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Unterwegs

Mein Berlin

Weil ich ja eh schon mal mit der Videokamera in Berlin war und in den vergangenen Jahren touristisch schon wirklich alles abgeklappert hatte, was da war, habe ich mir diesmal gedacht: Sei doch ein bisschen altruistisch und gib deinen Lesern, die vielleicht noch nie in Berlin waren, vielleicht nächste Woche hinwollen, auch etwas mit.

Herausgekommen ist ein kleiner Film, der völlig unprätentiös “Mein Berlin” heißt und den man sich bei YouTube ansehen kann. Oder gleich hier:

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Musik

Alte Männer, halbnackte Frauen und viel Musik

The Killers veröffentlichen nächste Woche ihre Raritäten-Sammlung “Sawdust”, auf der Bonustracks, B-Seiten und Compilation-Beiträge gelandet sind, die man als Hardcore-Fan vielleicht größtenteils schon hat, die aber so versammelt trotzdem was schönes sind.

Als Single wurde der neue Song “Tranquilize” ausgekoppelt, dessen Video man sich jetzt bei YouTube anschauen kann. Oder gleich hier:

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Der alte Mann, der da so haarscharf an Brandon Flowers’ Stimme vorbeisägt, ist übrigens Lou Reed.

[via visions.de]

* * *

Die charmante, süße, $begeistertes_Adjektiv Lily Allen tritt in die Fußstapfen von Kate Moss und Maggie Gyllenhaal und posiert für die Edel-Unterwäsche-Marke Agent Provocateur.

[via nme.com]

* * *

CT das radio, jenes Bochumer Campusradio, bei dem ich meine Radiokarriere gestartet und auch beendet habe, feiert dieser Tage seinen zehnten Geburtstag. Das älteste Campusradio in NRW schmeißt deshalb eine Geburtstagsparty, bei der Six Nation State, The Bishops und *tataaa* die Kilians auftreten werden.

Am Samstag, 10. November 2007
Ab 20:30 Uhr
In der Mensa der Ruhr-Uni Bochum
Der Eintritt ist frei!!!!!!1

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Leben

Die Schere im Kopf

Wenn der Herbst durch das Ruhrgebiet streift wie ein zauseliger Wandersmann und die Bäume in Waldorfschul-mäßige Farben taucht, dann spüre ich meinen Hang zur Sozialromantik.

Die Tage ging ich zur U-Bahn-Station, vorbei an den Vorgärten der Doppelhäuser, und sah Hausfrauen, die vom Einkaufen kamen; Rentner, die in ihrer Einfahrt Laub zusammenkehrten, wohl wissend, dass ihre Arbeit schon wieder vergessen sein würde, wenn sie den Rechen in den Werkzeugschuppen stellen würden. Ich sah eine alte Frau, die aus ihrem offenen Wohnzimmerfenster, hinter dem die Tagesgardinen im Aufwind der Heizung flatterten, ein Verlängerungskabel in den Vorgarten geworfen hatte, an das sie nun den Elektromäher ihres Gatten anschloss, um den letzten Rasenschnitt der Saison vorzunehmen – penibel genau bis zu der ansonsten unsichtbaren Grundstücksgrenze, an der auch die Fassade des Doppelhauses von Schiefervertäfelung in dunkelgrünen Rauhputz überging. Die Frau grüßte wortlos und für das menschliche Auge kaum sichtbar den Postboten, der auf der anderen Straßenseite Briefe austrug, vermutlich Anschreiben der Bundesknappschaft, Postkarten der Enkel aus den Herbstferien und vielleicht die eine oder andere Todesanzeige.

