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You should have known by now you were on my list

Nachdem Lukas nun seit Wochen schon erhebliche Stücke seiner Zeit dafür aufbringt, die letzten zehn Jahre nach den musikalischen Häfen seines Lebens zu durchforsten, ((Für den Strauß Stilblüten, der in den nächsten Zeilen sicher noch dicker werden wird, darf man sich dann am Schluss bei mir bedanken.)) macht sich mittlerweile angesichts des mit Pferden und Streitwagen heranbrausenden Jahresendes auch bei mir der Zugzwang bemerkbar, zumindest die letzten zwölf Monate dieses überdurchschnittlich guten Plattenjahres in eine gewisse, zumindest für mich gültige Ordnung zu bringen.

Wenn ich meinen last.fm-Statistiken Glauben schenken darf, und das ist aufgrund einiger über das erste Quartal 2009 verteilten Komplettabstürze meines alten Rechners, denen regelmäßig eine eher sporadische Neuinstallation irgendwelcher Statistik-Plugins folgte, höchst fragwürdig, dann beginnt das Jahr und beginnt diese Rangliste mit bedenklich hoher Rotation des Albums “Noble Beast” von Andrew Bird, der mich schon mit der 2007 erschienenen Platte “Armchair Apocrypha” an meiner despektierlichen Haltung gegenüber Sportmusik und Muckertum hatte zweifeln lassen. Entgegen der statistischen Hinweise kann ich mich allerdings seltsamerweise kaum daran erinnern, Birds jüngstes Werk eingehend unter die Lupe genommen zu haben, im Gegenteil erinnere ich mich nur noch daran, dass im Opener “Oh No!” an einer Stelle von einem Gefängnis die Rede ist. Den Rest der Songs finde ich in der Rückschau entweder gar nicht mehr, oder ziemlich bedeutungslos. Dennoch steht der Mann hier, weil mich die relative Enttäuschung über “Noble Beast” dazu verleitet hat, “Armchair Apocrypha” wieder zu hören, wenn nicht gerade der vermaledeite Computer wieder im Abrauchen begriffen war. Daher gibt es hier jetzt also für dieses nicht 2009 erschienene Album von mir Platz 10 des Jahres 2009. Schöne Doppelstandards habe ich ja.

Auf Listenplatz 9 landet eine Scheibe, bei der ich mir zum Zeitpunkt ihres Erscheinens, also im März, noch unumstößlich sicher war, dass nichts und niemand mehr dazu in der Lage sein würde, mich davon abzubringen, es schon aus der hier semantisch überaus schief verwendeten ex-ante-Perspektive zum Album des Jahres zu erklären. “Hazards Of Love” von The Decemberists ist im positiven Sinne ein Konzeptalbum ((Wenn ich im Zusammenhang mit Konzeptalben von positivem Sinn spreche, meine ich das durchaus als tiefe Würdigung des Künstlers. Das letzte “Konzeptalbum”, das mir von Freunden als hörbar nahegelegt worden ist, war irgendwas von Dream Theater und kann mittlerweile nachhaltig dazu verwendet werden, mich in rasender Geschwindigkeit aus der Wohnung zu jagen. Ob ich komplett angekleidet bin oder nicht.)) über so eine Art Liebesgeschichte. Allerdings werden da wohl auch Protagonisten von wilden Vögeln entführt und ins heutige Russland deportiert (ganz habe ich das noch nicht verstanden, vielleicht kommt das noch). Jedenfalls ist das ein wunderbares Album von einer ebenso wunderbaren Band, die wunderbarerweise am laufenden Band Aufnahmen veröffentlicht, ohne dass das nervt. Warum “Hazards Of Love” hier also nicht an der Pole Position steht, ((Zu Ihrem Stilblütenstrauß haben Sie nun noch eine besonders prächtige Rose dazugeschenkt bekommen.)) lässt sich wohl nur dadurch erklären, dass irgendwann folgende Dinge passiert sind:

