marcel Koller bei seinem Wutanfall zu beobachten. Aber die “Highlights” der ersten Spielhälfte auf der Videoleinwand waren auch schon ein schöner Ersatz.

Nach der Pause fiel den Bochumer Spielern plötzlich wieder ein, warum sie eigentlich ins Stadion gekommen waren, und in der 51. Minute stand es 1:3. Was dann folgte, kann ich erst nach Sichtung der Fernsehbilder heute Abend verstehen: Es müssen maximal fünf Ballkontakte nach dem Wiederanpfiff gewesen sein und schon hatte Azaouagh zum zweiten Mal für die Bochumer getroffen. Da dämmerte mir, dass die erste Halbzeit ein Traum gewesen war und mich die Gladbacher gerade mit Holzhämmern zu wecken gedachten. Verkatert, mitten in der Nacht, an einem Ort, den ich nicht kannte. Und dann holte sich Dante in der 59. Minute eine der dämlichsten roten Karten der Fußballgeschichte ab und Borussia war zu zehnt.

Klar, dass vier Minuten später der Ausgleich fiel. In nicht mal einer Viertelstunde, die mir allerdings vorkam wie ein vierstündiger tschechischer Experimental-Film ohne Untertitel, war das komplette Spiel gekippt. In einem der wenigen Momente, in denen ich noch denken konnte, dachte ich: “Respekt, wie die Bochumer sich da noch mal aufgerappelt haben! Gladbach hätte ab einem 0:2-Rückstand nur noch auf Halten gespielt.” Ich wollte nach hause, aber ich durfte das Stadion auf keinen Fall verlassen, denn die letzte Hoffnung waren meine Serien: Noch nie hatte Gladbach verloren, als ich im Stadion war, und noch nie hatte Bochum etwas anderes als Unentschieden gespielt.

Irgendwann kamen die Gladbacher dann auch mal wieder ins Spiel und in die Nähe des Bochumer Tores. Zum Schluss hätte jede Mannschaft noch einen Siegtreffer landen können, aber für Bochum wäre er zugegebenermaßen etwas verdienter gewesen. Doch es blieb bei den sechs Toren, die natürlich allesamt auf der anderen Seite des Stadions gefallen waren. Der Abpfiff kam und ich war erleichtert, dass die Saison wenigstens nicht schon wieder mit einer Niederlage begonnen hatte. Jetzt nur schnell weg! Als ich zuhause aus der U-Bahn stieg, spielte die Shuffle-Funktion meines iPods “Don’t Look Back In Anger”.

Vielleicht war es aber auch ganz gut, dass das mit der Tabellenführung nichts wurde: Zum letzten Mal war Gladbach am ersten Spieltag der Saison 98/99 auf Platz 1 und stieg am Ende als 18. ab.

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Digital Sport

Die Meisterschaft ist quasi schon entschieden

Ja, das kann man natürlich nach dem ersten von 306 Bundesligaspielen schon mal machen:

Wolfsburg schon wieder Spitze

Das Jahr 2009 bestand übrigens aus auffallend vielen Donnerstagen — zumindest bis zum 2. Januar.

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Musik Gesellschaft

Ein offener Brief an Jack White

Ein Jahr ist die Fußballeuropameisterschaft fast schon wieder her, aber mein Blog-Eintrag “Wie ich lernte, ‘Seven Nation Army’ zu hassen” ist noch immer ungeschrieben.

Er wird es auch bleiben, denn ich habe einen anderen Weg gefunden, mich mit der Nummer-Eins-Hymne alkoholisierter Menschen in Deutschland auseinanderzusetzen:

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Musik Sport

Tausend Stimmen singen, singen

Am Donnerstag war ich endlich mal wieder bei Scudetto. Neben “HSV-Kultautor” Axel Formeseyn (der u.a. erzählte, wie er als HSV-Präsidiumsmitglied die “Bild”-Zeitung boykottierte) und Ex-VfL-Bochum-Profi ((Nur “VfL” ist für mich natürlich Borussia Verein für Leibesübungen 1900 e.V. Mönchengladbach.)) Thomas Stickroth war auch Tommy Finke zu Gast, den ich ja im letzten September schon mal gelobt hatte. ((Ich hab mir dann am Donnerstagabend auch endlich seine EP und sein Album im Downloadstore gekauft.))

Tommy Finke spielte eigene Fußballsongs, die er für die Filme von Scudetto-Gastgeber Ben Redelings geschrieben hatte, und stellte die schlechteste Vereinshymne aller Zeiten vor. Dass das keine Übertreibung war, mussten wir im Saal alsbald am eigenen Leib erfahren — und Sie können es jetzt auch: im Scudetto-Blog oder direkt hier.

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Und wo wir grad von Scudetto sprachen: Der Geist von Malente, der Bochumer Laden für alles, was mit Fußball und Fankultur zu tun hat, macht ab heute Ausverkauf.

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Rundfunk

Mit dem Zweiten sieht man alles

Es ist ja nicht so, dass ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender irgendwelche Gewaltverbrechen bräuchte, um die eigenen, niedrigen Qualitätsstandards unter Beweis zu stellen. Im Zweifelsfall tut’s auch ein Fußballspiel.

Der Kapitän des 1. FC Köln Ümit Özat, der im August 2008 während eines Bundesligaspiels einen Herzstillstand erlitten hatte, hat gestern sein Karriereende bekanntgegeben.

