Kategorien
Politik

Wir sterben lieber eines natürlichen Todes

Ver­mut­lich sind die meis­ten, die hier mit­le­sen, zu jung, um damals in den Acht­zi­ger die­ses Plas­tik­schild mit­be­kom­men zu haben. Man sah dar­auf einen nord­ame­ri­ka­ni­schen Urein­woh­ner (vor 20 Jah­ren noch als „India­ner“, ein paar Jahr zuvor nur als „Win­ne­tou“ bekannt), der an einem Lager­feu­er her­um­we­del­te. Damals hielt man das als pas­sen­des Motiv für den Spruch „Dan­ke fürs Nicht­rau­chen. Wir ster­ben lie­ber eines natür­li­chen Todes.“ Der eine oder ande­re Niko­tin­ist dach­te sich damals, dass der­lei ja gera­de­zu nach einer Ver­ar­sche schreie. Denn anstatt wie die­se lang­wei­li­gen Nicht­rau­cher mal eben einen natür­li­chen Tod hin­zu­le­gen, inhal­tiert man doch gleich noch mal so genüß­lich.

Damals waren die Kran­ken­kas­sen­kas­sen ja auch noch so etwas ähn­li­ches wie voll. Und das sozi­al­ver­träg­li­che Früh­ab­le­ben derer mit den geteer­ten Lun­gen nah­men die Ren­ten­kas­sen noch ohne nen­nens­wer­tes Hus­ten zur Kennt­nis. Die­se Zei­ten sind vor­bei. Und auch die Zei­ten, in der sich bun­des­deut­sche Regie­run­gen nicht ent­blö­den, der Tabak­lob­by das Wort zu reden und jeg­li­ches Tabak­wer­be- oder gar Rauch­ver­bot, das man sich in Brüs­sel aus­ge­dacht hat, geflis­sent­lich zu unter­gra­ben. Oder min­des­tens mit blöd­sin­ni­gen Kla­gen aus­zu­brem­sen.

Längst zei­gen die Iren, die Mal­te­ser, die Ita­lie­ner, die Spa­ni­er, die Luxem­bur­ger, die Bel­gi­er und die Fran­zo­sen, wie genüß­lich man abends wie­der in die Knei­pe oder den Club gehen kann. Kei­ne Angst mehr vor mut­wil­lig pro­du­zier­tem Fein­staub, kei­ne spon­ta­nen Bron­chi­al­asth­ma­at­ta­cken mehr beim Betre­ten einer Tanz­lo­kal-Eck­knei­pe. Und sogar rosi­ge Aus­sich­ten für die Gast­wir­te wegen stei­gen­den Besu­cher­zah­len. In Deutsch­land ist das ja immer noch anders. Und wer mit weni­ger als 1,80m Kör­per­grö­ße auf eine Stipp­vi­si­te z.B. ins Köl­ner Blue Shell geht, soll­te die Sau­er­stoff­fla­sche nicht ver­ges­sen, die es zum Über­le­ben brau­chen wür­de.

Doch jetzt zeigt der spon­ta­ne Aktio­nis­mus der Regie­rung Wir­kung. Es ist ja auch erst knapp vier Jah­re her, dass die EU wegen jähr­lich 650.000 Toten und über 100 Mil­li­ar­den Euro Kos­ten euro­pa­weit eine Richt­li­nie zum Ver­bot von Tabak­wer­bung erlas­sen hat. Da kam die deut­sche Umset­zung im Dezem­ber 2006 wie eine rich­tig spon­ta­ne Über­sprungs­hand­lung. Und die zeit­gleich statt­fin­den­de Pos­se um den natio­na­len Gesetz­ent­wurf zum Nicht­rau­cher­schutz am Arbeits­platz bekam ja eh kaum jemand mit. Ohne sich über eine Regie­rung schlapp zu lachen, die es nicht blickt, dass sie für den Gel­tungs­be­reich gar nicht mehr zustän­dig ist.

