Der verbrecherische Tech-Konzern Spotify nimmt uns die Möglichkeit, eine kleine Musiksendung für Euch zu machen, wieder weg.
Wir wollen die letzte Ausgabe von Coffee And TV in dieser Form nutzen, um auf das Bochum Total 2024 zurückzublicken, Euch ein paar neu entdeckte Acts vorzustellen — und natürlich, um mit einem Knall zu gehen.
Hier klicken, um den Inhalt von Spotify anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von Spotify.
Lukas ist vom Eurovision Song Contest zurück und von der anschließenden Virus-Infektion genesen! Nach einer kleinen ESC-Rückschau geht es weiter mit neuer Musik von Blur, Songs von den Alben von Amilli, boygenius und Madison McFerrin und grandiosem 90’s-Retro von Bully.
Hier klicken, um den Inhalt von Spotify anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von Spotify.
Von mehreren Seiten wurde der Wunsch an mich herangetragen, ich möge mich in diesem Publikationsorgan doch bitte zum Ausstieg Noel Gallaghers bei Oasis äußern. Normalerweise wäre das ein guter Grund, gar nicht erst über einen Text nachzudenken, sondern den Bittstellern den Vogel und den Weg zur Tür zu zeigen. Aber Oasis sind ja nicht irgendeine Band und die Diskussionen der letzten Tage legen den Verdacht nahe, dass das Thema uns Popkulturgeschädigte mindestens so sehr beschäftigt wie der Tod von Michael Jackson.
Also, zunächst einmal: Ich glaube nicht, dass der Ausstieg von Dauer sein wird. Noel Gallagher ist zwar das letzte Bandmitglied, das vom Durchbruch bis vor kurzem dabei war (wir erinnern uns: auch Liam war ja zwischenzeitlich irgendwie mal ausgestiegen), insofern wiegt das vielleicht etwas schwerer, aber bei Licht besehen sind Oasis doch wie diese Pärchen im Freundeskreis, die sich immer wieder trennen und immer wieder zusammenfinden — beides zum Leidwesen aller Unbeteiligten. Ein Nachruf wird das hier also nicht werden.
Schon gar nicht auf eine Band, die selbst wunderbar in Worte packte, woran sich nie jemand gehalten hat:
Please don’t put your life in the hands
Of a rock ‘n’ roll band
Who’ll throw it all away
Alle Diskutanten haben einhellig die Meinung vertreten, dass der letzte richtig gute Oasis-Song schon länger her sei — nur über den genauen Zeitpunkt und Titel ist man sich uneins. Ich würde vor sieben Jahren ansetzen, auf “Heathen Chemistry” mit den letzten Über-Balladen “Stop Crying Your Heart Out” und “Little By Little” und dem Kleinod “She Is Love”. “Falling Down” auf dem letztjährigen “Dig Out Your Soul” war auch nicht schlecht, aber das darf man alles nicht mit den alten Sachen vergleichen.
Ich habe in den letzten Tagen einen Vergleich bemüht, von dem ich vergessen hatte, dass ich ihn schon beim großen Jahresrückblick verwendet hatte: Nämlich den, dass es mit Oasis sei wie mit einem alten Schulfreund — “das Wiedersehen ist herzlich, man denkt an alte Zeiten, trinkt zwei Bier und geht wieder getrennter Wege”.
Oasis waren ja ungefähr zwei Sommer lang so groß, wie die Ultras sie heute noch sehen. Auf dem Höhepunkt abzutreten haben nicht mal Nirvana geschafft. Danach kommt eben die Verwaltung der eigenen Errungenschaften und dafür kann man dann ruhig den Rolling-Stones-Weg einschlagen. Und denen ging es ja in den Achtzigern auch nicht besonders.
Ich kam (wie ungefähr jeder andere) über “Wonderwall” zu Oasis. Auf “Bravo Hits 12” und das ist ja Grund genug, den Song heute zu hassen. “Soloalbum” von Benjamin von Stuckrad-Barre – und Sie dachten, wir sprechen bei Oasis von einem Absturz in die Bedeutugnslosigkeit – hämmerte mir die Band ins Bewusstsein, danach wurden alle bisher erschienenen CDs gekauft und bei jeder Neuerscheinung das Geld brav in den Laden getragen.
Die Pflichtschuldigkeit, immer noch jedes neue Album kaufen und irgendwie mögen zu müssen, habe ich bei Oasis gelernt. Eine objektive Beurteilung von Künstlern, von denen ich mehr als drei Platten habe, ist mir bis heute unmöglich. (Einzige Ausnahme: “Intensive Care” von Robbie Williams. So eine Scheißplatte muss man wirklich erst mal machen.)
Im Gegensatz zu anderen Britpop-Fans glaube ich auch heute noch an den Glaubenskrieg Oasis vs. Blur. Ich war immer Oasis-Fan, von Blur habe ich nur das Best Of. Coffee And TV heißt natürlich trotzdem nach einem Blur-Song, auch wenn die Band wenig ausschlaggebend war für die Wahl. Und es ist natürlich die ganz besondere Ironie der Popkultur, dass ausgerechnet im Jahr 2009 – rund 15 Jahre nach den Golden Years of Brit-Pop – Blur plötzlich ein gefeiertes Comeback hinlegen und bei Oasis das Mastermind aussteigt. Besser tanzen konnte man freilich immer schon zu Blur.