Es roch nach nassem Laub, frisch gemähtem Rasen und Kohlrouladen, als sich die Sonne in einem solchen Winkel durch eine schon kahle Baumkrone brach, dass jeder Maler diesseits von Monet kopfschüttelnd von seiner Staffelei zurückgetreten wäre und gewartet hätte, bis es alles ein bisschen weniger kitschig aussieht. Ich ging an der nahe gelegenen Grundschule vorbei und war beinahe froh, kein fröhlich gluckerndes Kinderlachen zu vernehmen, weil mir das in diesem Moment wohl den Rest gegeben hätte und ich vollends davon überzeugt gewesen wäre, in der 3Sat-Variante der “Truman Show” mitzuspielen. Nein, die Kinder saßen, wie es sich gehört, in der Schule auf ihren kleinen Stühlchen, auf denen sich ihre Eltern beim Elternabend immer so komisch zusammenfalten müssen, an ihren kleinen Tischchen und malten hoffentlich Bilder von herbstlichen Straßenzügen oder bastelten aus Kastanien und Zahnstochern kleine Männchen, die immer wieder umfallen würden.

Und so ging ich selig lächelnd meines Wegs, trat nicht in die Hundescheiße und fragte mich: “Warum zum Henker solltest Du das jetzt bloggen?”

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Unterwegs Gesellschaft

Niemand ist ein Berliner

Ich bin zurück in Bochum. Fast wäre das schief gegangen, da der ICE aus Berlin Richtung Ruhrgebiet aus zwei Zügen besteht, die in Hamm getrennt werden, und ich natürlich zunächst im falschen Zugteil saß. Ich war aber nicht der Einzige, den der Gleiswechsel und die veränderte Abfahrtzeit am Berliner Hauptbahnhof irritiert hatte: In Spandau rannten gleich drei Leute aus dem hinteren Teil nach vorne und zwei aus dem vorderen nach hinten. Obwohl ich Berlin als Stadt eigentlich nicht so mag, war es doch ein sehr schöner Aufenthalt. Ich habe lauter nette Leute getroffen und Kreuzberg ist nach vier dort verbrachten Abenden tief in meinem Herzen.

Irritiert hat mich der Umstand, dass es in Berlin Schulen und Spielplätze gibt, habe ich doch bis heute ausschließlich Menschen kennengelernt, die frühestens zum Studium nach Berlin gekommen sind. Die Vorstellung, es könnte Personen geben, die in Berlin geboren wurden, erscheint mir deshalb hochgradig abwegig. Andererseits fiele mir spontan auch niemand aus meinem Umfeld ein, der gebürtiger Bochumer wäre.

Was auch mal wieder überdeutlich wurde: Egal, wohin man kommt, man trifft immer jemanden, der eine persönliche Dinslaken-Geschichte hat. Christoph Schultheis war als Kind sogar schon mal da und erinnerte mich gleich an ein schon lange verdrängtes Dinslaken-Detail: Im zentralen Kreisverkehr zwischen Stadthalle und Supermarkt stand lange Jahre ein großer gelber Wegweiser, wie man ihn von Land- und Bundesstraßen kennt, der die Richtung und Entfernung nach Berlin angab. In Dinslaken, das damals noch nicht mal einen eigenen Autobahnanschluss hatte. Es sollte wohl ein Symbol sein, auf dass man die seinerzeit noch vorherrschende deutsche Teilung im Alltag nicht vergesse. Das Schild gewordene Weihnachtspaket an die Verwandten “drüben”.

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Unterwegs

Nächtlicher Verkehr

Das Ruhrgebiet hat anderthalb Mal so viele Einwohner wie Berlin. Trotzdem hat die Stadt im Osten das bedeutend besser ausgebaute Nahverkehrssystem. Man könnte auch sagen: Berlin hat überhaupt ein Nahverkehrssystem.

Will man im Ruhrgebiet wochentags von einer Stadt in die nächste (was nicht sehr viel anders ist, als von einem Berliner Stadtteil in einen anderen fahren zu wollen), muss man nach 20 Uhr einfach hoffen, dass der Morgen bald anbricht. Auch die Wiederkehr Christi erscheint einem in diesem Moment ein klar definierter Zeitpunkt, verglichen mit der Abfahrt des nächsten Verkehrsmittels. Natürlich gibt es im Ruhrgebiet Fernzüge, die einen von Hauptbahnhof zu Hauptbahnhof bringen. Es gibt sogar S-Bahnen, Straßen- und U-Bahnen und Busse. Aber ihre Abfahrtszeiten, Richtungen und Wege erschließen sich mir nicht. Ich komme gerade von der Bochumer Innenstadt zu meinem Wohnheim – was vor allem daran liegt, dass die entsprechende U-Bahn-Linie gut sichtbar mitten durch die Stadt verläuft und nicht verfehlt werden kann.

