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Auf der anderen Seite

Wenn wir über deutschsprachige Musik im Jahr 2017 sprechen, können wir natürlich von den weichen Zielen, den pop culture punching bags reden wie Max Giesinger, Mark Forster oder Julia Engelmann. So, wie man US-amerikanische Musik an Shania Twain, Imagine Dragons und den Chainsmokers festmachen könnte. Wäre natürlich nur Quatsch.

Es reicht eigentlich, wenn man nur wenige Millimeter vom Mainstream abbiegt — schon hat man Künstler und Bands, die tatsächlich etwas zu sagen haben. Dieses Jahr z.B. Schrottgrenze, kettcar und Casper.

Heute haben Tocotronic den sog. ersten Vorboten ihres kommenden Albums “Die Unendlichkeit” (VÖ: 26. Januar 2018) rausgehauen:

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Mal davon ab, dass ich bei dem jungen Mann in weißer Kleidung und mit langen schwarzen Haaren die ganze Zeit an Andrew W.K. denken musste: gutes Video, das die amerikanische Vorstadthölle 1:1 ins Deutsche übersetzt (so, wie es die Stadtplaner auch schon getan haben), beeindruckender Song, Haltung.

Auch schön: Auf dem aktuellen Bandfoto geht Arne Zank als Steven Spielberg und Rick McPhail als J Mascis.

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Opa erzählt vom Rock

Ich hab mir neulich ein Stück meiner Jugend gekauft, für 1,59 Euro im Gebrauchtwarenbereich von Amazon:

Myballoon (Symbolbild).

Myballoon müssen irgendwann im Jahr 2000 oder 2001 meine Aufmerksamkeit erregt haben, als ihr Debütalbum “Perfect View” in der “Neuheiten”-Sektion der Dinslakener Stadtbibliothek stand — damals meine Hauptquelle für neue Musik, die über mein Taschengeldbudget hinausging. Sieben, acht Songs von “Perfect View” fanden ihren Weg in meine MP3-Sammlung (für ganze Alben war der Speicherplatz damals noch zu teuer), wobei ihr “Hit” “On My Way” nicht dabei war, wie ich gerade bei der Wikipedia-Lektüre amüsiert festgestellt habe. Aber dafür Songs wie “Never Let You Go”, “Come Around”, “Great Big Days” und vor allem “Happy”, die auf etlichen Mixtapes (für mich und andere) landeten und mich so durch Oberstufe und Zivildienst begleiteten. Im Sommer 2003, als die Finanznot der Kommunen noch nicht ganz so offensichtlich war, spielten Myballoon gar bei freiem Eintritt vor ca. 50 Besuchern auf dem Dinslakener Stadtfest.

Es war dieser Sound, wie es ihn damals tausendfach gab: Hymnische Popsongs mit ein bisschen Schmiss in der Instrumentierung, aber auch breiten Keyboardflächen und Chören im Hintergrund, mit etwas Melancholie und einem bisschen Pathos und mit eher egalen Texten. Es war die gute alte Zeit von Viva Zwei und “Visions”, von Bands wie Goo Goo Dolls, Third Eye Blind, Feeder, 3 Colours Red oder Vega4. In Deutschland gab es Bands wie Readymade und Miles und – die Wenigsten werden sich erinnern – Uncle Ho, Heyday, Hyperchild (Sänger: Axel Bosse), Re!nvented und – zu einem gewissen Grad – Reamonn.

Solche Musik wird heute nicht mehr gemacht. Das Hymnische ist an vielen Stellen dem Weinerlichen gewichen, die E-Gitarren wurden ausgestöpselt und die Keyboards und Synthesizer werden heute anderswo eingesetzt. Eine Zeitlang klangen alle neuen Bands wie Franz Ferdinand und/oder The Strokes, dann fingen junge deutsche Musiker allesamt an, in ihrer Muttersprache zu singen.

