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Frauenfußball — jetzt erst recht

Drei schril­le Pfif­fe been­den das Spiel. Fas­sungs­lo­sig­keit und Trau­er auf dem Platz, Fas­sungs­lo­sig­keit und Trau­er vor dem Fern­se­her. Trä­nen und Schmerz auf der einen Sei­te, Freu­de und Stolz auf der ande­ren. Der Super-GAU ist ein­ge­tre­ten: Ein Vor­run­den­aus, schon wie­der. Im Win­ter des ver­gan­ge­nen Jah­res traf es die Män­ner, jetzt trifft es auch die Frau­en. Mit einem 1:1 gegen Süd­ko­rea ver­ab­schie­den sich die als Favo­ri­tin­nen gehan­del­ten Spie­le­rin­nen des deut­schen Natio­nal­teams vom Wett­be­werb und schlie­ßen sich damit gro­ßen Frau­en­fuß­ball-Natio­nen wie Bra­si­li­en und Kana­da an, die eben­falls in der Vor­run­de aus­ge­schie­den sind.

Wäh­rend sich die Korea­ne­rin­nen für ihre Leis­tung fei­ern, müs­sen sich die Deut­schen nun erst ein­mal sam­meln und begrei­fen, was da eigent­lich pas­siert ist. Wie konn­te es über­haupt so weit kom­men? Es hat­te mit dem 6:0 gegen Marok­ko doch so gut ange­fan­gen! Die Stim­mung war groß­ar­tig, die Eupho­rie schoss ins Uner­mess­li­che – und viel­leicht war auch genau das das Pro­blem. Nach dem Spiel wur­de die Leis­tung der Spie­le­rin­nen von allen Sei­ten gelobt, schließ­lich star­te­te man direkt mit einem Kan­ter­sieg ins Tur­nier und über­zeug­te, im Gegen­satz zu den ande­ren Favo­ri­tin­nen, mit Leis­tung und Toren. Es fühl­te sich ein­fach an. Zu ein­fach?

Das zwei­te Grup­pen­spiel gegen Kolum­bi­en war so ziem­lich das Gegen­teil von ein­fach. Es folg­te die ers­te Nie­der­la­ge für das Team, ein klei­ner Dämp­fer – aber es gab ja schließ­lich noch das drit­te und zugleich letz­te Grup­pen­spiel gegen Süd­ko­rea und die Hoff­nung auf ein Wei­ter­kom­men in die K.O.-Runde. Über poten­zi­el­le Geg­ner wur­de direkt im Anschluss an das zwei­te Grup­pen­spiel dis­ku­tiert, Jour­na­lis­tin­nen, Jour­na­lis­ten und Fans waren sich eines Wei­ter­kom­mens sicher, viel­leicht ein wenig zu sicher. Und wie der Zufall es so will, kam plötz­lich alles anders. Am Ende kamen die DFB-Spie­le­rin­nen nicht über ein 1:1 gegen Süd­ko­rea hin­aus, wäh­rend ihre Grup­pen­kon­kur­ren­tin­nen aus Marok­ko Kolum­bi­en mit 1:0 schlu­gen und damit das Aus von Pop­pi, Obi, Jule und Co. besie­gel­ten.

Sofort trat auch das ein, wovor ich mich schon die gan­ze Zeit über fürch­te­te: Sexis­mus-Ergüs­se, Häme und Scha­den­freu­de in den Kom­men­tar­spal­ten. Haupt­säch­lich von Män­nern, wer hät­te das gedacht? Die Spie­le­rin­nen sol­len doch wie­der zurück in die Küche, wo sie hin­ge­hö­ren, denn Fuß­ball sei ja sowie­so nichts für sie – nur einer der unzäh­li­gen „geist­rei­chen“ Kom­men­ta­re bei Face­book und Insta­gram. Glück­li­cher­wei­se hal­ten zahl­rei­che Fans dage­gen und sichern auch wei­ter­hin ihre vol­le Unter­stüt­zung zu. Auch ich bin jetzt noch ent­schlos­se­ner, den Frau­en­fuß­ball in Deutsch­land noch stär­ker zu unter­stüt­zen und noch mehr Spie­le zu besu­chen als in der ver­gan­ge­nen Sai­son, sofern es Zeit und Finan­zen denn zulas­sen.

