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Musik Rundfunk

M.T.V. – Get Off The Air

Wäh­rend sich die halb­her­zi­ge Dis­kus­si­on über die Qua­li­tät im deut­schen Fern­se­hen nicht so recht legen will, tun die Sen­der-Ver­ant­wort­li­chen alles, um die Qua­li­tät ihres Pro­gramms zu stei­gern: sie schmei­ßen Leu­te raus.

Das ZDF trennt sich mit sofor­ti­ger Wir­kung von Elke Hei­den­reich (was bei einem Sen­der, der Johan­nes B. Ker­ner, Mar­kus Lanz, Johann Lafer und Horst Lich­ter unter Ver­trag hat, die maxi­mal fünft­bes­te Idee sein kann) und MTV macht qua­si gleich den gan­zen Laden dicht.

Ich habe weder MTV noch Viva sehen wol­len, nach­dem mit Sarah Kutt­ners Show der letz­te Fit­zel Rele­vanz und Unter­hal­tung aus den eins­ti­gen Musik­sen­dern ver­schwun­den war. Von daher kann ich nicht genau beur­tei­len, was eigent­lich noch übrig bleibt, wenn die „MTV News“, „MTV Urban“, „MTV Rock­zo­ne“ und „MTV Mas­ters“ gestri­chen und die Aus­ga­ben von „TRL“ und „Viva Live“ rapi­de redu­ziert wer­den. Ver­mut­lich wer­den auf den bei­den Kanä­len noch mehr Seri­en lau­fen, die beim frisch ein­ge­dampf­ten Come­dy Cen­tral eigent­lich bes­ser auf­ge­ho­ben wären. Es ist ein letz­tes Zucken, bevor man hof­fent­lich bald dazu über­ge­hen wird, die Sen­der ganz dicht zu machen.

Das Musik­fern­se­hen hier­zu­lan­de ist an sei­nen Pro­gramm­ver­ant­wort­li­chen ver­en­det, nicht an You­Tube und ande­ren Por­ta­len, auf denen man Musik­vi­de­os sehen kann, wenn man will. Denn dass man sich Vide­os in oft krü­me­li­ger Qua­li­tät auf sei­nem Com­pu­ter ansieht, ist ja nur die Reak­ti­on dar­auf, dass sie im Fern­se­hen nicht mehr lie­fen. Außer­dem konn­te man im Musik­fern­se­hen, als es das noch gab, auch auf bis­her unbe­kann­te Musik sto­ßen, die einen dann sofort begeis­ter­te. Die­ser Ent­de­ckungs­ef­fekt ist bei geziel­tem Video­gu­cken im Netz nicht mehr so wahr­schein­lich. Und schließ­lich konn­te man Musik­fern­se­hen super im Hin­ter­grund lau­fen las­sen, so als bebil­der­tes Radio qua­si.

Das Ende des Musik­fern­se­hens in Deutsch­land begann mit dem Ende von Viva 2 zum Jah­res­wech­sel 2001/​2002 und fand sei­nen Abschluss eigent­lich schon mit dem Aus von Onyx im Sep­tem­ber 2004. Dass MTV immer noch nicht abge­schal­tet oder wenigs­tens umbe­nannt wur­de ist inkon­se­quent, hat aber allen­falls ver­schlei­ern­de Wir­kung. Ande­rer­seits kam der meis­te Seri­en­schrott, der dort in den letz­ten Jah­ren lief, ja von der ame­ri­ka­ni­schen Mut­ter und die heißt immer­hin auch noch „Music Tele­vi­si­on“.

Das Argu­ment, mit Musik­vi­de­os kön­ne man halt kei­ne Quo­te machen und die Zukunft läge eh im Inter­net, will sich mir nicht so ganz erschlie­ßen. War­um hat zum Bei­spiel Öster­reich, ein Land des­sen Ein­woh­ner­zahl knapp ein Zehn­tel der deut­schen beträgt, dann eine so tol­le Clipab­spiel­sta­ti­on wie Go TV? (Und war­um haben die Öster­rei­cher mit FM4 gleich auch noch so einen gelun­ge­nen Radio­sen­der für jun­ge Leu­te?)