Oasis werden wiederkommen, daran habe ich keinen Zweifel. Die Band hat in ihrer Karriere vermutlich mehr Konzerte abgesagt, als die Babyshambles je gespielt haben. Sich klammheimlich aus einem Festival-Line-Up zu stehlen, ist mies, denn das Geld kriegt man nicht wieder — auch nicht, wenn stattdessen Deep Purple spielen.
Und wenn Noel Gallagher nicht in ein, zwei Jahren wieder auf der Bühne steht, als sei nichts geschehen, dann gilt immer noch, was ein guter Freund und Ex-Oasis-Fan meinte: “Eine Band ist doch nicht weg, wenn sie sich auflöst. Die Platten wird es immer geben.”
In diesem Sinne: “You and I, we’re gonna live forever!”
Heute vor zehn Jahren saß ich in einem Zug nach Berlin, hörte “You Get What You Give” von den New Radicals und damit begann dann meine Musikbegeisterung (nachzulesen hier). ((Mir fiel gerade erst auf, dass ich den Song vermutlich nur deshalb im Bordradio gehört habe, weil ich den ursprünglichen ICE verpasst hatte. Nach all diesen Jahren stelle ich fest, dass ausgerechnet eine Regionalbahn-Verspätung mein Leben verändert hat!))
In der Folgezeit fing ich an, Gitarre zu lernen, in Bands zu spielen, Festivals zu besuchen, über Musik zu schreiben und irgendwann sogar Radiosendungen darüber zu moderieren. Am Jahr 1999 führt auch heute noch kein Weg dran vorbei: Ein großer Teil meiner Lieblingsalben und -songs erschien in eben diesem Jahr.
Mit ein wenig kulturwissenschaftlichem Übermut könnte man vielleicht sogar das Fin de siècle bemühen um zu erklären, warum ausgerechnet kurz vor dem Jahrhundertende plötzlich reihenweise große Kunst entstand. Denn selbst wenn man zugute hält, dass 15, 16 immer ein besonders prägendes Alter ist und Menschen, die heute in diesem Alter sind, vermutlich in zehn Jahren das Gleiche über 2009 sagen werden: Vor zehn Jahren war eine ganze Reihe von Bands und Künstlern auf dem Höhepunkt ihres Schaffens.
Da waren längst nicht nur die New Radicals mit ihrem einzigen Album: Ben Folds Five verausgabten sich mit ihrem Meisterwerk “The Unauthorized Biography Of Reinhold Messner” derart, dass sie sich ein Jahr später auflösten; Travis haben viele gute Alben aufgenommen, aber so dicht wie “The Man Who” klang keines mehr; Moby errichtete sich mit “Play” sein eigenes Denkmal, von dessen Lizensierungen für Spielfilme und Werbespots er sich einen kleinen Staat kaufen könnte. Und selbst, wenn ich einige der ’99er Alben erst Jahre entdeckte: Das war schon ein ganz besonderer Jahrgang.
Und damit Sie wissen, wovon zum Henker ich eigentlich rede, hier eine unsortierte Liste von Alben aus besagtem Jahr:
Travis – The Man Who
Anspieltipp: Driftwood Ben Folds Five – The Unauthorized Biography Of Reinhold Messner
Anspieltipp: Your Redneck Past New Radicals – Maybe You’ve Been Brainwashed Too ((Dass das Album bereits im Oktober 1998 auf den Markt kam, ist ein Detail, durch das ich mir nicht meine Geschichte kaputt machen lasse.))
Anspieltipp: Flowers Foo Fighters – There Is Nothing Left To Lose
Anspieltipp: Next Year Jimmy Eat World – Clarity
Anspieltipp: Blister Stereophonics – Performance And Cocktails
Anspieltipp: Just Looking Moby – Play
Anspieltipp: Porcelain Red Hot Chili Peppers – Californication
Anspieltipp: Scar Tissue Tocotronic – K.O.O.K.
Anspieltipp: Jackpot The Get Up Kids – Something To Write Home About
Anspieltipp: I’ll Catch You Sigur Rós – Ágætis Byrjun
Anspieltipp: Svefn-G-Englar Wilco – Summerteeth
Anspieltipp: Nothing’severgonnastandinmyway(again) 3 Colours Red – Revolt
Anspieltipp: Beautiful Day Blink-182 – Enema Of The State
Anspieltipp: What’s My Age Again? Blur – 13
Anspieltipp: Coffee And TV
Natürlich erschienen danach noch viele großartige Alben (ein Jahr später beispielsweise “Kid A” von Radiohead und das Coldplay-Debüt “Parachutes”), aber ein Jahr wie 1999 habe ich seitdem nicht mehr erlebt.
Aber ich finde, man kann einen Artikel über den heute beginnenden Lieferstreik der Milchbauern durchaus so betiteln, wie es die “Frankfurter Rundschau” getan hat:
Diese Website verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Services erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. VerstandenMehr erfahren
Privacy & Cookies Policy
Privacy Overview
This website uses cookies to improve your experience while you navigate through the website. Out of these, the cookies that are categorized as necessary are stored on your browser as they are essential for the working of basic functionalities of the website. We also use third-party cookies that help us analyze and understand how you use this website. These cookies will be stored in your browser only with your consent. You also have the option to opt-out of these cookies. But opting out of some of these cookies may affect your browsing experience.
Necessary cookies are absolutely essential for the website to function properly. This category only includes cookies that ensures basic functionalities and security features of the website. These cookies do not store any personal information.
Any cookies that may not be particularly necessary for the website to function and is used specifically to collect user personal data via analytics, ads, other embedded contents are termed as non-necessary cookies. It is mandatory to procure user consent prior to running these cookies on your website.