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Oh Gott, Herr Doktor

Da hät­te ja auch kei­ner mit rech­nen kön­nen, dass das The­ma „Pro­mo­ti­ons­ver­fah­ren an deut­schen Hoch­schu­len“ noch mal außer­halb der Hoch­schul­rek­to­ren­kon­fe­renz gesell­schaft­lich und medi­al ven­ti­liert wird. Aber die Fäl­le, in denen deut­sche Poli­ti­ker ihre Dok­tor­gra­de wegen aus­gie­bi­gen Pla­gi­ats nach­träg­lich wie­der aberkannt bekom­men, tre­ten in den letz­ten Mona­ten der­art ver­mehrt auf, dass man durch­aus von einer Häu­fung oder einem Trend spre­chen könn­te.

Zuletzt hat es Sil­va­na Koch-Mehrin erwischt, die Vor­zei­ge­frau der FDP. Die Poli­ti­ke­rin reagier­te dar­auf mit dem durch­aus humor­vol­len Ein­fall, ihren geplan­ten Wech­sel als Voll­mit­glied in den Aus­schuss für Indus­trie, For­schung (!) und Ener­gie des Euro­päi­schen Par­la­ments knall­hart durch­zu­zie­hen. Sie ersetzt dort ihren Par­tei­kol­le­gen Jor­go Chat­zi­markakis, des­sen Dok­tor­ar­beit der­zeit eben­falls – ich wünsch­te mir wirk­lich, ich wür­de mir das nur aus­den­ken – von der zustän­di­gen Uni­ver­si­tät wegen Pla­gi­ats­ver­dachts über­prüft wird. (Wenn Sie Ihrem Unmut über Frau Koch-Mehrins neue Auf­ga­be Aus­druck ver­lei­hen wol­len, emp­feh­le ich Ihnen die Zeich­nung die­ser klei­nen Online-Peti­ti­on.)*

Längst ist offen­sicht­lich, was im Früh­jahr eher ver­hal­ten geäu­ßert wur­de: Etwas ist faul im Staa­te Deutsch­land. ((Ver­ball­hor­nung des Aus­spruchs „Etwas ist faul im Staa­te Däne­mark“ („Some­thing is rot­ten in the sta­te of Den­mark“) aus Wil­liam Shake­speares Dra­ma „Ham­let“ (Mar­cel­lus, Akt 1, Sze­ne 4).)) Die deut­sche Bil­dungs­mi­nis­te­rin Annet­te Scha­van reagier­te auf die Situa­ti­on, indem sie von den Uni­ver­si­tä­ten „Selbst­kri­tik“ for­der­te, was nun auch nicht unbe­dingt zu den zwei­hun­dert nahe­lie­gends­ten Gedan­ken gezählt hät­te. Dabei ist es ja gera­de der desas­trö­sen Hoch­schul­po­li­tik der ver­gan­ge­nen tau­send Jah­re ((Anspie­lung auf den Slo­gan „Unter den Tala­ren: Muff von tau­send Jah­ren“ der Stu­den­ten­pro­tes­te in den spä­ten 1960er Jah­ren.)) zu ver­dan­ken, dass an den Unis die Absol­ven­ten und Dok­to­ren gleich­sam am Fließ­band pro­du­ziert wer­den: Jeder zusätz­li­che von ihnen sorgt für mehr Punk­te in den unsäg­li­chen „Hoch­schul-Ran­kings“ und für mehr Dritt­mit­tel.