Ich freundete mich mit Animal Collective an, was schon allein dadurch etwas Besonderes ist, weil ich ein paar Jahre vorher noch jedem vergiftete Blicke zugeworfen hatte, der mir deren vorletztes Album “Feels” nahelegen wollte. Für mich war diese Band und alles mit ihr Zusammenhängende ein vager Abklatsch von längst verblichenen Idolfiguren wie Circulatory System, Olivia Tremor Control und so weiter, mit dem Unterschied, dass Animal Collective es für meinen Geschmack ein wenig übertrieben mit der Psychedelität. Und nun diese Platte! “Merriweather Post Pavillion” ist einer der für mich (und vermutlich jeden anderen auch) seltenen Fälle, die sofort mit voller Wucht einschlagen und danach trotzdem immer noch besser und aber vor allen Dingen nicht langweilig werden. Dieses Album verursacht in mir ein nicht mehr wegzuleugnendes Bedürfnis zu tanzen, ((Liegt auf meiner persönlichen Wertschätzungsskala nur knapp oberhalb von Konzeptalben, diesmal aber eher aus vollkommen persönlichen Gründen.)) wo es möglich ist und ist auch sonst einfach ziemlich perfekt. Leider habe ich es erst sehr spät kennengelernt (lies: vor knapp eineinhalb Monaten) und kann es deshalb leider noch nicht guten Gewissens höher einstufen als auf Platz 8. Aber fragen Sie mich nächstes Jahr nochmal, wie ich retrospektiv entscheiden würde!

Ich springe chronologisch. Sie haben das vielleicht schon geahnt. Wenn ich mir also den Juni dieses Jahres so auf last.fm angucke, erschleicht mich ein Peinlichkeitsgefühl und noch dazu eine Mahnung an so etwas wie eine Pflichtschuldigkeit, nämlich dahingehend, dass es ja eigentlich nicht sein kann, dass man über vier Wochen hinweg nicht nur einen einzigen Künstler, sondern tatsächlich immer ein- und dasselbe Album des gleichen Künstlers hört, wieder und wieder. Dieses Deliktes habe ich mich schuldig gemacht, und das auch noch mit schmierigstem englischen Indierock, den man drüben beim NME in der Jahresendliste vermutlich auch irgendwo aufgeführt hat, aber fragen Sie mich nicht, ich habe keine Ahnung vom NME, die Charts dort verfolge ich quasi nicht. Ich vermute einfach, dass die da eine Great-Britain-Quote haben, die ihnen verbietet, mehr als fünfzig Prozent der jeweiligen Charts von Nicht-Briten einnehmen zu lassen, andernfalls wird wohl einfach irgendwas eingefügt, das entfernt nach Franz Ferdinand klingt. Aber ich schweife ab: Dieses schleimige, auf Hochglanz polierte und viel zu pathetische Album, das mich aus Gründen der inneren Kohärenz und der Gefühlsgewalt so umgeworfen hat, dass ich wage, ihm eine bessere Stelle als den Decemberists zukommen zu lassen, ist “Wall Of Arms” von The Maccabees. Man kann heutzutage keinen toten Fisch werfen, ohne jemanden zu treffen, der genauso klingt, ich weiß, aber dennoch: Sehr schönes Ding. Empfehlenswert ist hier insbesondere der Song “William Powers”. Platz 7 für die Maccabees und “Wall Of Arms”.

Irgendwann im September stolperte ich über eine Band namens Tap Tap, von der ich absolut gar nichts weiß, außer, dass sie dem Akzent des Sängers nach ebenfalls aus dem Vereinigten Königreich stammt und ein Album namens “On My Way” herausgebracht hatte. Es passiert mir indes nicht oft, dass mich eine Platte so überzeugt wie diese hier, ohne dass ich auch nur den geringsten Schimmer habe, wer eigentlich dahinter steckt. Vermutlich hängt das mit der Minimalmenge Fanboy-Tum zusammen, die einen dazu bringt, erstmal anhimmeln können zu wollen, ehe man entscheidet, das Produkt auch “objektiv” gut zu finden. Aber hier! So einfache, eigentlich so sehr nach Schema F komponierte Songs, dass man sofort wieder Pearl Jam hören dürfen will, und dennoch so originell und Vertrauensvorschuss heischend, dass es mir schon arg Weh tun würde, müsste ich irgendwann herausfinden, dass Tap Tap eine Band von politisch am rechten Rand sich tummelnden Sauerkrautstampfern wären, die wochentags gerne Vorschulkindern die Baseballmützen vom Kopf schießen oder sowas. Aber ich glaube auch nicht, dass es so weit kommen muss. Platz 6 over here!