Als ich letzte Woche vom Hauptbahnhof nach hause fahren wollte, erschien es mir für einen kurzen Moment bequemer, einen Bus zu nutzen. Eine halbe Stunde später stand der Bus an der Endhaltestelle im dörflichsten Stadtteil Bochums, kurz vor Beginn des Ennepe-Ruhr-Kreises. Es war Sonntag Abend und ich wollte eigentlich in mein Bett, nächtliche Sightseeing-Touren waren mir scheißegal.

Gestern war es noch einige Stunden später, als ich von Kreuzberg nach Steglitz wollte. In Bochum hätte ich ein Taxi nehmen müssen. (Es ist ja wohl der Traum eines jeden Mannes, einmal in seinem Leben auf eine Hauptverkehrsstraße zu treten und mit energischer Handbewegung ein gerade vorbeirauschendes Taxi anzuhalten. Im Idealfall, um sich hineinzuschwingen und dem Fahrer den Satz “Folgen Sie diesem Auto!” zuzurufen.) In Berlin wartete ich zehn Minuten auf den ersten Nachtbus, der mich zu einer etwas entlegenen U-Bahn-Station fuhr, wo ich weitere vier Minuten auf den zweiten Nachtbus wartete, der mich nach hause brachte.

Zwar hatte ich über eine Dreiviertelstunde vom Ausgangs- zum Zielort gebraucht, ich hatte aber auf dem Stadtplan auch eine beachtliche Strecke zurückgelegt. Das Erstaunlichste aber: Ich war mit dem Schienenersatzverkehr bequemer und schneller gereist als mit den U-Bahnen, die mich an den Abenden zuvor aus Kreuzberg abtransportiert hatten.

Was in mir übrigens noch die finale Frage aufwirft, was stilvoller sei: Betrunken von Bier und Kilians-hörend durch die Nacht zu juckeln oder nach mehreren Gin Tonic mit Rihanna im Ohr?

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Unterwegs

Wer den Personenschaden hat …

Gestern musste ich bekanntlich nach Berlin. Gestern war aber bekanntlich auch Lokführerstreik. Im Nachhinein muss ich sagen: Glücklicherweise.

Meine Reise wäre das unterhaltsamere Liveblog geworden, denn kaum erreichte ich den Bochumer Hauptbahnhof, hörte ich die Ansage: “Wegen eines Personenschadens im Raum Duisburg fährt der ICE nach Berlin heute nicht über Bochum!”

Kiefer runter, Puls auf 180, Schreikrämpfe.

Dann fragte ich bei einer leicht überforderten, trotzdem um Freundlichkeit bemühten, Bahn-Mitarbeiterin nach, wie ich denn jetzt mit meinem Zuggebundenen Spar-Ticket nach Berlin kommen solle. Sie kritzelte irgendwas auf mein Ticket und riet mir, die gleich einfahrende S-Bahn nach Dortmund zu nehmen und dort auf den ICE zu hoffen: “Entweder, Sie erwischen den über die Wupper umgeleiteten, den Sie gebucht hatten, noch oder Sie fahren mit dem von vor einer Stunde, der ist nämlich immer noch irgendwo unterwegs.” Das klang vertrauenserweckend.

Ich fuhr mit der großspurig als “vielleicht letzten Reisemöglichkeit nach Dortmund für ein paar Stunden” angekündigten S-Bahn nach Dortmund. Die Minuten zwischen Bochum-Langendreer-West, Dortmund-Oespel und Dortmund Hauptbahnhof zogen sich und ich wurde ruhiger und ruhiger. Offenbar hatte ich meinen persönlichen Tiefpunkt schon überwunden und befand mich schon in meiner Zen-Phase – das ging viel zu schnell.

