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Improve Your Importance!

Das Peo­p­le-Maga­zin „Vani­ty Fair“ (also des­sen tra­gi­scher deut­scher Able­ger) unter­nimmt zur Zeit mal wie­der einen Ver­such, Rele­vanz zu gene­rie­ren. Dies­mal nicht mit der belieb­ten Serie „Fried­man und die Nazis“, son­dern mit einer gro­ßen Abstim­mung:

Die 100 wichtigsten Deutschen: Stimmen Sie ab!  Sie geben unserem Land Profil, ziehen an den Strippen, sorgen für Kultur, Fortschritt und kontroverse Debatten: 100 Persönlichkeiten, die unsere Gegenwart prägen. Wählen Sie mit uns die wichtigsten Deutschen des Jahres! Unterschätzt oder überschätzt? Starten Sie die Top 100 und klicken Sie auf den entsprechenden Button. Jede Stimme zählt. Ihr Favorit ist nicht dabei? In unserem Forum können Sie ihn gerne nachnommieren. Klicken Sie hier, um sich für das Forum anzumelden.

Man wun­dert sich ein biss­chen, wer es so alles in die (aktu­el­le) Lis­te geschafft hat – über man­che Per­so­nen ärgert man sich, bei ande­ren hält man es für ver­dient und muss zuge­ben, dass man sie selbst ver­ges­sen hät­te.

Beson­ders ange­tan hat es den Machern und Nach­rei­chern der Lis­te offen­bar die Füh­rungs­eta­ge von „Spie­gel Online“ bzw. „Spiel­gel Online“:

65: Wolfgang Büchner - Geschäftsführer Spielgel Online

66: Rüdiger Ditz - Geschäftsführer Spiegel Online

91: Rüdiger Dietz

(Der Mann, der sich zwei Mal mit unter­schied­li­cher Schreib­wei­se, aber glei­chem Foto in der Lis­te fin­det, heißt kor­rekt übri­gens Rüdi­ger Ditz.)

Vor­ne wer­den die Plät­ze natür­lich vor allem von mobi­li­sier­ten Fan­clubs ver­ge­ben (es gibt kei­ne IP-Sper­re, jeder kann so oft abstim­men, wie er mag): Hape Ker­ke­ling, Tokio Hotel, Ange­la Mer­kel, Bushi­do, Bene­dikt XVI., Hel­mut Schmidt, Sido, …

Da stefan-niggemeier-fans.de.vu ver­mut­lich noch eini­ge Zeit auf sich war­ten las­sen wird, dach­te ich mir, ich könn­te ja ersatz­wei­se mal hier im Blog Stim­mung für mei­nen Chef machen – gera­de, wo sich die Ver­ant­wort­li­chen von vanityfair.de die Mühe gemacht haben, mal ein ande­res Foto von ihm zu fin­den.

Also: Kli­cket zuhauf!

PS: Sie tun vanityfair.de damit auch noch was Gutes, denn jeder Klick gilt als page impres­si­on und treibt damit deren Anzei­gen­prei­se in die Höhe.

Nach­trag, 30. August, 02:04 Uhr: Zum The­ma Ditz/​Dietz schick­te David M. die­sen schö­nen Screen­shot:

Außer­dem:

1: Stefan Niggemeier, Medienjournalist und Blogger

Nach­trag, 2. Sep­tem­ber: vanityfair.de hat auf die denk­bar unsou­ve­räns­te Wei­se reagiert und den Coun­ter für Ste­fan Nig­ge­mei­er (und offen­sicht­lich nur für ihn) ein­fach zurück­ge­setzt.

Unab­hän­gig davon bin ich der Mei­nung, dass die­se pein­li­che Abstim­mung inzwi­schen genug Auf­merk­sam­keit abbe­kom­men hat, und möch­te Sie des­halb bit­ten, mit vanityfair.de das zu tun, was man mit vanityfair.de am Bes­ten tut, und den Quatsch für­da­hin ein­fach zu igno­rie­ren.

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Musik Digital

Die Messe Berlin und das allgemein zugängliche Internet

Frü­her war alles bes­ser: die Pop­komm war ein rau­schen­des Fest einer flo­rie­ren­den Bran­che, das all­jähr­lich in Köln statt­fand – und ihr wich­tigs­ter Ort war der Mexi­ka­ner am Prime Club. Heu­te liegt die Musik­in­dus­trie röchelnd am Boden, die wich­ti­gen Musik­mes­sen hei­ßen c/​o Pop und Pop Up, die Pop­komm ist (wie jeder ande­re Krea­ti­ve) nach Ber­lin gezo­gen und der Mexi­ka­ner am Prime Club ist schon lan­ge zu. ((Gerüch­ten zufol­ge ste­hen Pop­komm-Umzug und Nie­der­gang des Mexi­ka­ners in direk­tem Zusam­men­hang – nach Schät­zun­gen ins Blaue wur­de dort am Pop­komm-Wochen­en­de der hal­be Jah­res­um­satz erwirt­schaf­tet.))

Es gibt kei­nen wirk­li­chen Grund, noch zur Pop­komm fah­ren zu wol­len – außer, um dort Kon­tak­te zu knüp­fen, sie zu pfle­gen, die Mischung aus Zweck­op­ti­mis­mus, Welt­frem­de und Ver­zweif­lung in sich auf­zu­sau­gen und viel­leicht das eine oder ande­re Kon­zert mit­zu­neh­men. Aller­dings ist Ber­lin vom Ruhr­ge­biet deut­lich wei­ter ent­fernt als Köln, so dass sich Tages­trips eher nicht anbie­ten.

Ich woll­te mich also als Pres­se­ver­tre­ter für die Pop­komm akkre­di­tie­ren las­sen und ging auf die ent­spre­chen­de Web­site. Dass es nicht ganz so ein­fach wer­den wür­de wie in Köln, wo man ein­fach mit dem aus­ge­druck­ten Impres­sum eines Musik-E-Zines rein­kam, in dem der eige­ne Name stand, hat­te ich mir wohl gedacht – dass es schlicht unmög­lich wer­den wür­de, nicht. Ich füll­te brav und wahr­heits­ge­mäß ein For­mu­lar aus, foto­gra­fier­te mei­nen Jugend­pres­se­aus­weis (den ich in fünf Jah­ren damit zum drit­ten Mal her­vor­ho­len muss­te) und schick­te alles ab.

Am nächs­ten Tag erhielt ich eine E‑Mail von der Mes­se Ber­lin, wonach mei­ne Unter­la­gen unvoll­stän­dig sei­en. Man gab mir den freund­li­chen Hin­weis, dass ich als „Ver­tre­ter von Jugend­pres­se­or­ga­ni­sa­tio­nen“ „gegen Vor­la­ge aktu­el­ler Bele­ge“ „ein­ma­lig eine Tages­kar­te an den Akkre­di­tie­rungs­coun­tern des Mes­se­ge­län­des“ erhal­ten wür­de. Da ein Tag Mes­se die Anrei­se nicht lohnt, schrieb ich zurück, dass ich ger­ne län­ger hin­wol­le und schließ­lich ein Blog zu den The­men­kom­ple­xen Pop­kul­tur und Medi­en betrie­be.

