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Suggestivfrage, Euer Ehren!

Eine Pres­se­mit­tei­lung der beson­de­ren Art ver­dan­ken wir der Poli­zei­di­rek­ti­on Leip­zig:

Ob das eine Frau war?

Ort: Zen­trum, Brühl
Zeit: 20.05.2011, 20:00 Uhr – 21.05.2011, 09:15 Uhr

Viel zu tun hat­te ein Ein­bre­cher, um alle Siche­rungs­ein­rich­tun­gen zu besei­ti­gen. Zunächst hebel­te er die Haus­tür, dann die Zwi­schen­tür und schließ­lich eine Git­ter­tür auf, um in ein Schuh­ge­schäft zu gelan­gen. Hier wur­de der Kas­sen­be­reich durch­wühlt und aus der Regis­trier­kas­se Bar­geld im drei­stel­li­gen Bereich ent­wen­det. Schu­he waren dabei offen­bar völ­lig unin­ter­es­sant, was die Fra­ge nach dem Geschlecht des Ein­bre­chers nahe legt. Die Ermitt­lun­gen wer­den es hof­fent­lich bald zei­gen. Die Kri­po hat die Ermitt­lun­gen auf­ge­nom­men. (FiA)

Ver­fas­se­rin ist inter­es­san­ter­wei­se eine Frau. Aber immer­hin müss­te die inzwi­schen ehe­ma­li­ge „Bild“-Gerichtsreportagepraktikantin Ali­ce Schwar­zer ja wie­der genü­gend Zeit haben, sich dar­über aus­gie­big auf­zu­re­gen.

[via Day]

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Teil einer Jugendbewegung

Am Wochen­en­de fand – wie bereits erwähnt – das ers­te Bar­camp Ruhr statt. Da das ange­kün­dig­te Video noch ein wenig auf sich war­ten las­sen wird ((Ich muss erst noch neu­en Arbeits­spei­cher kau­fen.)), woll­te ich das Erleb­te vor­ab schon mal in rela­tiv unge­fil­ter­te Wor­te fas­sen:

Was genau ein Bar­camp ist, wuss­te ich vor dem Wochen­en­de selbst nicht so genau. Man sag­te mir stets, es han­de­le sich um eine „Unkon­fe­renz“, was in etwa so hilf­reich ist, wie der Ver­such, Quan­ten­phy­sik mit Hil­fe japa­ni­scher Voka­beln erklä­ren zu wol­len. In Wahr­heit ist es ein betont locke­res Zusam­men­tref­fen von Men­schen, die irgend­was mit Inter­net zu tun haben. Zu Beginn des jewei­li­gen Ver­an­stal­tungs­ta­ges stel­len die Teil­neh­mer ((Exter­ne Refe­ren­ten sind nicht vor­ge­se­hen.)) The­men vor, über die sie ger­ne spre­chen wür­den. Per Hand­zei­chen wird abge­stimmt, wie vie­le Leu­te sich für das The­ma inter­es­sie­ren – dar­aus ergibt sich dann, in wel­chem Raum und zu wel­cher Uhr­zeit der Vor­trag statt­fin­det.

„Vor­trag“ ist im Übri­gen falsch. Es han­delt sich um soge­nann­te „Ses­si­ons“ und deren sprach­li­che nähe zur jam ses­si­on in der Musik kommt nicht von unge­fähr: „Einer redet, die ande­ren hören zu“ gibt’s nicht und ist angeb­lich auch nicht erwünscht.

Exkurs: Ich habe in der Schu­le immer Fron­tal­un­ter­richt gemocht, weil ich nie ver­ste­hen wer­de, war­um ein Leh­rer, der die Fak­ten kennt und auf­sa­gen könn­te, erst mal eine Drei­vier­tel­stun­de lang auf­schreibt, was die Schü­ler, denen er etwas bei­brin­gen soll, denn bis­her zum The­ma wis­sen. „Hit­ler war böse“ ist zwar eine rich­ti­ge Fest­stel­lung, als Ein­stieg ins The­ma „Zwei­ter Welt­krieg“ aber irgend­wie dürf­tig. Der Geschichts­un­ter­richt der Ober­stu­fe ist des­halb auch heu­te noch dafür ver­ant­wort­lich, dass ich beim Wort „Mind­map“ kalt­schwei­ßig wer­de und unkon­trol­lier­te Lau­te aus­sto­ße. Auch in der Uni sind mir Vor­le­sun­gen hun­dert Mal lie­ber als Dis­kus­sio­nen. Ande­rer­seits sind mir Dis­kus­sio­nen immer noch hun­dert Mal lie­ber als schlech­te Refe­ra­te. Exkurs Ende.

