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Leben

Hinter all diesen Türen

Bei Recher­chen stößt man manch­mal auf Din­ge, die nichts mit dem aktu­el­len The­ma zu tun haben, aber so außer­ge­wöhn­lich, kuri­os oder toll sind, dass man sie trotz­dem gern mit der Welt tei­len möch­te.

So wie die­se Pres­se­mit­tei­lung der Bre­mer Poli­zei:

Unglaub­lich aber wahr

(9. März 2010) Die Geschich­te fing damit an, dass ges­tern Mit­tag eine älte­re Dame im Bun­ten­tor­stein­weg ihren Abfall aus dem Haus brin­gen woll­te. Nach Erle­di­gung muss­te sie aber fest­stel­len, dass ihre Haus­tür zuge­fal­len und sie kei­nen Haus­tür­schlüs­sel mit­ge­nom­men hat­te. Die Frau wand­te sich dar­auf­hin hil­fe­su­chend an ihren Nach­barn, der sei­ne Schutz­manns­kol­le­gen infor­mier­te. Die sehr auf­ge­reg­te 88 Jah­re alte Frau konn­te den uni­for­mier­ten Hel­fern ledig­lich mit­tei­len, dass ihre Toch­ter im Besitz eines Ersatz­schlüs­sels sei. Deren Adres­se und Tele­fon­num­mer fie­len ihr in der Auf­re­gung nicht mehr ein. Nach­dem die­se Lücke schnell durch die Poli­zei­be­am­ten geschlos­sen wer­den konn­te, wur­de ein Ein­satz­fahr­zeug zur Adres­se der Toch­ter ent­sandt. Die 55-Jäh­ri­ge wur­de auch ange­trof­fen und um Hil­fe gebe­ten. Nach eini­gen Minu­ten muss­ten die Beam­ten aller­dings über Funk ihren Kol­le­gen bei der Mut­ter mit­tei­len, dass es mit der Hil­fe noch dau­ern wird, weil der Toch­ter bei dem Gespräch mit ihnen die Haus­tür zuge­fal­len sei. Einen Ersatz­schlüs­sel hät­te nur die Mut­ter! Dar­auf­hin order­ten die Beam­ten einen Schlüs­sel­dienst zum Bun­ten­tor­stein­weg. Als die Toch­ter sich jetzt auf den Weg machen woll­te, um ihren Ersatz­schlüs­sel bei der Mut­ter abzu­ho­len, fiel ihr sied­end­heiß ein, dass sie das Mit­tag­essen auf dem Herd hat­te. Logi­sche Kon­se­quenz – ihre Haus­tür wur­de jetzt von der eilig infor­mier­ten Feu­er­wehr geöff­net. Außer einem leich­ten Brand­ge­ruch wur­den kei­ne wei­te­ren Schä­den fest­ge­stellt. Nach­dem der Schlüs­sel­dienst die Haus­tür der Mut­ter geöff­net hat­te, wur­de auch hier leich­ter Brand­ge­ruch wahr­ge­nom­men. Auch die Mut­ter hat­te ihr Essen auf dem Herd gehabt. Die Mit­tag­essen bei Mut­ter und Toch­ter waren nach Anga­ben der Ein­satz­kräf­te gut durch­ge­kocht.

Eine Ver­fil­mung mit Inge Mey­sel in der Haupt­rol­le ist angeb­lich bereits in Pla­nung.

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Literatur Musik

„Das ist keine Reisegruppe“
Ein Interview mit Sven Regener

Musik­jour­na­lis­ten erzäh­len häu­fi­ger, dass sie rela­tiv wenig Ambi­tio­nen hät­ten, ihre per­sön­li­chen Hel­den zu tref­fen. Zu groß ist die Angst, dass sich der über lan­ge Jah­re Bewun­der­te als lang­wei­lig oder – schlim­mer noch – unsym­pa­thisch her­aus­stellt, dass einem kei­ne guten Fra­gen ein­fal­len oder man ver­se­hent­lich die eige­nen Freun­de mit rein­zieht.

