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Songs des Jahres 2013

Das neue Jahr ist auch schon wieder zehn Tage alt, da wird es Zeit, die Altlasten von 2013 abzutragen. In diesem Fall: Meine Songs des Jahres. Die Auswahl ist wie immer völlig subjektiv, die Reihenfolge im Moment ihrer Erstellung schon veraltet und vermutlich hab ich eh wieder das Wichtigste verpasst.

25. Bosse – Schönste Zeit
Ja, ja: Das ist schon sentimentaler Quatsch, Kurt Cobain huldigen zu wollen mit so einem vergleichsweise banalen Popsong, der im Text viel zu explizit durch dekliniert, was er ausdrücken will. Aber was für ein Popsong das dann eben doch ist! Und dieses perlende Klavier, das die Instrumentalstellen zu einem der im Gebrauchsfernsehen meist gespielten Werke des Jahres gemacht hat! Doch, ich bleibe dabei: Ich mag diesen Song!

24. Junip – Line Of Fire
Ich weiß definitiv zu wenig über José González und seine Band Junip, die zwar seit Jahren immer wieder am äußeren Sichtfeld meines Radars auftauchen, aber es – außer mit González’ Version von “Heartbeats” von The Knife – nie wirklich in meine Playlisten geschafft haben. Aber diesem hypnotischen Song und vor allem dem dazugehörigen Video konnte ich mich nicht entziehen. Wenn ich mehr Zeit mit dem Lied und dem dazugehörigen Album verbracht hätte, wären beide vermutlich deutlich weiter oben in meiner Liste.

23. Elvis Costello & The Roots – Walk Us Uptown
Die Idee, einen der vielseitigsten Musiker der letzten Jahrzehnte mit einer der besten Hip-Hop-Bands kollaborieren zu lassen, hatte ein bisschen was vom Clash der Kulturen. Schon beim Opener stellt sich aber raus: Die Kombination ist gar nicht so exotisch, sondern eigentlich erstaunlich naheliegend. Wenn man nicht um die Hintergründe wüsste, wäre es einfach ein extrem cooler, tighter Song.

22. Pet Shop Boys – Love Is A Bourgeois Construct
Bei Künstlern, die schon seit Jahrzehnten dabei sind, hat es immer eine gewisse Widersprüchlichkeit, wenn man ihnen nachsagt, ein neuer Song hätte schon vor Jahren veröffentlicht werden können. Klar: “Love Is A Bourgeois Construct” hätte wunderbar auf “Very” gepasst, die politischen Anspielungen und Seemannschöre inklusive. Aber immer wieder bricht das Arrangement auf und es kommen Sounds zum Vorschein, die man so zumindest bei den Pet Shop Boys noch nie gehört hat.

21. Bastille – Pompeii
Hurra, noch eine Indieband mit Gitarren und Synthesizern! Geh mir weg! Dann aber: Diese grandiosen “Eh-oh”-Chöre (nicht zu verwechseln mit “Alles nur geklaut” von den Prinzen) und vor allem dieses Getrommel! Luftgitarre macht bei diesem Lied keinen Sinn, Luftgetrommel bei ausreichendem Sicherheitsabstand durchaus. Und man freut sich ja inzwischen schon über jeden Slot, der im Radio von etwas anderem als Robin Thicke oder den (Un)Toten Hosen besetzt wird!

20. Andrew McMahon – After The Fire
Ich bin da kein Stück objektiv: Andrew McMahon (Ex-Something Corporate und Ex-Jack’s Mannequin) ist für mich ein persönlicher Held. Mit seinen Texten spricht er mir seit zehn Jahren aus der Seele und wahrscheinlich hat es auch etwas damit zu tun, dass wir fast gleich alt sind. Jedenfalls: Seine Solo-Debüt-EP “The Pop Underground” ist mit ziemlicher Sicherheit keine musikalische Offenbarung, aber sie enthält vier wunderbare Popsongs (hier auch wieder das Motiv: Chöre und Trommeln!) und “After The Fire” ist mit seinem groovenden Refrain der beste davon und muss deshalb die Top 20 eröffnen.