Die Qua­li­tät der Ses­si­ons bei einem Bar­camp hängt des­halb nicht nur von den Kom­pe­ten­zen des Vor­tra­gen­den ((Kei­ne Ahnung, wie der rich­ti­ge Begriff lau­tet, ver­mut­lich „Ses­si­on Lea­der“ oder so.)) ab, son­dern auch von der Grup­pe der Zuhö­rer. Da kann es schon mal vor­kom­men, dass span­nen­de Aus­füh­run­gen abge­würgt wer­den und ein Zuhö­rer ohne vor­he­ri­ge Mel­dung ein­fach vor sich hin doziert. Auch wenn ich mich an sol­che Umgangs­for­men im Lau­fe des Wochen­en­des gewöh­nen konn­te, wird die­ses Ver­fah­ren nie zu mei­ner favo­ri­sier­ten Art der Wis­sens­ver­mitt­lung zäh­len. Um ver­schie­de­ne Ansich­ten zu einem The­ma ken­nen zu ler­nen, ist es aber ganz hilf­reich.

The­ma­tisch sind den Ses­si­ons kei­ne Gren­zen gesetzt, alles, was auch nur im Ent­fern­tes­ten mit Inter­net zu tun haben könn­te, kommt dar­in vor. Damit stand ich per­sön­lich vor einem wei­te­ren Pro­blem: Wirt­schaft ist zum Bei­spiel ein The­ma, dass mich noch nie inter­es­siert hat – null. Ich könn­te auch unter Andro­hung von kör­per­li­cher Gewalt kei­ne zehn DAX-Unter­neh­men auf­lis­ten – geschwei­ge denn fünf Start­ups. ((Ein Start­up ist eine Exis­tenz­neu­grün­dung im Inter­net. Da gibt es alles von social net­works (MySpace oder Face­book waren mal Start­ups) bis hin zu Inter­net­sei­ten, auf denen man sein Müs­li oder sei­nen Kaf­fee indi­vi­du­ell zusam­men­stel­len kann.))

Ich fin­de es fas­zi­nie­rend, auf wel­che Ideen Leu­te kom­men, deren krea­ti­ve Hirn­hälf­te auch Syn­ap­sen zu dem Teil, der ans Geld­ver­die­nen denkt, auf­ge­baut hat, aber ich will kein Unter­neh­men grün­den. Die Wor­te „busi­ness plan“, „crowd sourcing“ oder „break even“ erschei­nen mir immer wie Par­odien auf die Wirt­schaft und laden mich allen­falls zum Bull­shit-Bin­go ein. Da fällt es schwer, ernst zu blei­ben, und die Leu­te, die sicher­lich alle total nett sind und tol­le Ideen haben, nicht für den glei­chen schreck­li­chen Men­schen­schlag zu hal­ten, wie die Inves­to­ren, denen sie Geld für ihre Pro­jek­te abrin­gen wol­len.

Ein Schwer­punkt des Bar­camps Ruhr lag auf Musik im Inter­net, was mich als Musik­fan und Gele­gen­heits­mu­si­ker schon inter­es­sier­te. Ent­spre­chend irri­tiert war ich aber, als in dies­be­züg­li­chen Ses­si­ons plötz­lich von „con­tent“, statt von „Musik“ die Rede war. Das ist für mich dann auch kein gro­ßer Unter­schied mehr zu dem bösen, bösen Major­la­bel, wo alle stän­dig von „Pro­duk­ten“ faseln.

Über­haupt: Für Mit­glie­der des unsäg­li­chen „Ver­eins Deut­sche Spra­che“ wäre ein Bar­camp das, was Sodom und Gomor­rha für einen guten Katho­li­ken sind. Wer schon tech­ni­sche Begrif­fe wie „Lap­top“ oder „Brow­ser“ gei­ßelt, der wird inmit­ten von „Ses­si­ons“, „Start­ups“ und „Back Offices“ foam vor dem mouth bekom­men und im tri­ang­le sprin­gen. Das Unper­fekt­haus in Essen ((Eine Art Hip­pie­kom­mu­ne mit kur­zen Haa­ren, in der man sich ganz rüh­rend um uns küm­mer­te.)) wur­de übri­gens stets als „Loca­ti­on“ bezeich­net, was dann unge­fähr der Punkt war, an dem es selbst mir ein biss­chen too much wur­de. „Schlim­mer als die wahl­lo­se Ver­wen­dung fremd­sprach­li­cher Begrif­fe ist aber immer noch die fal­sche Aus­spra­che der­sel­ben“, dach­te ich, wäh­rend ich gedan­ken­ver­lo­ren in mei­nem Tsch­appu­ki­no rühr­te.