Vor Sven Rege­ner habe ich einen Hei­den­re­spekt: Die Musik sei­ner Band Ele­ment Of Crime beglei­tet mich schon län­ger, die letz­ten bei­den Alben habe ich rauf und run­ter gehört und sei­ne Roman­tri­lo­gie über Frank Leh­mann habe ich mit gro­ßem Gewinn gele­sen. Außer­dem muss ich immer an jenes legen­dä­re Inter­view mit der (inzwi­schen fast schon wie­der völ­lig ver­ges­se­nen) „Net­zei­tung“ den­ken.

Es hät­te also gute Grün­de gege­ben, sich nicht um ein Inter­view mit dem Mann zu bemü­hen, obwohl er mit Ele­ment Of Crime in Bochum war. Aber ein kur­ze Begeg­nung beim letzt­jäh­ri­gen Fest van Cleef hat­te mich so weit beru­higt, dass ich gewillt war, mich auf das Expe­ri­ment ein­zu­las­sen.

Element Of Crime (Archivfoto vom Fest van Cleef 2009)

Kurz bevor es los­ging sag­te er: „So, wir duzen uns. Ich bin Sven.“ Gut, dass das vor­ab geklärt ist, Respekts­per­so­nen wür­de man ja sonst auch sie­zen.

Wie das Gespräch dann lief, kön­nen Sie jetzt sel­ber hören und beur­tei­len. Zu den The­men zäh­len Sven Rege­ners Tour­blog, klei­ne­re Städ­te, „Romeo und Julia“, Cover­ver­sio­nen und Vor­bands.

Inter­view mit Sven Rege­ner
(Zum Her­un­ter­la­den rechts kli­cken und „Ziel spei­chern unter …“ wäh­len.)

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Musik

Coffee And TV empfiehlt: Layabout auf Tour

Manch­mal wird man über merk­wür­di­ge Umwe­ge auf Nach­wuchs­bands auf­merk­sam. Zum Bei­spiel, weil man mal Musik­re­dak­teur bei einem Cam­pus­ra­dio war und einen die Musi­ker per E‑Mail fra­gen, ob man nicht ihre Musik spie­len wol­le. Edward „Tex“ Mil­ler aus Los Ange­les schrieb mich an (inter­es­san­ter­wei­se auf deutsch) und stell­te mir sei­ne Band Laya­bout vor.

Die aktu­el­le Musik­re­dak­ti­on nahm einen Song auf Rota­ti­on und die CD fand ihren Weg in mein CD-Regal. Laya­bout machen Pop mit deut­li­chen Jazz-Ein­flüs­sen, der an Stee­ly Dan, Lamb­chop und Jamie Cul­lum erin­nert. Man könn­te auch sagen: Musik, die sich spit­zen­mä­ßig ver­kau­fen wür­de, wenn nur mal jemand einen „Von ‚Bri­git­te‘ empfohlen“-Aufkleber auf die Hül­le pap­pen wür­de. Bis­her macht sich vor allem Arnd Zeig­ler in sei­ner Bre­men-Vier-Sen­dung „Zeig­lers wun­der­ba­re Welt des Pop“ um die Band ver­dient.

Damit das mit der Kar­rie­re in Deutsch­land auch was wird, wird Tex nächs­te Woche drei Solo­kon­zer­te spie­len:

14. Dezem­ber, 22:00 Uhr: Ber­lin (Acud Kan­ti­na)
17. Dezem­ber, 21:00 Uhr: Dort­mund (Q‑Bar)
19. Dezem­ber, 21:00 Uhr: Bre­men (No-OK)

Hof­fent­lich kom­men vie­le Leu­te vor­bei, vor allem die „Brigitte“-Musikredakteure.

Offi­zi­el­le Band­web­site
Band­sei­te bei MySpace

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Leben

Eisen- und Haushaltswaren

Ich hof­fe doch, ich tre­te nie­man­dem zu nahe, wenn ich schrei­be, dass die Lek­tü­re von Pres­se­mit­tei­lun­gen der Poli­zei Bre­men bis­her nicht zu mei­nen Hob­bies gehör­te, weil ich mir ein­fach nicht vor­stel­len konn­te, dass die Ereig­nis­se in der Han­se­stadt für mich als Bochu­mer (und wir haben immer­hin Toto & Har­ry) unter­halt­sam sein könn­ten.

