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Another day the music died

Bud­dy Hol­ly, Elvis Pres­ley und John Len­non waren schon tot, als ich gebo­ren wur­de. Mar­vin Gaye starb, als ich ein hal­bes Jahr alt war.

Bei Miles Davis und Fred­die Mer­cu­ry habe ich erst sehr spät fest­ge­stellt, wer die eigent­lich waren und was sie gemacht haben.

Am 9. April 1994 saß ich bei mei­nen Groß­el­tern vor dem Fern­se­her, um „Elf 99“ oder „Satur­day“ (oder wie auch immer das Vox-Jugend­ma­ga­zin damals hieß) zu sehen, als in den Nach­rich­ten zu grie­se­li­gen Bil­dern aus Seat­tle ver­kün­det wur­de, dass Kurt Cobain sich erschos­sen habe. Ich war immer etwas zu jung für Nir­va­na, aber da war ich zum ers­ten Mal sowas wie ent­setzt, dass ein Musi­ker gestor­ben war.

Dass Tupac Shakur und Big­gie Smalls erschos­sen wur­den, krieg­te ich völ­lig am Ran­de mit, ohne jemals ihre Musik gehört zu haben.

Der Tod von Geor­ge Har­ri­son war zu erwar­ten gewe­sen, trotz­dem war ich trau­rig, als ich im Novem­ber 2001 beim Ein­rich­ten des Video­re­cor­ders mei­ner Groß­mutter zufäl­lig die Nach­rich­ten sah.

Obwohl ich mich erst nach sei­nem Tod mit John­ny Cash und sei­ner Musik beschäf­tigt habe, war ich betrof­fen, als ich (wie­der­um bei mei­nen Groß­el­tern im Fern­se­hen) davon erfuhr.

Ich wuss­te zu wenig über Elliott Smith, aber die Umstän­de sei­nes Todes, die­se zwei Mes­ser­sti­che ins Herz, waren für mich immer ein gewal­ti­ges State­ment.

Ges­tern Abend guck­te ich ganz harm­los durchs Inter­net, als ich las, dass Micha­el Jack­son gestor­ben sei. Als kri­ti­scher Medi­en­be­ob­ach­ter woll­te ich das lan­ge nicht gel­ten las­sen, aber als CNN (die ja schon den US-Prä­si­den­ten aus­ge­ru­fen hat­ten) Jack­son für tot erklär­te, wuss­te ich, dass auch die­ses Kapi­tel geschlos­sen war.

Wie­der war es ein Künst­ler, von dem ich zu Leb­zei­ten kein beson­de­rer Anhän­ger gewe­sen war, aber weder Jack­sons – hier passt der Begriff aus­nahms­wei­se mal – tra­gi­sches Leben noch sein Ein­fluss auf die Pop­mu­sik und ‑kul­tur meh­re­rer Gene­ra­tio­nen kön­nen einen kalt las­sen. Ohne Micha­el Jack­son klän­gen Jus­tin Tim­ber­la­ke und Rihan­na, ja ver­mut­lich sogar vie­le Rock­bands, heu­te anders – oder es gäbe sie schlicht gar nicht.

Komisch, dass ich jetzt gera­de sei­ne Musik hören muss.

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Über Listen

Jedes Jahr im Dezem­ber ist es das glei­che Elend: Musik­zeit­schrif­ten und Web­sei­ten-Betrei­ber rufen ihre Leser zum Ein­sen­den derer per­sön­li­chen Jah­res­hit­pa­ra­den auf und ich sit­ze mit zer­wühl­ten Haa­ren und wir­rem Blick vor mei­nem Com­pu­ter und einem Berg von Noti­zen und ver­su­che, Ord­nung in das Musik­jahr zu brin­gen.

Den­ke ich wäh­rend des Jah­res immer, es sei­en ja dies­mal nicht soooo vie­le gute Songs und Alben erschie­nen, zwi­schen denen ich mich ent­schei­den müs­se, wird die­se Ein­schät­zung spä­tes­tens beim Anblick der extra dafür ange­leg­ten iTu­nes-Play­list bzw. der eige­nen Sta­tis­tik bei last.fm zunich­te gemacht. Immer­hin weiß ich jetzt, wel­che Songs ich am häu­figs­ten gehört habe – aber waren das auch die bes­ten? Und wie defi­nie­re ich „die bes­ten“? Nach pseu­do-objek­ti­ven Kri­te­ri­en oder danach, wie viel Spaß ich beim Hören habe? Wür­de ich ein­fach mei­nen häu­figs­ten und pene­tran­tes­ten Ohr­wurm zum „Song des Jah­res“ ernen­nen, wäre das „Umbrel­la“ von Rihan­na – aber auch nur, weil „Durch den Mon­sun“ von Tokio Hotel, der mir nach den EMAs drei Wochen lang im Hirn kleb­te, schon zwei Jah­re alt ist.

Dabei trägt es nicht gera­de zur schnel­len Fin­dung bei, wenn der eige­ne Musik­ge­schmack immer eklek­ti­scher wird und sich auf der Long­list mun­ter Indierock­bands, Girl­groups, Hip-Hop­per, Main­stream-Pop­per, Deutsch­punks und Elek­tro­ni­ker tum­meln. Denn, mal im Ernst: Wie soll ich „Love Me Or Hate Me“ mit „Don’t Stop Now“ ver­glei­chen, wie „D.A.N.C.E.“ mit „Imi­ta­tio­nen“?

Nun wird der Außen­ste­hen­de viel­leicht den­ken: „War­um tut sich die­ser jun­ge Mann das an? War­um ver­schwen­det er sei­ne Zeit mit so unbe­deut­sa­men Über­le­gun­gen? Er soll lie­ber was gegen den Treib­haus­ef­fekt tun oder der CDU die Herd­prä­mie aus­re­den!“ Das Erstel­len per­sön­li­cher Bes­ten­lis­ten nimmt sich gegen das Elend in Dar­fur oder auch nur das vor der eige­nen Haus­tür natür­lich lächer­lich und klein aus, aber in die­sen Dimen­sio­nen den­ken Pop­kul­tur­fans nicht. Und selbst wenn: Es wür­de kaum etwas ändern.

Wer „High Fide­li­ty“ gele­sen und sich dar­in wie­der­ge­fun­den hat, ist von einem inne­ren Zwang getrie­ben, das Unsor­tier­ba­re sor­tie­ren zu wol­len und die gro­ße Unord­nung, die Rock’n’Roll nun mal ist, in geord­ne­te Bah­nen len­ken zu müs­sen. Dabei müs­sen auch so ver­schie­de­ne Dimen­sio­nen wie der Song, bei dem man das ers­te Mal ein Mäd­chen geküsst hat, und das Lied, das man als ers­tes gehört hat, als Elliott Smith sich umge­bracht hat, irgend­wie mit­ein­an­der ver­gli­chen wer­den kön­nen.

Genau die­sem Dilem­ma bin ich jetzt aus­ge­setzt. Aber ich kann Ihnen ver­si­chern: Sie wer­den es auch noch!

PS: Da ich kei­ne pas­sen­de Stel­le in die­sem Ein­trag gefun­den habe, wo ich den wun­der­ba­ren jüngs­ten Bei­trag in Phil­ipp Hol­steins Pop­kul­tur­blog bei „RP Online“ hät­te ver­lin­ken kön­nen, mache ich es ein­fach geson­dert hier.