Als Kind und Jugend­li­che spiel­te ich für mein Leben ger­ne Fuß­ball. Jede freie Minu­te und jede Pau­se in der Schu­le ver­brach­te ich mit einem Groß­teil mei­ner Mit­schü­ler und einer wei­te­ren Mit­schü­le­rin auf dem Bolz­platz auf dem Schul­hof. Ich drib­bel­te, schoss Tore, ging in Zwei­kämp­fe rein und fand mich nicht sel­ten mit auf­ge­schürf­ten Knien auf dem Boden wie­der. Fuß­ball war, obwohl ich auch Ten­nis spiel­te, mein abso­lu­ter Lieb­lings­sport. Das Wochen­en­de war Bun­des­li­ga-Zeit, die Sport­schau gehör­te zum Stan­dard­pro­gramm, und Spie­le der bos­nisch-her­ze­go­wi­ni­schen und der deut­schen Natio­nal­mann­schaf­ten ver­folg­te ich fast schon reli­gi­ös. Aber einem Ver­ein bei­zu­tre­ten und irgend­wann viel­leicht sogar selbst pro­fes­sio­nell spie­len? Kei­ne Opti­on. Mir fehl­ten die weib­li­chen Vor­bil­der und die Visi­on, dass Pro­fi­fuß­ball für Frau­en wirk­lich etwas war, was erreich­bar war. Ich kann mich kaum an eine Über­tra­gung eines Spiels der deut­schen Pro­fif­rau­en in mei­ner Kind­heit und mei­ner Jugend erin­nern. Auf dem Schul­hof sprach sowie­so nie­mand über sie, son­dern nur über Cris­tia­no Ronal­do, Fer­nan­do Tor­res und Micha­el Bal­lack. Ich hat­te kei­ner­lei Berüh­rungs­punk­te mit den Frau­en und zog im Hype um die Män­ner mit.

Umso wich­ti­ger ist es also, dass weib­li­che Vor­bil­der wie bei­spiels­wei­se Alex­an­dra Popp, die Spa­nie­rin Ale­xia Putel­las und die Bra­si­lia­ne­rin Mar­ta heu­te für Mäd­chen und jun­ge Frau­en exis­tie­ren und dass sie prä­sent sind. Im Fern­se­hen und vor Ort im Sta­di­on. Die­ses Vor­run­den­aus ist viel­leicht ein klei­ner Rück­schlag, aber das, was mit der EM 2022 und unmit­tel­bar danach ins Rol­len gebracht wur­de, ist nicht mehr auf­zu­hal­ten. Und das ist auch gut so!

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Lucky & Fred: Episode 24

 
In einem ansons­ten men­schen­lee­ren Büro in Dort­mund-Bar­op müs­sen sich Lucky und Fred erst­mal wie­der dar­an gewöh­nen, wie es ist, ohne Thea­ter­pu­bli­kum zu sein. Dabei hilft ihnen ein Mann, der seit Jah­ren von der Rol­le ist: Horst See­ho­fer, der Donald Trump aus Ingol­stadt.

Nach­dem sie den Bun­des­in­nen­mi­nis­ter hin­rei­chend ver­arz­tet haben, küm­mern sich die chro­nisch über­wit­zel­ten Chro­nis­ten um Donald Trump, den Horst See­ho­fer aus New York.

Lucky erwägt, einer Par­tei bei­zu­tre­ten, Fred schafft die Som­mer­zeit ab und gemein­sam erin­nern sie an das bedeu­tends­te fünf­te Jubi­lä­um in der Geschich­te des WDR Fern­se­hens.

Der Trost, wie immer: Es war nicht alles schlecht — und Lucky und Fred wer­den auf die Bret­ter, die die Welt bedeu­ten, zurück­keh­ren!

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Lucky & Fred: Episode 17

Nie­mand inter­es­siert sich dafür, wenn wir irgend­wel­che TV-Komi­ker beschimp­fen — des­we­gen wol­len wir von den Schlimms­ten ler­nen und schau­en uns die PR-Stra­te­gien aus­ge­wähl­ter Des­po­ten an. Dann schau­en wir auf unse­ren Zivil­dienst, die Land­tags­wahl in NRW und erklä­ren Mar­tin Schulz, wie er doch noch Bun­des­kanz­ler wird. Und um Deutsch­land wirk­lich zu ver­ste­hen, spre­chen wir über die Bun­des­wehr, Fuß­ball­fans und Hele­ne Fischer — ein Fes­ti­val der Lie­be!