In Dortmund war der von mir reservierte Zug natürlich schon weg, aber der davor war immer noch angekündigt. Es gab kostenlos Mineralwasser und Kaffee für die wenigen gestrandeten Fahrgäste – denn Dank des Lokführerstreiks waren so wenige Leute mit dem Zug unterwegs, dass der Personenunfall in Duisburg gar keine so schlimmen Auswirkungen auf den Regionalverkehr hatte. Das Chaos, das an einem normalen Tag mit doppelt so vielen Zügen und dreimal so vielen Reisenden entstanden wäre, hätte wohl biblische Ausmaße gehabt.

Der ICE nach Berlin fuhr mit stolzen zwei Stunden Verspätung ein (ich hing nur eine Stunde zurück), ich fand einen Sitzplatz, und als der Zug kurz vor Hannover wegen “spielender Kinder im Gleisbett” abermals halten musste, gab es beinahe Szenenapplaus der Reisenden.

Ich kam schließlich wohlbehalten in Berlin an und habe gestern schon jede Menge Multimediacontent vorbereitet, dessen Veröffentlichung sich aufgrund technischer Schwierigkeiten jedoch bis zu meiner Rückkehr nach Bochum verzögern wird. Aber ich kann versprechen behaupte einfach mal, dass es toll wird.

Toll war übrigens auch der Grund meiner Reise, die BILDblog-Lesung mit Charlotte Roche. Dazu später noch viel mehr, für den Moment verweise ich auf diese A(u)ktion.

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Politik

Elite-Uni der Herzen

Tja, das war’s dann: Die Ruhr-Uni Bochum hat den Sprung zur Elite-Uni nicht geschafft. Einziges Trostpflaster: Die Humboldt-Universität Berlin ist auch nicht dabei. Und natürlich ist vorher bei uns an der Uni noch mal alles neu gestrichen worden, das ist ja auch schon mal was feines.

Vorhin dann in der Straßenbahn ein Gespräch mit einer Bochumer Bürgerin: “Is’ ja schade ums Geld, aber so ‘ne Elite-Uni passt doch ga nich innen Pott!” Stimmt natürlich auch.

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Musik Unterwegs

Bochum – Berlin 2:13

Nächste Woche fahre ich nach Berlin. Sowas würde ich nie ohne guten Grund tun und wie schon bei den letzten Malen (Berlinale 2003, Ben-Folds-Konzert 2005) gibt es auch diesmal wieder einen: die BILDblog-Lesung. Wenn ich Charlotte Roche anschließend treffen sollte, werde ich sie persönlich dafür verantwortlich machen, dass auch heute noch hübsche Mädchen mit Röcken über ihren Jeanshosen (oder Jeanshosen unter ihren Röcken) herumlaufen, was nun langsam aber wirklich nicht mehr geht. Oder ich werde ihr erzählen, wie viele Lieblingsbands ich ihretwegen kennengelernt habe.

Als ich vor sechs Jahren auf Kursfahrt in Berlin war, waren wir alle furchtbar betrunken hatte ich mir vorher ein Mixtape aufgenommen, wo jede Menge Berlin-Songs drauf waren.1 Weil ich nicht soooo die Lust darauf habe, extra für dieses Tape2 meinen 200 Jahre alten Sony-Walkman mitzuschleppen, hab ich grad mal in iTunes nachgeguckt, wie viele Lieder mit “Berlin” im Titel ich so habe. Es sind 13. Ich habe sechs Songs, die nach San Francisco benannt sind, 14 über New York3, zwei über Rom, keinen über Dinslaken (Gottseidank) und zwei über Bochum.

“Wie, zwei?”, werden Sie fragen. “Grönemeyer und?” Grönemeyer und Six By Seven – und das ist ein Super-Song, sag ich Ihnen.

Übrigens könnte Berlin aufholen, wenn man die Stadtteile mitnimmt: “Kreuzberg” von Bloc Party und “Tiergarten” von Rufus Wainwright. Aber dann kommen wieder fünf Manhattan-Songs, “Harlem” von Bill Withers und vier “NYC”-Titel dazu. New York gewinnt also doch.