Jetzt kommt es also: das bun­des­wei­te Rauch­ver­bot in öffent­li­chen Gebäu­den, Kran­ken­häu­sern, Alten­hei­men, Gast­stät­ten, Knei­pen, Dis­co­the­ken etc. Zum Glück hat sich das Volk aber immer noch genü­gend Voll­pfos­ten an die jewei­li­ge Macht gewählt, dass die schon wie­der Auf­wei­chun­gen des unver­mu­tet sinn­vol­len Rauch­ver­bots ver­lan­gen. Was einem dann durch­aus den Wunsch nahe­legt, die Her­ren Wulff, Rütt­gers und Stoi­ber in der frei­wil­li­gen Rau­cher­knei­pe ihrer Wahl end­zu­la­gern. Die könn­ten sich dann bit­te rasch an das Plas­tik­schild vom Arti­kel­ein­stieg erin­nern.

Wobei die Dis­kus­si­on um Rauch­ver­bo­te ja der­zeit längst von der Kli­ma­pa­nik über den Hau­fen gerannt wur­de. Wenn wir eh nur noch zwölf Jah­re haben, um den Kli­ma­kol­laps abzu­wen­den, haben die Rau­cher sogar noch einen Grund mehr, rasch auf Niko­tin­pflas­ter umzu­stei­gen. Denn wenn die Küs­ten dem­nächst eh über­flu­tet wer­den, reicht das bis dahin ein­ge­spar­te Feu­er­zeug­ben­zin ja viel­leicht noch fürs Signal­feu­er im Ret­tungs­boot.

Kategorien
Musik

Live Is Beautiful

Es ist fast fünf Jah­re her, da ver­öf­fent­lich­te eine Band, die aus dem hal­ben Com­mon­wealth kam, ihr Debüt­al­bum. Die Musik­pres­se schrieb mal wie­der was vom Next Big Thing und das wären Vega4 sicher­lich gewor­den – wenn ihr Album „Satel­li­tes“ nur ein paar Jah­re spä­ter erschie­nen wäre. Ihre Mischung aus U2, Embrace und sehr frü­hen Radio­head rausch­te damals am Publi­kum vor­bei, das sich kurz dar­auf lie­ber auf Cold­play, Snow Pat­rol und Razor­light stürz­te. Lan­ge Zeit hör­te man gar nichts mehr von Vega4, dann gab es im letz­ten Früh­jahr mit „You And Me“ plötz­lich ein Lebens­zei­chen auf ihrer MySpace-Sei­te und im Herbst erschien dann „You And Others“ – aller­dings zunächst nur in Groß­bri­tan­ni­en, in Deutsch­land ist es erst im April soweit.

Die Band hat viel Ener­gie in die­ses Album gesteckt und ihre neu­en, elek­tro­ni­sche­ren Vor­bil­der wie The Pos­tal Ser­vice mal mehr („A Bil­li­on Tons Of Light“), mal weni­ger („Tearing Me Apart“) auf­fäl­lig zitiert. Mit dem Qua­si-Snow-Pat­rol-Cover „Life Is Beau­tiful“ (Pro­du­zent bei­der Bands ist Jack­ni­fe Lee, der auch schon für U2, Kas­a­bi­an und zuletzt Bloc Par­ty an den Reg­lern saß) und des­sen Ein­satz bei „Grey’s Ana­to­my“ kann eigent­lich nichts mehr schief gehen, jetzt fehlt nur noch das Publi­kum.

Ob es eine so bril­lan­te Idee war, die Band noch vor der offi­zi­el­len Album­ver­öf­fent­li­chung (und damit gänz­lich ohne aktu­el­len Air­play) durch Deutsch­land tou­ren zu las­sen, ist eine Fra­ge, die in den Büros der Sony BMG sicher aus­gie­big dis­ku­tiert wur­de. Auch die Fra­ge, ob es denn aus­ge­rech­net das zwar sehr schmu­cke, aber auch recht abge­le­ge­ne Gebäu­de 9 sein muss­te, in dem die Band in Köln spie­len soll­te, kann man durch­aus stel­len. Im Nach­hin­ein kann man aber bei­de Fra­gen mit einer läs­si­gen Hand­be­we­gung abtun: es hat sich gelohnt.