Welche deutschen Bands singen denn heute noch auf Englisch? Wenn wir die Scorpions und The Boss Hoss mal außen vor lassen, sind die Beatsteaks die größte unter ihnen, dann kommen die Donots, dann vielleicht irgendwann Slut — alle sind sie seit über 15 Jahren dabei, der Nachwuchs ist nie nachgewachsen. Die letzte englischsprachige Band aus Deutschland, an die ich mich erinnern kann, waren Oh, Napoleon. Keine Ahnung, was aus denen geworden ist, aber der Schlagzeuger hat gerade sein Solodebüt veröffentlicht — auf Deutsch, natürlich. Da wirkt die Frage, warum Deutschland beim Eurovision Song Contest eigentlich immer nur auf Englisch singe, plötzlich gar nicht mehr so bescheuert.

Aber zurück zu Myballoon: “Perfect View” ist nach heutigen Maßstäben natürlich kein dolles Album — das war es vermutlich nicht mal bei seinem Erscheinen vor 13 Jahren. Aber die Songs, die ich damals gehört habe und deren Klang sich unumkehrbar mit dem Eindruck von Sonnenuntergängen am Rhein und dem Geschmack von OhmeinGottzwingenSiemichnichtmichandenNamendieserGetränkezuerinnern verknüpft hat, die leuchten immer noch vor sich hin. Für 1,59 Euro jetzt auch in meinem Regal (zzgl. drei Euro Versandkosten).

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Bernd Begemanns Gewaltphantasien

Ich hatte mich neulich ein wenig über deutschsprachige Gegenwartsmusik empört. Ein paar Wochen später hab ich Kraftklub live gesehen und damit die erste neue Band mit deutschen Texten seit sieben Jahren, die mich gekickt hat. Hopfen und Malz sind also noch nicht ganz verloren.

Bernd Begemann, dessen Musik ich auch eher nur zu Teilen schätze, hat offensichtlich auch ein Problem mit dem, was man dieser Tage so zu hören bekommt:

“Der normale Indierocker hat diese Akustikgitarre, fängt ein Lied in A-Moll an und singt darüber, dass seine Freundin nicht zurückruft, dass er ein bisschen traurig ist, ein bisschen besorgt ist wegen der Welt, weil er so sensibel ist. Meine Güte, diese Typen müsste man alle bei den Ohren packen und auf die Tischkante schlagen.”

Gesagt hat er das in einem Interview mit Radio Dreyeckland und man muss Begemanns leiernden Sprachfluss schon ertragen können, um das 20 Minuten lang auszuhalten. Aber dafür bekommt man ein paar charmante Kollegen-Bashings, Begemanns Unterscheidung zwischen Schlager und Pop, sowie seine etwas eigene Definition des Begriffs “Pop” zu hören, was die zeitliche Investition durchaus rechtfertigt. (Ich wollte erst “mehr rechtfertigt als ein halbes Tim-Bendzko-Album” schreiben, aber diese Aussage wäre ja quasi allgemeingültig.)

Bernd Begemann im Interview

[via taz Popblog]

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Ihr wollt ein Liebeslied, ihr kriegt ein liebes Lied

Vergangenen Donnerstag stand ich kurz davor, mir mehrere Gliedmaßen abzunagen: Ich saß in einer Kölner Mehrzweckhalle und als wäre das nicht schon schlimm genug, fand in dieser Halle zu diesem Zeitpunkt auch noch der Bundesvision Song Contest statt. Stefan Raabs innerdeutscher Grand Prix, der sich nicht so recht zwischen staatstragendem Gestus und ironischer Distanz entscheiden kann, konnte es in Sachen Show und Unterhaltung nicht mit dem europäischen Vorbild aufnehmen. Das war zu erwarten gewesen. Womit eher nicht zu rechnen war: Dass der ESC dem BuViSoCo auch musikalisch überlegen sein würde.