1 Ich hab grad nachgeguckt: Es waren vier. “Berlin” von Briskeby, “Big in Berlin” von den Sternen, “Berlin” von Lou Reed und “Born To Die In Berlin” von den Ramones.
2 Ist es nicht toll, dass “Tape” noch antiquierter und 90er-mäßig klingt als “Kassette”? Ich finde das super.
3 13, wenn wir den Remix von “New York City Boy” abziehen.

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Unterwegs

Lukas und die Lokomotivführer: Liveblog

Extreme Situationen erfordern extreme Mittel: Ich muss heute Abend in Dinslaken auf einer Hochzeit tanzen sein. Im Moment bin ich aber noch in Bochum. Zwischen mir und meinem Ziel steht also der Lokführerstreik der Gewerkschaft von dem Mann mit der Bata-Illic-Maske.

Und weil ich nun mal Bahnfahren muss, dachte ich mir, ich mache mir den Spaß und blogge drüber – live und … äh: live halt. Da ich kein blogfähiges Mobiltelefon habe, wird meine reizende Assistentin Kathrin meine (vermutlich irgendwann verzweifelten) Anrufe, SMSen und Rauchzeichen hier für mich niederschreiben.

Und jetzt geht’s los …

16:29: Bochum Hauptbahnhof: Es ist nicht sonderlich voll und die Anzeigentafel sieht auch normal aus. Die werden doch nicht etwa ohne mich streiken?

16:35: Sitze im fahrenden Regionalexpress nach Düsseldorf. Entweder kam der zu früh oder 59 Minuten zu spät.

16:46: Stehen seit einigen Minuten in Wattenscheid, weil uns “schon wieder” ein ICE überholt. Auf dem Gegengleis: Der Regionalexpress nach Minden. Entweder pünktlich oder eine volle Stunde zu spät.

16:55: Essen Hauptbahnhof: So sieht kein Freitagnachmittag-Feierabendverkehr aus, es sind kaum Leute unterwegs. Und wir fahren weiter.

17:11: Duisburg Hauptbahnhof: Hier fällt mehr aus, die wenigen Reisenden wirken lethargisch. Mein Regionalexpress nach Dinslaken ist mit 5 Minuten Verspätung angeschlagen. Seit wann gibts hier eigentlich Starbucks?

17:25: Mein neuer Freund bei Starbucks meinte eben, heute morgen sei der Laden voll mit Gestrandeten gewesen. Hoffentlich haben die da nicht auch schon ihren neuen Kollegen eingearbeitet… Mein Regionalexpress ist da und und auch nur 5 Minuten zu spät.

17:40: Schon in Oberhausen-Holten. Letzte Chance, mich aufzuhalten, liebe GDL!

17:46: Dinslaken Bahnhof. Da brauch ich ja länger für den Fußweg zu meinen Eltern als von Bochum hierhin. Was für eine Liveblog-Blamage!

18:16: Honey, I’m home! Ich, der ich bei jeder zweiten Bahnfahrt einen cholerischen Anfall kriege, dessen Züge grundsätzlich Verspätung haben, bin selten ruhiger und entspannter Zug gefahren. Wenn ein Streik der Lokführer so aussieht, können die meinetwegen jetzt jeden Tag streiken …

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Musik

Blasmusik

Gestern spielten also die Kilians ein “exklusives Radiokonzert” in Bochum. Da mein Computer immer noch in der Reparatur ist, kann ich gerade nicht nachgucken, wie oft ich die Band schon gesehen habe, aber es dürfte gestern so ungefähr das fünfzehnte Mal gewesen sein.

Vor dem Konzert waren die Herren Musiker etwas missgestimmt, weil Organisation und Ablauf wohl zu wünschen übriggelassen hatten, aber schon ab dem ersten Akkord war alles wieder bestens und sie rockten so ungestüm und auf den Punkt wie eh und je.

Das alles wäre also von so geringem Neuigkeitenwert, dass nicht mal ich darüber bloggen würde. Aber die Ansagen von Simon den Hartog, dem kleinen großen Mann am Mikrofon, waren gestern so exorbitant unterhaltsam, dass sie einfach für die Nachwelt fesgehalten werden müssen – was Dank der Aufzeichnung für die Radioausstrahlung auch kein Problem gewesen sein dürfte.