Die Ant­wort lau­te­te:

Guten Tag,
Blog­ger und deren Betrei­ber wer­den, wie ande­re Ver­tre­ter von all­ge­mein zugäng­li­chen Online-Publi­ka­tio­nen aus­schließ­lich gegen Vor­la­ge eines gül­ti­gen Pres­se­aus­wei­ses (für haupt­be­ruf­lich täti­ge Jour­na­lis­ten) akkre­di­tiert.

Das deckt sich mit den Akkre­di­tie­rungs­richt­li­ni­en, die bei der Mes­se Ber­lin offen­bar für jede Ver­an­stal­tung gel­ten:

Mit­glie­der von Inter­net-Redak­tio­nen wer­den auf­grund der all­ge­mei­nen Zugäng­lich­keit des Inter­nets und der damit ver­bun­de­nen man­geln­den Über­prüf­bar­keit der eige­nen jour­na­lis­ti­schen Leis­tung nur gegen Vor­la­ge eines aner­kann­ten Pres­se­aus­wei­ses akkre­di­tiert. Aus­nah­me: Inter­net-Redak­tio­nen, die zu Voll­re­dak­tio­nen oder Ver­la­gen gehö­ren, z.B. Focus Online usw.

Da beißt sich die Kat­ze in den Schwanz: Als Blog­ger hat man bei den vie­len Ver­bän­den immer noch kei­ne Chan­ce, an einen Pres­se­aus­weis zu kom­men. Man braucht ihn aber auch (außer viel­leicht für pein­li­che Pres­se­ra­bat­te) eher sel­ten. Eine klei­ne Umfra­ge ergab: Von den Print‑, Radio- und TV-Jour­na­lis­ten in mei­nem Bekann­ten­kreis ist nie­mand im Besitz eines Pres­se­aus­wei­ses. Ein frü­he­rer Kol­le­ge (heu­te bei einem Pri­vat­sen­der aktiv) schrieb mir gar, er habe „nie!!!! wirk­lich nie!!!!“ mit einem Pres­se­aus­weis gear­bei­tet.

Nur um sicher­zu­ge­hen, dass ich das alles rich­tig ver­stan­den hat­te, frag­te ich bei der Mes­se Ber­lin noch ein­mal nach:

Gera­de im Bereich Musik­jour­na­lis­mus dürf­ten die wenigs­ten Kol­le­gen über einen Pres­se­aus­weis ver­fü­gen, vie­le betreu­en ihre Online­ma­ga­zi­ne und Blogs nicht haupt­be­ruf­lich, aber mit hoher Kom­pe­tenz und eben sol­chem Auf­wand. Sehe ich das rich­tig, dass sie alle kei­nen Anspruch auf eine Akkre­di­tie­rung bei einer Ver­an­stal­tung in der Mes­se Ber­lin haben?

Die Ant­wort über­rasch­te mich nicht mehr wirk­lich:

Guten Tag,
Sie sehen das völ­lig rich­tig. Ohne Nach­weis der haupt­be­ruf­li­chen jour­na­lis­ti­schen Tätig­keit gibt es kei­ne Akkre­di­tie­rung.
Ein Recht auf Akkre­di­tie­rung besteht nicht, es gilt das Haus­recht der Ver­an­stal­tungs­stät­te.

Und bit­te nicht vom Becken­rand sprin­gen, ja?

Aber noch ein­mal ganz lang­sam: die Mes­se Ber­lin, die unter ande­rem die Pop­komm, die Inter­na­tio­na­le Funk­aus­stel­lung und die Jugend­mes­se „You“ aus­rich­tet ((Alles Mes­sen, zu deren Inhal­ten Gerüch­ten zufol­ge auch die­ses ver­rück­te neue Medi­um „Inter­net“ und des­sen Mög­lich­kei­ten gehö­ren sol­len. Im ver­gan­ge­nen Jahr fand sogar die „Web 2.0 Expo“ in der Mes­se Ber­lin statt.)), akkre­di­tiert aus­schließ­lich „haupt­be­ruf­lich täti­ge Jour­na­lis­ten“.

In den Richt­li­ni­en für die „You“ steht sogar klipp und klar:

Nut­zer von Blogs (Blog­ger) unter­lie­gen den genann­ten Richt­li­ni­en von Inter­net-Redak­tio­nen. Ohne gül­ti­gen Pres­se­aus­weis gel­ten Blog­ger als Pri­vat­per­son und wer­den nicht akkre­di­tiert.

Ob ich zur Pop­komm fah­re oder nicht (natür­lich nicht) war mir inzwi­schen egal. Ich woll­te auch gar nicht mehr wis­sen, ob eine Pres­se­ak­kre­di­tie­rung kos­ten­los ist oder nicht. ((Die Drei-Tages-Pres­se­päs­se in Köln, die man gegen Vor­la­ge eines „Redak­ti­ons­nach­wei­ses“ erhielt, kos­te­ten etwa 100 DM, wie sich ein Kol­le­ge erin­nert.))

Dafür woll­te ich von der Mes­se Ber­lin wis­sen, wie das zusam­men­passt: das Aus­rich­ten von Medi­en­mes­sen auf der einen und das Aus­gren­zen von Blog­gern, E‑Zinern und Bür­ger­jour­na­lis­ten auf der ande­ren Sei­te. Und ob die „all­ge­mei­nen Zugäng­lich­keit des Inter­nets“ es wirk­lich der­art unmög­lich macht, eine Aus­wahl zu tref­fen, wen man rein­lässt und wen nicht.

Das ist jetzt eine Woche her und es ist wohl nur kon­se­quent zu nen­nen, dass ich noch kei­ne Ant­wort bekom­men habe.