Seit einiger Zeit fühle ich mich, als stünde ich an irgendeinem Bahnhof am Gleis und der popmusikalische Zug sei einfach ohne mich weitergefahren, immer weiter in die Provinz hinein. BuViSoCo-Sieger Tim Bendzko, Philipp Poisel, der Rapper Casper, der Tomte-lose Thees Uhlmann — ihre Platten werden von vielen Kritikern gelobt und von irrsinnig vielen Menschen gut gefunden, denen ich sonst durchaus Musikgeschmack unterstellen würde. Und ich stehe fassungslos daneben und fühle mich, als wären plötzlich Alle Fans des VfL Wolfsburg.

Deutschsprachige Musik, so scheint es, zerfällt dieser Tage in zwei Extreme: Auf der einen Seite der Diskurspop von Tocotronic, Jochen Distelmeyer oder Ja, Panik, der von Zeitschriften wie “Spex” und “Intro” abgefeiert, aber so richtig dann doch von niemandem verstanden wird, auf der anderen die gefühligen Singer/Songwriter, deren Songs die Musikredaktionen deutscher Radiosender vor zehn Jahren noch den Kollegen von WDR 4 rübergeschoben hätten. Indie ist nicht nur Mainstream geworden, sondern in Teilen auch zum Schlager geronnen.

Als vor sieben, acht Jahren die “neueste deutsche Welle” ausgerufen wurde, weil Bands wie Wir Sind Helden, Juli oder Silbermond plötzlich in Sachen Absatzzahlen und Airplay erfolgreich waren, war schon zu befürchten, als was für eine Farce sich die Geschichte wiederholen würde. So wie Anfang der Achtziger auf Kraftwerk, Ideal und die Fehlfarben irgendwann Markus, Hubert Kah und Fräulein Menke gefolgt waren, würde auch diesmal das ganze System in sich zusammenstürzen, bis nur noch ein paar One Hit Wonder für den Nachfolger der “ZDF-Hitparade” übrig blieben und dann würde über Jahre kein Label mehr deutschsprachige Musiker unter Vertrag nehmen und kein Radiosender sie spielen.

Doch es kam schlimmer als befürchtet: Der Erfolg von Bands wie Silbermond, Revolverheld oder Culcha Candela erwies sich als einigermaßen nachhaltig und die ganzen verzweifelten Nachzügler-Signings, die den Plattenfirmen in den Achtzigern irgendwann um die Ohren geflogen waren, erwiesen sich jetzt, in den Zeiten ihrer schlimmsten Krise, zumeist als güldene Glücksgriffe. Die verdammte Blase wollte einfach nicht mehr platzen!

Als Andrea Berg bei der diesjährigen Echo-Verleihung ein wenig patzig mehr als nur eine Schlager-Kategorie beim deutschen Musikpreis einforderte, brachte das die ohnehin schlechte Stimmung in der Halle nicht gerade nach vorne. Dabei waren unter der Überschrift “Album des Jahres (national oder international)” folgende Werke nominiert gewesen: “Große Freiheit” von Unheilig, “Schwerelos” von Andrea Berg, das “Best Of” von Helene Fischer, “My Cassette Player” von Lena und “A Curious Thing” von Amy Macdonald. Es muss schon ein erstaunlicher gesellschaftlicher Wandel stattgefunden haben, wenn die junge, weibliche Antwort auf Chris de Burgh und das Album der deutschen ESC-Teilnehmerin (“Schlager-Grand-Prix”, wie manche Menschen heute noch sagen) die unschlagerhaftesten Vertreter bei den meistverkauften Alben des Jahres darstellen.

Moderatorin Ina Müller hatte bei der Verleihung des Volksmusik-Echos an die Amigos lautstark dazu aufgerufen, die Wände zwischen den Schubladen einzureißen, dabei wollten die anwesenden coolen und klatschfaulen Rockstars und Plattenfirmenmenschen sich nur nicht eingestehen, dass das längst geschehen war. Quer durch alle Kategorien nominiert waren ein zotteliger Geiger, der sich kommerziell erfolgreich an der Interpretation von Rocksongs versucht hatte; ein alternder Chansonnier; ein jugendlicher Chansonnier; eine Opernsänger-Boygroup, die Popsongs nachschmettert; der Erfinder des Gothic-Schlagers und nicht zuletzt Ina Müller selbst, deren Songs von Frank Ramond geschrieben werden, der seit Jahren mit seinen augenzwinkernden Wortspielereien für Annett Louisan, Barbara Schöneberger und Roger Cicero den Massengeschmack trifft wie kaum ein Zweiter.