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Der Preis des Internets

Sie wer­den es ver­mut­lich noch nicht mit­be­kom­men haben, aber ges­tern wur­den in Düs­sel­dorf die Nomi­nie­run­gen für den Grim­me Online Award 2009 bekannt gege­ben.

Unter den 24 Nomi­nier­ten befin­det sich – das wird die Kri­ti­ker ver­wir­ren – kein ein­zi­ger Ver­tre­ter einer wie auch immer gear­te­ten Ber­li­ner Blog­ger-Sze­ne (aller­dings wie­der jemand mit Wur­zeln in Dins­la­ken, wie mir mei­ne Mut­ter sogleich tele­fo­nisch berich­te­te), und ob die vier Nomi­nie­run­gen für öffent­lich-recht­li­che Pro­jek­te wirk­lich noch jeman­den auf­re­gen, wird sich auch zei­gen.

Bekanntgabe der Nominierten für den Grimme Online Award 2009

Beson­ders erfreut bin ich über die Nomi­nie­rung von freitag.de – an dem neu­en Por­tal der Wochen­zei­tung „Der Frei­tag“, das die Gren­zen zwi­schen Jour­na­lis­ten und Blog­gern auf­he­ben soll, war ich ja anfangs auch als „Netz­wer­ker“ betei­ligt. Ich hal­te die Idee nach wie vor für ein­zig­ar­tig in Deutsch­land und hof­fe, dass die Nomi­nie­rung (und die anste­hen­den Wah­len) dem Pro­jekt wei­ter Auf­trieb geben.

Eben­falls spon­tan erfreut (ich kann­te den Groß­teil der Nomi­nier­ten nicht und möch­te mich da erst mal ein­le­sen) war ich über die Nomi­nie­rung des Sport­jour­na­lis­ten Jens Wein­reich und des Ama­teur­fuß­ball-Por­tals Hart­platz­hel­den. Obwohl bei­de Ange­bo­te sicher schon von ganz allei­ne die Nomi­nie­run­gen recht­fer­ti­gen, kann man ihre Aus­wahl auch als Signal in Rich­tung des Deut­schen Fuß­ball­bunds deu­ten, mit des­sen Ver­tre­tern sowohl Wein­reich als auch die Hart­platz­hel­den schon so ihre Pro­ble­me hat­ten bzw. immer noch haben.

Um Macht­fra­gen ging es Uwe Kam­mann, dem Direk­tor des Adolf-Grim­me-Insti­tuts, des­sen kind­li­che Begeis­te­rung für das Inter­net mich immer wie­der rührt, dann auch in sei­nem Schluss­wort: Das Inter­net sei ein Medi­um der Frei­heit und der Auf­klä­rung und die alten Macht­ha­ber, die mein­ten, ihre Fla­schen­häl­se wei­ter bewa­chen zu kön­nen, wür­den ihre Kon­trol­le bald abge­ben müs­sen. Übri­gens war in die­sem Jahr kein Ver­tre­ter der Poli­tik zur Bekannt­ga­be der Nomi­nier­ten erschie­nen.

Die Ver­an­stal­tung erin­ner­te wie­der ein wenig an die Bilanz­pres­se­kon­fe­renz des Spar­kas­sen­ver­bands West­müns­ter­land, aber der anschlie­ßen­de Ver­such des gemüt­li­chen Her­um­ste­hens im etwas ungast­li­chen Flur der Lan­des­an­stalt für Medi­en taugt ver­mut­lich bes­ser als Sinn­bild des Inter­nets, als es tau­send Sze­ne­tref­fen könn­ten: Da stan­den dann die blog­gen­den Jour­na­lis­ten, die Ver­tre­ter von Sei­ten wie dbna, einem Maga­zin für schwu­le Jugend­li­che, dem Brett­spie­le-Report oder dem digi­ta­len His­to­ri­schen Archiv Köln, aßen Sup­pe und tausch­ten sich aus. Sie sie kom­men aus völ­lig unter­schied­li­chen Berei­chen, haben ganz unter­schied­li­che Moti­va­tio­nen, aber sie eint, dass sie alle etwas im Inter­net machen. Manch­mal hat­te man sich auch nichts zu sagen, aber das ist dann eben so – das Inter­net ist ja nur ein Werk­zeug und sagt noch nichts über die sons­ti­ge Gesin­nung aus.