19. Cold War Kids – Miracle Mile
Da zeichnet sich ein Muster ab: Schon wieder Chöre und Trommeln! Und natürlich ein hämmerndes Klavier. Mit ordentlich Schwung starten die Cold War Kids in ihr Album “Dear Miss Lonelyhearts”. Da scheppern ganz viel Euphorie und Lebensfreude mit und dann fasst der Song die ganzen Lebensratgeber und Feuilletontexte der letzten Jahre ganz simpel zusammen: “Get outside, get all over the world / You learn to love what you get in return / It may be a problem and it may be peace of mind / But you have to slow down and breathe one breath at a time / So ya come up for air”. Hallo!

18. Lily Allen – Hard Out Here
Lily Allen, die mir liebste Pop-Prinzessin der letzten Jahre, ist zurück. Das allein wäre schon ein Grund zu feiern, aber dann haut sie auch noch ein feministisches Manifest aus, das darüber hinaus auch noch so ein charmant schunkelnder Popsong ist. Natürlich können wir über das Video diskutieren und über die Frage, ob man Feuer (oder in diesem Fall eher: die Gülle, die “Blurred Lines” von Robin Thicke nun mal ist und auf die Allens Video anspielt) mit Feuer (Gülle) bekämpfen muss. Aber die Diskussion verschafft dem Thema “Sexismus im Pop” noch mal mehr Aufmerksamkeit und tut dem Song keinen Abbruch.

17. Blaudzun – Elephants
Um ehrlich zu sein, weiß ich quasi gar nichts über diesen niederländischen Sänger. Ich musste sogar seine Nationalität gerade noch mal nachschlagen und habe auch sein Album “Heavy Flowers” nur einmal gehört. Aber “Elephants” hat mich von Anfang an begeistert, seit ich den Song zum ersten Mal bei “All Songs Considered” gehört habe. Auch hier wieder: viel zeitgenössisches Getrommel, was nahelegt, dass man “Elephants” noch mal in der Werbung irgendeines Unterhaltungselektronikherstellers hören wird. Falls nicht: einfach auf “Repeat” drücken.

16. Josh Ritter – Joy To You Baby
Josh Ritter hat mit “The Beast In Its Tracks” das aufgenommen, was Musikjournalisten und empfindsame Hörer ein “Trennungsalbum” nennen. Ganz viele Songs an die Adresse der alten Flamme, inkl. der Versicherung, dass die neue Liebe nur “in einem bestimmten Licht” so aussehe wie die alte. Das alles kulminiert in “Joy To You Baby”, das im Spektrum “Wut/Gelassenheit” den gegenüberliegenden Platz von Ben Folds Fives “Song For The Dumped” besetzt und damit das versöhnlichste Abschiedslied seit … äh … seit “Die Guten” von muff potter. ist. So ungefähr.

15. Travis – Where You Stand
Liegt das an meiner neuen Stereoanlage, oder wurden 2013 die Bässe und Schlagzeuge deutlich weiter nach vorne gemischt als vorher? Im Prinzip auch egal, denn sprechen wir über dieses Lied, den Titeltrack von Travis’ siebtem Album. Da ist wirklich alles drin, was man von Travis erwartet, vor allem aber: viel Melancholie und Trost. Ein eher unspektakulärer Song, verglichen mit vielen Hits der Band, aber das passt zu Travis, die es sich in der Nische zwischen den übergroßen Bands Radiohead (von denen Travis beeinflusst wurden) und Coldplay (die von Travis beeinflusst wurden) bequem gemacht haben.