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Digital

Father And Son (ca. 2020)

- „Papa, Papa!“
– „Ja, mein Sohn?“
– „Ich hab gera­de in der Ency­clo­pe­dia Blo­gia gescrollt …“
– „Oh.“
– „Was ist die­ses ‚Spie­gel Online‘, von dem 2008 so vie­le Leu­te geschrie­ben haben?“
– „Das war damals ein gro­ßes Online-Maga­zin. Erst gab es über vie­le Jahr­zehn­te ein ange­se­he­nes Print­ma­ga­zin …“
– „Tote Bäu­me?“
– „Genau. Das hat­te lan­ge einen guten Ruf. Dann hat­te es irgend­wann einen unfass­bar schlech­ten Ruf – aber nicht beim ein­fa­chen Volk. Das hat sowohl die Print- als auch die Online-Ver­si­on geliebt. ‚Spie­gel Online‘ war das meist­ge­le­se­ne Online-Medi­um zu die­ser Zeit.“
– „So wie ‚Cof­fee And TV‘ heu­te?“
– (lacht) „Ja, so unge­fähr. Die Leu­te haben alles geglaubt, was bei ‚Spie­gel Online‘ stand. Nur die Medi­en­kri­ti­ker …“
– „Leu­te wie Du, Onkel Nig­gi und Onkel Knü­wi?“
– „Sol­che Leu­te, genau. Wir haben ‚Spie­gel Online‘ kri­ti­siert für schlech­te Recher­che, ein­sei­ti­ge Bericht­erstat­tung und deren Klick…“
– „Die haben noch Klick­hu­re­rei gemacht?!“
– „Wo hast Du denn das Wort schon wie­der gelernt?“
– (lacht)
– (grum­melt) „Jeden­falls: ja, haben sie.“
– „Oh Mann, wie pein­lich!“
– „Du musst wis­sen: damals gal­ten page impres­si­ons noch als hei­li­ger Gral im Inter­net.“
– (lacht)
– „Na ja, das waren jeden­falls ‚Spie­gel‘ und ‚Spie­gel Online‘. 2008 müss­te das Jahr gewe­sen sein, in dem sie gefragt haben, ob das Inter­net doof macht, und über Twit­te­rer und Blog­ger geläs­tert haben.“
– „Aber war­um das denn?“
– „Zum einen, weil sie Angst davor hat­ten – zu Recht, wie wir heu­te wis­sen – zum ande­ren, weil sie sicher­ge­hen konn­ten, dass fast alle Blog­ger und Twit­te­rer dar­über schrei­ben wür­den. Und wenn alle über den ‚Spie­gel‘ schrei­ben, sieht es noch ein biss­chen län­ger so aus, als sei der ‚Spie­gel‘ rele­vant.“
– „Hmmmm. Aber eins ver­steh ich nicht …“
– „Ja?“
– „War­um haben denn immer alle Blog­ger und Twit­te­rer dar­über geschrie­ben? Konn­te denen das nicht egal sein?“
– „Ja sicher, eigent­lich schon.“
– „Oma hat mir mal erzählt, wie sie vor vie­len Jah­ren mit ande­ren Leu­ten ein Atu … Autom …“
– „Atom­kraft­werk?“
– „Ich glau­be ja. Wie sie sowas ver­hin­dert haben. Denen war immer egal, was die ande­ren gedacht, gesagt und in der Zei­tung geschrie­ben haben.“
– „Tja. Die waren damals viel an der fri­schen Luft um zu demons­trie­ren, Sau­er­stoff beru­higt. Wir saßen schlecht gelaunt in unse­ren Büros und haben uns dann halt auf­ge­regt. Ab 2009 hat aber kei­ner – oder kaum noch einer – auf den ‚Spie­gel‘ reagiert, so dass sie 2010 auf­ge­ben muss­ten.“
– „2010? Noch vor Zoo­mer?!“
– „Ja, das ging damals ganz schnell.“
– „Und was ist aus den gan­zen Leu­ten gewor­den, die da gear­bei­tet haben?“
– „Das war das lus­tigs­te: Als ‚Spie­gel Online‘ zuge­macht hat, kam raus, dass da nur drei ver­wirr­te alte Män­ner gear­bei­tet haben: ein Taxi­fah­rer, ein Dro­gen­ab­hän­gi­ger und ein Mann, dem ein wahn­sin­ni­ger Wis­sen­schaft­ler ein Bröt­chen anstel­le sei­nes Gehirns ein­ge­pflanzt hat­te. Alles ande­re kam aus Com­pu­tern.“
– „Gru­se­lig.“
– „Ja. Aber nur halb so gru­se­lig wie deren Tex­te.“
– „Papa?“
– „Ja?“
– „Kön­nen wir noch ein biss­chen Holo­gram­me gucken?“
– „Was wills­te denn sehen?“
– „Den Film mit dem Zei­tungs­mann, der stirbt. Mit dem Schlit­ten. Das ist sooooo lus­tig!“

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Digital Musik

Warum Fran Healy so gut schläft

Ich bin seit Jah­ren gro­ßer Fan von Tra­vis. Nicht nur, dass die Musik (bei­na­he) immer toll ist, Fran Hea­ly sagt auch von Zeit zu Zeit sehr klu­ge Sachen, von denen man sich wünscht, es wür­den die betref­fen­den Leu­te zuhö­ren.

Zum Bei­spiel aktu­ell zu einem Fall, den man bei torrentfreak.com nach­le­sen kann: Tra­vis hat­ten zur Ver­brei­tung des neu­en Songs „J. Smith“ per MP3 auf­ge­ru­fen – wie man das eben heut­zu­ta­ge so macht. Plötz­lich mel­de­te sich die IFPI, die Inter­na­tio­nal Fede­ra­ti­on of the Pho­no­gra­phic Indus­try, bei Kevin, der den Song in sei­nem Blog So Much Silence gehos­tet hat­te, und for­der­ten ihn zur Löschung auf. (Das heißt: genau genom­men for­der­ten sie ihn auf, einen Song von Her­cu­les And Love Affair zu löschen, weil sie sich da wohl irgend­wie mit der Zuord­nung ver­tan hat­ten.) Kevin schrieb Fran Hea­ly an, der prompt reagier­te und klar stell­te, dass der Song wei­ter ver­brei­tet wer­den soll. Die IFPI, die ja angeb­lich im Namen der Künst­ler gegen das Unrecht in der Welt kämpft, muss­te zuge­ben, von einer sol­chen Geneh­mi­gung nichts mit­be­kom­men zu haben.

Und auf Anfra­ge von torrentfreak.com leg­te Fran dann rich­tig los:

With a view to music, the inter­net is like radio. The only major dif­fe­rence is that, at the moment, I don’t get a PRS pay­ment ever­y­ti­me my song is lis­ten­ed to.

The pro­blem is, the busi­ness is try­ing to fit old rules on a new model. Like try­ing to fit the squa­re peg in the round hole. I think someone has to sit down and re-wri­te the rules for the new model.

[…]

As far as ille­gal file­sha­ring goes. The­re are peo­p­le who will buy albums and peo­p­le who will record them off fri­ends. If you took away the Inter­net this would still hap­pen so I don’t lose any sleep. Good­night.

Jetzt müss­te er das nur noch irgend­wie sei­nen Plat­ten­bos­sen ver­kli­ckern.

Ach, und run­ter­la­den kön­nen Sie „J. Smith“ jetzt hier – ganz legal und mit Ein­wil­li­gung des Künst­lers. (Das Album „Ode To J. Smith“ kön­nen Sie sich bei Gefal­len dann ab dem 26. Sep­tem­ber kau­fen.)

