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Let op! Drempels: Ohne Publikum, aber mit Handwerkern im Hintergrund begehen Lucky & Fred den Internationalen Frauentag. Sie diskutieren über Doppel- und Familiennamen, Karneval als Teil einer deutschen Identität und den ganzen Quatsch, den die SPD so mit sich machen lässt.
Die beiden plaudern über ihre Familien und ihre Arbeit, Fred gibt Christian Lindner Tipps und dann gilt es Abschied zu nehmen von vielen, vielen Prominenten, darunter auch ehemaligen Kollegen.
Zum Schluss gibt es wie immer Lichtblicke — und die Ankündigung gleich zwei neuer Liveshows!
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Routine, Routine, die böse Tourroutine klopft kräftig an unsere übermüdeten Köpfe. Die kann sich aber nur einstellen, wenn alles wirklich gut läuft, und das tut es. Deshalb möchte ich hier auch gar nicht meckern, aber auf Tour gleichen sich die Abläufe der Tage wie ein Ei dem anderen.
Leider bekommen wir von den Städten selbst nicht viel mit, sehen meist nur die Clubs und deren Nachbarschaft.
Die Australier von An Horse scheinen überrascht zu sein, wie sehr wir Deutschen uns um Essen bemühen. Bei ihrem Konzert erwähnt Sängerin Kate, sie habe das Gefühl, noch nie so viel gegessen zu haben wie in den letzten drei Tagen. Vielleicht liegt das an den für australische Mägen eher ungewohnten Käsespätzle, die uns in Erlangen bereitet wurden.
Aber recht hat sie, gegessen wird viel und gut, da werden wir gegen Ende der Tour die Gürtel wohl ein bisschen weiter machen müssen.
Ich habe heute zum Abendessen einen Sommersalat mit Feigen bestellt.
Ich finde: Feigen klingt irgendwie gut, ein bisschen exotisch. Unter den neidischen Blicken der anderen bekomme ich dann aber statt Feigen Erdbeeren. Zum Glück die Krone jeglichen mir bekannten Obstes, im
Salat allerdings völlig fehl am Platz und nicht mal halb so exotisch wie Feigen. Um den exotischen Touch des Salates zu erhalten, hat man mir netterweise noch zwei Hände voll Rosinen in den Salat gehauen…
Es gibt einen Song von Simon den Hartog und Band, über den wir in den letzten Tagen viel gewundert haben. Den “Cowboy-Song”.
Erstaunlicherweise hat er nämlich keinen guten Stand bei den Eltern der Musiker. Christians Eltern hörten ihn in Stuttgart und fanden ihn grässlich, Dominics Eltern in Erlangen waren auch nicht gerade
begeistert. Dabei gefällt er uns und dem restlichen Publikum sehr gut und er sticht gar nicht so sehr aus dem restlichen Set heraus. Dass gerade dieser Song ja geradezu elternverhasst ist, leuchtet uns in
keiner Weise ein.
Findet es selbst heraus und kommt bei Simon den Hartog und Band vorbei, zum Beispiel heute im KFZ in Marburg.
Es gibt so Namen, die möchte man einfach nicht haben. Neben dem ganzen Klischee-Schmonz von Cindy, Mandy und Jacqueline gehört der Name “Adolf” ganz sicher dazu. Wir hatten einen Lehrer namens Adolf an der Schule (nach 1945 geboren) und jeder kann sich die Witze ausmalen, die pubertierenden Menschen dazu einfallen.
Was aber ist mit dem dreijährigen Adolf Hitler aus Holland Township, NJ? Adolf Hitler Campbell, wohlgemerkt, denn “Hitler” ist sein middle name.
Der wird in seinem Leben noch viel Freude haben, wenn er schon zu seinem Geburtstag keine Torte mit Namenszug drauf bekommt.
Und falls Sie gerade einen Marmorblock zur Hand haben, möchten Sie vielleicht folgenden Satz einmeißeln, um ihn bei werdenden Eltern im Freundeskreis (oder gar bei der eigenen Familienplanung) wieder hervorzuholen:
Adolf has two sisters, JoyceLynn Aryan Nation and Honszlynn Hinler Jeannie.
Ich habe es noch nicht geschafft, mir “High School Musical 3” anzusehen (aber ich werde es, das verspreche ich).
