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Hitler würde “Half-Life” spielen

Ich habe länger überlegt, ob ich das Folgende aufschreiben soll. Schließlich ist “Don Alphonso” der “Edel-Troll” der deutschsprachigen Blogosphäre. Ein Mann, dessen Texte ich in der Regel aus Sorge um meine Gesundheit ignoriere.

Andererseits ist dies hier das Fachblog für Nazi-Vergleiche, also muss ich wohl ran:

Dieser “Don Alphonso” hat, nachdem ihm die vielen, vielen, teils (mutmaßlich) unflätigen Kommentare auf einen seiner Texte zu bunt wurden, Folgendes geschrieben:

Ich habe das freundlicher gesagt, als ich es meine, denn in meinen Augen sind diese explizit Suchtkranken argumentativ auf dem gleichen Niveau wie die Altnazis bei uns in den Käffern.

Mit den “explizit Suchtkranken” meint er übrigens Menschen, die Computer spielen. Ob Altnazis jetzt auch suchtkrank seien müssen oder nur Computerspieler gleichzeitig krank und wie Nazis sind, lässt sich seinem Text nicht entnehmen. Wohl aber, dass der Vergleich kein einmaliger Ausrutscher war, denn ein paar Zeilen später wütet er:

Nun sind diese Art Gamer eine ganz besondere Gruppe Mensch, die, ähnlich wie die Gefolgschaft von Neoconaziseiten und extremistische Islamisten, keine Haftung in der Realität mehr haben.

Faszinierend, wie man eine ohnehin schon emotionale Debatte (in der ich Computerspiele weder für “schuldig” noch für komplett “unschuldig” halte) mit ein bisschen Arroganz, Dummheit und Schaum vor dem Mund noch ein wenig unsachlicher gestalten kann.

Dabei ist die ursprüngliche Kernfrage, warum Menschen, die anspruchsvolle Literatur lesen, so selten Amok laufen, gar nicht mal unspannend. Ich hätte sogar einen Erklärungsversuch: Aus den selben Gründen, warum so wenige Klassik- und Schlager-Hörer Amok laufen — sie sind schlichtweg älter.

Die wenigsten Jugendlichen haben ein Interesse daran, sich mit jahrhundertealter Literatur, Kunst und Musik zu beschäftigen. Zum einen, weil ihnen das alles in der Schule madig gemacht wurde, zum anderen, weil diese Dinge wenig mit ihrer Lebenssituation zu tun haben. Wenn man älter und ruhiger wird, beschäftigt man sich vielleicht irgendwann auch mit der sogenannten Hochkultur. Aber dann ist man (in der Regel) über die gefährliche Phase im Leben hinaus. Der Zusammenhang besteht also weniger zwischen Medienkonsum und Verhalten, sondern zwischen Alter (welches den Medienkonsum bedingt) und Verhalten. Überspitzt gesagt: Wenn wir etwas verbieten müssten, dann die Pubertät.

Davon ab könnte man auch noch das Fass mit den “Leiden des jungen Werthers” und den angeblichen Nachahmungstätern aufmachen, aber ein Goethe-Spezialist hat mir glaubhaft versichert, dass es keinen einzigen belegten Fall eines Werther-Selbstmords gibt.

[via Nerdcore]

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Null-Blog-Generation (3)

Maik Söhler bespricht in der Netzeitung das Buch “Pop seit 1964” von Kerstin Gleba und Eckhard Schumacher und versteigt sich dabei in die Behauptung, Blogs seien doch heutzutage Popliteratur im eigentlichen Sinne:

«Lieber geil angreifen, kühn totalitär roh kämpferisch und lustig, so muss geschrieben werden», meint Rainald Goetz in seinem Text «Subito». Ja! Genauso schreibt doch Don Alphonso in seinen besten Einträgen in der Blogbar. Und nochmal Goetz: «Gehe weg, du blöder Sausinn, ich will von dir Dummem Langweiligen nie nichts wissen.» Das trifft auf viele Blogs zu – ob sie wie «Melancholie Modeste» oder «Vigilien» nun explizit literarisch sind oder wie Bov Bjergs oder Felix Schwenzels Blog einfach nur hübsch verstrahlt.

Kennzeichnet Diedrich Diederichsens aus den achtziger Jahren stammender Satz, Pop sei die «letzte Instanz der Wahrheit» nicht exakt das Bildblog? Trifft Andreas Neumeisters Bestimmung der «Gegenwart als Alles» nicht das Grundverständnis tausender Newsblogs? Spiegelt Benjamin von Stuckrad-Barres Äußerung, «man ist schon woanders, wenn die noch die Messer wetzen», nicht genau das Verhältnis von Bloggern zu den etablierten Medien, wenn diese sich mal wieder verständnislos das Phänomen des Bloggens vornehmen?

Supergedanke, eigentlich. Steht nicht auch der Umstand, dass sich die Blogosphäre eher über technische denn über inhaltliche Gemeinsamkeiten definiert, in der Tradition eines Marshall McLuhan mit seiner These “The medium is the message”? Okay, so ganz neu ist der Gedanke nicht, aber schon in gewisser Weise nachvollziehbar.

Allein: Wenn man im Internet (noch dazu in Deutschlands einziger Internettageszeitung) in einem Artikel über Blogs und Blogger schreibt, von denen man auch noch sechs namentlich erwähnt, warum in Dreiteufelsnamen ist dann auch hier KEIN EINZIGES Blog verlinkt? Und warum führt der einzige Link im Fließtext ausgerechnet zu den “etablierten Medien”, nämlich zu diesem Artikel in der FAS?