86 Kar­ten sei­en im Vor­ver­kauf weg­ge­gan­gen, erzähl­te die Band hin­ter­her, da stan­den etwa 120 Leu­te vor der Büh­ne. Von Anfang an war mir das Publi­kum irgend­wie merk­wür­dig vor­ge­kom­men, kurz bevor die Vor­band (Fric­ta­ne aus Köln, soll­te man mal im Auge behal­ten) anfing, däm­mer­te mir dann auch, was genau da nicht stimm­te: ich war einer der jüngs­ten im gan­zen Club (wahr­schein­lich sogar der jüngs­te männ­li­che Kon­zert­be­su­cher), was einem mit 23 nicht mehr all­zu häu­fig pas­siert. Was ich als „älte­re Kon­zert­be­su­cher“ bezeich­nen möch­te, waren noch nicht ein­mal die Ü40-Sekre­tä­rin­nen, die die Band wohl vor fünf Jah­ren im Vor­pro­gramm von Bryan Adams für sich ent­deckt hat­ten, son­dern wirk­lich älte­re Men­schen bei­der­lei Geschlechts mit grau­en Haa­ren und Wind­brea­k­ern. Da denkt man bei einem Rock­kon­zert natür­lich erst mal „Uff, was wol­len die mir denn hier mei­ne Jugend­kul­tur weg­glot­zen?“ bis einem auf­fällt, dass „gene­ra­ti­ons­über­grei­fend“ ein Attri­but ist, das man außer Udo Jür­gens und den Rol­ling Stones nicht ganz so vie­len Musi­kern nach­sagt.

Neun Songs stan­den auf der Set­list, zehn spiel­te die Band am Ende (weil sich eine Kon­zert­be­su­che­rin „The Cater­pil­lar Song“ vom Debüt gewünscht und sicher­heits­hal­ber gleich den aus­ge­druck­ten Lied­text mit­ge­bracht hat­te), davon sie­ben vom neu­en Album. Für die­se zehn Songs brauch­te sie fast andert­halb Stun­den, so lang gerie­ten man­che Live­ver­sio­nen und so viel rede­ten, nein: alber­ten Sän­ger John McDaid und der neue Bas­sist zwi­schen den Lie­dern her­um. Besag­tes „Life Is Beau­tiful“, die aktu­el­le Sin­gle in UK, ging als nicht enden wol­len­der Sta­di­on­rock über die Büh­ne, inkl. einem Aus­flug McDaids ins Publi­kum und hals­bre­che­ri­schem Rum­tur­nen auf den Moni­tor­bo­xen. Sowas darf man aber auch nur machen, wenn man vor dem Lied den eige­nen Vater anru­fen lässt und sich über die Laut­spre­cher mit ihm unter­hält.

Es macht immer Spaß, einer Band mit gro­ßer Spiel­freu­de zuzu­schau­en, und es war schön anzu­se­hen, wie sehr sich die Vier über den war­men Emp­fang in Deutsch­land und beson­ders in Köln gefreut haben. Als ich John McDaid nach dem Kon­zert frag­te, war­um es nur so weni­ge alte Songs zu hören gab, erklär­te er mir, die neue Plat­te bedeu­te der Band sehr viel und sie woll­ten vor allem die­se neu­en Sachen spie­len: „We might play some of the old stuff again when we’­re doing two hour shows!“ Auf einer Sta­di­onbüh­ne wür­den Vega4 sicher eine gute Figur machen. Bleibt nur zu hof­fen, dass dann ein paar Leu­te mehr kom­men.

Kategorien
Digital

Müssen wir alles mitmachen?

Bei Tech­no­ra­ti könn­te es ver­mut­lich hel­fen. Will­kom­men in der Welt des durch­such­ba­ren Inter­nets! Und weil wir ja die Welt­herr­schaft anstre­ben, kön­nen die Herr­schaf­ten uns da doch nur zuträg­lich sein.

Tech­no­ra­ti Pro­fi­le

Kategorien
Musik Leben

The höher they come, the blöder they fall

Es mag Zufall sein, dass es fast auf den Tag genau acht Jah­re her ist, dass ich zum ers­ten Mal von Brit­ney Spears hör­te. Sie trat mit ihrer ers­ten Sin­gle „Baby One More Time“ bei „Top Of The Pops“ auf und als mein bes­ter Freund und ich das sahen und hör­ten, gaben wir dem Mädel drei Sin­gles, dann sei alles wie­der vor­bei. Ich gebe zu: wir hat­ten uns ver­schätzt. Es waren dann doch vier Alben, die zu bewer­ten hier gar nicht The­ma sein soll. (Nur ein Hin­weis sei erlaubt: dass „Baby One More Time“ ein tol­ler Song war, wur­de spä­tes­tens ein Jahr spä­ter klar, als Tra­vis ihn cover­ten.)