Was uns zu Casper bringt, jenem “Konsens-Rapper”, dessen Album “XOXO” überraschend, angesichts des medialen “Geheimtipp”-Overkills im Vorfeld aber durchaus konsequenterweise auf Platz 1 der Charts eingestiegen war. Dies ist die Stelle, an der ich fairerweise erklären sollte, dass ich bis auf wenige Ausnahmen mit deutschsprachigem Hiphop so rein gar nichts anfangen kann. Das war in den 1990ern noch ganz lustig, als alle wie die amerikanischen Vorbilder auf dicke Hose machten, missfällt mir jetzt aber zunehmend. Dabei will ich nicht mal ausschließen, dass man auch auf Deutsch hintergründige, witzige und gute Texte rappen kann — allein mangelt es den meisten Vertretern dieses Genres schon an den dafür notwendigen Fertigkeiten, sprich: Skills. Es reicht mir nicht, wenn sich einer holprig durch die Sätze quält. Womöglich fehlt mir das notwendige Enzym oder Gen, aber in meinen Ohren fällt “Das war’s. Auf das, was war / Zwischen all den Ficks auf dem Tisch aus dem Glas / Und hätt’ ich dich nie gekannt / Wär’ der Ben bloß der Casper der rappt / Aber du wärst nur die Frau von der Bar” (Casper) sprachlich und inhaltlich sogar noch hinter “Verpiss dich / Ich weiß genau, Du vermisst mich” (Tic Tac Toe) zurück. ((“Aus”! “Dem“! “Glas”! Alter, was ist mit Dir nicht in Ordnung?!)) Wenn das “Studentenrap” sein soll (und Sie müssen sich das auch noch in Caspers Schiffschaukelbremserstimme vorstellen), kann ich auf eine Begegnung mit “Sonderschülerrap” bestens verzichten.

Doch die Vertonung von Tagebucheinträgen wird geschätzt. Es ist eine “neue”, womöglich “schonungslose Offenheit”. Klopstock 2.0. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass Tomte-Sänger Thees Uhlmann (der mit Casper bei gleich zwei Tracks kooperiert) auf seiner ersten Solo-Single tote Fische besingt.

Doch, tatsächlich: “Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf” verkündet er und preist auf seinem Album wie in zahlreichen Interviews das Dorfleben. Bei Tomte hatte er noch davon gesungen, “sein Versagen nicht länger Überzeugung zu nennen”, auf seinem selbstbetitelten Solodebüt zelebriert er jetzt genau das. Von Journalisten lässt er sich dabei mit Bruce Springsteen vergleichen — und wenn die es nicht tun, macht er es eben selbst. Zwar konnte nicht einmal der Boss über eine Supermarktkassiererin singen, ohne dass man vor Fremdscham in einen Turm aus Konservendosen springen wollte, aber das hält Uhlmann nicht davon ab, dieses Feld mit “Das Mädchen von Kasse 2” noch einmal zu beackern. Ich erkenne den Versuch an, den gesellschaftlich Übersehenen ein Denkmal bauen zu wollen, aber, Entschuldigung!, das konnten Pur besser — und die mussten dafür zur Strafe im Studionebel der “Hitparade” stehen.