Kath­rin Spoerr hat das haus­ge­mach­te Dilem­ma in ihrem Leit­ar­ti­kel in „Welt kom­pakt“ gut zusam­men­ge­fasst:

Das Pro­blem ist aber nicht, dass zu vie­le pro­mo­vie­ren, son­dern, dass die deut­schen Uni­ver­si­tä­ten von der Poli­tik im Unkla­ren gelas­sen wer­den über ihren künf­ti­gen Sinn. For­mel­haft wird an „For­schung und Leh­re“ fest­ge­hal­ten, tat­säch­lich aber kom­men immer weni­ger Pro­fes­so­ren neben ihren vie­len Pflich­ten rund ums Leh­ren dazu, for­schen zu kön­nen. Sie hal­ten Vor­le­sun­gen und Prü­fun­gen, ver­schwen­den in über­flüs­si­gen Gre­mi­en Arbeits- und Lebens­zeit, und ein immer grö­ßer wer­den­der Teil ihrer Ener­gie muss in Stel­lung­nah­men zu Stu­den­ten­kla­gen inves­tiert wer­den, die mit ihren Noten unzu­frie­den waren. Zeit und vor allem Ruhe für For­schung bleibt wenig.

Dabei, so Spoerr, bewei­se die Bereit­schaft von Pro­fes­so­ren, „auch Men­schen zu pro­mo­vie­ren, die nicht Wis­sen­schaft­ler wer­den wol­len“, „deut­lich mehr Gespür für die Gesell­schaft und ihre Anfor­de­run­gen als die schein­hei­li­gen Mah­nun­gen von Scha­van“. Womit wir beim eigent­li­chen Kern des Pudels ((Wohl­fei­ler Ver­weis auf den Aus­ruf „Das also war des Pudels Kern!“ in Johann Wolf­gang Goe­thes Tra­gö­die „Faust“ (Faust, Stu­dier­zim­mer­sze­ne, Zei­le 1323).)) Pro­blems wären: Der Dok­tor­ti­tel ist eigent­lich ein aka­de­mi­scher Grad und kein Ornat für Visi­ten­kar­ten und Mes­sing­schil­der.

Direkt zu Beginn mei­nes Stu­di­ums gaben sich mei­ne Dozen­ten größ­te Mühe, den Ball flach zu hal­ten: Pro­fes­so­ren woll­ten unter kei­nen Umstän­den mit „Herr Pro­fes­sor“ ange­spro­chen oder ange­schrie­ben wer­den und Dok­to­ren stell­ten klar, dass ihr Titel nun ein­mal Teil ihrer Arbeit und eine Spros­se auf der aka­de­mi­schen (wohl­ge­merkt!) Kar­rie­re­lei­ter sei. Ein Dozent sag­te, er ver­wen­de sei­nen Dok­tor­ti­tel eigent­lich nur, wenn ihm Ärz­te oder Sprech­stun­den­hil­fen blöd kämen – mit einem Dok­tor (weiß ja kei­ner, wel­cher Pro­fes­si­on) wür­den die dann gleich ganz anders spre­chen.

Das war eine völ­lig neue Welt­sicht für mich. Ich war es eher gewohnt, dass mein Groß­va­ter (an dem in Sachen Titel­hu­be­rei min­des­tens ein Öster­rei­cher ver­lo­ren gegan­gen ist) selbst enge Freun­de in deren Abwe­sen­heit als „Pro­fes­sor“ bezeich­net und Geburts­tags­ein­la­dun­gen an die Fami­lie sei­nes Schwie­ger­sohns an „Fami­lie Dr. med.“ adres­siert. ((Wobei die­ses Ver­hal­ten nicht auf schnö­de Dok­to­ren- und Pro­fes­so­ren­ti­tel beschränkt ist: es gibt ja auch noch Diplom-Inge­nieu­re, Stadt­bau­rä­te und Mark­schei­der. Nur ich war­te bis­her ver­geb­lich auf Post an Lukas Hein­ser, B.A. – was aber irgend­wie auch ganz beru­hi­gend ist.)) In mei­ner Hei­mat­stadt lie­fen Men­schen rum, die sich ihren frisch erwor­be­nen Dok­tor­ti­tel nach­träg­lich mit der eige­nen Schreib­ma­schi­ne auf ihren Leihaus­weis der Stadt­bi­blio­thek setz­ten.

An die­sem Punkt setzt der Gast­bei­trag an, den Fritz Strack, Pro­fes­sor für Sozi­al­psy­cho­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Würz­burg, für „Spie­gel Online“ geschrie­ben hat. Strack (für mei­nen Opa: „Pro­fes­sor Strack“) beginnt bei der in Deutsch­land übli­chen, bei Licht betrach­tet eher exo­ti­schen Tra­di­ti­on, den Dok­tor­ti­tel im Per­so­nal­aus­weis zu ver­mer­ken.

