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Ich und McClane

Stirb langsam 4.0 (Plakat)Es gibt ja Fil­me, die hat man gefühl­te Tau­send­mal gese­hen. Bei mir ist „Stirb lang­sam – Jetzt erst recht“ (Nr. 3 der Serie) so ein Fall (das letz­te Mal im letz­ten Novem­ber an Bord eines Flug­zeugs von New York nach Oak­land). Teil 1 habe ich bestimmt auch schon ein Halb­dut­zend Mal gese­hen – nur Teil 2 fehlt mir bis heu­te. Jedes Mal, wenn er im Fern­se­hen läuft, ist irgend­was: Geburts­tags­fei­er, Bochum Total oder der Papst stirbt.*

Des­halb fehlt mir natür­lich ein gewis­ser Teil des Gan­zen, aber ich glau­be, man kann „Stirb lang­sam 4.0“ (erst dach­te ich ja: „Doo­fer Titel“, aber er passt ganz gut zur The­ma­tik) auch ganz ohne Vor­kennt­nis­se der Serie schau­en – nur die Run­ning Gags und Quer­ver­wei­se bekommt man dann nicht immer mit. Es gibt in die­sem Som­mer aber sicher ganz ande­re Fort­set­zun­gen, die auf eine fort­lau­fen­de Hand­lung set­zen.

Bruce Wil­lis ist zum vier­ten Mal John McCla­ne, der New Yor­ker Poli­zist, der schon so ziem­lich alles durch­ge­macht hat. Dies­mal soll er eigent­lich nur einen jun­gen Hacker (Jus­tin Long) ans FBI über­füh­ren, aber natür­lich kommt alles ganz anders, als Cyber­ter­ro­ris­ten die kom­plet­te Infra­struk­tur der USA in ihre Gewalt brin­gen wol­len.

Dies­mal ist es also kein Einer-gegen-Alle-Kampf im Hoch­haus wie in Teil 1 (obwohl es gegen Ende des Films noch ein paar schö­ne Ver­wei­se in die Rich­tung gibt) und kei­ne Schnit­zel­jagd wie in Teil 3 (auch wenn McCla­ne wie­der einen unge­lieb­ten Beglei­ter hat und auch dies­mal die meis­te Zeit über nur in fern­münd­li­chem Kon­takt zum Ober­schur­ken steht). „Stirb lang­sam 4.0“ ist also irgend­wie ein Destil­lat der bis­he­ri­gen Tei­le und hat trotz sei­nes recht schlicht anmu­ten­den Plots einen gut kon­stru­ier­ten Ablauf.

Bruce Wil­lis ist natür­lich wie­der genau die coo­le Sau, für die man ihn so liebt, und die Action vor allem eins: laut, hell, bru­tal. McCla­ne steht in der heu­ti­gen Welt der Hacker und Mobil­te­le­fo­ne für die alte, rohe Hand­ar­beit und Wil­lis steht eigent­lich für eine ganz ande­re Gene­ra­ti­on von Action­fil­men: Denn natür­lich kommt auch „Stirb lang­sam 4.0“ wie bei­na­he jeder Action­film dies­seits von 1999 nicht ohne Com­pu­ter­bild­schir­me, Kung-Fu-Ele­men­te und prü­geln­de Frau­en (nix gegen Mag­gie Q …) aus – es wäre also drin­gend an der Zeit, dass mal irgend­je­mand einen Film dreht, der „Matrix“ als Gen­re­prä­gen­des Werk ablö­sen kann.

Außer die­ser Ran­schmei­ße an die Jugend („Ihr wart ja noch nicht mal geplant, als der ers­te Teil im Kino lief!“) kann man dem Film und sei­nem Regis­seur Len Wise­man („Under­world“, „Under­world: Evo­lu­ti­on“) aber nichts vor­wer­fen. Die wenigs­ten Logik- und Schnitt­feh­ler fal­len einem wäh­rend des Films auf und hin­ter­her hat man viel zu viel Adre­na­lin in der Blut­bahn, um über sol­che Lap­pa­li­en reflek­tie­ren zu kön­nen.