Ich habe mich geirrt:

POL-HB: Nr: 0447 – Poli­zei spreng­te alle Ket­ten

Bre­men (ots) – -
Ort: Bre­men, Flie­der­stra­ße
Zeit: 26. Juli 2007, 10.50 Uhr

Die “ fes­seln­den Momen­te des Lebens“ erleb­te ges­tern Mor­gen eine 23-jäh­ri­ge Bre­me­rin, und das gleich über meh­re­re Stun­den. Die jun­ge Frau bat die Poli­zei über Not­ruf um Hil­fe, da sie der­zeit ans Bett gefes­selt sei. Als die Beam­ten bei der ver­meint­lich hilf­lo­sen Frau ein­tra­fen, war die Erleich­te­rung bei der 23-Jäh­ri­gen groß. Nach einer Par­ty am Vor­abend, die sich durch den groß­zü­gi­gen Aus­schank alko­ho­li­scher Geträn­ke offen­bar recht kurz­wei­lig gestal­te­te, über­mann­te die letz­ten Gäs­te dann auch noch der Über­mut. Bevor sie die Ört­lich­keit ver­lie­ßen, ket­te­ten sie die Gast­ge­be­rin ein­ver­nehm­lich mit einem Paar Hand­schel­len an den Bett­pfos­ten und ver­schwan­den fei­xend in den grau­en Mor­gen. Nach ein paar Stun­den Schlaf woll­te sich die jun­ge Frau befrei­en, stell­te dann aber kon­ster­niert fest, dass nicht das mit rotem Plüsch ver­se­he­ne Paar Hand­fes­seln benutzt wur­de, wel­ches sich per Hand öff­nen lässt. Viel­mehr kam eine Neu­erwer­bung des dort offen­sicht­lich zu den Haus­halts­wa­ren zäh­len­den Arm­schmucks zum Ein­satz. Für die­ses Paar fehl­te jedoch der Schlüs­sel, so dass die hand­werk­li­chen Fähig­kei­ten der Poli­zei­be­am­ten gefor­dert waren. Mit einem Bol­zen­schnei­der wur­de die Ket­te durch­trennt, und mit einem Draht konn­ten die Fes­seln auf­ge­schlos­sen wer­den. Ohne den wei­te­ren Ver­lauf der recht unter­halt­sa­men Par­ty genau­er zu hin­ter­fra­gen, ver­lie­ßen die Beam­ten dis­kret den Ort des Gesche­hens.

[via „Spie­gel Online“]

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Leben Politik

Teacher leave them kids alone

In Bre­men tagt heu­te der Rechts­aus­schuss der Bür­ger­schaft. Die CDU will Auf­klä­rung dar­über, wie die ehe­ma­li­ge RAF-Ter­ro­ris­tin Susan­ne Albrecht unter neu­em Namen Deutsch­leh­re­rin für Migran­ten­kin­der an einer Bre­mer Grund­schu­le wer­den konn­te.
Die denk­bar ein­fa­che Ant­wort eines Außen­ste­hen­den wür­de ver­mut­lich lau­ten: „Sie hat bereits in der DDR als Leh­re­rin gear­bei­tet, als sie dort unter­ge­taucht war, sie hat­te eine posi­ti­ve Pro­gno­se und irgend­je­mand hat sie wohl ein­ge­stellt.“ Und für die­je­ni­gen, die so klug sind, nicht auf daher­ge­lau­fe­ne Außen­ste­hen­de zu hören, erklärt Bre­mens frü­he­rer Bür­ger­meis­ter Hen­ning Scherf das alles noch mal etwas aus­führ­li­cher.