Die Fra­ge, wann eigent­lich Brit­neys letz­te Sin­gle erschie­nen sei (und wie die klang), könn­te ich nicht ohne vor­he­ri­ge Recher­che beant­wor­ten. Aber das ist inzwi­schen auch völ­lig egal, es inter­es­siert ja auch nur noch die wenigs­ten, dass Pete Doh­erty noch Musik macht (die letz­te Babysham­bles-EP, das weiß ich wenigs­tens, hieß „The Blin­ding“ und erschien Ende 2006). Brit­ney Spears, die ja sowie­so immer schon ein belieb­tes The­ma des sog. Boulevard-„Journalismus“ war, ist end­gül­tig zum Traum eines jeden Gos­sen­be­ob­ach­ters gewor­den, weil sie alles, aber auch wirk­lich alles ver­eint, wofür man sonst Paris Hil­ton, Rob­bie Wil­liams und Pete Doh­erty bräuch­te – oder die jetzt nicht mehr ver­füg­ba­re Anna Nico­le Smith.

Jetzt (das ist der Bild­zei­tungs-Begriff für „vor eini­ger Zeit“, in die­sem Fall: „let­ze Woche“) hat sie sich eine Glat­ze schnei­den las­sen, was die „Panorama“-Redakteure hun­der­ter Online-Maga­zi­ne in Ver­zü­ckung ver­set­ze. Zwar gab es allen­falls zwei grie­se­li­ge Fotos von Spears‘ Plat­te, aber fast nie­mand ließ sich die Gele­gen­heit ent­ge­hen, noch mal eine Foto-Gale­rie mit den schöns­ten glatz­köp­fi­gen Frau­en (Sinead O’Con­nor, Skin, Nata­lie Port­man, Demi Moo­re) zusam­men­zu­stel­len. Ent­setzt wur­de das Phra­sen­schwein gemol­ken und die ewig glei­che Fra­ge, wie es nur so weit habe kom­men kön­nen, in den Raum oder zumin­dest auf die Titel­sei­ten gestellt. Frau Spears, die vor dem Fri­seur­be­such eine Ent­zie­hungs­kur abge­bro­chen hat­te, begab sich in der Zwi­schen­zeit in eine Ent­zugs­kli­nik, check­te nach 24 stun­den wie­der aus und hat nach neu­es­ten Mel­dun­gen grad zum drit­ten Mal inner­halb einer Woche eine Reha-Kli­nik auf­ge­sucht. (Ich muss mich kor­ri­gie­ren: nach neu­es­ten Mel­dun­gen soll Frau Spears mit einem Regen­schirm auf ein Auto los­ge­gan­gen sein, das ent­we­der ihrem Noch-Gat­ten oder einem Papa­raz­zo gehör­te. Das mit der Kli­nik könn­te natür­lich trotz­dem stim­men. Oder schon wie­der über­holt sein.)

Der ziem­lich bril­lan­te ame­ri­ka­ni­sche Pop­jour­na­list Chuck Klos­ter­man sagt in einem (im Novem­ber 2006 geführ­ten) Inter­view in der aktu­el­len Galo­re:

Es ist schwie­rig, jeman­den wie Brit­ney sati­risch zu beglei­ten. Wenn jemand vor zwei Jah­ren eine Par­odie auf Spears ver­fasst hät­te, was hät­te er getan? Wahr­schein­lich hät­te man sie mit einem wei­ßen Mit­tel­stands-Mann ver­hei­ra­tet, der von sich denkt, er sei ein Rap­per. Und der dann in ihrem Kel­ler wohnt und hin­ter­her um das Sor­ge­recht für die Kin­der klagt, um an ihr Geld zu kom­men. Das wäre glatt als Sati­re durch­ge­gan­gen. Aber es ist wirk­lich pas­siert. Man hät­te auch eine Sze­ne schrei­ben kön­nen, wie Brit­ney bar­fuß aus einer öffent­li­chen Toi­let­te kommt. Auch das ist wirk­lich pas­siert.