Überhaupt müssen wir Abbitte leisten bei Pur, der Münchener Freiheit, Reinhard Mey, Wolf Maahn, Heinz-Rudolf Kunze, Klaus Lage, Bap, Purple Schulz und vor allem bei Udo Jürgens. ((Nicht jedoch und unter keinen Umständen bei Marius Müller-Westernhagen.)) Von mir aus soll Tim Bendzko nur noch kurz die Welt retten wollen und Andreas Bourani (dessen “Nur in meinem Kopf” ich für ein paar Wochen sogar ziemlich toll fand) wie ein Eisberg glänzen und scheinen wollen, aber dann können wir nicht mehr mit dem Finger auf die Leute zeigen, die ein paar Jahrzehnte zuvor das Gleiche gemacht haben.

Die Uhlmann’schen Heimatmelodien und die ganzen waschlappigen Liebesbeteuerungen der jungen Liedermacher sind die popkulturelle Rückkehr zum Biedermeier. Sie liefern das “kleine bisschen Sicherheit” in “dieser schweren Zeit”, das Silbermond schon vor zweieinhalb Jahren eingefordert hatten. Dieser Eskapismus ins Innerste zeigte sich dann auch am Treffendsten im Namen jener Band, die sich beim Bundesvision Song Contest einen Moment wünschte, der “echt” und “perfekt” ist: Glasperlenspiel. Hermann Hesse ist ja tatsächlich das, was uns am volkswirtschaftlichen Abgrund noch gefehlt hat: Wanderungen durch Indien, ein bisschen Metaphysik und dann hinein in die Selbstauslöschung. Die Bücher von Margot Käßmann verkaufen sich schon verdächtig gut.

Gewiss, das alles sind Geschmacksfragen. Und die kann man sich ja oft genug selbst nicht beantworten. Ich verstehe zum Beispiel nicht, warum ich das Debütalbum von Gregor Meyle (Zweiter bei Stefan Raabs vorletzter Casting-Show) immer noch ganz charmant finde, beim ähnlich romantisch gelagerten Philipp Poisel aber immer kurz vor der Selbstentleibung stehe. ((Poisel hat allerdings auch eine Stimme, auf die ich mir körperlicher Abneigung reagiere — wobei mir der nasale Gesang eines Billy Corgan oder das Röhren eines Kelly Jones immer gut gefallen hat.))

Vielleicht hängt meine Abneigung auch mit der Sprache zusammen, wobei Thees Uhlmann gleich das beste Gegenargument gegen diese These ist, denn bei Tomte waren seine Texte ja über weite Teile noch unpeinlich bis großartig. Andererseits: Eine Aussage wie “Du hast die Art verändert, wie Du mich küsst” würde man ohne zu Zögern dem Werk der Andrea Berg zuordnen. Auf Englisch taugt es beim Rapper Example zu einem der besten Songs des Jahres. Und irgendwie war es gar nicht so schlimm, als Prince oder Chris Martin auf Englisch sangen, der Verflossenen niemals Kummer bereitet haben zu wollen. Wenn jetzt einer singt, “Ich wollte nie, dass Du weinst”, wünscht man sich doch dringend Rammstein herbei, die bitte das genaue Gegenteil deklamieren sollen, nur damit mal ein bisschen Leben in der Bude ist.

“Keiner, wirklich keiner, braucht deutsche Songwriter” singt Friedemann Weise in seinem sehr unterhaltsamen Lied, das nur einen kleinen Haken hat: Das einzige, was noch schlimmer ist als schonungslose Offenheit in Liedtexten, ist ungehemmte Ironie. Deswegen sind die Toten Hosen bei all ihrer Schlimmheit immer noch den Ärzten vorzuziehen, die jedweden Hinweis auf eine Haltung vermissen lassen.

Die zentrale Frage jedoch bleibt: Warum sind heute Musiker mit Texten erfolgreich, die junge Menschen noch vor wenigen Jahren rundheraus als kitschig abgelehnt hätten? Sind die Hörer sensibler geworden oder nur toleranter? Und was hat das alles mit der WM 2006 zu tun?

Offenlegung: Ich habe an der diesjährigen Echo-Verleihung mitgearbeitet und bin mit einigen der hier gedissten Künstler persönlich bekannt.