Durch die wie­der­hol­te Ver­knüp­fung von Namen und Grad wird die Anre­de „Herr oder Frau Dok­tor“ als Höf­lich­keits­ge­bot obli­ga­to­risch, die dann dem­je­ni­gen all­mäh­lich das Gefühl gibt, der Dok­tor sei doch Teil des eige­nen Namens. Die Ver­wen­dung für den per­sön­li­chen Gebrauch auf Tür­schil­dern, Brief­köp­fen und beim Ein­trä­gen ins Tele­fon­buch wer­den zur Selbst­ver­ständ­lich­keit.

Damit wer­de der Dok­tor­grad zu „einer Art Adels­ti­tel“, mit des­sen Hil­fe das gesell­schaft­li­che Pres­ti­ge „aus eige­ner Kraft erwor­ben und für den per­sön­li­chen und beruf­li­chen Vor­teil genutzt wer­den“ kön­ne.

War­um wohl woll­ten sonst so vie­le Leu­te pro­mo­vie­ren? Es sind eben nicht nur Nach­wuchs­wis­sen­schaft­ler, die eine beruf­li­che Tätig­keit in For­schung und Leh­re anstre­ben. Vie­le sind ein­fach scharf auf das zusätz­li­che Geld und die Kar­rie­re­chan­cen, die die Titel­funk­ti­on des fak­ti­schen Namens­zu­sat­zes mit sich brin­gen. Vor allem für den Auf­stieg in Füh­rungs­po­si­tio­nen in Wirt­schaft oder Poli­tik ist ein sicht­ba­rer Dok­tor­grad von unschätz­ba­rem Vor­teil.

Das unter­schei­det die­se Men­schen von mei­nen beschei­de­nen Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­lern an der Uni: Für sie ist der Dok­tor­grad ein Mit­tel zum Zweck, der ihnen Instant-Anse­hen brin­gen soll. Dabei soll­te die Dok­tor­ar­beit eigent­lich Beru­fung und Haupt­auf­ga­be im aka­de­mi­schen All­tag sein und nichts, was man über Jah­re neben sei­ner „Berufs- und Abge­ord­ne­ten­tä­tig­keit als jun­ger Fami­li­en­va­ter in mühe­volls­ter Klein­ar­beit“ (Ex-Dok­tor Karl-Theo­dor zu Gut­ten­berg) zum eige­nen Schmu­cke vor­an­treibt. Über­spitzt gesagt ist die Dok­tor­ar­beit etwas, was einen am Hun­ger­tuch nagen lässt und einem außer Erkennt­nis­ge­winn und Respekt in der Wis­sen­schafts­ge­mein­de nichts ein­brin­gen soll­te – zumin­dest kei­nen beschleu­nig­ten Auf­stieg in Poli­tik und Wirt­schaft.

Strack lei­tet aus sei­nem Essay zwei Kern­for­de­run­gen ab: Eine Ände­rung des deut­schen Per­so­nal­aus­weis­ge­set­zes und eine Refor­ma­ti­on der Pro­mo­ti­ons­re­geln für Medi­zi­ner. Ich fin­de, das klingt nach einem guten Anfang.

In den Medi­en ist der Anteil der Dok­to­ren übri­gens eher über­schau­bar, wes­we­gen man sich mit einem ande­ren Pres­ti­ge-Gene­ra­tor zu behel­fen ver­sucht: Hier ist fast jeder Trä­ger irgend­ei­nes Medi­en­prei­ses.

*) Nach­trag, 26. Juni: Frau Koch-Mehrin ver­zich­tet auf ihren Sitz im Aus­schuss für Indus­trie, For­schung und Ener­gie.