Das The­ma Cyber­ter­ro­ris­mus ist gar nicht mal so abwe­gig und man ist fast ver­sucht, von „erschre­ckend rea­lis­ti­schen Sze­na­ri­en“ zu faseln. Um kei­ne Vor­ur­tei­le zu schü­ren oder von der Rea­li­tät über­holt zu wer­den, reden die Bösen aber abwech­selnd fran­zö­sisch, ita­lie­nisch und eng­lisch (hier­zu­lan­de natür­lich deutsch) und sehen auch kein biss­chen ara­bisch aus. Und der Ober­bö­se­wicht (Timo­thy Oly­phant) ist noch nicht mal in der Ori­gi­nal­fas­sung Deut­scher …

Auch wenn außer John McCla­ne (und um den geht’s ja schließ­lich) nur weni­ge ver­bin­den­de Ele­men­te, die über das Selbst­zi­tat hin­aus­ge­hen, exis­tie­ren: „Stirb lang­sam 4.0“ ist ein wür­di­ger Nach­fol­ger (und mög­li­cher Schluss­punkt) der Serie. Es ist einer die­ser rar gewor­de­nen Action­fil­me, die noch rich­tig Wumms haben anstel­le von com­pu­ter­ani­mier­ten Kame­ra­fahr­ten. Man könn­te auch in die Kis­te mit der Auf­schrift „elen­di­ge Kli­scheesät­ze“ grei­fen und sagen bzw. schrei­ben: eine 130minütige Ach­ter­bahn­fahrt, per­fek­tes Pop­corn- bzw. Som­mer­ki­no. Wür­de auch stim­men.

Offi­zi­el­le Web­site zum Film
Offi­zi­el­le deut­sche Web­site zum Film

* Es gehört zu den beson­de­ren Details die­ser Welt, dass einer der weni­gen deut­schen Fern­seh­sen­der, der sein Pro­gramm beim Tod Johan­nes Paul II. mun­ter fort­setz­te, Pro Sie­ben war – mit besag­tem „Stirb lang­sam 2“.

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Ein halber TV-Tipp

Heu­te Abend zeigt das ZDF „Kei­ne Lie­der über Lie­be“. Wenn ich die Hand­lung noch rich­tig erin­ne­re, geht es um einen Doku­men­tar­fil­mer (der groß­ar­ti­ge Flo­ri­an Lukas), der die Band sei­nes Bru­ders (Jür­gen Vogel) auf Tour beglei­ten will – und irgend­wie ent­spinnt sich dann eine Drei­ecks­ge­schich­te mit Hei­ke Makat­sch.

War­um ich mir einen Film, der aus­schließ­lich mit Hand­ka­me­ra gedreht ist, der eine ver­wor­re­ne und pes­si­mis­ti­sche Hand­lung hat und in dem nicht viel mehr pas­siert, als das Men­schen mit­ein­an­der reden (oder bes­ser noch: sich anschwei­gen), kurz: war­um ich mir einen jun­gen deut­schen Film über­haupt ange­se­hen habe, liegt an der Band, der Jür­gen Vogel vor­steht: Es han­delt sich um die Grand-Hotel-van-Cleef-All­star-Kapel­le Han­sen Band mit Mar­cus Wie­busch (kett­car) und Thees Uhl­mann (Tom­te) an den Gitar­ren, Felix Geb­hardt (Home Of The Lame) am Bass und Max Mar­tin Schrö­der (Tom­te, Olli Schulz & der Hund Marie, Der Hund Marie) am Schlag­zeug. Jür­gen Vogel singt (sehr schön, das muss man ihm las­sen) die Lie­der, die ihm sei­ne Back­ing Band geschrie­ben hat, und das Album der Han­sen Band ist nach wie vor zu emp­feh­len.

Lei­der ist „Kei­ne Lie­der über Lie­be“ weder „This Is Spi­nal Tap“ noch „Almost Famous“ und so die­nen Musik und Band allen­falls als Hin­ter­grund für eine melo­dra­ma­ti­sche Lie­bes­ge­schich­te, die von den Betei­lig­ten zwar gut vor­ge­tra­gen wird (der gan­ze Film ist impro­vi­siert), aber trotz­dem nicht so recht über 101 Minu­ten tra­gen will.

Wer also „Kei­ne Lie­der über Lie­be“ noch nie gese­hen hat, kann ihn sich heu­te Abend um 22:45 Uhr im ZDF anse­hen. Ich bin ganz froh, dass ich schon was bes­se­res vor­hab.

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This Is Zodiac Speaking

Zodiac (Amerikanisches Filmposter)Fil­me über wah­re Bege­ben­hei­ten haben ja immer den Nach­teil, dass man weiß, wie sie aus­ge­hen. Zwar berich­te­te mein Bru­der mal von einer Freun­din, die empört war, als man ihr vor dem Kino­be­such das Ende von „Der Unter­gang“ offen­bar­te („Hit­ler erschießt sich und Deutsch­land ver­liert“), aber das dürf­te eben­so die Aus­nah­me sein wie Leu­te, die sich wun­dern, dass in „Tita­nic“ ein Schiff unter­geht. In „Zodiac“ dem neu­es­ten Film des groß­ar­ti­gen David Fin­cher („Fight Club“, „Sie­ben“, „The Game“) geht es um einen Seri­en­mör­der, von dem in Ame­ri­ka jedes Kind weiß, dass er nie gefasst wur­de. Wie man vor die­sem Hin­ter­grund trotz­dem einen span­nen­den Film dre­hen kann, zeigt Fin­cher den Zuschau­ern in 158 Minu­ten.