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Print Digital

Selbstbezogen und unprofessionell

Der „Spie­gel“ hat sich eine self-ful­fil­ling pro­phe­cy gebas­telt. „Die Beta-Blog­ger“ steht drü­ber – ein Wort­spiel, das im für schlech­te Wort­spie­le bekann­ten Blog coffeeandtv.de noch vor der End­kon­trol­le den Gna­den­schuss bekom­men hät­te – und sie füllt in der mor­gen erschei­nen­den Aus­ga­be drei Sei­ten.

Egal, was man über Blog­ger schreibt, hin­ter­her wird man von ihnen doch nur ver­dro­schen, weil man nix ver­stan­den oder mit den fal­schen Leu­ten gespro­chen hat.

steht da ziem­lich zu Beginn und damit ist eigent­lich alles gesagt.

Genau­so gut könn­te da auch ste­hen „das Gan­ze nach dem Wür­zen eine hal­be Stun­de zie­hen las­sen“, oder „Schö­nes Wet­ter drau­ßen, was?“, aber das wür­de ver­mut­lich nicht dazu füh­ren, dass die­se schreck­lich selbst­re­fe­ren­ti­el­len Blog­ger hin­ter­her schrei­ben, der „Spie­gel“ hät­te nichts ver­stan­den.

Gleich drei Autoren haben an dem „Stück“ („Spiegel“-Sprech) mit­ge­strickt, was der Kohä­renz etwas scha­det, dem Text aber ansons­ten nicht hilft. Wer sich für Blogs inter­es­siert, erfährt nichts Neu­es, und wer vor­her noch nie von Blogs gehört hat­te, wird nach­her („Ist ein biss­chen so, als wür­de man sich einer Sek­te nähern, die in inter­nen Gra­ben­kämp­fen ver­sun­ken ist.“) nichts mehr davon hören wol­len.

Der Arti­kel krankt schon an der Grund­an­nah­me, die Jour­na­lis­ten jedes Mal täti­gen, wenn sie einem soge­nann­ten Mas­sen­phä­no­men gegen­über­ste­hen, das sie nicht ver­ste­hen: sie ver­all­ge­mei­nern, sche­ren alle über einen Kamm und wol­len Zusam­men­hän­ge sehen, wo kei­ne sind. Nor­ma­ler­wei­se lau­tet das Wort, das sol­che Tex­te durch­zieht „Gene­ra­ti­on irgend­was“, dies­mal heißt es „Blogo­sphä­re“.

Dabei ist die Blogo­sphä­re weder eine Gemein­schaft von Gleich­ge­sinn­ten, noch ist sie völ­lig zer­strit­ten – sie ist eine völ­lig alber­ne Modell­vor­stel­lung, deren Sinn­lo­sig­keit einem klar wird, wenn man das Wort ein­fach mal durch „Gesell­schaft“ ersetzt. In Wahr­heit heißt Blogo­sphä­re näm­lich: die schie­re Sum­me aller Men­schen, die blog­gen.

Es gibt blog­gen­de Jour­na­lis­ten, blog­gen­de Haus­frau­en, blog­gen­de Schü­ler, blog­gen­de Bestat­ter und blog­gen­de Hartz-IV-Emp­fän­ger – man könn­te von einer blog­gen­den Gesell­schaft spre­chen. Und all die­se Men­schen haben so viel oder wenig gemein­sam, wie Jour­na­lis­ten, Haus­frau­en, Schü­ler, Bestat­ter und Hartz-IV-Emp­fän­ger im All­tag gemein­sam haben. Blogs sind ein Medi­um, ein Mit­tel zum Zweck. Man wird unter Blog­gern auf ähn­li­che vie­le net­te Men­schen, auf ähn­lich vie­le Arsch­lö­cher tref­fen, wie in der Welt da drau­ßen – viel­leicht gibt es unter Blog­gern über­durch­schnitt­lich vie­le Men­schen mit einem gewis­sen Mit­tei­lungs­be­dürf­nis, aber das ist dann auch schon alles.

Natür­lich gibt es Blog­ger, die akti­ver sind und sich bei­spiels­wei­se regel­mä­ßig tref­fen – aber auch das gibt es in Form von Stamm­ti­schen, Ver­ei­nen und Freun­des­krei­sen in der Wirk­lich­keit und hat viel­leicht mehr mit den ent­spre­chen­den Leu­ten zu tun als mit ihrer Pro­fes­si­on.

Ich kann das Bedürf­nis ver­ste­hen, all das Tol­le, Klu­ge, Beun­ru­hi­gen­de, Absto­ßen­de und Neue, das man in Blogs so fin­den kann, irgend­wie einer grö­ße­ren Leser­schaft zu vor­stel­len zu wol­len. In Blogs kann man meis­tens für eine klar umris­se­ne Ziel­grup­pe mit Vor­kennt­nis­sen schrei­ben, aber Jour­na­lis­mus braucht Pro­to­ty­pen und des­halb ist Keith Richards Rock’n’Roll, Kurt Cobain Grunge und Gerard Way Emo (wenn nicht gera­de Han­ni, Nan­ni und Kaf­fee­kan­ni Emo sind).

Also setzt man sich hin, schreibt alles auf, was einem dazu ein­fällt (BILD­blog, Don Alphon­so, Poli­ti­cal­ly Incor­rect, Huf­fing­ton Post) und guckt im Tele­fon­buch unter „B“ wie „Blog­ger“ nach. Nur wird man dem The­ma Blogs damit unge­fähr so gerecht wie ein Blog­ein­trag über Jour­na­lis­mus, der von „Bild“, „Spie­gel“ und irgend­ei­ner Schü­ler­zei­tung han­delt und bei dem Roger Wil­lem­sen, Gün­ther Jauch und Tho­mas Leif was über Jour­na­lis­mus sagen dür­fen. Es ist letzt­lich wie mit den Blin­den und dem Ele­fan­ten.

Jeder Blog­ger schreibt über die The­men, die ihn inter­es­sie­ren, und wenn sich nie­mand zur „glo­ba­len Finanz­kri­se“, dem „Min­dest­lohn“ oder der „Ver­ar­mung des Mit­tel­stands“ äußern will, dann tut das halt nie­mand. Natür­lich tut es trotz­dem jemand, denn auch in den Leser­brief­spal­ten und Call-In-Sen­dun­gen der Radio­sta­tio­nen äußern sich ja Leu­te zu die­sen The­men, von denen sie kei­ne Ahnung haben. Es braucht kei­ne Vor­schrif­ten und kei­ne Lis­ten, was in deut­schen Blogs falsch läuft.

Der Ver­gleich mit ame­ri­ka­ni­schen Blogs (also den rele­van­ten, nicht denen bei MySpace) ist natür­lich nahe­lie­gend, aber auch unfair: die Unter­schie­de zwi­schen Deutsch­land und den USA sind ein­fach zu groß. In den USA gibt es Main­stream-Medi­en mit extre­men Posi­tio­nen, die eine Gegen­öf­fent­lich­keit brau­chen. Wir könn­ten uns ja glück­lich schät­zen, wenn deut­sche Medi­en über­haupt irgend­wel­che Posi­tio­nen ver­trä­ten. Außer­dem gibt es hier­zu­lan­de ein­fach kei­ne Debat­ten­kul­tur, die man digi­tal fort­set­zen könn­te.