14. Moby feat. Wayne Coyne – The Perfect Life
Wer einmal auf einem Konzert der Flaming Lips war, weiß, wie man auch als erwachsener Mensch noch Euphorie bis in Kindergeburtstagssphären hochschrauben kann. Also eine gute Wahl, dass sich Moby für diese Endorphin-Überdosis Flaming-Lips-Sänger Wayne Coyne dazu holte, mit dem er dann im Video durchs sonnendurchflutete LA marschiert. Und was für ein schönes Liebeslied sie dabei singen! Hach!

13. Marathonmann – Die Stadt gehört den Besten
Seit dem Ende von muff potter. und Schrottgrenze und der Revolverheld-Werdung von Jupiter Jones ist der Platz für laute, heisere Emotionen in meinem Musikspektrum unbesetzt. Ich weiß, es gäbe da Dutzende gute Bands, aber keine von denen hat mich bisher so gekickt, wie es jetzt Marathonmann getan haben. Ich traf auf diese Hymne in ihrem natürlichen Lebensraum: einer von Piet Klocke moderierten Abendsendung auf WDR 5. Ich finde es etwas verstörend, dass ich bei der Zeile “Und wir steh’n auf uns’ren Brücken” ausgerechnet die Kölner Hohenzollernbrücke vor Augen habe, aber andererseits habe ich die in diesem Jahr etliche Male mit dem Zug überquert und zweitens gibt es in Bochum auch gar nicht so viele Brücken, die ich mir hier pathetisch vorstellen könnte. Ein wunderbares Brett mit ganz viel “Wir gegen den Rest der Welt”-Poesie und eine Hommage an Städte und Freundeskreise.

12. Rhye – Open
Nach 20 Uhr kann man auch auf Einslive feine Musik entdecken. Mein Erstkontakt mit “Open” fand jedenfalls beim Spülen im Rahmen der Sendung “Plan B” statt. Die Moderatorin erklärte mir vorab, was ich so direkt nicht geahnt hätte, nämlich dass die nun folgende Stimme einem Mann namens Mike Milosh gehöre. Stephen Thompson von NPR Music – der Mann, dem ich in Musikfragen am Allermeisten vertraue – schrieb über den Song: “catchy but subtle, sonically rich but uncluttered, sexy but never vulgar”. Im Fernsehen gehört “Open” schon jetzt zum festen Repertoire der Liebesaktanbahnungsbeschallung und vielleicht wird der Song eines Tages als “Smooth Operator” dieser Generation gehandelt werden.

11. Volcano Choir – Byegone
Justin Vernon will vielleicht nie mehr mit seinem Projekt Bon Iver Musik machen. Das wäre schade, aber erstens gibt es ja zwei phantastische Alben, die uns keiner mehr nehmen kann, und zweitens macht Vernon ja einfach immer weiter, auch mit anderen Projekten. “Repave”, das zweite Volcano-Choir-Album, hätte er auch als Bon Iver veröffentlichen können, und “Byegone” ist der Song, der sich dabei am Stärksten hervortut.

10. Leslie Clio – Let Go
“Told You So”, die Vorab-Single von Leslie Clios Debütalbum “Gladys”, hatte es ja bereits 2012 auf meine Liste geschafft, jetzt also noch ein Song. “Let Go” ist deutlich schleppender als “Told You So” (oder auch das ebenfalls famose “Couldn’t Care Less”) und verursacht bei mir immer noch regelmäßig Gänsehaut. Ein schlichtes, aber wirkungsvolles Trennungslied, das Adele oder Amy Winehouse in nichts nachsteht.

9. James Blake – Retrograde
Apropos Gänsehaut: James Blake! Den Gesang muss man mögen, aber der Song dürfte eigentlich keinen kalt lassen.

8. Biffy Clyro – Black Chandelier
Ja, das ist Stadionrock — aber immerhin nicht mit so verkrampftem Rockstardom verbunden wie der von Muse oder 30 Seconds To Mars. Schönes Gitarrengeschrammel, gute Lyrics und ein Songaufbau wie aus dem Lehrbuch — man kann alles für und gegen Biffy Clyro verwenden, aber vom Jahresanfang bis zum Jahresende war “Black Chandelier” die ganze Zeit dabei und hat auch am Ende immer noch funktioniert.