Das De-Fac­to-Ende von MTV und Viva fällt natür­lich nur zufäl­li­ger­wei­se mit der aktu­el­len Qua­li­täts­dis­kus­si­on zusam­men. Ich sehe dar­in auch kei­nen Vor­bo­ten für das Ende des Fern­se­hens ins­ge­samt. Es ist das Ende von Sen­dern, die kein ech­tes Pro­fil haben, ihre Zuschau­er mit Call-In-Shows beläs­tigt haben und irgend­wel­che bestimmt sehens­wer­ten Kon­zert­mit­schnit­te zwi­schen „Fla­vour Of Love“ und der sechs­tau­sends­ten „South Park“-Wiederholung ver­ste­cken. Und – so tra­gisch das für die vie­len Leu­te ist, die jetzt ihre Jobs ver­lie­ren – es geschieht die­sen Sen­dern ganz recht.

Die heu­ti­ge Über­schrift wur­de Ihnen prä­sen­tiert von den Dead Ken­ne­dys.

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Klickbefehl (3): American Edition

Stars & Stripes in New York City

Ste­phen Col­bert will an der Wahl zum US-Prä­si­den­ten im kom­men­den Jahr teil­neh­men – wenn auch nur in South Caro­li­na. Und viel­leicht meint er es damit erns­ter, als man den­ken könn­te, erzählt die „New York Times“. Lus­ti­ger als der Robin-Wil­liams-Film „Man Of The Year“ zum glei­chen The­ma ist die Akti­on schon jetzt.

Der „San Fran­cis­co Chro­nic­le“ berich­tet über Hit­lers Glo­bus, der 62 Jah­re nach Kriegs­en­de in Oak­land auf­ge­taucht ist und im Novem­ber ver­stei­gert wer­den soll.

cracked.com stellt die 20 schlimms­ten Rei­me der Pop­mu­sik­ge­schich­te vor. Tho­se lucky Ame­ri­cans: Es ist kein „Herz“ /​ „Schmerz“ dabei. Dafür wer­den Sie über den „Sie­ger“ über­rascht sein.

Das Wich­tigs­te zum Schluss: Vanes­sa Hud­gens wur­de von Dis­ney gefeu­ert. Oder auch nicht. Oder doch. Oder auch nicht.

Mary-Kate Olsen spielt in der drit­ten Staf­fel der groß­ar­ti­gen TV-Serie „Weeds“ mit. Ihre ers­te gro­ße Sze­ne kann man sich hier anse­hen.

Spea­king of which: Ich habe mir am Sams­tag allen Erns­tes bei­de Tei­le von „High School Musi­cal“ auf Pro Sie­ben ange­se­hen, um die­se pop­kul­tu­rel­le Bil­dungs­lü­cke zu schlie­ßen. Ob ich dar­über jemals mehr als die­se Zei­len hier tip­pen wer­de, weiß ich aber noch nicht.

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Rundfunk Fernsehen

Programmdirektor spielen (Nachtrag)

Ich bin gro­ßer Fan der „Dai­ly Show“ mit Jon Ste­wart. Der Start von Come­dy Cen­tral Deutsch­land hat sich allein des­halb schon gelohnt, weil man die jeweils aktu­ells­te Fol­ge der groß­ar­ti­gen ame­ri­ka­ni­schen Sati­re­sen­dung dort online schau­en kann. In den ver­gan­ge­nen Wochen habe ich mich des öfte­ren gefragt, ob ein sol­ches For­mat wohl auch in Deutsch­land funk­tio­nie­ren wür­de. Nach­dem der Name Jon Ste­wart kürz­lich auch in unse­ren Kom­men­ta­ren und damit in räum­li­cher Nähe zum Namen Ste­fan Raab auf­tauch­te, habe ich den Gedan­ken mal zu Ende gedacht:

„Lus­ti­ge Nach­rich­ten­sen­dun­gen“ haben in Deutsch­land eine lan­ge Tra­di­ti­on: Begon­nen hat es (wie immer) mit Rudi Car­rell und sei­ner „Tages­show“, es gab die „Wochen­show“ auf Sat 1 und zuletzt die „Frei­tag Nacht News“ bei RTL. Die­se Rei­hen­fol­ge ist nicht nur die chro­no­lo­gisch kor­rek­te, son­dern auch eine nach Qua­li­tät abstei­gen­de. Im Gegen­satz zur „Dai­ly Show“, die die Poli­tik in den USA auch (oder vor allem) inhalt­lich aus­ein­an­der nimmt, han­del­ten Wit­ze in den „Frei­tag Nacht News“ haupt­säch­lich von Ange­la Mer­kels Fri­sur. Das deut­sche Äqui­va­lent der „Dai­ly Show“ müss­te also mit­tig zwi­schen Come­dy und poli­ti­schem Kaba­rett plat­ziert wer­den – und zwar, ohne auch nur auf einen Ver­tre­ter der bei­den Gen­res zurück­zu­grei­fen.

Als Mode­ra­tor kann ich mir von den bekann­te­ren Ver­tre­tern ihrer Zunft des­halb eigent­lich nur Die­ter Moor vor­stel­len. Der hat in der Ver­gan­gen­heit mit den bril­lan­ten Sen­dun­gen „Cana­le Gran­de“ (Vox) und „Ex! Was die Nati­on erreg­te“ (SWR/​ARD) bewie­sen, dass er ein sehr fei­nes Gespür für Iro­nie hat und intel­li­gen­te Inter­views füh­ren kann. Ihm wür­de man (nicht zuletzt wegen einer gewis­sen opti­schen Ähn­lich­keit mit Jon Ste­wart) den Anchor­man einer Nach­rich­ten­sen­dung abneh­men. Alter­na­tiv könn­te man es auch mit einem jun­gen, unver­brauch­ten Gesicht ver­su­chen.

Es stellt sich natür­lich die Fra­ge, ob in Deutsch­land über­haupt genug pas­siert, um eine täg­li­che Sati­re­sen­dung an vier Wochen­ta­gen mit Inhal­ten zu ver­sor­gen. In den USA gibt es eini­ge Dut­zend Nach­rich­ten­sen­der, fünf­zig Bun­des­staa­ten, hun­dert Sena­to­ren, 435 Abge­ord­ne­te im Reprä­sen­tan­ten­haus und eine Regie­rung, deren Mit­glie­der bei so ziem­lich jedem öffent­li­chen Auf­tritt so viel sagt (oder nicht sagt), dass man damit meh­re­re „Dai­ly Shows“ fül­len könn­te. Für wöchent­li­che Sati­re­sen­dun­gen wie die WDR-2-„Zuga­be“, den „Wochen­rück­blick“ von Peter Zudeick oder – mit Abstri­chen – „Extra 3“ reicht aber auch das in Deutsch­land ver­zapf­te Mate­ri­al aus, Sati­re­sei­ten im Inter­net wie die „Schand­männ­chen“ oder die der „Tita­nic“ haben sogar täg­lich Mate­ri­al. Die weni­gen guten poli­ti­schen Kaba­ret­tis­ten (also Vol­ker Pis­pers und die, die bei „Neu­es aus der Anstalt“ und den „Mit­ter­nachts­spit­zen“ auf­tre­ten) schaf­fen es auch, noch in jeder Sup­pe, die der Poli­tik dem Volk ain­ge­brockt hat, diver­se Haa­re zu fin­den. Mit­hil­fe eini­ger guter Autoren (also nicht die, die dem­nächst bei „Harald Schmidt“ frei­ge­setzt wer­den) soll­te es mög­lich sein, eine wenigs­tens wöchent­li­che Sen­dung zusam­men­zu­stel­len, die gleich­zei­tig über Hin­ter­grün­de infor­miert und die Aus­sa­gen von Poli­ti­kern und sons­ti­gen „hohen Tie­ren“ aus­ein­an­der­nimmt. Außer­dem haben wir Poli­ti­ker wie Wolf­gang Bos­bach und Gui­do Wes­ter­wel­le (gibt’s den eigent­lich noch?), die mit nahe­zu jeder Äuße­rung um sati­ri­sche Wür­di­gung fle­hen. Und dann gibt es ja auch noch Wolf­gang Schäub­le