Für mich gilt außer­dem: Ich will gar kei­ne gesell­schaft­li­che Rele­vanz haben. Ich schrei­be, weil mir Schrei­ben Spaß macht, seit ich den­ken kann – sogar schon län­ger, als ich eigent­lich schrei­ben kann. Statt ortho­gra­phisch frag­wür­di­ger Geschich­ten über einen „Baua“, der „in Unmacht fellt“, und die mei­ne Eltern lesen (und loben) muss­ten, kann hier heu­te jeder, den es inter­es­siert, lesen, wel­che Musik mir gefällt und was mich alles am der­zei­ti­gen Zustand des deutsch­spra­chi­gen Jour­na­lis­mus stört. Ich habe auch immer schon lus­ti­ge klei­ne Video­fil­me gedreht – frü­her muss­ten die Freun­de mei­ner Eltern deren Vor­füh­rung durch­lei­den, heu­te kann das via You­Tube jeder, der will. Das Inter­net ist das ein­fachs­te Mit­tel, den Kram, den ich sonst für mich selbst machen wür­de, unver­bind­lich einem grö­ße­ren Publi­kum zur Ver­fü­gung zu stel­len. Das erfolgt für bei­de Sei­ten frei­wil­lig (wer’s nicht lesen mag, muss nicht, und wenn ich kei­nen Bock hab, schreib ich nichts) und kos­ten­los.

Und natür­lich wer­den jetzt jede Men­ge Blog­ger über den Arti­kel schrei­ben und sich aus die­sem oder jenem Grund dar­über auf­re­gen. Wer sich für Blogs inter­es­siert, erfährt dar­aus nichts Neu­es, und wer vor­her noch nie von Blogs gehört hat­te, wird es sowie­so nicht lesen. Durch die stän­di­ge Gegen­über­stel­lung der Begrif­fe „Blog­ger“ und „Jour­na­list“ ent­steht der Ein­druck, es gin­ge um zwei unver­ein­ba­re Lager und Blog­ger wür­den Jour­na­lis­ten grund­sätz­lich has­sen (was zumin­dest auf mich nicht zutrifft). Es gibt kei­nen Kampf, des­we­gen wird es auch kei­ne Gewin­ner und Ver­lie­rer geben. Außer natür­lich die „Spiegel“-Autoren, die am Ende Recht behal­ten mit ihrer Vor­her­sa­ge.

(Immer­hin steht vor dem Wort „Blog“ jedes Mal der Arti­kel „das“. Man wird ja beschei­den.)

Nach­trag, 21. Juli: Den Arti­kel gibt’s jetzt auch bei „Spie­gel Online“. Dabei hät­te ich es tau­send Mal lus­ti­ger gefun­den, einen Arti­kel über Blogs nur off­line zu ver­brei­ten.

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Die mittischen Krassen

Es ist immer ein schö­nes Gefühl, wenn man von einer Rei­se wie­der­kommt und dann „Mein Gott, ist das schön hier“ denkt. So ging es mir, als ich ges­tern unweit unse­res Wohn­heims aus dem Bus stieg und von der Bochu­mer Stil­le fast erschla­gen wur­de. Die re:publica und Ber­lin waren schön und gut, aber dort leben: Nein, Dan­ke!

Zwi­schen den Pro­gramm­punk­ten „End­lich mal wie­der Aus­schla­fen“ und „Wäsche waschen“ will ich aber nun doch noch ein paar Wor­te über die re:publica ver­lie­ren. Und weil schon alle (inter­es­san­ter­wei­se auch Leu­te, die nicht vor Ort waren oder sein woll­ten) dar­über geschrie­ben haben, will ich nur ein paar unge­fil­ter­te Gedan­ken­gän­ge nie­der­pin­nen:

  • Ich habe bei der gan­zen re:publica genau fünf Minu­ten gefilmt, danach dach­te ich mir, dass da schon genug Leu­te fil­men, wie genug Leu­te ande­re fil­men­de Leu­te beim Fil­men fil­men. Die­se fünf Minu­ten hat der „Tages­spie­gel“ genutzt, um mich zu foto­gra­fie­ren.
  • Die Dis­kus­si­on „Blog­ger vs. Jour­na­lis­ten“ ist laut John­ny Haeus­ler jetzt end­gül­tig abge­schlos­sen. Lei­der habe ich ver­ges­sen, mit wel­chem Ergeb­nis. (Wahr­schein­lich mit kei­nem.)
  • Die mit­un­ter gehör­te Bezeich­nung „Blog­ger-Kon­fe­renz“ ist eini­ger­ma­ßen absurd, weil es um eine gan­ze Men­ge The­men ging und längst nicht jeder Teil­neh­mer auch ein Blog betrieb.
  • Die Dis­kus­si­ons­run­de „Musik im Netz“ war in etwa so uner­gie­big, wie man es erwar­ten durf­te. Zumin­dest war sie zu kurz, denn sie muss­te in dem Moment been­det wer­den, als Tim Ren­ner mit Aus­füh­run­gen anfing, nach denen ich ihm die Ret­tung der Musik­in­dus­trie im Allein­gang zutrau­en wür­de.
  • Lei­der habe ich zu wenig von der Dis­kus­si­ons­run­de über „Citi­zen Jour­na­lism“ im Aus­land mit­be­kom­men (was ich und jeder ande­re aber online nach­ho­len kann), aber was ich über „Ali­ve In Bagh­dad“ gehört habe, hat mich tief beein­druckt. Ver­gli­chen mit dem (Über-)Leben in Bag­dad und dem Dar­über-Berich­ten ist wohl alles, was wir in Deutsch­land so ins Inter­net stel­len, pil­le­pal­le.
  • Wenn ich mich ein biss­chen kon­zen­trie­re, kann ich mir auch Vor­trä­ge anhö­ren, mit denen ich inhalt­lich null über­ein­stim­me. So weiß ich wenigs­tens, was am ande­ren Ende des Spek­trums vor sich geht.
  • Schö­ner als die vie­len Vor­trä­ge und Dis­kus­si­ons­run­den ist es eigent­lich, am Ran­de Leu­te ken­nen zu ler­nen, deren Tex­te man teil­wei­se schon seit lan­gem liest und schätzt. Bei ande­ren wuss­te ich anschlie­ßend wenigs­tens, war­um ich ihre Tex­te nicht lese.
  • Den bes­ten Namen von allen Refe­ren­ten hat­te sicher Bert­ram Gugel, des­sen Nach­na­men man wirk­lich wie „Goog­le“ aus­spricht.
  • Der Kaf­fee (ein in die­sem Blog viel zu sel­ten gewür­dig­tes The­ma) in der Kalk­scheu­ne war beein­dru­ckend schlecht. Das war Kon­sens, aber auch der ein­zi­ge ech­te Nach­teil der Ört­lich­kei­ten.
  • Weit­aus schlech­ter als der Kaf­fee aber war das, was die „Süd­deut­sche Zei­tung“ über die re:publica geschrie­ben hat – gar­niert mit einem ca. 10 Jah­re alten Sym­bol­bild.
  • Trotz des Mot­tos „Die kri­ti­sche Mas­se“ fra­ge ich mich, wie viel von dem, was auf der re:publica bespro­chen wur­de, für Leu­te außer­halb des Fach­pu­bli­kums, das wir nun mal irgend­wie alle waren, rele­vant ist. Mit­un­ter hat­te ich schon das Gefühl, dass die Gegen­stän­de von Vor­trä­gen und Dis­kus­sio­nen mit dem Leben von wei­ten Tei­len der Bevöl­ke­rung gar nichts zu tun haben.
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Teil einer Jugendbewegung