Ich möchte Sie aber auf ein Interview aufmerksam machen, das NPR mit Kenny Ortega, dem Regisseur der “High School Musical”-Filme, geführt hat.
Auf die Frage, was er eigentlich von diesem ganzen Merchandise (Rucksäcke, Bettwäsche, Schlüsselanhänger, Unterwäsche, you name it …) zu “High School Musical” halte, reagierte er zunächst einmal mit einem langen, nachdenklichen Seufzer und sagte dann:
Well, you know, that’s a tough one for me, you know. Those are the folks that give us the money to make the movies. And I would just say that it’s, you know, the parents just have to like … be the ones in charge. Disney’s gonna put out whatever they can put out. There’s a hunger for the merchandise, but I also think that, you know, at a certain point, it would be unhealthy to allow too much of it into an individual’s life.
Ich denke, mit dieser Einstellung wird er sowohl Disney, als auch so manche Eltern verärgert haben, die ihren Kindern erklären müssen, warum sie nicht auch noch die HSM-Butterbrotdose haben können. Aber ich finde seine Einstellung erfrischend ehrlich.
Man kennt das aus vielen, vielen Hollywood-Komödien: es klingelt an der Tür und – Zack! – hat ein Mann ein Kind am Hacken, von dessen Existenz er nichts geahnt hat und mit dem er sich erst gar nicht und dann super gut versteht. Mir ist gestern auch ein Kind zugelaufen — allerdings konnte ich sicher sein, dass es nicht mein eigenes war.
Ich ging gerade auf die Rolltreppen in Bochums größtem Elektronikkaufhaus zu, als ich ein kleines Mädchen erblickte, das einsam zwischen Dampfbügeleisen und diesen komischen aufblasbaren Hemdenglattmachern stand, von denen niemand weiß, wie sie funktionieren und wer sie kauft.
“Ich muss da rauf”, sagte das Mädchen mit einer Stimme, die keinen Widerspruch zuließ. “Meine Mama ist da oben und muss noch was bezahlen!”
“Und dann bist Du alleine hier unten?”, fragte ich ungläubig.
“Ja, aber ich muss da wieder rauf!”
“Und Deine Mama ist oben?”
“Ja”, wiederholte die Kleine und nagte nervös am Ohr ihrer Stoffente herum.
“Willst Du mit mir hochfahren?”, fragte ich und – Zack! – hatte ich ein Kind am Hacken.
Erstaunlich selbständig fuhr das Mädchen mit mir die Rolltreppen hinauf in den zweiten Stock. Blitzschnell verschwand sie ((Ich schreibe immer “das Mädchen” und “sie” — biologisches Geschlecht geht mir vor grammatikalischem.)) laut “Mama! Mama, bist Du hier?” rufend zwischen den Reihen von CD-Regalen. Ich wollte mich gerade den aktuellen Angeboten zuwenden, als ihr Gesicht wieder auf Höhe meiner Knie auftauchte und mich verwirrt anschaute. Mir fiel auf, dass die Stoffente nur noch ein Ohr hatte.
“Nicht da?”, fragte ich das Offensichtliche.
“Die muss hier sein, aber ich finde sie nicht”, entgegnete das Kind, nur minimal beunruhigt. Es ist das Privileg von Kindern und Paranoiden, sich die eigene Theorie nicht durch Fakten zerstören zu lassen.
Weil ich als Kind mal bei einem Stadtfest meine Eltern verloren hatte ((Also, keine Angst: Die Beiden leben noch und erfreuen sich bester Gesundheit, sie waren mir damals nur abhanden gekommen.)) und mit dem Gedanken, für den Rest meines Lebens unter der Rotbachbrücke an der katholischen Kirche schlafen zu müssen, durch die Gegend getaumelt war, dachte ich, dass es in dieser Situation doch sinnvoller wäre, aktiv zu werden.
“Sollen wir mal Deine Mama ausrufen lassen?”, fragte ich das Kind und mich einen Augenblick später, ob “ausrufen lassen” nicht vielleicht doch eine etwas zu komplexe Formulierung war. Überhaupt “ausrufen”, was soll denn das Wort heißen?
Die erste Information war geschlossen, an der zweiten mussten wir einige Zeit warten ((Im Nachhinein muss ich zugeben, dass es taktisch unklug war, das Kind direkt vor einer ein Meter hohen Theke und damit außerhalb der Sichtweite der Verkäufer abzustellen.)), ehe wir die Aufmerksamkeit der Bediensteten erregen konnten.