Uwe Kam­mann bezeich­ne­te das Web als Erwei­te­rung der Öffent­lich­keit, von dem ein gro­ße Öffent­lich­keit nur noch nichts wis­se. Das zu ändern ist eine Auf­ga­be des Grim­me Online Awards, der schon des­halb mehr Auf­merk­sam­keit ver­dient hät­ten.

Die acht Prei­se plus Publi­kums­preis wer­den am 24. Juni in den Köl­ner Vul­kan­hal­len ver­lie­hen – die Preis­trä­ger ent­neh­men Sie bit­te wie immer kurz vor­her dem Inter­net.

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Dear Mr. President

Bevor heu­te Abend das tra­di­ti­ons­rei­che Fuß­ball­spiel zwi­schen Deutsch­land und Eng­land statt­fin­det (also das Auf­ein­an­der­tref­fen zwei­er einst ruhm­rei­cher Fuß­ball­na­tio­nen), möch­te ich noch ein­mal kurz dar­an erin­nern, was das für ein Ver­ein ist, dem Sie da heu­te ver­mut­lich die Dau­men drü­cken wer­den:

Nach­dem DFB-Prä­si­dent Theo Zwan­zi­ger in zwei Instan­zen mit sei­nem Ver­such geschei­tert war, dem frei­en Sport­jour­na­lis­ten Jens Wein­reich unter­sa­gen zu las­sen, ihn einen „unglaub­li­chen Dem­ago­gen“ zu nen­nen, hat der DFB am ver­gan­ge­nen Frei­tag eine gro­ße Ver­leum­dungs­kam­pa­gne gegen Wein­reich los­ge­tre­ten.

Dabei kehrt der DFB nicht nur die bei­den Gerichts­ent­schei­dun­gen zu Unguns­ten Zwan­zi­gers unter den Tep­pich, er ver­dreht in sei­ner Pres­se­mit­tei­lung auch mun­ter Sach­ver­hal­te und Begriff­lich­kei­ten. So scheu­en sich weder DFB noch Zwan­zi­ger, das Wort „Dem­ago­ge“ mit „Volks­ver­het­zer“ zu über­set­zen und aus­schließ­lich auf den Natio­nal­so­zia­lis­mus zu bezie­hen.

Wer die Vita und das kon­se­quen­te Enga­ge­ment von Theo Zwan­zi­ger im Kampf gegen Neo-Nazis kennt, ver­steht selbst­ver­ständ­lich sei­ne Reak­ti­on. Denn als Dem­ago­ge wird ein Volks­ver­het­zer bezeich­net, der sich einer straf­ba­ren Hand­lung schul­dig macht.

(DFB-Vize­prä­si­dent Dr. Rai­ner Koch)

Wenn man eine sol­che Vita hat und außer­dem, wie ich, in Yad Vas­hem war, denkt man anders über die Din­ge nach. Ich bit­te um Ver­ständ­nis, dass mei­ne Emp­find­lich­keit, was die Nazi-Zeit angeht, grö­ßer ist, als das viel­leicht bei andern Leu­ten oder Jün­ge­ren der Fall ist.

(Theo Zwan­zi­ger im Inter­view mit „Direk­ter Frei­stoß“)

Alles wei­te­re kön­nen Sie bei Jens Wein­reich selbst und bei Ste­fan Nig­ge­mei­er nach­le­sen.

Jede Wet­te: wenn der Vor­stand eines Bun­des­li­ga­ver­eins so eine Show abzie­hen wür­de, wür­den die Fans anschlie­ßend im Sta­di­on mit Sprech­chö­ren und Trans­pa­ren­ten des­sen Abset­zung for­dern. Theo Zwan­zi­ger, der sich heu­te Abend mal wie­der mit der Bun­des­kanz­le­rin schmü­cken wird, muss so etwas kaum befürch­ten.