Was mich auch eini­ger­ma­ßen ver­stör­te, war die Ein­stel­lung man­cher Leu­te. Bis­her hat­te ich den unend­li­chen Reiz des Inter­nets unter ande­rem dar­in gese­hen, dass dort jeder tun und las­sen kann, was er ganz allei­ne will, maxi­mal begrenzt durch Geset­ze, die bit­te nicht zu streng sind. Plötz­lich kamen Leu­te an, die von einer „Blog­ger­kul­tur“ spra­chen und Sät­ze sag­ten wie: „Wer nicht auf Bar­camps geht, ist für mich kein Blog­ger“, „Jour­na­lis­ten sind kei­ne Blog­ger“ oder „Ein Blog ohne Kom­men­ta­re ist kein Blog“. Da waren sie wie­der, die Leu­te, die man im Bereich der Musik „Indi­en­a­zis“ nennt, und die in Schub­la­den den­ken, die ihnen „Spex“, „Intro“ und „Visi­ons“ aus dem Holz eines abge­bro­che­nen Sozio­lo­gie­stu­di­ums gezim­mert haben. Men­schen, die im Use­net und in Web­fo­ren schrei­ben, war­um die­se oder jene Band ein­fach schei­ße sein muss und nicht Indie sein kann, und die sich selbst vor allem über die Abgren­zung zu ande­ren und die Aus­gren­zung der­sel­ben defi­nie­ren. Sol­che gibt es also auch im Web 2.0. Für den unwahr­schein­li­chen Fall, dass ihre Inter­pre­ta­ti­on des Kon­zepts „Blog“ irgend­wann ein­mal tat­säch­lich zu einer Defi­ni­ti­on wer­den soll­te, wer­de ich mir schon mal einen neu­en Begriff über­le­gen, unter dem die­se lose Text­samm­lung im Inter­net dann fir­mie­ren wird.

Jetzt habe ich alles auf­ge­schrie­ben, was ich merk­wür­dig bis abschre­ckend fand, und es wirkt, als sei das Bar­camp Ruhr für mich eine ganz und gar schreck­li­che Ver­an­stal­tung gewe­sen. Das ist falsch. Zwar war der Sams­tag wirk­lich ver­wir­rend und anstren­gend, aber der Sonn­tag hat viel wie­der wett­ge­macht. Es waren sehr vie­le net­te Leu­te da und bei rund 120 Teil­neh­mern ist auch bei opti­mis­tischs­ter Welt­an­schau­ung rein sta­tis­tisch klar, dass dar­un­ter min­des­tens eine Hand­voll sein wird, deren Bekannt­schaft man lie­ber nie gemacht hät­te. Die Atmo­sphä­re war die gan­ze Zeit über sehr ange­nehm und dass ich vor grö­ße­ren Grup­pen ((„grö­ßer“ = „mehr als fünf Leu­te“.)) Angst habe und kein gro­ßer Freund von Small­talk und ziel­lo­sen Dis­kus­sio­nen bin, ist ja letzt­lich mein per­sön­li­ches Pro­blem.

Ich habe in der Tat noch eini­ge inter­es­san­te Din­ge erfah­ren ((So habe ich zum Bei­spiel qik.com ken­nen­ge­lernt, eine Inter­net­sei­te, die mei­ner Mei­nung nach für den end­gül­ti­gen Unter­gang des Abend­lan­des und das Ende der Mensch­heit ver­ant­wort­lich sein könn­te.)) und eini­ge span­nen­de Gesprä­che geführt. Die Alters­span­ne der Teil­neh­mer reich­te von 18 bis 57, wobei ich es vor allem groß­ar­tig fin­de, wenn auch Men­schen im fort­ge­schrit­te­nen Alter mit mehr Offen­heit auf neue Sachen zuge­hen als ich selbst mit mei­nen 24 Jah­ren.