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Gib hier den Titel an

Das ist grad aber ein biss­chen blöd gelau­fen im Bun­des­tags-TV:

Dr. Karl-Theodor Frhr. zu Guttenberg
Aber auch hier ging es mit der Rück­ga­be des Dok­tor­ti­tels ganz schnell:

Karl-Theodor Frhr. zu Guttenberg
[via Phil­ipp]

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Menschenraub

„Ein Pla­gi­at (von lat. pla­gi­um, „Men­schen­raub“) ist das bewuss­te Aneig­nen frem­der geis­ti­ger Leistungen.“(aus Wiki­pe­dia, der frei­en Enzy­klo­pä­die)

„Was im wah­ren Leben der Mord, ist in der Wis­sen­schaft das Pla­gi­at!“, sagt der Dozent, für den ich vier Jah­re lang an der Uni gear­bei­tet habe. Vie­le, vie­le Stun­den mei­ner Tätig­keit als Stu­den­ti­sche Hilfs­kraft habe ich damit zuge­bracht, ver­dutzt zu schau­en, wenn ich Haus­ar­bei­ten oder Essays vor­kor­ri­giert habe. Ob man Pla­gia­te über­haupt erken­nen kön­ne, dach­te ich. Vor vier Jah­ren stand ich rela­tiv rat­los vor der Auf­ga­be, die mir zuge­teilt wur­de. „Ver­trau­en Sie auf ihr Gespür!“, wur­de mir ange­ra­ten, und das war tat­säch­lich der bes­te Rat­schlag in die­ser Geschich­te (wie in vie­len ande­ren Geschich­ten übri­gens auch). Das mit den Pla­gia­ten ver­hielt sich näm­lich so: Ein abge­ge­be­ner Text hol­pert vor sich hin, und auf ein­mal wird er bril­lant. Huch? Goog­le. Tref­fer.
Oder, wenn ich mich belei­digt füh­len soll­te: Auf ein­mal änder­ten sich Schrift­art oder gar Zei­len­um­brü­che. Flick­ar­bei­ten, Wiki­pe­dia-Zita­te, hausarbeiten.de-Zitate; die Abgrün­de der Inter­net­sei­ten, Sei­ten, die man nie besu­chen wür­de, der wis­sen­schaft­li­che Anspruch meis­tens mau, die Quel­len, aus denen abge­schrie­ben wur­de: kuri­os.

Den paar Malen, wenn ich Pla­gia­te gefun­den hat­te und mich danach so schmut­zig fühl­te, dass ich mich am liebs­ten gehäu­tet hät­te, folg­ten erns­te Gesprä­che mit den Stu­die­ren­den, geführt vom Dozen­ten selbst. Immer mit der Mög­lich­keit für die Stu­die­ren­den, sich zu recht­fer­ti­gen, aber auch mit der Ansa­ge, dass man die­sen Fall auch an die Rechts­ab­tei­lung der Uni­ver­si­tät wei­ter­lei­ten kön­ne (was wir nie getan haben). Eben weil der Klau von Gedan­ken das schlimms­te ist, was man in der Wis­sen­schaft tun kann. Höchst­stra­fe. Die Gesprä­che ende­ten immer mit Trä­nen auf Sei­ten der Stu­die­ren­den, es folg­te immer die Schil­de­rung eines per­sön­li­chen Schick­sals, das die Stu­die­ren­den zum Pla­gi­at getrie­ben hat. Auch hin­ter dem selbst­herr­lichs­ten, smar­tes­ten Grin­sen steck­ten Trä­nen und Rat­lo­sig­keit. Meis­tens war es Über­for­de­rung, die zum Pla­gi­at getrie­ben hat­te, das Gefühl, schlicht­weg zu dumm zu sein für einen phi­lo­so­phi­schen Essay, das Gefühl, dass die eige­nen Gedan­ken nicht aus­reich­ten, dem The­ma adäquat zu ent­spre­chen. Und dann waren meis­tens noch Todes­fäl­le und Krank­hei­ten in der Fami­lie auf­ge­tre­ten, Schei­dun­gen wur­den ange­droht und der­glei­chen mehr. All die­se Fäl­le waren tra­gisch, all die­se Fäl­le pas­sie­ren täg­lich an der Uni­ver­si­tät.