7. Daft Punk feat. Pharrell Williams – Get Lucky
Ladies and gentlemen, bitte erheben Sie sich für den Konsens-Hit des Jahres, ach was: der Dekade! “Get Lucky” ist das, was man instant classic nennt — aus dem Stand ein Evergreen. Ein Song, der Generationen vereint (“Sind das Steely Dan?” – “Nein, Papa!”), und per Gesetz in jeder einzelnen Fernsehsendung des Jahres 2013 gespielt werden musste. Und das, wo kaum noch jemand ernsthaft mit einem großen Comeback von Daft Punk gerechnet hatte.

6. Casper – Im Ascheregen
Ich habe ja so meine Zeit gebraucht, bis ich mit Caspers Musik warm wurde. Inzwischen bin ich großer Fan und das Album “Hinterland” hat seinen Vorgänger “XOXO” noch mal getoppt. Der Opener “Im Ascheregen” klingt mit seinen Trommeln, Chören, Bläsern und Glockenspielen mehr nach Arcade Fire als Arcade Fire selbst und textlich habe ich in der deutschsprachigen Musik 2013 kaum Besseres gehört. Vom Nicken in Richtung kettcar/Slime (“ein Drittel Heizöl, zwei Drittel Benzin”) über “auf Nimmerwiedersehen und Danke für nichts” bis hin zu “die Stadt muss brennen, brennen, brennen”: eine einzige Unabhängigkeitserklärung, ein mission statement, ein Stinkefinger.

5. Marcus Wiebusch – Nur einmal rächen
Apropos kettcar: Deren Sänger Marcus Wiebusch wagt sich nach fast 20 Jahren noch einmal auf Solopfade und macht mit “Nur einmal rächen” alles richtig. Kluge Geschichte, kluge Instrumentierung, grandiose Hookline. Seit kettcar den Versuch aufgegeben haben, ein zweites “Landungsbrücken raus” zu schreiben (also seit “Sylt”), gelingen ihnen immer wieder neue Meisterwerke (vgl. “Rettung”, 2012) und auf “Nur einmal rächen” wirkt Wiebusch so entspannt wie schon lange nicht mehr. Das für Mitte April angekündigte Debütalbum zählt zu denen, auf die ich am gespanntesten warte.

4. CHVRCHES – The Mother We Share
Ich kann mir aber nicht vorstellen, wie man sich “The Mother We Share”, der Debüt-Single von CHVRCHES, entziehen können sollte. Dieser Synthiepop ist zwar nicht wirklich neu, aber der Song ist musikalisch wie atmosphärisch so gekonnt “dazwischen” (nicht zu schnell und nicht zu langsam, nicht zu melancholisch und nicht zu euphorisch, nicht zu kalt und nicht zu warm), dass er auch nach einem Jahr immer noch kickt.

3. Foxygen – San Francisco
Auf Foxygen bin ich (natürlich) durch “All Songs Considered” aufmerksam geworden. Wie gekonnt diese Band auf die letzten 50 Jahre Musikgeschichte verweist und wie grandios das in “San Francisco” kulminiert. Dieser Dialog “I left my heart in San Francisco” – “That’s okay, I was bored anyway” – “I left my love in the room” – “That’s okay, I was born in L.A.” zählt definitiv zum Cleversten, was ich im vergangenen Jahr gehört habe, und ist auch beim hundertsten Hören immer noch lustig.