Jetzt wird es ernst. Bei allem, was jetzt kommt, musste ich für die finale Reihenfolge derart grübeln, dass sich an meinen Schläfen nun tatsächliche Grübelgruben gebildet haben, aus denen man dann gerne mal kollektiv Zwiebeldip abstippen darf, sollte ich dereinst als Tisch in einem mexikanischen Restaurant angestellt sein. Es muss daher jetzt auch vergleichsweise schnell gehen, weil ich mir das mit dem Grübeln nicht so richtig abgewöhnen konnte und nun, einmal entschlossen, lieber mit geschlossenen Augen durch die Wand fahre, als mich wieder in endlosen Abwägungen wieder zu finden.

Platz 5 dieser mit niemandem abgesprochenen und überaus subjektiven Albumchartliste des vergangenen Jahres geht an eine kleine, feine Band namens Clues, die allerdings insofern hochkarätig ist, als in ihr sowohl ein ehemaliges Mitglied der Unicorns als auch ein Prä-Funeral-Mitmusiker von The Arcade Fire ihr zweifelsohne ernst gemeintes Blut-Schweiß-Tränen-Handwerk tun. Im Mai veröffentlichten sie ihr selbstbetiteltes Debut, bei dem es sich um den sprichwörtlichen Wahnsinn handelt. Der Grund, warum dieses Album fünf Plätze fallen musste und deshalb nicht auf dem ersten Platz liegt, ist ein in der Mitte des Albums verorteter Song namens “You Have My Eyes Now”, bei dem ich überhaupt keinen Zugang fand, und der meines Erachtens auch kohärenzmäßig überhaupt nicht auf dieses Album passt. Natürlich will ich nicht behaupten, dass ich die minutiös geplante Liedabfolge solch einer guten Platte besser verstehe als die betreffende Band selbst, aber in diesem Fall hat sich immer eine sehr interessante Reise in meinem Kopf aufgebaut, ehe dieser Track eine Verwirrung bei mir auslöst, die mich leider zum sofortigen Weiterskippen zwingt.

Platz 4 geht an “The Conformist” von Doveman, einem jungen Mann, der mir als Tourposaunist der fantastischen New Yorker Band The National bekannt wurde. “The Conformist” ist eine sehr ruhige und beständig traurige, aber natürlich auch aus anderen Gründen schöne Platte, die unter anderem mit Bryce und Aaron Dessner von The National aufgenommen und produziert wurde. Ab und an, zum Beispiel im Song “Angel’s Share” hört man gar Matt Berninger als zweite Stimme mitgrummeln, was für jemanden, der wie ich eine durchaus irrationale Liebe zu The National pflegt, eine vermutlich ebenso irrationale Verklärung aller Musik, in der die drin hängen, bedeutet. Aber das ist ja dann auch wieder egal, wenn das Produkt so schön klingt. Super Sache! ((Eine ebenso super Sache ist außerdem, dass weitere Backing Vocals von einer gewissen Norah Jones gesungen wurden, zu der man vermutlich auch nur eine höchst irrationale Liebe haben kann, was im vorliegenden Fall aber auch so ist.))