Wenn nun in der Geschich­te um Gut­ten­berg abge­wie­gelt wird, dann empört mich das zunächst, weil ich in den letz­ten vier Jah­ren stets in die ande­re Rich­tung auf­ge­wie­gelt habe und dies für rich­tig hielt. Und natür­lich ging es im Fall klei­ner phi­lo­so­phi­scher Essays nicht um die Welt, meis­tens ja nicht mal um die Wahr­heit, son­dern um einen ver­damm­ten Schein. In Zei­ten, in denen Erkennt­nis durch Workload ersetzt wird, ist das Nach­den­ken den meis­ten nur läs­tig. Aber wenn dann ein Gespräch folgt, weil ein Pla­gi­at gefun­den wur­de, dann wird den meis­ten auch klar, was ihnen an der Uni­ver­si­tät in die­ser Zeit fehlt: Ein Sinn, war­um sie ihre Zeit hier ver­brin­gen. Die meis­ten stu­die­ren, weil ihnen gesagt wird, dass es berufs­qua­li­fi­zie­rend ist, unter Berufs­qua­li­fi­zie­rung den­ken die meis­ten aber eher an Ange­bo­te, die (noch) eher an Berufs­schu­len und Volk­hoch­schu­len ange­bo­ten wer­den (des­we­gen auch die per­ma­nen­te Erset­zung des Wor­tes „Semi­nar“ durch „Kurs“ im Stu­den­ten-Jar­gon), es ent­steht ein Loch der Sinn­lo­sig­keit über die Zeit an der Uni­ver­si­tät, weil durch das vie­le Arbei­ten auf 30 unter­schied­li­chen Bau­stel­len kei­ne Zeit bleibt, mal in Ruhe über ein The­ma nach­zu­den­ken. Pla­gia­te und Über­for­de­rung gab es schon immer, aber sie sind auch das, das durch die Ba/­Ma-Reform beför­dert wer­den könn­te.

Ich schrei­be gera­de mei­ne Examens­ar­beit. Und ich weiß, wenn ich hier nicht Quel­len kor­rekt ange­be und dabei erwischt wer­de, dann kann ich mich nicht hin­set­zen und wei­nen und sagen, dass ich mich über­for­dert füh­le und dass es in mei­ner Fami­lie einen Todes­fall gab. Selbst wenn es zumin­dest im ers­ten Teil stimm­ten soll­te: Natür­lich füh­le ich mich über­for­dert, natür­lich habe ich bei­na­he jede Woche einen erneu­ten Qua­si-Ner­ven­zu­sam­men­bruch. So ist das Leben. Wenn ich bei einem Pla­gi­at erwischt wer­de, folgt zumin­dest eine Nicht-Aner­ken­nung mei­nes Abschlus­ses, und, je nach Schwe­re der Tat, auch eine Straf­an­zei­ge, viel­leicht die Unmög­lich­keit der Ver­be­am­tung. Das ist nicht der Haupt­grund, der gegen ein Pla­gi­at spricht, aber von Ehre möch­te ich an die­ser Stel­le gar nicht erst reden.

In mei­nem Fall geht es nur um ein Staats­examen. Wenn Gut­ten­berg sei­nen Dok­tor behal­ten darf, obwohl sich jeder sel­ber ein Bild vom Aus­maß der Abkup­fe­rei schon in der Ein­lei­tung sei­ner Diss machen kann, dann ist das unge­fähr das unge­rech­tes­te, was mir in mei­ner Zeit an der Uni­ver­si­tät unter­ge­kom­men ist.

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Most People Are DJ’s

Die Dis­kus­si­on um die omi­nö­se Dok­tor­ar­beit von Karl-Theo­dor zu Gut­ten­berg erreicht in schwin­del­erre­gen­dem Tem­po immer neue Meta-Ebe­nen: Ulf Pos­ch­ardt, stell­ver­tre­ten­der Chef­re­dak­teur der „Welt am Sonn­tag“ und Her­aus­ge­ber von „Rol­ling Stone“, „Musik­ex­press“ und „Metal Ham­mer“, ver­öf­fent­lich­te am Sams­tag in der „Welt“ einen Auf­satz über die Kul­tur­tech­nik des Sam­plings und des Mash-Ups.