Im hinteren Bereich des Konzertsaals, wo gleich mehrere Dinslakener zusammengluckten, macht das Wort vom “Dinslaken-Humor” die Runde – wenn wir nicht gerade wiehernd über den Fußboden kugelten. Wie, Sie finden “Ich musste dem Kavka seinen Schwanz lutschen, damit das bei MTV gespielt wird”, als Anmoderation für “Enforce Yourself” nicht brüllkomisch? Dann gibt es nur noch zwei Möglichkeiten: a) Sie müssen mehr Alkohol trinken oder nach Dinslaken ziehen (das kommt aufs Gleiche raus); b) Wir versetzen dieser Anekdote den absoluten Todesstoß und sagen “Vielleicht hätte man dabeigewesen sein müssen.”

Notausgang: Die Kilians und deren ständige Erwähnung hier gehen Ihnen auf die Ketten? Sie finden, Bands aus der deutschen Provinz dürfen nicht klingen, als kämen sie aus dem englischsprachigen Ausland? Sie glauben, wer Locken hat, will wie die Strokes aussehen? Dann finden Sie hier sicher eine neue Heimat. Und wenn Sie sich auch noch anmelden wollen, bevor Sie lesen können, was die anderen Indienazis so denken, dann kennen Sie das hier bestimmt eh schon.

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Leben

You can run but you can’t hide

Gestern war mal wieder pl0gbar im Bochumer Café Konkret. Neben den üblichen Verdächtigen gab es auch drei neue Gesichter. Leider bin ich in der Disziplin “Namen merken” ähnlich schlecht wie dieser Mann, der immer irgendwo im Fernsehen (glaub ich) auftritt, und die “Projekte” und Websites krieg ich schon gar nicht zugeordnet.

Zwischendurch wurde unsere Gruppe von Fremden angesprochen: Wir seien doch sicher “webaffin” (Alder, das Wort geht ja geschrieben mal gar nicht!), also internettechnisch versiert – ob wir nicht einen PHP-Entwickler kennten oder gar selbst ein solcher wären. Wir lachten sehr herzlich. (Für technisch unkundige Leute: Das sind Personen, die viel kompliziertere Webseiten zusammenbauen können als die Nachbarskinder, und die deshalb ähnlich begehrt und weit verbreitet sind wie humorvolle, gutaussehende Lebenspartner, die viel Geld verdienen und den Haushalt schmeißen wollen.)

Zu vorgerückter Stunde stellten Simon (Name nachgeschlagen) von 12rec.net und ich fest, dass wir beide aus Dinslaken stammen, ja: dass unsere jeweiligen Elternhäuser sogar wenige hundert Meter voneinander entfernt stehen müssen. Was folgte, war das übliche hektische Abklopfen von Gemeinsamkeiten, dass immer eintritt, wenn sich zwei Menschen fern der gemeinsamen Heimat begegnen. Nachdem wir Eppinghoven, Holtbrügge, Pastor Schneider, Stadtpark und Iggy Pop (den Dinslakener, nicht den echten) abgehechelt hatten, fragte Pottblog-Jens schon leicht fassungslos, ob es sich bei “Dinslaken” um einen ähnlichen Geheimbund handele wie bei Scientology. Nein, tut es nicht.

Apropos Dinslaken: Heute Abend spielen die Kilians ein “exklusives Radiokonzert” im Bochumer Riff (sogar beinahe richtig angekündigt, am 13. September im Dinslakener Jägerhof. Das Album (aktueller Amazon.de-Verkaufsrang: 89) erscheint am Freitag.

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Leben Unterwegs

Late Night Shopping Revisited

Wenn es irgendwo auf der Welt eine Teststrecke für Stadtmarketingmaßnahmen geben sollte, so liegt sie mit Sicherheit im Ruhrgebiet. Fast jedes Wochenende, so scheint es, wird eine neue Sau durch die Region getrieben, und das Ruhrgebiet dürfte mittlerweile mehr Events als Einwohner haben.