“Sie sucht ihre Mama”, erklärte ich und unterstrich das eben Gesagte mit einem Blick, von dem ich hoffte, er würde “Seid so freundlich und tut um Himmels Willen irgendwas!” ausdrücken.
Mit jeder Minute, die verstrich, wurden nämlich die Bilder eines Mobs von “Bild”-Lesern, die mit Mistforken und Fackeln diesen wahnsinnigen Studenten von der Entführung des unschuldigen Kindes abhalten wollten, vor meinem geistigen Auge schärfer. Ich überlegte, ob ich die Nummer meines Anwalts im Handy eingespeichert hatte, und war ausgesprochen froh, nicht auch noch irgendwie südländisch auszuschauen. Sie hätten mich sonst sofort erschossen.
“Äh”, sagte der Verkäufer, was jetzt nicht ganz meinen in ihn gesetzten Hoffnungen entsprach. “Am Besten geht Ihr ins Erdgeschoss. An der Information können die auch ausrufen!”
“Ah, okay. Vielen Dank”, sagte ich und freute mich auf eine weiter Tour durchs halbe Kaufhaus.
Ich wandte mich wieder der Kleinen zu: “Wir müssen wieder runter. Da können die dann Deiner Mama über Lautsprecher Bescheid sagen.”
Das Kind nickte begeistert und wirkte immer noch nicht sonderlich beunruhigt. Gemeinsam gingen wir wieder durch die komplette CD-Abteilung, wo sie noch einmal in jeden Gang guckte, ob sich ihre Mutter dort auch nicht versteckt hätte.
“Wollen wir Fahrstuhl fahren?”, fragte ich, weil mir das irgendwie ungefährlicher erschien als noch mal die Rolltreppe zu nehmen. Das Mädchen nickte und langsam machte ich mir Sorgen um das zweite Ohr der Ente.
Im Aufzug nach unten fragte ich sie, wie alt sie eigentlich sei.
“Ich bin vier!”, verkündete sie stolz und bejahte auch meine anschließende Frage, ob sie denn mit vier auch schon alleine durchs Kaufhaus ziehen dürfe.
Die gläserne Kabine schwebte ins Erdgeschoss ein und ich wappnete mich gerade für die Begegnung mit dem Lynchmob, als das Kind erfreut “Ich kann meine Mama sehen!” ausrief.
Die Türen öffneten sich und die Kleine stürmte mit gutgelauntem “Mama, Mama!”-Gebrüll einer Frau in die Arme, die offensichtlich bis zu diesem Augenblick in großer Sorge gewesen war.
Nun passierten mehrere Dinge gleichzeitig: Die Mutter schloss ihr Kind in ihre Arme, begann zu weinen, fragte “Wo warst Du denn?” und sagte “Mach das nie wieder!”
Ich stand unschlüssig daneben und kam mir so fehl am Platze vor, wie es Redakteure von Reality-Formaten tun sollten, wenn sie ein bisschen Anstand und Schamgefühl hätten. Einfach gehen hätte ich aber auch doof gefunden, also sagte ich “Sie hat Sie gesucht, wir wollten Sie gerade ausrufen lassen!” in den offenen Raum hinein, womit es mir immerhin gelang, die Aufmerksamkeit der Mutter zu erregen, die sich mit feuchten Augen bedankte.
“Okay, alles geklärt”, dachte ich und verließ auf dem schnellsten Wege den Laden. “Wäre ich Pfadfinder gewesen, hätte ich heute einen besonders großen Haken in meinen Kalender machen können.”
Von dem kleinen Mädchen hatte ich mich gar nicht mehr verabschiedet. Von der Stoffente auch nicht.
Eigentlich sitze ich gerade an einem Text, in dem ich mal besonders gelungenen Journalismus vorstellen möchte. Dann allerdings bekam ich den Link zu einem YouTube-Video geschickt, das eine solch erschütternde Journalismusattrappe zeigt, dass ich (nachdem ich eine Viertelstunde zu den Klängen von Thursday mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen habe) mich erst einmal darüber auskotzen muss.