2. Kacey Musgraves – Merry Go ‘Round
Es ist in Deutschland, wo Countrymusik außer auf WDR 4 und in Fernfahrerkneipen kaum ein Zuhause hat, einigermaßen schwer vermittelbar, dass das Genre auch jung, klug und witzig sein kann. Entsprechend groß sollte die Überraschung über das Debütalbum von Kacey Musgraves sein, wenn sich hierzulande jemand dafür interessieren würde. “Merry Go ‘Round” erzählt vom Alltag in den ländlichen Gebieten der USA: “If you ain’t got two kids by 21 / You’re probably gonna die alone / Least that’s what tradition told you”. Die Kritik an diesem spießigen und bigotten Leben ist in so zuckersüße Musik gegossen, dass man sie zunächst überhören könnte — und das macht sie so wirkungsvoll.

1. The Front Bottoms – Au Revoir (Adios)
109 Sekunden, länger braucht mein Lied des Jahres 2013 nicht. Aber diese 109 Sekunden sind vollgepackt mit Witz, Gehässigkeit und Rock ‘n’ Roll. Ich könnte es 109 mal hintereinander hören und würde gern jeden Tag damit beginnen.

Die ganze Playlist zum Nachhören bei Spotify.

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Listenpanik 09/07: Sie sind wieder da-ha!

Wie mir erst sehr spät auffiel, gab es im September gar keine Bestenliste für den August. Das lag wohl daran, dass mir zwischenzeitlich mein Arbeits- und Musikabspielgerät abhanden gekommen war. Egal, dann starten wir eben jetzt frisch in die neue Runde mit einer neuen, wie immer streng subjektiven Bestenliste.

Dabei gibt es noch eine Neuerung: Weil ich am Ende des Jahres eh immer meine liebsten Songs zusammenfasse und das nicht zwangsläufig Singles sein müssen, werde ich ab jetzt hier die schönsten Songs des Vormonats vorstellen. Das hat mehrere Vorteile: Die besten Songs eines Albums erscheinen nicht immer auch als Single, ich muss mich nicht mehr durch Listen mit Single-VÖ-Daten quälen und ich kann auch schon ruhigen Gewissens Songs nennen, die erst im Radio laufen, aber noch nicht als Single erschienen sind.

Jetzt aber wirklich los:

Alben (inkl. Amazon.de-Links)
1. The Weakerthans – Reunion Tour
Über meinem Schreibtisch hängt ein signiertes Weakerthans-Poster, muss ich da noch mehr sagen?
Na gut: Die Kanadier waren natürlich nie derart “weg”, dass das Gerede von einer “Reunion Tour” gerechtfertigt wäre. Trotzdem sind sie jetzt eben wieder da und machen nahtlos da weiter, wo sie mit “Reconstruction Site” (dem ja auch kein Abriss vorausging) aufgehört haben: Wunderschöner Indiepop mit Folkeinflüssen, lieblichen Harmonien und sehr klugen Texten von John K. Samson. Ich habe das Gefühl, diesmal ein paar mehr Beatles-Einflüsse erkannt zu haben, als man bei den Weakerthans sonst erwarten würde, aber welcher Band hätte solches schon geschadet?
Ich möchte mich bereits jetzt festlegen und sagen: Das Herbstalbum des Jahres!

2. Kilians – Kill The Kilians
“Wie? Nicht auf der 1?!” Zugegeben: Das wäre nach allem Theater hier naheliegend gewesen. Aber ich will mal so fair sein und sagen, dass ich mir bei meiner Nähe zu der Band eh kein richtiges Urteil erlauben könnte (“objektiv” wäre eh das denkbar falsche Wort für Musikbesprechungen). Also habe ich lieber den Weakerthans den Vorzug gegeben, bei denen ich mir sicher bin, dass ich das Album liebe. Lieben tue ich “Kill The Kilians” natürlich auch, aber eben eher so wie ein Geschwisterkind, mit dem man zusammen aufgewachsen ist.
Ich war immer etwas in Sorge, ob man die Live-Energie dieser Band auf Platte würde bannen können. Swen Meyer hat es nicht ganz geschafft, aber er war klug genug, den Sound deshalb etwas zu polieren, damit es wirklich wie ein Album klingt und nicht wie ein missglückter Konzertmitschnitt. Klingt zu kompliziert? Dann hören Sie mal die ersten beiden Travis-Alben hintereinander und Sie verstehen, wie ich das meine.
Ansonsten natürlich: Großes Songwriting, saubere Arbeit, eigentlich alles richtig gemacht. Nuff said!