Auch wenn das Inter­es­se an „intel­li­gen­ter Unter­hal­tung“ immer wie­der bezwei­felt wird, ich den­ke, die Ziel­grup­pe wäre nicht ein­mal gering: Es gibt genug Leu­te, die die „Tita­nic“ lesen; genug, die sich für Sati­re inter­es­sie­ren, aber Berüh­rungs­ängs­te vor dem Leh­rer-in-Leder­wes­ten-Kaba­rett beim „Schei­ben­wi­scher“ haben. In den USA ist die „Dai­ly Show“ für vie­le (gera­de jün­ge­re) Zuschau­er inzwi­schen ein Haupt­lie­fe­rant für Nach­rich­ten gewor­den – obwohl die Macher immer wie­der beto­nen, Unter­hal­tung und kei­ne ernst­haf­ten Nach­rich­ten zu pro­du­zie­ren. Dass eine Unter­su­chung der India­na Uni­ver­si­ty den­noch zu dem Ergeb­nis kam, dass der Nach­rich­ten­ge­halt in der „Dai­ly Show“ im gro­ßen und gan­zen mit dem in „rich­ti­gen“ Nach­rich­ten­sen­dun­gen ver­gleich­bar ist, spricht eine deut­li­che Spra­che im Bezug auf die Main­stream-Nach­rich­ten, denen vie­le US-Bür­ger aus­ge­setzt sind. Dazu pas­sen aber die Ein­schalt­quo­ten im deut­schen Fern­se­hen, bei denen „RTL Aktu­ell“ immer öfter vor der „Tages­schau“ liegt.

Bleibt natür­lich die Fra­ge, wel­cher Sen­der so eine Sen­dung aus­strah­len wür­de. Wer hät­te die Eier, nicht nach drei Wochen mit nicht ganz so guten Quo­ten (denn viel­leicht irre ich mich und die rund 5.000 User, die sich die „Dai­ly Show“ online angu­cken, haben gar kei­nen Bock mehr auf das Uralt-Medi­um Fern­se­hen oder inter­es­sie­ren sich gar nicht für deut­sche Poli­tik) die gan­ze Show gleich wie­der zu kip­pen? Wer könn­te die vie­len Redak­teu­re und Autoren, die eine sol­che Sen­dung selbst mit dem bes­ten Mode­ra­tor nun mal bräuch­te, bezah­len? Hält man sich die (sicher­lich preis­güns­ti­ge­ren) Test­bal­lons vor Augen, die der WDR im ver­gan­ge­nen Som­mer in sei­nem Spät­abend­pro­gramm los­ge­las­sen hat, scheint zumin­dest etwas Expe­ri­men­tier­freu­de und Geld vor­han­den zu sein. Viel­leicht wagt es sogar ein Pri­vat­sen­der wie Vox, der ja mit hohem Anspruch gestar­tet war und sich in den letz­ten Jah­ren als erfolg­reichs­ter Fern­seh­sen­der der zwei­ten Rei­he eta­blie­ren konn­te. Ich wür­de mich freu­en und immer ein­schal­ten!

Nach­trag 29.05.: Auf mei­ne Anfra­ge (die ich bereits eini­ge Tage vor die­sem Ein­trag hier gestellt hat­te) bestä­tig­te man mir beim deut­schen Come­dy Cen­tral, dass wei­ter­hin an einer Inte­gra­ti­on der jeweils aktu­ells­ten „Dai­ly Show“ ins Fern­seh­pro­gramm gear­bei­tet wer­de. Plä­ne, eine ähn­li­che Show für Deutsch­land zu pro­du­zie­ren, gebe es bis­her aber nicht.