Am Wochen­en­de fand – wie bereits erwähnt – das ers­te Bar­camp Ruhr statt. Da das ange­kün­dig­te Video noch ein wenig auf sich war­ten las­sen wird ((Ich muss erst noch neu­en Arbeits­spei­cher kau­fen.)), woll­te ich das Erleb­te vor­ab schon mal in rela­tiv unge­fil­ter­te Wor­te fas­sen:

Was genau ein Bar­camp ist, wuss­te ich vor dem Wochen­en­de selbst nicht so genau. Man sag­te mir stets, es han­de­le sich um eine „Unkon­fe­renz“, was in etwa so hilf­reich ist, wie der Ver­such, Quan­ten­phy­sik mit Hil­fe japa­ni­scher Voka­beln erklä­ren zu wol­len. In Wahr­heit ist es ein betont locke­res Zusam­men­tref­fen von Men­schen, die irgend­was mit Inter­net zu tun haben. Zu Beginn des jewei­li­gen Ver­an­stal­tungs­ta­ges stel­len die Teil­neh­mer ((Exter­ne Refe­ren­ten sind nicht vor­ge­se­hen.)) The­men vor, über die sie ger­ne spre­chen wür­den. Per Hand­zei­chen wird abge­stimmt, wie vie­le Leu­te sich für das The­ma inter­es­sie­ren – dar­aus ergibt sich dann, in wel­chem Raum und zu wel­cher Uhr­zeit der Vor­trag statt­fin­det.

„Vor­trag“ ist im Übri­gen falsch. Es han­delt sich um soge­nann­te „Ses­si­ons“ und deren sprach­li­che nähe zur jam ses­si­on in der Musik kommt nicht von unge­fähr: „Einer redet, die ande­ren hören zu“ gibt’s nicht und ist angeb­lich auch nicht erwünscht.

Exkurs: Ich habe in der Schu­le immer Fron­tal­un­ter­richt gemocht, weil ich nie ver­ste­hen wer­de, war­um ein Leh­rer, der die Fak­ten kennt und auf­sa­gen könn­te, erst mal eine Drei­vier­tel­stun­de lang auf­schreibt, was die Schü­ler, denen er etwas bei­brin­gen soll, denn bis­her zum The­ma wis­sen. „Hit­ler war böse“ ist zwar eine rich­ti­ge Fest­stel­lung, als Ein­stieg ins The­ma „Zwei­ter Welt­krieg“ aber irgend­wie dürf­tig. Der Geschichts­un­ter­richt der Ober­stu­fe ist des­halb auch heu­te noch dafür ver­ant­wort­lich, dass ich beim Wort „Mind­map“ kalt­schwei­ßig wer­de und unkon­trol­lier­te Lau­te aus­sto­ße. Auch in der Uni sind mir Vor­le­sun­gen hun­dert Mal lie­ber als Dis­kus­sio­nen. Ande­rer­seits sind mir Dis­kus­sio­nen immer noch hun­dert Mal lie­ber als schlech­te Refe­ra­te. Exkurs Ende.

Die Qua­li­tät der Ses­si­ons bei einem Bar­camp hängt des­halb nicht nur von den Kom­pe­ten­zen des Vor­tra­gen­den ((Kei­ne Ahnung, wie der rich­ti­ge Begriff lau­tet, ver­mut­lich „Ses­si­on Lea­der“ oder so.)) ab, son­dern auch von der Grup­pe der Zuhö­rer. Da kann es schon mal vor­kom­men, dass span­nen­de Aus­füh­run­gen abge­würgt wer­den und ein Zuhö­rer ohne vor­he­ri­ge Mel­dung ein­fach vor sich hin doziert. Auch wenn ich mich an sol­che Umgangs­for­men im Lau­fe des Wochen­en­des gewöh­nen konn­te, wird die­ses Ver­fah­ren nie zu mei­ner favo­ri­sier­ten Art der Wis­sens­ver­mitt­lung zäh­len. Um ver­schie­de­ne Ansich­ten zu einem The­ma ken­nen zu ler­nen, ist es aber ganz hilf­reich.

The­ma­tisch sind den Ses­si­ons kei­ne Gren­zen gesetzt, alles, was auch nur im Ent­fern­tes­ten mit Inter­net zu tun haben könn­te, kommt dar­in vor. Damit stand ich per­sön­lich vor einem wei­te­ren Pro­blem: Wirt­schaft ist zum Bei­spiel ein The­ma, dass mich noch nie inter­es­siert hat – null. Ich könn­te auch unter Andro­hung von kör­per­li­cher Gewalt kei­ne zehn DAX-Unter­neh­men auf­lis­ten – geschwei­ge denn fünf Start­ups. ((Ein Start­up ist eine Exis­tenz­neu­grün­dung im Inter­net. Da gibt es alles von social net­works (MySpace oder Face­book waren mal Start­ups) bis hin zu Inter­net­sei­ten, auf denen man sein Müs­li oder sei­nen Kaf­fee indi­vi­du­ell zusam­men­stel­len kann.))

Ich fin­de es fas­zi­nie­rend, auf wel­che Ideen Leu­te kom­men, deren krea­ti­ve Hirn­hälf­te auch Syn­ap­sen zu dem Teil, der ans Geld­ver­die­nen denkt, auf­ge­baut hat, aber ich will kein Unter­neh­men grün­den. Die Wor­te „busi­ness plan“, „crowd sourcing“ oder „break even“ erschei­nen mir immer wie Par­odien auf die Wirt­schaft und laden mich allen­falls zum Bull­shit-Bin­go ein. Da fällt es schwer, ernst zu blei­ben, und die Leu­te, die sicher­lich alle total nett sind und tol­le Ideen haben, nicht für den glei­chen schreck­li­chen Men­schen­schlag zu hal­ten, wie die Inves­to­ren, denen sie Geld für ihre Pro­jek­te abrin­gen wol­len.