Über­all erwähnt wur­de die über­aus unschö­ne Tat­sa­che, dass wäh­rend des Bar­camps zwei iPods ((Mobi­le Musikab­spiel­ge­rä­te der Fir­ma Apple.)) (ein Nano, ein Touch), eine Kame­ra, ein Asus Eee ((Eine Art Lap­top, aber noch klei­ner.)) und ein iBook gestoh­len wur­den. Das war im Nach­hin­ein lei­der fast abzu­se­hen bei den unzäh­li­gen Leu­ten, die zusätz­lich zu den Teil­neh­mern noch durchs Haus lie­fen. Ich bin aber über­zeugt davon, dass dem Dieb sei­ne Hän­de, sei­ne Zun­ge und sein Glied abfau­len wer­den. Wenn Sie also dem­nächst in der Esse­ner Innen­stadt einen stum­men Mann mit Arm­stümp­fen sehen, soll­ten Sie ihm noch kurz die Hose run­ter­zie­hen und ihn dann zur Poli­zei schlei­fen.

Vor Mona­ten hat­te ich gemut­maßt, ein Bar­camp sei „eine Art Kir­chen­tag“. Jetzt habe ich bei­des ein­mal mit­ge­macht und muss sagen, dass die­se Ein­schät­zung gera­de­zu pro­phe­tisch war. Bei­de Male blieb trotz einer Men­ge Skep­sis und Ärger ein ziem­lich posi­ti­ver Ein­druck – und die Fra­ge, ob ein Mal nicht aus­reicht.

Dem­nächst dann: Die gan­ze Grüt­ze noch mal in Ton und Bild.

Nach­trag, 21. März: JETZT! Grüt­ze gibt’s hier.

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This Ain’t A Scene It’s A Bike Race

Nach­dem die lus­ti­gen Dilet­tan­ten von DHL auch nach einer Woche noch nicht reagiert hat­ten und ich wenig Lust hat­te, mein Buch erst­mal wie­der zurück­ge­hen zu las­sen, hab ich mich dann heu­te doch mal dazu durch­ge­run­gen, es in der Post­agen­tur abzu­ho­len.

Ange­sta­chelt durch tage­lan­ges Tour-de-France-Gucken schwang ich mich auf mei­nen Draht­esel und mach­te mich auf den 2,4 Kilo­me­ter lan­gen Weg. Anders als sonst üblich fing es nicht an zu reg­nen, als ich aus der Haus­tür trat – das tat es näm­lich schon län­ger. Nach 200 Metern und noch bevor ich mich den ers­ten Hang run­ter­ge­stürzt hat­te (ja: Bochum ist hier wirk­lich hüge­lig, min­des­tens Kate­go­rie 3 oder so), stell­te ich fest, dass irgend­ein sehr armer Stu­den­ten­wohn­heims­be­woh­ner mei­ne sechs Jah­re alten und nur noch halb­wegs funk­tio­nie­ren­den Bat­te­rie­leuch­ten abge­schraubt haben muss. War ich also zum zwei­ten Mal in die­sem Jahr Opfer eines Dieb­stahls gewor­den.

Die Post­agen­tur war gar nicht mehr, wie noch bei mei­nem letz­ten Besuch, ein Rei­se­bü­ro, son­dern eine Bou­tique für recht gro­tes­ke Mode. Am Tre­sen (nennt man die The­ke den Tisch in Bei­na­he-Post­äm­tern auch Tre­sen?) stand ein Phil­ate­list, der sich durch einen Sta­pel fri­scher Brief­mar­ken­heft­chen wühl­te und zu sei­ner gro­ßen Freu­de wert­vol­le Fehl­dru­cke gleich im Dut­zend fand. Nicht ganz so schnell fand der Bei­na­he-Post­be­am­te mein Päck­chen – es lag ja schon seit einer Woche im Lager, ver­mut­lich ganz unten in einem rie­si­gen Sta­pel. Er fand es, es war dop­pelt so groß wie das eigent­li­che Buch, aber ich hat­te es immer­hin.

Der Rück­weg führ­te mich wie­der einen Berg hin­ab und einen hin­auf und ich hat­te noch ein biss­chen mehr Respekt vor den Rad­fah­rern, die gera­de die Pyre­nä­en durch­fah­ren. Ich hät­te ja schon für die Stra­ße hin­ter mei­nem Haus fast Jan Ull­richs Haus­apo­the­ke gebraucht.

Die aus­führ­li­che Bespre­chung zu „Chuck Klos­ter­man IV“ (das Ama­zon nach mei­ner Bestel­lung noch mal um zwei Euro her­un­ter­ge­setzt hat, wie ich gera­de fest­stel­le) gibt es dann, wenn ich das Buch durch­ha­be. Die Uhr läuft ab jetzt.