Bochums neueste Errungenschaft ist der “Bochumer Musiksommer”, der am vergangenen Wochenende zum ersten Mal stattfand. Auf zahlreichen Bühnen in der Innenstadt gab es kostenlose Musik vom Polizeichor bis zu Heinz-Rudolf Kunze, von der Elektrolounge an der U-Bahn-Station bis zum Kinderliedersingen. Am Donnerstag spielten Tele ein anderthalbstündiges Gratiskonzert und anders als beim Bochum Total hatte man das Gefühl, dass das Publikum nüchtern und wegen der Band da war. Es ging exakt eine Bierflasche zu Bruch.

Samstag Abend war dann “Moonlight Shopping”, was im Wesentlichen bedeutet, dass sich Gewerkschafter darüber beschwert haben dürften, dass die Geschäfte einmal bis 23 Uhr geöffnet waren. Natürlich auch längst nicht alle Geschäfte – überraschenderweise waren unter denen, die nicht mitmachten, aber viele große Ketten.

Halb zehn Abends ist normalerweise nicht die Zeit, zu der man zum Einkaufen in die Stadt fährt, aber vorgestern war es dann endlich mal so weit. Wir stiegen am Hauptbahnhof aus der U-Bahn und fanden unsere Idee, eine solche Veranstaltung zu besuchen, wunderbar ironisch. Dann stießen wir auf einen Strom von Menschen, die tatsächlich ihren Einkaufsbummel auf den späten Samstagabend verlegt hatten, und ich beschloss, mir den Schriftzug “Irony Is Over” an einem prominenten Platz über meinen Schreibtisch zu hängen.

Aus der Ferne hörte man Underworlds “Born Slippy”, das bald darauf in eine Technoversion des einzigen mir bekannten Liedes mündete, das in Pizzerien, Aussegnungshallen und Boxkampfarenen zum Einsatz kam: “Time To Say Goodbye”. Es dauerte einige Minuten, bis das Lied sein ungewohntes Four-To-The-Floor-Gewand verlassen und sich im Instrument eines einsamen Geigers wieder gesammelt hatte.

Wir gingen weiter in Richtung der Technobeats und – Holla! – die wichtigste Kreuzung der Fußgängerzone war voll mit Menschen, die den Klängen eines DJs lauschten. Nur eine Woche, nachdem die Love Parade im Ruhrgebiet aufgeschlagen war, standen hier junge Menschen, ältere Menschen, Teenager und Anzugträger zwischen Würstchenstand und Bierwagen und es war ganz egal, dass sich einige von ihnen gerade zum ersten Mal in ihrem Leben zu elektronischer Musik bewegten.

Wir gingen in den City Point, die Bochumer Inkarnation jener Einkaufszentren, unter deren Glas-und-Stahl-Dächern die wichtigsten Bekleidungsfachgeschäfte für die jüngere Zielgruppe untergebracht sind. Beim Betreten überlagerten sich kurz der Techno von draußen und “Life Is Life” aus dem zweiten Stock. Jedes Mal, wenn wir ein Geschäft verließen und das nächste betraten, hörten wir kurz die Partymusik von oben, die sich sehr schnell zu “YMCA” steigerte und irgendwann “Movie Star” erreichte. Wir guckten eine Menge Klamotten, ich stellte zu meinem Entsetzen fest, dass die Trends der Saison offenbar V-Ausschnitt und Testbildfarbene T-Shirts heißen und dass es in ganz Bochum, vermutlich gar auf der ganzen Welt, kein mir passendes schwarzes Cordsakko gibt. Ich würde also einen Schneider aufsuchen müssen, um endlich zufrieden zu sein.

Unser Bummel endete, auch um das Gefühl von Großstadt und Event noch ein wenig auszukosten, natürlich bei Starbucks, wobei ich sagen muss, dass eine Hot Chocolate um elf Uhr abends nicht so superfluffig im Magen liegt. Oder ich Getränke zum Gehen einfach nicht vertrage.

An der U-Bahn-Haltestelle rauchten drei dicke Mädchen Zigaretten. Ich wollte sie nicht fragem, ob sie das denn überhaupt noch dürfen.

“Late Night Shopping Revisited” ist die Fortsetzung von “Late Night Shopping” mit anderen Mitteln.