In der Redaktion des “Aktuellen Sportstudios” dachte man sich wohl, dass viele Zuschauer das im letzten Sommer nicht richtig mitbekommen hätten oder sich nicht vorstellen könnten, wie das so aussieht, wenn ein Fußballer auf dem Spielfeld einen Herzstillstand hat. Deswegen hielt man es für eine gute Idee und im Zweifelsfall für seine journalistische Pflicht, vor dem Bericht über das Rhein-Derby rheinische Derby zwischen Köln und Mönchengladbach (4:2 für die Borussia, aber man muss sich für die eigenen Mit-Fans schämen) noch einmal kurz zu zeigen, wie das damals war: Özat mit verdrehten Augen zuckend auf dem Boden; Özat, der auf einer Trage vom Spielfeld getragen wird; Kölner Spieler und Funktionäre, die fassungslos zu weinen anfangen.

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Print Sport

Von der Bedeutung, Ernst zu sein

Ich wollte das vergangene Jahr nicht schon wieder mit der Mediengruppe RP beenden, aber das hier ist noch liegen geblieben und muss raus:

Die “Rheinische Post” ist aufgrund ihrer geographischen Verortung ein wichtiges Medium, wenn es um meinen Lieblingsverein Borussia Mönchengladbach geht. Und die Redaktion macht ihre Arbeit da in der Regel gar nicht mal schlecht.

Aber was die “RP” da am Silvestermorgen noch rausgehauen hat, das war irgendwie merkwürdig:

Borussia Mönchengladbach: Liegt über dem Klub ein Fluch?

Hat “Bild” die feindliche Übernahme der “Rheinischen Post” endlich abgeschlossen?

Nein, die Lage ist viel … ernster:

Fußball ist nicht witzig. Fußball ist eine ziemliche ernste Angelegenheit. Darüber macht man keine Späße. Ehrlich. Schon gar nicht, wenn man Fan von Borussia Mönchengladbach ist.

Sie erkennen an dem eingeschobenen “Ehrlich”, dass sich hier gleich jemand am schlimmsten und gleichzeitig unzerstörbarsten Lokaljournalismus-Genre versuchen wird: der Glosse.

Auch optisch ist der Text eine Herausforderung, werden zusammengehörende Nebensätze doch nicht nur durch einen Punkt, sondern gleich auch noch durch einen Absatz auseinandergerissen:

[…] Es wurden zwar fast nur noch Herren mit klangvollen Namen (darunter ein gewisser Kahé) verpflichtet.

Etwas in Vergessenheit ist dabei aber offensichtlich geraten, dass die Koordination zwischen Hirn und Beinen beim Fußball einen nicht zu unterschätzenden Anteil einnimmt. […]

Und weil bei der Mediengruppe RP Dada ja bekanntlich groß geschrieben wird, hier noch ein Potpourri unzusammenhängender Sätze:

Dank gilt in diesem Zusammenhang den Produzenten von Handy-Klingeltönen in Form der Vereinshymne „Die Elf vom Niederrhein“. Neulich in der Regionalbahn war es dann mal wieder so weit. Anruf, Hymne, Klagelied. „Ja, ja“, raunzt ein älterer Herr von nebenan hinüber und lächelt dabei so verständnisvoll, als ob er ein Kleinkind aufmuntern will, das beim Murmelwerfen eine ziemlich lange Pechsträhne hat, „kommen bestimmt auch wieder bessere Zeiten.“

Der Text endet übrigens mit dem Satz:

Manche verstehen einfach den Ernst der Lage nicht.

Mir geht’s da ganz anders.

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Print Sport

Dear Mr. President

Bevor heute Abend das traditionsreiche Fußballspiel zwischen Deutschland und England stattfindet (also das Aufeinandertreffen zweier einst ruhmreicher Fußballnationen), möchte ich noch einmal kurz daran erinnern, was das für ein Verein ist, dem Sie da heute vermutlich die Daumen drücken werden:

Nachdem DFB-Präsident Theo Zwanziger in zwei Instanzen mit seinem Versuch gescheitert war, dem freien Sportjournalisten Jens Weinreich untersagen zu lassen, ihn einen “unglaublichen Demagogen” zu nennen, hat der DFB am vergangenen Freitag eine große Verleumdungskampagne gegen Weinreich losgetreten.

Dabei kehrt der DFB nicht nur die beiden Gerichtsentscheidungen zu Ungunsten Zwanzigers unter den Teppich, er verdreht in seiner Pressemitteilung auch munter Sachverhalte und Begrifflichkeiten. So scheuen sich weder DFB noch Zwanziger, das Wort “Demagoge” mit “Volksverhetzer” zu übersetzen und ausschließlich auf den Nationalsozialismus zu beziehen.

Wer die Vita und das konsequente Engagement von Theo Zwanziger im Kampf gegen Neo-Nazis kennt, versteht selbstverständlich seine Reaktion. Denn als Demagoge wird ein Volksverhetzer bezeichnet, der sich einer strafbaren Handlung schuldig macht.

(DFB-Vizepräsident Dr. Rainer Koch)

Wenn man eine solche Vita hat und außerdem, wie ich, in Yad Vashem war, denkt man anders über die Dinge nach. Ich bitte um Verständnis, dass meine Empfindlichkeit, was die Nazi-Zeit angeht, größer ist, als das vielleicht bei andern Leuten oder Jüngeren der Fall ist.

(Theo Zwanziger im Interview mit “Direkter Freistoß”)

Alles weitere können Sie bei Jens Weinreich selbst und bei Stefan Niggemeier nachlesen.

Jede Wette: wenn der Vorstand eines Bundesligavereins so eine Show abziehen würde, würden die Fans anschließend im Stadion mit Sprechchören und Transparenten dessen Absetzung fordern. Theo Zwanziger, der sich heute Abend mal wieder mit der Bundeskanzlerin schmücken wird, muss so etwas kaum befürchten.