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Unterwegs

Nächtlicher Verkehr

Das Ruhr­ge­biet hat andert­halb Mal so vie­le Ein­woh­ner wie Ber­lin. Trotz­dem hat die Stadt im Osten das bedeu­tend bes­ser aus­ge­bau­te Nah­ver­kehrs­sys­tem. Man könn­te auch sagen: Ber­lin hat über­haupt ein Nah­ver­kehrs­sys­tem.

Will man im Ruhr­ge­biet wochen­tags von einer Stadt in die nächs­te (was nicht sehr viel anders ist, als von einem Ber­li­ner Stadt­teil in einen ande­ren fah­ren zu wol­len), muss man nach 20 Uhr ein­fach hof­fen, dass der Mor­gen bald anbricht. Auch die Wie­der­kehr Chris­ti erscheint einem in die­sem Moment ein klar defi­nier­ter Zeit­punkt, ver­gli­chen mit der Abfahrt des nächs­ten Ver­kehrs­mit­tels. Natür­lich gibt es im Ruhr­ge­biet Fern­zü­ge, die einen von Haupt­bahn­hof zu Haupt­bahn­hof brin­gen. Es gibt sogar S‑Bahnen, Stra­ßen- und U‑Bahnen und Bus­se. Aber ihre Abfahrts­zei­ten, Rich­tun­gen und Wege erschlie­ßen sich mir nicht. Ich kom­me gera­de von der Bochu­mer Innen­stadt zu mei­nem Wohn­heim – was vor allem dar­an liegt, dass die ent­spre­chen­de U‑Bahn-Linie gut sicht­bar mit­ten durch die Stadt ver­läuft und nicht ver­fehlt wer­den kann.

Als ich letz­te Woche vom Haupt­bahn­hof nach hau­se fah­ren woll­te, erschien es mir für einen kur­zen Moment beque­mer, einen Bus zu nut­zen. Eine hal­be Stun­de spä­ter stand der Bus an der End­hal­te­stel­le im dörf­lichs­ten Stadt­teil Bochums, kurz vor Beginn des Enne­pe-Ruhr-Krei­ses. Es war Sonn­tag Abend und ich woll­te eigent­lich in mein Bett, nächt­li­che Sight­see­ing-Tou­ren waren mir scheiß­egal.

Ges­tern war es noch eini­ge Stun­den spä­ter, als ich von Kreuz­berg nach Ste­glitz woll­te. In Bochum hät­te ich ein Taxi neh­men müs­sen. (Es ist ja wohl der Traum eines jeden Man­nes, ein­mal in sei­nem Leben auf eine Haupt­ver­kehrs­stra­ße zu tre­ten und mit ener­gi­scher Hand­be­we­gung ein gera­de vor­bei­rau­schen­des Taxi anzu­hal­ten. Im Ide­al­fall, um sich hin­ein­zu­schwin­gen und dem Fah­rer den Satz „Fol­gen Sie die­sem Auto!“ zuzu­ru­fen.) In Ber­lin war­te­te ich zehn Minu­ten auf den ers­ten Nacht­bus, der mich zu einer etwas ent­le­ge­nen U‑Bahn-Sta­ti­on fuhr, wo ich wei­te­re vier Minu­ten auf den zwei­ten Nacht­bus war­te­te, der mich nach hau­se brach­te.

Zwar hat­te ich über eine Drei­vier­tel­stun­de vom Aus­gangs- zum Ziel­ort gebraucht, ich hat­te aber auf dem Stadt­plan auch eine beacht­li­che Stre­cke zurück­ge­legt. Das Erstaun­lichs­te aber: Ich war mit dem Schie­nen­er­satz­ver­kehr beque­mer und schnel­ler gereist als mit den U‑Bahnen, die mich an den Aben­den zuvor aus Kreuz­berg abtrans­por­tiert hat­ten.

Was in mir übri­gens noch die fina­le Fra­ge auf­wirft, was stil­vol­ler sei: Betrun­ken von Bier und Kili­ans-hörend durch die Nacht zu juckeln oder nach meh­re­ren Gin Tonic mit Rihan­na im Ohr?