Royal Bangs aus Knoxville greifen für ihr zweites Album “Let It Beep” den dritten Platz ab. Es gibt ja immer solche Scheiben, an denen alles stimmt. Die letzte dieser Art, die nicht aus 2009 stammt und an die ich mich ohne Hilfe erinnern kann, ist “Reconstruction Site” von The Weakerthans. ((Musik, Lyrics und Artwork waren so umwerfend, dass ich schon beim dritten oder vierten Hören wusste, dass hier jemand mal eben ein Meisterwerk abgeliefert haben musste, scheinbar ohne besonders exaltiert mit irgendwelchen Wimpern zu zucken.)) Dieses Jahr gibt es für mich immerhin zwei dieser Art. Eine davon ist die eben Genannte der Royal Bangs, die ich mir einzig und allein wegen des Covers zulegte und dann zwei Wochen am Stück hören musste, wo ich ging und stand (eine Ausdrucksweise, die vom Erschaffer derselben vermutlich wohl doch eher ausschließlich für das Präsens gedacht war). Innerhalb dieser zwei Wochen gab es dann auch noch überraschend ein Konzert im Kreuzberger “Westgermany”, was natürlich kein Zufall sein konnte. Elektro-Rock ohne alles, was das Wort “Elektro-Rock” zu einem so wirkungsvollen Brechmittel machen kann. Die Herren landen aus Gründen der leider nicht verschwindend geringen “Tot-Hörbarkeit”, aber auch deshalb auf dem dritten Platz, weil ich ihnen dank oben erwähnten Konzertes einen gewissen Malus einräumen muss: Selten habe ich eine Band, die ihre Songs so gut vorträgt, so lustlos erlebt, mutmaßlich aufgrund der vielleicht zwanzig anwesenden Gäste. Das Konzert selbst war super, aber es hätte wegen der sieben Tage Regenwetter, die in den Bandgesichtern stattfanden, mit geschlossenen Augen höchstwahrscheinlich viel besser gefallen. Nur mäßig entschuldbares Verhalten, leider.

Platz zwei erhält eindeutig “Eskimo Snow” von WHY?. Ein fantastisches Album aus Folksongs von Hiphop-Musikern, die schon mit ihrer letzten Veröffentlichung “Alopecia” etwas herausgebracht hatten, was nirgends einzuordnen war und dennoch – nicht: “gerade deshalb” ((Einfach weil der Stilblütenstrauß wohl sonst am Packlimit angekommen und bei Übertretung der Gewichtsgrenze nur noch als Sperrgut zu transportieren wäre.)) – eingängig und nachhaltig erheiternd. “Eskimo Snow” ist nun etwas ganz anderes als alle Vorgängeralben, vielleicht dadurch auch gewöhnungsbedürftig, aber ich bitte Sie: Hören Sie es durch. Vielleicht viermal, vielleicht hundertmal. Sie werden es lieben, allein für Texte wie “And when a thing starts finishing around me, I faint or fake a moustache, an accent, or flee, in fear my expired license be pulled by sheer proximity”, aber wahrscheinlich auch für das ganze Drumherum. ((Meine Damen und Herren, der Stilblütenstrauß ist soeben an Adipositas verendet und lässt sich nun auch nicht mehr durch ein beiläufig eingeworfenes “Bitte eine Packung gute Laune mitbringen!” ins Leben zurückholen. Das haben wir nun davon!))

So nun, zu Platz 1. Ich mache es kurz und schmerzlos: “Veckatimest” von Grizzly Bear. Nein, ich möchte gar nicht hypen. Unter allen Umständen will ich das vermeiden. Man sollte vielleicht denken, dass es nach allen Lobhudeleien auf diese Platte langsam einmal genug wäre, aber: Nein, ist es nicht. Dies ist eines der beiden Alben, bei denen in diesem Jahr für mich schon beim ersten Hören der Musik und Sehen des Artworks nichts auch nur vage unangenehm aufstößt, sondern mit jedem Blick und Hinhören, so flüchtig beides auch sein mag, nur wächst und wächst. Das hier ist aber schon deshalb weit großartiger, weil es mindestens zehnfaches Anhören der gesamten CD braucht, um es überhaupt auch nur in Teilen so weit verstanden zu haben, dass man es ohne Vorurteile gegenüber einer Pseudo-Prog-Rock-Haltung, die Grizzly Bear von anderen schon nachgesagt worden ist, gut finden kann. Hat man sich allerdings darauf eingelassen, ist es meiner Ansicht nach völlig unmöglich, das Gefallen an diesem Album zu verlieren, im Gegenteil ist man bis auf Weiteres dazu verurteilt, es nach jedem Durchhören um ein Vielfaches mehr zu mögen als vorher, sofern das überhaupt möglich ist. Auf Schultern klopfen und “Sehr gut gemacht!” sagen möchte man hier.