In der San Fran­cis­co Bay Area wer­den Ende der 1960er Jah­re meh­re­re Mor­de began­gen, der Täter schickt ver­schlüs­sel­te Bot­schaf­ten an Lokal­zei­tun­gen und Poli­zei und insze­niert sich selbst als ers­tes media­les Phä­no­men die­ser Art. Die Ermitt­ler tap­pen im Dun­keln, die Nach­for­schun­gen des Repor­ters Paul Avery (Robert Dow­ney Jr. spielt einen Mann mit Alko­hol­pro­ble­men – How about that?) füh­ren auch nicht wei­ter und der gan­ze Fall ver­läuft sich irgend­wie. Und in dem Moment, wo man sich als Zuschau­er fragt „Ja, und jetzt? Ist ja wohl noch was hin bis zum Schluss …“, in die­sem Moment ent­wi­ckelt der Kari­ka­tu­rist Robert Grays­mith (der in vier­zehn Jah­ren kei­nen Tag altert – Jake Gyl­len­haal sei Dank) eine gera­de­zu krank­haf­te Obses­si­on, den Fall lösen zu wol­len. Er forscht nach, kämpft sich durch Akten­ber­ge und befragt alle mit dem Fall betrau­ten Per­so­nen.

Dass Fin­cher eine bedrü­cken­de Atmo­sphä­re schaf­fen kann, wis­sen wir spä­tes­tens seit „Sie­ben“. In „Zodiac“ rekon­stru­iert er das San Fran­cis­co der spä­ten Sech­zi­ger und Sieb­zi­ger Jah­re mit bei­na­he beun­ru­hi­gen­der Akri­bie und schafft so eine Welt in Braun und Grau, in der es auch noch stän­dig reg­net. Zu jeder Sekun­de sieht der Film so aus, als sei er wirk­lich schon über 30 Jah­re alt und die Kame­ra­fahr­ten durch inzwi­schen längst umge­bau­te Stra­ßen zei­gen, wie toll und unauf­fäl­lig Spe­zi­al­ef­fek­te mitt­ler­wei­le sind, wenn man sie aus­nahms­wei­se mal für rea­lis­ti­sche Bil­der ein­setzt. Der Film nimmt uns mit in eine Zeit, lan­ge vor der welt­wei­ten Ver­net­zung, als längst noch nicht jede Poli­zei­sta­ti­on in den USA ein Fax­ge­rät hat­te und man von gene­ti­schen Fin­ger­ab­drü­cken und ähn­li­chen Spie­le­rei­en noch nicht mal träum­te – eine Zeit, in der die Ame­ri­ka­ner immer­hin auf dem Mond lan­de­ten und in der Edu­ard Zim­mer­mann schon „Akten­zei­chen XY… unge­löst“ mode­rier­te.

Jake Gyl­len­haal wird sein Image als „irgend­wie unheim­li­cher Sof­tie“ wohl nie so ganz los­wer­den, aber wie schon so oft (und zu vör­de­rerst in „Don­nie Dar­ko“) über­zeugt der 26-Jäh­ri­ge auch dies­mal wie­der voll und ganz. Sein Robert Grays­mith, auf des­sen Büchern der gan­ze Film basiert, ist ein ähn­lich getrie­be­ner Cha­rak­ter wie Detec­ti­ve David Mills in „Sie­ben“: Er beläs­tigt die zustän­di­gen Poli­zis­ten mit­ten in der Nacht, spannt sei­ne Kin­der als Hilfs­er­mitt­ler eins und als er zuhau­se Anru­fe vom ver­meint­li­chen Kil­ler erhält, ver­lässt ihn sei­ne zwei­te Frau. Sei­nen Bru­der im Geis­te fin­det er in Inspec­tor David Toschi (Mark Ruf­fa­lo), der ihn mit Infor­ma­tio­nen ver­sorgt und trotz aller Anstren­gun­gen auch nicht vom Zodiac-Fall los­kommt.

Die bru­ta­len Mor­de bil­den eigent­lich nur das Grund­ge­rüst für die Geschich­te, auf eini­ge Fäl­le, die dem Zodiac-Kil­ler eben­falls zuge­schrie­ben wer­den, geht er gar nicht ein. Fin­cher ori­en­tier­te sich nach eige­nen Anga­ben an „All The President’s Men“, dem Film über die Jour­na­lis­ten Carl Bern­stein und Bob Wood­ward, die den Water­ga­te-Skan­dal auf­deck­ten. Trotz­dem ent­wi­ckelt sich in man­chen Sze­nen eine unglaub­li­che Span­nung, die auch durch Fak­ten­wis­sen nicht her­un­ter­zu­spie­len ist. Auf dem Nach­hau­se­weg war ich jeden­falls gering­fü­gig para­no­id.