Das Video zeigt einen Beitrag aus der gestrigen Ausgabe von “Explosiv – Das Magazin” auf RTL, hat also genau genommen gar nichts mit Journalismus am Hut. Allerdings haben 1,79 Millionen Menschen diese Sendung gesehen und die Vorstellung, dass auch nur einer diese Infotainment-Parodie ernst genommen haben könnte, macht mir Angst.
Es ging um Emos und weil viele Zuschauer vielleicht nicht wissen was das ist (Chance zum schlechten Witz mit australischen Laufvögeln verpasst), erklärt die Moderatorinnendarstellerin das Ganze noch mal kurz:
“Emo” kommt von “emotional” und Teenager, die dieser Bewegung anhängen, kleiden sich merkwürdig.
Außerdem neigten die Jugendlichen zu Depressionen, ritzten sich teilweise die Haut auf und überhaupt habe der Reporter einen Fall gefunden, “wo ein junger Mann sich umgebracht haben soll”.
Dann geht’s los mit blutigen Bildern, entsetzten Eltern und jovialen depressiven Jugendlichen.
Von dem jungen Mann, der “sich umgebracht haben soll” (also er ist tot, nur ob das mit Emo zusammenhängt, ist nicht klar: er “war wahrscheinlich ein Emo”), wird ein (natürlich unverpixeltes) Bild gezeigt, das er vor seinem Tod “in ein Emo-Forum ins Internet gestellt” hat. Wir müssen also ganz am Rande auch noch annehmen, dass RTL mal wieder Witwenschütteln 2.0 betrieben hat.
Das Bild zeigt – und jetzt kommt’s – einen grimmig dreinschauenden jungen Mann mit Palästinensertuch vor einem Poster, das wenn ich mich nicht sehr irre, die Metalband Metallica zeigt. D’oh! Weniger Emo geht nun wirklich kaum.
Er trägt das typische Emo-Tuch, ‘Pali’ genannt.
Journalisten hätten sich vielleicht die Mühe gemacht, den Ursprung der Emo-Bewegung zu erklären. Man hätte sehr weit ausholen und bis zu Embrace (US), Rites Of Spring, Fugazi und The Promise Ring gehen können, wenn man sich mit der ursprünglichen Emo-Szene unter musikalischen Aspekten hätte beschäftigen wollen, man hätte aber wenigstens über Unsicherheit, Einfühlungsvermögen und Hoffnungslosigkeit sprechen können. Im Feuilleton hätte man Parallelen zum Sturm und Drang, der Jugendbewegung der 1770er Jahre, geschlagen, in jedem Fall hätte man aber sagen müssen, dass der Begriff “Emo” in etwa so schwammig sei wie der des “Jugendlichen” und dass man sich im folgenden auf einen kleinen Kreis beschränken und holzschnittartige Verallgemeinerungen auffahren müsse. Dafür aber war in einem Sechsminüter kein Platz.
Das Wort “Emo” war also im folgenden ein Platzhalter für “merkwürdig gekleidete Jugendliche, die sich alle immer die Arme aufschneiden, was wir aus dem Internet wissen, die das aber vor unserer Kamera nicht zugeben wollen”.
RTL machte aber nicht nur so grobe inhaltliche Fehler, der Beitrag war bis ins kleinste handwerkliche Detail schlecht. Immer wieder wurden in Großaufnahme die gleichen sensationslüsternen Bilder von aufgeschnittenen Gliedmaßen gezeigt, die wer-weiß-woher stammten. Ja, sie haben es noch nicht einmal geschafft, Texteinblendungen und Off-Sprecher auf eine Linie zu kriegen: zu den aus dem Kontext irgendeines “Emo-Forums” gerissenen (und offenbar in MS Paint gesetzten) Worten “es ist allen SCHEIß EGAL!!!!” sagt die um Bedeutungsschwere und Dramatik bemühte RTL-Standardstimme, es sei “alles” scheißegal.
Der aufgetane Psychologie Dr. Christian Lüdke wirft Emos und Satanisten munter in einen Topf, spricht von der “Faszination des Abscheulichen” und sagt, Emos wollten “provozieren”. Als nächstes erklärt der Sprecher, “sie” (es geht also in jedem Moment um ausnahmslos alle Emos) seien “beziehungsgestört, aber sie demonstrieren Nähe”. Ähnlich informativ wäre es zu behaupten, Menschen seien allesamt weiblich, hätten blaue Augen und ein Bein: alles trifft ja sicher in einigen bis etlichen Fällen zu, wer würde sich da noch mit Rasierklingenspalterei aufhalten wollen?