So. Ich freue mich, dergleichen mit Ihnen allen geteilt zu haben! Allerdings kann ich, wie bereits gesagt, nicht garantieren, dass ich in einer leicht anderen Tagesform die ersten fünf Plätze nicht vollkommen anders geordnet hätte. Ich hoffe, Sie verzeihen mir das. Außerdem sollte noch gesagt werden, dass es dieses Jahr auch einige sehr schöne Platten gab, die nicht zu meinen zehn Favoriten gehören, beispielsweise “Bitte Orca” von den Dirty Projectors, die ich noch vor Kurzem intern auf Platz 2 geführt habe. Aber diese Dinge ändern sich schnell, und insofern ist es vielleicht gut, wenn ich wie jedes Jahr nicht möchte, dass sich irgendein Album ärgert oder traurig ist. Deshalb, und weil zehn Ordnungsplätze einfach reichen, rangieren alle übrigen Veröffentlichungen, von denen ich dieses Jahr wohlwollend Kenntnis genommen habe, gleichrangig auf Platz 11. Hoffentlich gibt das kein Gedränge da unten!

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Listenpanik 01/09

Zu Beginn des neuen Jahres gibt es mal wieder ein paar Veränderungen an der Listenpanik: Ich habe mich von diesem doofen Top-Five-Denken verabschiedet.

Es gibt Monate, in denen könnte man acht Alben loben, und es gibt welche, da fallen einem eben nur drei ein. In der Vergangenheit standen öfter gerade noch okaye Alben in den Monatslisten, während gute Alben fehlten — dies wird fürderhin nicht mehr der Fall sein. Ich schreibe einfach alles auf, was mir gefallen hat, und versuche auch nicht mehr ganz so krampfhaft, eine Reihenfolge festzulegen.

Was bleibt: Die Listen sind streng subjektiv, erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, und das beste Album des Jahres findet man sowieso immer erst viel später.

Alben
Bon Iver – Blood Bank
“For Emma, Forever Ago” habe ich erst spät entdeckt und nach wochenlangem Hören bin ich mir sicher, dass Platz 8 in den Jahrescharts viel zu weit hinten war. Es ist aber nicht nur Wiedergutmachung, diese EP jetzt an exponierter Stelle zu loben, denn die gerade mal vier Tracks haben es in sich. Der Titeltrack entstand gemeinsam mit den Album-Songs, aber “Woods” klingt beispielsweise völlig anders: Er besteht nur aus Justin Vernons Stimme, bzw. dem, was Autotune davon übrig gelassen hat. Trotzdem klingt es nicht grauenhaft, wie auf dem letzten Kanye-West-Album, sondern ungefähr so packend wie Imogen Heaps “Hide And Seek”. Mann kann’s nicht beschreiben, man sollte es hören!

Antony And The Johnsons – The Crying Light
“Kunden, die Bon Iver kauften, kauften auch … Antony And The Johnsons”. Ich hab lange überlegt, ob ich vorher eigentlich schon mal einen Song von Antony Hegarty und seiner Band gehört habe. Ja, sagt Wikipedia, in “V for Vendetta”. Ich kann mich nicht daran erinnern, verspreche aber, diese Bildungslücke zu schließen, denn “The Crying Light” ist ein großartiges Album: Kammerkonzertartige Instrumentierung (weswegen die Band auch unter “Chamber pop” einsortiert ist), überraschende Wechsel in Takt und Harmonie und über allem eine Stimme, die man nur mit dem Adjektiv “entrückt” beschreiben kann. Wenn die Engelchen backen und sich der Himmel am Horizont rosa verfärbt, hören sie vermutlich solche Musik.