In gewohnt unein­deu­ti­gem Oszil­lie­ren zwi­schen Ernst und Iro­nie ernennt er zu Gut­ten­berg zum „Jay‑Z der bür­ger­li­chen Poli­tik“, ver­weist auf Hegel und fabu­liert:

Sam­pling ist eine eben­so moder­ne wie kon­ser­va­ti­ve Kul­tur­tech­nik. Sie passt zu Karl Theo­dor zu Gut­ten­berg. Beim jün­ge­ren Publi­kum wird die Erre­gung über sei­nen Umgang mit Zita­ten die Zunei­gung eher ver­stär­ken, hat es sich doch in Zei­ten des Copy and Pas­te dar­an gewöhnt, einen Teil sei­ner Schul- und Uni­leis­tun­gen durch vir­tuo­se Quel­len­re­cher­che zu per­fek­tio­nie­ren. Die schlich­te­ren Gemü­ter lie­fern dabei ab, was gewünscht war: eine ver­meint­lich kennt­nis­rei­che Text­ober­flä­che. Post­mo­der­ne Eli­ten jedoch ver­sin­ken in den durch digi­ta­le Net­ze unend­lich gewor­de­nen Quel­len, um an ihnen zu wach­sen und die Gren­zen des eige­nen Wis­sens zu über­win­den.

Pos­ch­ardt muss es wis­sen: Sein gan­zer Arti­kel ist eine gere­mix­te Sin­gle-Ver­si­on sei­ner eige­nen Dok­tor­ar­beit, die unter dem Titel „DJ Cul­tu­re“ als Buch eine sehr viel höhe­re Auf­la­ge erziel­te als zu Gut­ten­bergs Dis­ser­ta­ti­on.

Ulf Pos­ch­ardt: Die DJ-Revo­lu­ti­on frisst ihre Kin­der

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Falsch, fälscher, „Rheinische Post“

Dr. Mar­kus Dewen­der, Vor­sit­zen­der der Hilfs­or­ga­ni­sa­ti­on „Kin­der brau­chen uns“ und Bam­bi-Preis­trä­ger, hat gar kei­nen Dok­tor­ti­tel. Das berich­tet der „Spie­gel“ in sei­ner aktu­el­len Aus­ga­be und inzwi­schen hat sich Dewen­der offen­bar selbst ange­zeigt, um „zur raschen Auf­klä­rung“ bei­zu­tra­gen. So weit so all­täg­lich tra­gisch.

Bei der „Rhei­ni­schen Post“ hielt man es offen­bar für eine total knor­ke Idee, den heu­ti­gen Arti­kel über den fal­schen Dok­tor gleich mit einem fal­schen Mar­kus Dewen­der zu bebil­dern, denn irgend­wie hat der Mann auf dem Foto so gar kei­ne Ähn­lich­keit mit dem Mann, der hier, hier, hier und sogar bei „RP Online“ Mar­kus Dewen­der ist:

Nicht Dr. Markus Dewender. Noch nicht mal ohne Doktortitel. Markus Dewender. Mit Bambi, aber ohne Doktortitel.

(links: Der fal­sche Mann in der „Rhei­ni­schen Post“ von heu­te, rechts: Der rich­ti­ge Mann bei „RP Online“)

Der von der RP abge­druck­te Mann ist übri­gens Dr. med. Mat­thi­as Angrés, medi­zi­ni­scher Vor­stand des Ver­eins „Kin­der brau­chen uns“.

PS: Zumin­dest optisch näher gele­gen hät­te die „Rhei­ni­sche Post“, wenn sie fälsch­li­cher­wei­se das Foto aus dem neben­ste­hen­den Arti­kel ver­wen­det hät­te, das den Gewin­ner der „5 Mil­lio­nen SKL Show“ zeigt.