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Unterwegs Politik

Unter Grünen: Über Menschenrechte

Das mit Clau­dia Roth und mir ist irgend­wie komisch: im Fern­se­hen fin­de ich sie (wenn sie nicht gera­de bei „Zim­mer frei“ zu Gast ist) uner­träg­lich. Ich kann ihren Sät­zen nicht fol­gen, ich weiß hin­ter­her nicht, was sie der Welt sagen – oder bes­ser: zuru­fen – woll­te. Sie ist mir zu emo­tio­nal, zu laut, ja, letzt­lich: zu enga­giert.

Jetzt stand sie hier gera­de und hielt eine Rede zum The­ma „60 Jah­re Men­schen­rech­te“ und war wie­der emo­tio­nal, laut und enga­giert. Aber in der Hal­le habe ich zumin­dest ver­stan­den, war­um man die­se Frau die „See­le der Par­tei“ nennt: sie reißt ihre Par­tei­freun­de mit, weil sie emo­tio­nal und enga­giert ist – und laut, zu laut. Aber mehr­stün­di­ge Dis­kus­sio­nen, ob man jetzt die­ses Wort aus einem Antrag strei­chen oder jenes hin­zu­fü­gen soll­te, brau­chen als Gegen­pol wohl eine Par­tei­vor­sit­zen­de, die ein wenig mut­ter­bei­mert. Dass ich ihr beim The­ma Men­schen­rech­te und ihrer Kri­tik an der Vor­rats­da­ten­spei­che­rung zustim­me, war ja vor­her schon abzu­se­hen.

Was also hat sie der Welt zuge­ru­fen? Im Dezem­ber wird die All­ge­mei­ne Erklä­rung der Men­schen­rech­te 60 Jah­re alt. Roth warn­te vor „Sonn­tags­re­den“ und Lip­pen­be­kennt­nis­sen zu die­sem Anlass. Im Hin­blick auf Guant­anomo und Abu Ghraib wet­ter­te sie: „Kei­ne Demo­kra­tie ist wirk­lich stark, wenn in ihr die Men­schen­rech­te miss­ach­tet wer­den.“ Der Kampf gegen den inter­na­tio­na­len Ter­ro­ris­mus dür­fe kein „Gene­ral­schlüs­sel“ sein, um Men­schen­rech­te aus­zu­he­beln: „Sie gel­ten für jeden Men­schen auf die­ser Welt.“

Anders als bei der Atom­ener­gie- und der Finanz­markt­de­bat­te war ich am The­ma Men­schen­rech­te per­sön­lich inter­es­siert und konn­te den ers­ten zehn, zwölf Rede­bei­trä­gen auch noch fol­gen. Aber dann war es wie­der vor­bei: alle wün­schen sich mehr Men­schen­rech­te, aber jeder muss noch ein­mal einen beson­de­ren Focus auf das The­ma legen. Jede ein­zel­ne Rede ist ihrem Red­ner inhalt­lich sicher sehr wich­tig, aber ich bezweif­le schon, dass die Par­tei­freun­de dem zwan­zigs­ten Red­ner über­haupt noch rich­tig zuhö­ren (kön­nen) – von den Außen­ste­hen­den ganz zu schwei­gen.

Wie­der wach wur­de ich dann bei dem Red­ner, der davor warn­te, sich blind hin­ter Barack Oba­ma zu stel­len, und for­der­te, lie­ber mit den ame­ri­ka­ni­schen Grü­nen zu koope­rie­ren. Also jener Par­tei, der man vor­wirft, durch ihren Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­ten im Jahr 2000 Geor­ge W. Bush den Weg ins Wei­ße Haus erst geeb­net zu haben.

Weil ich gera­de kaum zu ande­ren The­men kom­me – und weil es irgend­wie zum The­ma Pres­se- und Mei­nungs­frei­heit passt – möch­te ich Ihnen hier noch zwei Link­tipps geben: Da ist zum einen die Kam­pa­gne, die der Deut­sche Fuß­ball­bund gera­de gegen den frei­en Sport­jour­na­lis­ten Jens Wein­reich fährt, und zum ande­ren Lutz Heil­mann, Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ter der Links­par­tei, der gericht­lich gegen wikipedia.de vor­ge­gan­gen ist, weil ihm der Ein­trag zu sei­ner Per­son miss­fiel.