Sie sind lieb zueinander und geben sich harmlos vor der Kamera – doch im Internet zeigen sie ihre wahren Abgründe: ich lebe, doch eigentlich bin ich schon tot.
Eine Mutter ist der Meinung, dass es andere Dinge gäbe, die Jugendliche machen könnten, als zusammen zu ritzen, zu saufen und zu kiffen. Ich muss zugeben, das Bild, das in diesem Moment in meinem Kopf entstand, hatte was: zwanzig misanthropische Straight-Edger sitzen zusammen in einem elterlichen Wohnzimmer, trinken Hansa-Pils, rauchen Gras und sägen – alle zusammen und jeder für sich – an ihren Unterarmen rum.
Es gibt vielfältige Beweise dafür, dass Emos zur Selbstverstümmelung neigen.
Diese “Beweise” sind irgendwelche Bilder mit morbider Szenerie: von der Decke baumelnde Körper, verwahrloste Mädchen, die Herzen auf eine Wand malen, Rasierklingen in der Unterlippe. Oder mit anderen Worten: alles, was die Google-Bildersuche nach dem Begriff “Emo” so hergab.
Eine zugegebenermaßen gelungene Szene ist der Dialog zwischen drei Emo-Mädchen und einem Styler, bei dem die Ach-so-Einfühlsamen plötzlich gar nicht mehr so genau erklären können, was sie eigentlich sind und sich händchenhaltend in eine hilflose Diskussion stürzen, die sie anschließend als “typisch” bezeichnen.
Hier wäre die Gelegenheit gewesen, das, was heute “Emo” genannt wird, als die Pose zu entlarven, die sie oft genug nur noch ist. Als Bricolage aus Punk, Gothic, Visual Kei, Rockabilly und Hello Kitty. Stattdessen wird die anti-aufklärerische Panikmache noch auf die Spitze getrieben.
Emos: offenbar eine typische Erscheinung der Pubertät. Leichtfertig wird hier mit der Selbstverstümmelung kokettiert. Und es gibt viele Jugendliche, die das toll finden, die ziemlich naiv in diese Sackgasse tappen.
“Naiv” und “Sackgasse” sind freilich Begriffe, die für diesen unfassbaren Beitrag noch wohlwollend wären.
Liebe Eltern, die Sie jetzt denken “Hilfe, mein Kind ist Emo! Wie krieg ich die Beerdigung bezahlt?”: bitte glauben Sie nicht diesen enthirnten Schwachsinn, den RTL gestern Abend in Ihre Kacheltisch-Wohnzimmer gesendet hat. Wenn Sie ungefähr verstehen wollen, was Emo ist, Sie also Ihr Kind verstehen wollen, greifen Sie bitte zu “Everybody Hurts” von Leslie Simon und Trevor Kelley. Dafür müssen Sie etwas Englisch können, aber hinterher wissen Sie wenigstens, worum es geht.
Ich bin immer sehr vorsichtig mit diesem Gerede von einer “Generation XY”. Einerseits finde ich es absurd, dass alle (oder viele) Menschen, die alle gleich alt sind, mehr gemein haben müssten als ihr Geburtsdatum; andererseits sind gewisse äußere Einflüsse zu einem bestimmten Zeitpunkt natürlich nicht von der Hand zu weisen.
So würde ich mal davon ausgehen, dass viele (inzwischen nicht mehr wirklich junge) Männer, die Anfang der Achtziger Jahre geboren wurden, unter anderem mit folgenden Ansagen groß geworden sind: Atomkraft ist doof; Frauen können alles genauso gut wie Männer; Körnerbrötchen sind gesünder als Toast; man bietet alten Menschen und schwangeren Frauen seinen Sitzplatz in der Straßenbahn an; man steht auf, wenn man jemandem die Hand gibt; es ist als Mann völlig in Ordnung, zu seinen Gefühlen zu stehen, man darf auch gerne lange Haare haben, aber niemals und auf gar keinen Fall pinkelt man im Stehen oder lässt die Klobrille hochgeklappt.
Zumindest letzteres hat man meinen Mitbewohnern offenbar nie erzählt.
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