Black Rust – Medicine & Metaphors
Ein Album, wie geschaffen für den Januar: Es passt zu grauen Nachmittagen ebenso wie zu Schneespaziergängen im Sonnenschein. Da ist ein Songtitel wie “New Year’s Day” nur noch das Tüpfelchen (vielleicht sogar das Herzchen) auf dem i. Was mir an dieser Akustikrock-Platte so gefällt, steht ausführlicher hier.

Songs
Lily Allen – The Fear
Spätestens seit ich sie vor zweieinhalb Jahren live gesehen habe, bin ich ein bisschen in Lily Allen verliebt. Ich bin also nicht sehr objektiv, was ihre Musik angeht. Aber “The Fear” ist auch mit etwas versuchtem Abstand ein toller Song: ausgewogen zwischen Melancholie (Akustikgitarren, der Text) und Partystimmung (die Beats, das Gezirpe) geht er sofort ins Ohr, ohne dabei zu cheesy zu sein. Und zu der Idee, nicht wieder mit Mark Ronson zusammenzuarbeiten (und damit so zu klingen wie all diese Sängerinnen, die nach ihr kamen), kann man ihr sowieso nur gratulieren.

Mando Diao – Dance With Somebody
Es ist natürlich reiner Zufall, dass ausgerechnet in dem Monat, in dem Franz Ferdinand am Umgang mit Synthesizern scheitern, ihre schwedischen Wiedergänger einen derart gelungenen Tanzbodenstampfer aus dem Ärmel schütteln. Ein paar Takte “Enola Gay”; ein Sound der klingt, als habe man die eigentliche Band gegen The Ark ausgetauscht, und ein Refrain, der so schlicht ist, dass man ihn nur lieben oder hassen kann.

Bruce Springsteen – The Wrestler
Das neue Album “Working On A Dream” will mich irgendwie nicht so recht packen, alles klingt so altbekannt. Aber dann kommt “The Wrestler”, der Golden-Globe-prämierte Bonustrack, der an “The River”, “Secret Garden” oder “Dead Man Walking” erinnert, und ich bin wieder hin und weg. Die ganze Schwere der Welt in einem Song und auf den Schultern eines Mannes, der das aushält.

Antony And The Johnsons – Her Eyes Are Underneath The Ground
“Mutti, wovon singt dieser Mann?” – “Dass er mit seiner Mutter in einem Garten eine Blume gestohlen hat.” – “Aha!” Fragen Sie mich nicht, aber dieses Lied ist verdammt groß.

The Fray – You Found Me
Eigentlich soll man sich ja nicht für seinen Geschmack entschuldigen, aber bei College Rock habe ich immer das Gefühl, es trotzdem tun zu müssen. Ich liebe das Debütalbum von The Fray (die Melancholie, die Texte, das Klavier!) und es ist mir egal, dass sie als “christliche Rockband” gelten. “You Found Me”, die Vorabsingle ihres zweiten, selbstbetitelten Albums, läuft angeblich bei Einslive rauf und runter (Lily Allen läuft sogar auf WDR 2), aber das macht nichts. Die erste große Pathos-Hymne des Jahres 2009 hat Aufmerksamkeit verdient.

Animal Collective – Brother Sport
“Merriweather Post Pavillon”, das neue Album von Animal Collective (von denen ich bisher nichts kannte), fällt bei mir in die Kategorie “Sicher nicht schlecht, aber ich wüsste nicht, wann ich mir sowas noch mal anhören sollte” — und befindet sich dort mit Radiohead und Portishead in bester Gesellschaft. “Brother Sport” unterscheidet sich in Sachen Unzugänglichkeit und Melodielosigkeit nicht groß vom Rest des Albums, hat aber dennoch irgendwas (sehr präzise, ich weiß), was mich zum Hinhören bringt. Das Repetitive nervt diesmal nicht, sondern entfaltet seine ganz eigene hypnotische Wirkung. Aus irgendwelchen Gründen erinnert mich das an den Tanz der Ewoks am Ende von “Return of the Jedi”, auch wenn ich nicht den Hauch einer Ahnung habe, wieso.

[Listenpanik, die Serie]