Beach­ten Sie für alle Par­tei­tags-Bei­trä­ge bit­te die Vor­be­mer­kun­gen.

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Sport Gesellschaft

Christoph Daums Bedenken

Am Mitt­woch, 28. Mai 2008, wird das Deut­sche Sport­fern­se­hen (DSF) eine Doku­men­ta­ti­on aus­strah­len, die sich mit dem immer noch größ­ten Tabu im Fuß­ball beschäf­tigt: der Homo­se­xua­li­tät.

Wenn es stimmt, was die Deut­sche Aka­de­mie für Fuß­ball­kul­tur vor­ab ver­mel­det, wird Chris­toph Daum, Trai­ner der Fahr­stuhl­mann­schaft 1. FC Köln, in die­sem Film fol­gen­de Wor­te sagen:

Da wird es sehr deut­lich, wie sehr wir dort auf­ge­for­dert sind, gegen jeg­li­che Bestre­bun­gen, die da gleich­ge­schlecht­lich aus­ge­prägt ist, vor­zu­ge­hen. Gera­de den uns anver­trau­ten Jugend­li­chen müs­sen wir mit einem so gro­ßen Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein ent­ge­gen tre­ten, dass gera­de die, die sich um die­se Kin­der küm­mern, dass wir denen einen beson­de­ren Schutz zukom­men las­sen. Und ich hät­te da wirk­lich mei­ne Beden­ken, wenn dort von Theo Zwan­zi­ger irgend­wel­che Libe­ra­li­sie­rungs­ge­dan­ken ein­flie­ßen soll­ten. Ich wür­de den Schutz der Kin­der über jeg­li­che Libe­ra­li­sie­rung stel­len.

Das klingt erst ein­mal ziem­lich kon­fus, was sicher auch der frei­en Rede geschul­det ist. Aber es bedarf kei­ner beson­ders bös­wil­li­gen Inter­pre­ta­ti­on, um zu erah­nen, dass da wohl mal jemand Homo­se­xua­li­tät und Pädo­phi­lie durch­ein­an­der gebracht hat. Oder brin­gen woll­te.

Nun hal­te ich nor­ma­ler­wei­se nicht viel davon, Men­schen mög­li­che Ver­feh­lun­gen aus ihrer eige­nen Ver­gan­gen­heit immer wie­der vor­zu­hal­ten, aber an die­ser Stel­le soll­te nicht uner­wähnt blei­ben, dass sich da ein Mann um Jugend­li­che und „Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein“ sorgt, der vor acht Jah­ren nicht Fuß­ball­bun­des­trai­ner wur­de, weil ihm schwe­rer Koka­in­kon­sum nach­ge­wie­sen wer­den konn­te. (Mei­net­we­gen kann jeder mit sei­ner Gesund­heit machen, was er will, aber hier geht es ja um die mora­li­sche Kom­po­nen­te der Geschich­te.) Dass Daum aus­ge­rech­net Trai­ner in der „schwuls­ten Stadt Deutsch­lands“ ist, ist da das Tüp­fel­chen auf dem i.

Ich bin gespannt, wie die Doku­men­ta­ti­on letzt­lich aus­se­hen wird, und ob Daums homo­pho­ber Aus­fall von der Öffent­lich­keit über­haupt wahr­ge­nom­men wird. Der Pro­fi­fuß­ball wird immer wie­der mit der katho­li­schen Kir­che in einem Atem­zug genannt, wenn es um die letz­ten Bas­tio­nen offe­ner Schwu­len­feind­lich­keit gilt. Das Fuß­ball­ma­ga­zin „Rund“ hat die­sem The­ma schon meh­re­re gro­ße Arti­kel gewid­met, die man hier und hier bei „Spie­gel Online“ nach­le­sen kann.