Nun ist im Zuge der Debat­ten der letz­ten Wochen klar­ge­wor­den (no pun inten­ded), dass man­che Poli­ti­ker, Bür­ger und Jour­na­lis­ten ein wenig Nach­hil­fe in Sachen rechts­staat­li­cher Prin­zi­pi­en benö­ti­gen (Hans Fil­bin­ger kann glück­li­cher­wei­se nicht mehr zum Nach­hil­fe­leh­rer umge­schult wer­den). Wer aber hät­te gedacht, dass sich die zöger­li­che Auf­ar­bei­tung bun­des­re­pu­bli­ka­ni­scher Ver­gan­gen­heit dazu eig­net, ein gan­zes Berufs­bild neu zu defi­nie­ren?

CDU-Vor­zei­ge­plap­per­maul Wolf­gang Bos­bach empör­te sich in „Bild“:

Bei Leh­rern darf an der cha­rak­ter­li­chen Eig­nung kei­ner­lei Zwei­fel bestehen. Es kann nicht sein, dass eine Ex-RAF-Ter­ro­ris­tin aus­ge­rech­net durch die Arbeit mit Kin­dern reso­zia­li­siert wer­den soll.

Und Hart­mut Per­schau, CDU-Frak­ti­ons­chef in der Bre­mer Bür­ger­schaft (die zufäl­li­ger­wei­se in neun Tagen neu gewählt wird), sekun­diert:

Wer unse­re Kin­der unter­rich­tet, hat eine Vor­bild­funk­ti­on zu erfül­len – dafür kom­men Ter­ro­ris­ten nicht in Fra­ge!

Dank „Bild“ weiß man ja immer, wie alt jemand (unge­fähr) ist. Im aktu­el­len Arti­kel sind Bos­bach 54 und Per­schau 65 – ihre eige­ne Schul­zeit liegt also noch län­ger zurück als Frau Albrechts RAF-Unter­stüt­zung. Da mei­ne Schul­lauf­bahn deut­lich spä­ter ende­te, sehe ich mich in der Posi­ti­on, die Her­ren Bos­bach und Per­schau über cha­rak­ter­li­che Eig­nung und Vor­bild­funk­ti­on diver­ser Leh­rer auf­zu­klä­ren, die mir wäh­rend­des­sen unter­ge­kom­men sind: da hat­ten wir ein paar Alko­ho­li­ker; cho­le­ri­sche Kunst- und Musik­leh­rer; neo­kon­ser­va­ti­ve Klein­ak­tio­nä­re; Deutsch­leh­rer, die die Spra­che gera­de erst gelernt oder einen Sprach­feh­ler hat­ten; Sport­leh­rer, die die 500 Meter zur Turn­hal­le im Mer­ce­des zurück­leg­ten; Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker; Natur­wis­sen­schaft­ler, die kei­ner­lei päd­ago­gi­sche Aus­bil­dung durch­lau­fen hat­ten; Ket­ten­rau­cher, die kaum eine Schul­stun­de ohne Niko­tin­zu­fuhr aus­hiel­ten; Alt­hip­pies, die es den Fünft­kläss­lern über­lie­ßen, ob sie Voka­beln ler­nen wol­len oder nicht, und Deutsch­leh­rer, die Sechst­kläss­ler Klas­sen­ar­bei­ten mit dem The­ma „Mein ers­tes Mal“ schrei­ben lie­ßen – trotz­dem sind mir kei­ne Schä­di­gun­gen bei irgend­wel­chen Schü­lern bekannt, die über das nor­ma­le Maß hin­aus­ge­hen.
Natür­lich hat­ten wir auch jede Men­ge groß­ar­ti­ge Päd­ago­gen, die ihre Begeis­te­rung für Geschich­te, Poli­tik, Lite­ra­tur oder Mathe­ma­tik auf uns über­tra­gen konn­ten – Leh­rer bil­den halt einen über­ra­schend pas­sen­den Gesell­schafts­schnitt ab und sind sowie­so dank­ba­re, wei­che Zie­le.

Was ich aber kei­nem noch so schlech­ten Leh­rer wün­sche, sind die skep­ti­schen Sei­ten­bli­cke und die Hexen­jagd, die im Groß­raum Bre­men ein­ge­setzt haben dürf­te. Ich wür­de da die­ser Tage noch weni­ger Deutsch­leh­re­rin an einer Grund­schu­le sein wol­len als sonst schon …