3. Foo Fighters – Echoes, Silence, Patience & Grace
Willkommen im Monat der Lieblingsband-Veröffentlichungen!
Dave Grohl ist natürlich die coolste Sau im Rockgeschäft, darüber muss man nicht diskutieren. Seine Foo Fighters sind auch immer schon groß gewesen, aber bis auf “There Is Nothing Left To Lose” fand ich die Alben immer schwer durchhörbar. Das ändert sich jetzt mit dem neuen Album, dessen Namen ich jedes Mal nachgucken muss: Hier stimmt das Gleichgewicht von laut und leise, von Brett und Hymne.
Näher werden die Foo Fighters ihren Vorbildern von Led Zeppelin vielleicht nie kommen, was aber wohl auch ganz gut ist.

4. Kanye West – Graduation
Ich habe keine Ahnung, warum ich in den letzten anderthalb Jahren eine solche Begeisterung für HipHop und R’n’B entwickelt habe, aber vielleicht liegt es einfach daran, dass man mit zunehmendem Alter auf Schubladendenken verzichtet, und an der zunehmenden Qualität der entsprechenden Alben.
Nehmen wir Kanye West: Sampelt rotzfrech Daft Punk und Steely Dan (Steely Dan, meine Damen und Herren!!!!1) und arbeitet mit der neuen HipHop-Ikone Chris Martin zusammen. Allein aus den Zutaten muss jeder, der kein absoluter Vollidiot ist, doch ein brauchbares Album zusammenbauen. Und da diese Namen bei Mr. West wirklich nur die Spitze des Eisbergs bilden, ist “Graduation” ein wirklich gelungenes Album geworden.
Dass der Release des Albums einen Oasis-vs-Blur-mäßigen Showdown mit 50 Cent bedeutete, könnte natürlich ein weiterer Coolness-Faktor für mich sein …

5. The Robocop Kraus – Blunders And Mistakes
The Robocop Kraus schrappten irgendwie immer haarscharf an dem vorbei, was man “Zeitgeist” nennt. Das ist aber erstaunlicherweise gar nicht schlimm, im Gegenteil: Würden sie heute noch so abgehackte Rhythmen und hart angeschlagene Gitarren verwenden wie vor zwei Jahren auf “They Think They Are The Robocop Kraus”, so wäre das erstaunlich langweilig. Deshalb spielen sie lieber – Achtung! – gutgelaunten Indiepop, den man zwar – festhalten! – von der Insel kennt, aber eben nicht aus Nürnberg (mehr zum Thema Provinz und Rock finden Sie hier).
Außerdem sollte noch irgendjemand dieses wirklich außergewöhnlich charmante Cover-Artwork loben …

Songs (inkl. iTunes-Links)
1. Kilians – When Will I Ever Get Home
Da hat man eine Band fünfzehn Mal live gesehen, glaubt alle ihre Songs zu kennen, und dann legt man die CD zum ersten Mal ein und sieht seinem Unterkiefer gerade noch dabei zu, wie er auf den Fußboden aufschlägt. So und nicht anders klingt Stadionrock, der sich einen Scheiß um die Multifunktionsarenen dieser Welt schert. Selbst U2 und die Stereophonics sehen gegen diese Gitarrenwände alt aus – die haben allerdings auch jeweils nur einen Gitarristen und nicht derer drei.
Das ist die Musik, die man hören will, wenn man nachts betrunken mit dem Fahrrad nach Hause fährt: Arme ausbreiten, mitsingen und dann gegen den Bordstein fahren und auf die Fresse fliegen.