Ein Schwer­punkt des Bar­camps Ruhr lag auf Musik im Inter­net, was mich als Musik­fan und Gele­gen­heits­mu­si­ker schon inter­es­sier­te. Ent­spre­chend irri­tiert war ich aber, als in dies­be­züg­li­chen Ses­si­ons plötz­lich von „con­tent“, statt von „Musik“ die Rede war. Das ist für mich dann auch kein gro­ßer Unter­schied mehr zu dem bösen, bösen Major­la­bel, wo alle stän­dig von „Pro­duk­ten“ faseln.

Über­haupt: Für Mit­glie­der des unsäg­li­chen „Ver­eins Deut­sche Spra­che“ wäre ein Bar­camp das, was Sodom und Gomor­rha für einen guten Katho­li­ken sind. Wer schon tech­ni­sche Begrif­fe wie „Lap­top“ oder „Brow­ser“ gei­ßelt, der wird inmit­ten von „Ses­si­ons“, „Start­ups“ und „Back Offices“ foam vor dem mouth bekom­men und im tri­ang­le sprin­gen. Das Unper­fekt­haus in Essen ((Eine Art Hip­pie­kom­mu­ne mit kur­zen Haa­ren, in der man sich ganz rüh­rend um uns küm­mer­te.)) wur­de übri­gens stets als „Loca­ti­on“ bezeich­net, was dann unge­fähr der Punkt war, an dem es selbst mir ein biss­chen too much wur­de. „Schlim­mer als die wahl­lo­se Ver­wen­dung fremd­sprach­li­cher Begrif­fe ist aber immer noch die fal­sche Aus­spra­che der­sel­ben“, dach­te ich, wäh­rend ich gedan­ken­ver­lo­ren in mei­nem Tsch­appu­ki­no rühr­te.

Was mich auch eini­ger­ma­ßen ver­stör­te, war die Ein­stel­lung man­cher Leu­te. Bis­her hat­te ich den unend­li­chen Reiz des Inter­nets unter ande­rem dar­in gese­hen, dass dort jeder tun und las­sen kann, was er ganz allei­ne will, maxi­mal begrenzt durch Geset­ze, die bit­te nicht zu streng sind. Plötz­lich kamen Leu­te an, die von einer „Blog­ger­kul­tur“ spra­chen und Sät­ze sag­ten wie: „Wer nicht auf Bar­camps geht, ist für mich kein Blog­ger“, „Jour­na­lis­ten sind kei­ne Blog­ger“ oder „Ein Blog ohne Kom­men­ta­re ist kein Blog“. Da waren sie wie­der, die Leu­te, die man im Bereich der Musik „Indi­en­a­zis“ nennt, und die in Schub­la­den den­ken, die ihnen „Spex“, „Intro“ und „Visi­ons“ aus dem Holz eines abge­bro­che­nen Sozio­lo­gie­stu­di­ums gezim­mert haben. Men­schen, die im Use­net und in Web­fo­ren schrei­ben, war­um die­se oder jene Band ein­fach schei­ße sein muss und nicht Indie sein kann, und die sich selbst vor allem über die Abgren­zung zu ande­ren und die Aus­gren­zung der­sel­ben defi­nie­ren. Sol­che gibt es also auch im Web 2.0. Für den unwahr­schein­li­chen Fall, dass ihre Inter­pre­ta­ti­on des Kon­zepts „Blog“ irgend­wann ein­mal tat­säch­lich zu einer Defi­ni­ti­on wer­den soll­te, wer­de ich mir schon mal einen neu­en Begriff über­le­gen, unter dem die­se lose Text­samm­lung im Inter­net dann fir­mie­ren wird.

Jetzt habe ich alles auf­ge­schrie­ben, was ich merk­wür­dig bis abschre­ckend fand, und es wirkt, als sei das Bar­camp Ruhr für mich eine ganz und gar schreck­li­che Ver­an­stal­tung gewe­sen. Das ist falsch. Zwar war der Sams­tag wirk­lich ver­wir­rend und anstren­gend, aber der Sonn­tag hat viel wie­der wett­ge­macht. Es waren sehr vie­le net­te Leu­te da und bei rund 120 Teil­neh­mern ist auch bei opti­mis­tischs­ter Welt­an­schau­ung rein sta­tis­tisch klar, dass dar­un­ter min­des­tens eine Hand­voll sein wird, deren Bekannt­schaft man lie­ber nie gemacht hät­te. Die Atmo­sphä­re war die gan­ze Zeit über sehr ange­nehm und dass ich vor grö­ße­ren Grup­pen ((„grö­ßer“ = „mehr als fünf Leu­te“.)) Angst habe und kein gro­ßer Freund von Small­talk und ziel­lo­sen Dis­kus­sio­nen bin, ist ja letzt­lich mein per­sön­li­ches Pro­blem.

Ich habe in der Tat noch eini­ge inter­es­san­te Din­ge erfah­ren ((So habe ich zum Bei­spiel qik.com ken­nen­ge­lernt, eine Inter­net­sei­te, die mei­ner Mei­nung nach für den end­gül­ti­gen Unter­gang des Abend­lan­des und das Ende der Mensch­heit ver­ant­wort­lich sein könn­te.)) und eini­ge span­nen­de Gesprä­che geführt. Die Alters­span­ne der Teil­neh­mer reich­te von 18 bis 57, wobei ich es vor allem groß­ar­tig fin­de, wenn auch Men­schen im fort­ge­schrit­te­nen Alter mit mehr Offen­heit auf neue Sachen zuge­hen als ich selbst mit mei­nen 24 Jah­ren.

Über­all erwähnt wur­de die über­aus unschö­ne Tat­sa­che, dass wäh­rend des Bar­camps zwei iPods ((Mobi­le Musikab­spiel­ge­rä­te der Fir­ma Apple.)) (ein Nano, ein Touch), eine Kame­ra, ein Asus Eee ((Eine Art Lap­top, aber noch klei­ner.)) und ein iBook gestoh­len wur­den. Das war im Nach­hin­ein lei­der fast abzu­se­hen bei den unzäh­li­gen Leu­ten, die zusätz­lich zu den Teil­neh­mern noch durchs Haus lie­fen. Ich bin aber über­zeugt davon, dass dem Dieb sei­ne Hän­de, sei­ne Zun­ge und sein Glied abfau­len wer­den. Wenn Sie also dem­nächst in der Esse­ner Innen­stadt einen stum­men Mann mit Arm­stümp­fen sehen, soll­ten Sie ihm noch kurz die Hose run­ter­zie­hen und ihn dann zur Poli­zei schlei­fen.