DFB-Chef Theo Zwan­zi­ger will jetzt „ein Kli­ma schaf­fen“ in dem auch offen homo­se­xu­el­le Fuß­bal­ler ent­spannt im Sta­di­on auf­lau­fen kön­nen. Das ist ihm hoch anzu­rech­nen, aber es wird ein schwe­rer Weg in einem Umfeld, in dem Fans geg­ne­ri­sche Spie­ler oder den Schieds­rich­ter immer noch als „schwul“ bezeich­nen und das durch­aus als Belei­di­gung mei­nen. Wie bei sei­nem Enga­ge­ment gegen Ras­sis­mus wird der DFB einen lan­gen Atem brau­chen und auch sei­ne eige­nen Ent­schei­dun­gen anpas­sen. So wur­de der Dort­mun­der Tor­wart Roman Wei­den­fel­ler im ver­gan­ge­nen Jahr für drei Spie­le gesperrt und muss­te 10.000 Euro Stra­fe zah­len, weil er sei­nen Gegen­spie­ler Gerald Asa­mo­ah belei­digt hat­te: angeb­lich wur­de Wei­den­fel­ler für die Wor­te „Du schwu­le Sau“ ver­ur­teilt – wenn er den dun­kel­häu­ti­gen Asa­mo­ah (wie zunächst behaup­tet wur­de) als „schwar­zes Schwein“ beschimpft hät­te, wäre die Stra­fe noch erheb­lich schwe­rer aus­ge­fal­len.

Zum aktu­el­len Fall Daum hat sich Moritz von hel­lo­jed. im offi­zi­el­len Web­fo­rum des 1. FC Köln umge­se­hen und prä­sen­tiert die schlimms­ten Kom­men­ta­re.

[via queer.de]

Nach­trag, 18:40 Uhr: Wie Moritz in einem wei­te­ren Ein­trag schreibt, hat sich Daum inzwi­schen gegen­über dem Köl­ner „Express“ erklärt – und dabei ein­drucks­voll unter Beweis gestellt, dass er den Unter­schied zwi­schen Homo­se­xua­li­tät und Pädo­phi­lie wirk­lich nicht kennt:

Grund­sätz­lich bin ich ein tole­ran­ter und libe­ra­ler Mensch. Ich habe kei­ner­lei Berüh­rungs­ängs­te zu homo­se­xu­el­len Men­schen. Auch in mei­nem Bekann­ten­kreis gibt es Eini­ge, die gleich­ge­schlecht­li­che Bezie­hun­gen leben.
Kin­der­schutz geht mir aber über alles. Kin­der müs­sen vor Gewalt und sexu­el­len Über­grif­fen, ganz gleich ob homo- oder hete­ro­se­xu­el­len Men­schen, geschützt wer­den. Des­we­gen arbei­te ich auch aktiv bei der Orga­ni­sa­ti­on Power-Child.

Wer beim Wort „schwul“ gleich an ekli­ge Män­ner denkt, die klei­nen Jungs an die Sport­ho­se wol­len, soll­te zumin­dest kurz über­le­gen, ob er die­ses ver­que­re Welt­bild auch noch der Öffent­lich­keit mit­tei­len muss.

Und wäh­rend der „Express“ noch recht neu­tral „Wir­bel um Daum-Aus­sa­ge“ titelt, gehen bild.de („Daum belei­digt Schwu­le“) und stern.de („Daum macht gegen Schwu­le mobil“) gleich in die Vol­len. Das muss ja auch nicht sein …

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Musik

Eine Idee zur Gewalt

Wenn Dani­el schon gerech­ter­wei­se von Mode­st Mou­se schwärmt, füh­le ich mich genö­tigt, auf die wun­der­vol­le Rose Kemp hin­zu­wei­sen, die ich unlängst schon auf Plattentests.de abfei­ern muß­te. Zu ihrem bewe­gen­den Gemüts­bre­cher „Vio­lence“ haben Frá­n­çois und Rozi Plain ein stim­mungs­vol­les Video in Sepia­far­ben gedreht. Bunt ist anders. Aber sicher­lich längst nicht so inten­siv.

Und mit dem Geprü­gel der Dumpf­ba­cken nicht nur im Fuß­bal­los­ten die­ses Lan­des, son­dern auch in ande­ren gro­ßen Fuß­ball­na­tio­nen wie Spa­ni­en oder Ita­li­en hat das zum Glück so wenig zu tun wie nur was.