2. The Weakerthans – Civil Twilight
So müssen Alben beginnen: Genug Schwung in den Strophen aufnehmen und dann im Refrain zur großen Hymne öffnen. Dazu ein Text, in dem es ums Golfen, Hollywoodschauspielerinnen und Risse in Mietshäusern geht.
Hatte ich schon erwähnt, wie sehr ich die Weakerthans verehre?

3. Shout Out Louds – Impossible
Die Nichterwähnung des großartigen Albums “Our Ill Wills” ist jetzt schon einer der gröbsten Schnitzer der Listenpanik-Serie. Immerhin “Tonight I Have To Leave It” hatte ich abgefeiert, deshalb soll auch die zweite Single aus dem zweiten Shout-Out-Louds-Album ihre Würdigung erfahren. Nicht zuletzt deshalb, weil die Liste der Popsongs mit Xylophon-Begleitung immer noch viel zu kurz ist.

4. Stereophonics – It Means Nothing
Aus mir selbst nicht ganz verständlichen Gründen haben mich die Stereophonics auch nach sieben Jahren Fandom und mehreren mediokren Alben nicht losgelassen. “It Means Nothing” ist eine dieser schleichenden Nummern voller Endlosschleifen, die Kelly Jones seit ein paar Jahren so gerne schreibt. Der Song braucht Zeit, man muss ihn ziemlich oft hören, bis einem (vielleicht) die Schönheit dahinter auffällt.
Sehr empfehlenswert beim S-Bahn-Fahren im strömenden Regen.

5. Rihanna – Don’t Stop The Music
Eigentlich ist es zu spät, um die Brillanz des Überhits “Umbrella” zu würdigen, oder auch nur das überraschend eingängige Album “Good Girl Gone Bad” zu loben. Beide sind schon Monate alt, im schnelllebigen Musikbiz eine halbe Ewigkeit. Aber weil mich beides so begeistert hat, dass ich das sogar öffentlich zugebe, wollte ich noch irgendwas gutes über Frau und Musik schreiben und nutze die Gelegenheit, dass “Don’t Stop The Music”, ein ebenfalls sehr gelungener (wenn auch natürlich nicht an “Umbrella” heranreichender) Tanzbodenstampfer, im September als Single veröffentlicht wurde.

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Unterwegs

A la folie… pas du tout

Ja genau, Paris fehlte noch in meiner Sammlung besichtigter Metropolen. Alors, hier sitze ich nun und versuche, auf einem französischen Tastaturlayout meinen ersten Beitrag für dieses Blog mit der wundervollen Adresse zu verfassen. Das wird in etwa viermal länger dauern als normalerweise, weil die Franzosen einen Knall haben. Wer das nicht glaubt, der schaue sich bitte einmal das französische Tastaturlayout an. Ich fühle mich wieder als Fünfjähriger, an der Schreibmaschine meines Vaters sitzend und einen Buchstaben nach dem anderen suchend.

Paris ist die Stadt der Liebe, der Bohème, der kleinen Cafés und der grossen Kirchen (excusez-moi, scharfes S ist hier nicht am Start und den ASCII-Code weiss (pardon!) ich gerade nicht auswendig). Dennoch vermisse ich hier Romantik,Wild-Schillerndes und guten Kaffee (und nein, bei Starbucks werde ich es nicht versuchen!). Paris ist nett, zweifelsohne, das kulturelle Angebot (so viele Kinos!) ist unglaublich, die Seine ein hübsches Bächlein (pardon encore, ich komme vom Rhein und bin andere Wassermassen gewohnt) und das U-Bahn-Chaos einer Metropole angemessen. Aber das kann ich auch in Berlin haben, und da gibt es wenigstens normale Tastaturen!

Auf dem Eiffelturm war es zugegebenermassen (ich leide mit Euch) recht nett, und im Juni geben Daft Punk eines ihrer seltenen Konzerte – da lohnt es sich dann mal wieder, nach Paris zu fahren. Bis dahin bleib ich in Mannheim (sic!).