Vor Mona­ten hat­te ich gemut­maßt, ein Bar­camp sei „eine Art Kir­chen­tag“. Jetzt habe ich bei­des ein­mal mit­ge­macht und muss sagen, dass die­se Ein­schät­zung gera­de­zu pro­phe­tisch war. Bei­de Male blieb trotz einer Men­ge Skep­sis und Ärger ein ziem­lich posi­ti­ver Ein­druck – und die Fra­ge, ob ein Mal nicht aus­reicht.

Dem­nächst dann: Die gan­ze Grüt­ze noch mal in Ton und Bild.

Nach­trag, 21. März: JETZT! Grüt­ze gibt’s hier.

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Digital

Generation Blog

Ich wer­de eher sel­ten zur Teil­nah­me an Podi­ums­dis­kus­sio­nen gela­den, wes­we­gen ich die­se ermü­den­den Anti-Blog-Dis­kus­sio­nen, von denen man bei renom­mier­te­ren Blog­gern immer wie­der liest, noch nie aus der Nähe erlebt habe. Das änder­te sich aber am Don­ners­tag, als wir in einem Lite­ra­tur­se­mi­nar auf das „Vani­ty Fair“-Blog von Rai­nald Goetz zu spre­chen kamen.

Die meis­ten der etwa zehn Semi­nar­teil­neh­mer kann­ten den Namen Rai­nald Goetz nicht ((Sie hör­ten sogar von der berühm­ten Stirn-auf­schlitz-Geschich­te zum ers­ten Mal, fan­den sie aber gleich doof.)) und hat­ten noch nie ein Blog gele­sen. Bei­des ist sicher­lich ver­zeih­lich, bei Ger­ma­nis­tik­stu­den­ten Anfang Zwan­zig aber viel­leicht auch etwas uner­war­tet.

Da wir mit der Inter­pre­ta­ti­on des Goetz’schen Wer­kes nicht so recht aus dem Quark kamen, drif­te­te die Dis­kus­si­on in grund­sätz­li­che­re Gefil­de. Einem Kom­mi­li­to­nen ((„Kom­mi­li­to­ne“ gehört zu den Begrif­fen, die ich nur schrei­ben kann, wenn ich an einem Com­pu­ter mit auto­ma­ti­scher Recht­schreib­über­prü­fung sit­ze. Wei­te­re Bei­spie­le: Atmo­sphä­re, Feuil­le­ton, Kom­mis­sar, auf­pfrop­fen.)) miss­fiel die­se gan­ze „Selbst­dar­stel­lung“ in Form von Stu­diVZ, Blogs und Vide­os, und eine Kom­mi­li­to­nin, die zuvor geäu­ßert hat­te, außer Aus­lands­ta­ge­bü­chern von Freun­den noch nie ein Blog gese­hen zu haben, echauf­fier­te ((Ha, noch so ein Wort!)) sich in har­schem Ton über die min­de­re Qua­li­tät und die aller­or­ten anzu­tref­fen­de Selbst­dar­stel­lung, die sie „pein­lich“ fin­de.

Nun gehö­re ich nicht zu den Ver­tre­tern jener Zunft, die im Inter­net die Heils­brin­gung für alles und jeden sehen. Ich kann mir gut vor­stel­len, dass es auch in fünf­zig Jah­ren noch Men­schen geben wird, die das Inter­net über­haupt nicht nut­zen. Es gibt ja auch heut­zu­ta­ge Leu­te, die weder Tele­fon noch Fern­se­her besit­zen, und von Eugen Dre­wer­mann liest man immer wie­der, dass er noch nicht ein­mal einen Kühl­schrank in sei­ner Woh­nung habe. Etwas erstaunt bin ich aber, wenn Men­schen in mei­nem Alter, die mit­ten im Leben ste­hen ((Gut: Eini­ge von ihnen wol­len viel­leicht Leh­rer wer­den …)), moder­ne Medi­en und Phä­no­me­ne rund­her­um ableh­nen, und halb­wegs sau­er wer­de ich, wenn sie dies ohne vor­he­ri­ge Inau­gen­schein­nah­me tun.

Ich kip­pel­te mit mei­nem Stuhl nach hin­ten, brei­te­te die Arme aus und lächel­te. „Natür­lich gibt es viel Schrott im Inter­net, aber den hat man in der tra­di­tio­nel­len Lite­ra­tur oder wo auch immer ja auch. Ich fin­de es gera­de span­nend, dass man sich selbst ein biss­chen umse­hen muss, um gute Sachen zu fin­den. Aber es gibt eben jede Men­ge gute und span­nen­de Sachen im Netz.“

So ganz wuss­te die jun­ge Frau wohl nicht, was in Blogs über­haupt so drin­ste­hen kann. Oder Goetz hat­te sie auf die fal­sche Fähr­te gelockt: Sie erzähl­te jeden­falls, in ihrem Bekann­ten­kreis gebe es Dut­zen­de Leu­te, die immer schon erzählt hät­ten, sie wür­den ger­ne mal ein Buch schrei­ben. Getan habe das zum Glück noch kei­ner. Aber jetzt könn­ten alle mit ihrer min­de­ren Qua­li­tät das Inter­net voll­schrei­ben.

Mit der glei­chen Begrün­dung, so ent­geg­ne­te ich, kön­ne sie ja auch Kon­zer­te von Nach­wuchs­bands in Jugend­zen­tren ver­dam­men, weil die oft auch nicht so doll sei­en. „Das ist doch das span­nen­de, dass heu­te end­lich die Ver­spre­chun­gen der Pop Art und fast aller wich­ti­gen Medi­en­theo­rien des 20. Jahr­hun­derts ein­ge­löst wer­den“, geriet ich etwas zu hef­tig in Fahrt. „War­hols 15 Minu­ten Ruhm, ‚Jeder ist ein Künst­ler‘, ‚the medi­um is the mes­sa­ge‘: jeder kann sich ein­brin­gen!“ Ich dach­te: „Jetzt has­sen sie mich alle. Name­drop­ping, Ange­be­rei und Pathos. Das kann in einer Uni­ver­si­tät nicht gut gehen.“ Dann füg­te ich hin­zu: „Ich fin­de, dass jede Form von Kunst, die irgend­je­man­dem was bedeu­tet – und sei es nur dem Künst­ler selbst – ihre Berech­ti­gung hat.“ ((Das ist übri­gens eine Ein­stel­lung, die ich regel­mä­ßig ver­wer­fen will, wenn ich das Radio ein­schal­te und mit Maroon 5 oder Revol­ver­held gequält wer­de.))

Mei­ne Gegen­über­in äußer­te nun die Ver­mu­tung, wir hät­ten offen­sicht­lich recht unter­schied­li­che Kunst­be­grif­fe. Lei­der befan­den wir uns zeit­lich schon in der Ver­län­ge­rung, so dass wir uns nicht mehr wirk­lich hoch­schau­keln konn­ten. Aber ich fühl­te mich schon etwas knü­wer als sonst.