Fünf Jah­re nach „Panic Room“, der eigent­lich auch nur ent­täu­schend war, weil man nach „Fight Club“ wie­der eine ähn­li­che Groß­tat von Fin­cher erwar­tet hat­te, ist der Regis­seur ein­mal mehr auf dem Höhe­punkt sei­nes Schaf­fens. „Zodiac“ ist ein düs­te­rer, intel­li­gen­ter, letzt­lich aber pes­si­mis­ti­scher Film. Für Leu­te, die sich schon län­ger mit dem Zodiac-Kil­ler befas­sen, ist es eine Bebil­de­rung der eige­nen Vor­stel­lun­gen, für Neu­lin­ge ist es eine sehr gute Ein­füh­rung in den Fall. Die 2004 geschlos­se­nen Akten des San Fran­cis­co Poli­ce Depart­ment zum Zodiac-Kil­ler wur­den im Früh­jahr die­ses Jah­res wie­der geöff­net.

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Film-Trai­ler
„The Z Files“ – Fak­ten­samm­lung zum Zodiac-Kil­ler

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Ich schaue mir gern erste Teile an

Es ist wie jedes Jahr, aber es scheint jedes Jahr noch ein klei­nes Stück schlim­mer zu wer­den. Im Som­mer gehö­ren die Kinos den Fort­set­zun­gen. Die­ses Jahr sind es vor allem die drit­ten Tei­le, die die Lein­wän­de für ori­gi­nä­re Stof­fe nahe­zu kom­plett blo­ckie­ren. „Spi­der-Man 3“, „Fluch der Kari­bik 3“, ab über­mor­gen noch „Ocean’s 13“, und am 21.6. folgt dann auch noch „Shrek der Drit­te“ – über etwas ande­res wird in den Mas­sen­me­di­en nicht mehr berich­tet.

Trotz der Dau­er­pro­pa­gan­da für die 300-Mil­lio­nen-Dol­lar-Fil­me (mit dem noch ein­mal so gro­ßen Wer­be­etat) sen­det das Publi­kum noch schwa­che Hil­fe­ru­fe nach neu­en Stof­fen. In den USA mach­te sich das letz­tes Wochen­en­de damit bemerk­bar, daß „Pira­tes of the Carib­be­an 3“ in sei­ner zwei­ten Spiel­wo­che deut­lich über 60% sei­nes Umsat­zes ein­büß­te und in Sachen Kopien­schnitt (Umsatz pro an die Kinos aus­ge­lie­fer­ter Kopie des Films) sogar von der Komö­die „Kno­cked up“ (Teil 1 wohl­ge­merkt) über­holt wur­de. Bei uns in Deutsch­land hal­ten sich unter­des­sen klei­ne­re, ori­gi­nel­le Fil­me wie „2 Tage Paris“ oder „Frac­tu­re“ erstaun­lich gut und büßen kaum Zuschau­er ein, wäh­rend sich die Zuschau­er­zah­len der Pira­ten oder gewis­ser Spin­nen­män­ner jede Woche nahe­zu hal­bie­ren. Wen wun­dert das, fol­gen doch sämt­li­che drit­te Tei­le auf schwa­che Fort­set­zun­gen, die allen­falls wirt­schaft­lich mit ihrem Vor­gän­ger mit­zu­hal­ten ver­moch­ten, kei­nes­falls jedoch qua­li­ta­tiv. „Spi­der-Man 2“ und „Fluch der Kari­bik 2“ füg­ten dem Kon­zept ihrer Vor­gän­ger nichts Neu­es hin­zu, „Ocean’s 12“ hat­te nichts vom Elan des ers­ten Teils und „Shrek 2“ ging der intel­li­gen­te, bis­si­ge Witz des Ori­gi­nals völ­lig ab.

Wer sich aller­dings nicht gezielt infor­miert, der erfährt im Prin­zip nichts von den Alter­na­ti­ven. Höchs­tens durch Mund­pro­pa­gan­da spricht sich so man­cher qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Film doch mal noch her­um und fin­det so auch nicht nur in der ers­ten Woche sei­ne Zuschau­er. Schaut Euch also das Kino­pro­gramm genau an, bevor Ihr ein­fach nur dem Hype folgt. Es gibt trotz des Ver­drän­gungs­wett­be­werbs doch immer noch den ein oder ande­ren Film zu ent­de­cken, der Euch mit einer fri­schen Idee unter­hält und nicht mit einer dop­pelt auf­ge­wärm­ten.