Bei You­Tube kann man sich ein Video anse­hen, wie Brit­ney Spears von Papa­raz­zi bedrängt wird und schließ­lich aus­ras­tet. Die Berufs­zy­ni­ker der Scum Press wer­den wie­der was faseln von „Wer die Medi­en für sei­nen Auf­stieg nutzt, muss auch damit rech­nen, in der Zei­tung zu ste­hen, wenn es mal nicht so gut läuft.“ (das Zitat ist zusam­men­er­fun­den, soll­te aber als authen­tisch durch­ge­hen) und auch der klei­ne Mann auf der Stra­ße wird wie­der geist­rei­che Leser­brie­fe abson­dern mit Sen­ten­zen wie „Ich kann das Gejam­mer der ‚Rei­chen und Schö­nen‘ nicht mehr hören. Er hat sich für das Leben, das er führt, ent­schie­den, und ent­schei­det sich jeden Tag aufs Neue dafür.“ (aus den Kom­men­ta­ren zu einem sueddeutsche.de-Arti­kels über Rob­bie Wil­liams‘ aktu­el­len Tablet­ten­ent­zug, der sich sowie­so schon wie ein Nach­ruf liest). Und war­um gucken wir uns das alle an? Weil „die da oben“ viel schö­ner und län­ger fal­len kön­nen. Das Schluss­wort die­ses quir­li­gen Gedan­ken­hop­pings gebührt des­halb Bil­ly Wil­der:

Der Unter­schied zwi­schen einer Komö­die und einer Tra­gö­die ist: Ein Mann läuft eine Stra­ße hin­un­ter und fällt hin. Wenn er wie­der auf­steht, ist das eine Komö­die, die Leu­te lachen; bleibt er lie­gen, ist es eine Tra­gö­die.

Kategorien
Rundfunk

Die Frage nach dem Schicksal…

Immer wie­der stel­le ich fest, dass das TV-Pro­gramm nicht immer die pas­sen­de Alter­na­ti­ve zum gemüt­li­chen Fei­er­abend ist, aber vor­ges­tern lief auf SAT1 ein Film, der mich tat­säch­lich nach­denk­lich stimm­te… zuge­ge­ben, Frau­en haben eher eine Ader für Kitsch und Roman­tik, aber da gehö­re ich nor­ma­ler­wei­se nicht zu. „Weil es dich gibt“ ist eigent­lich eine typi­sche Hol­ly­wood-Schnul­ze mit Hap­py End, jedoch hat die­ser Film eine Pri­se rea­lis­ti­sche Dra­ma­tik. Eine Frau und ein Mann begeg­nen sich zufäl­lig, ver­ste­hen sich gut und es könn­te ein wun­der­ba­rer Anfang für eine Bezie­hung wer­den, wenn da nicht die­se irre Idee vom Schick­sal wäre… Auf die Fra­ge, ob sie sich wie­der sehen, ent­geg­net die Frau: „Wenn es das Schick­sal so will… ja.“ Wor­auf­hin sie ihren Namen in ein Buch krit­zelt und es direkt danach an einen Anti­qui­tä­ten­händ­ler ver­kauft, ohne den Mann auch nur einen Blick dar­in wer­fen zu las­sen. Er schreibt sei­nen Namen und sei­ne Num­mer auf einen Dol­lar­schein und die­ser wird als Wech­sel­geld benutzt. Wenn die­ses Paar dafür bestimmt ist, sich wie­der zu sehen, wür­de er das Buch irgend­wann in die Hän­de bekom­men oder sie die­sen einen Dol­lar­schein. Im Prin­zip völ­lig unrea­lis­tisch – jedoch war es nicht die­se Sto­ry, die mich so fas­zi­nier­te, son­dern allei­ne der Gedan­ke, ob es etwas wie Schick­sal tat­säch­lich gibt. Man begeg­net so vie­len Men­schen im Leben, ist dau­ernd neu­en Her­aus­for­de­run­gen aus­ge­lie­fert, ist gezwun­gen Ent­schei­dun­gen zu tref­fen, und doch gibt es Situa­ti­on in denen man sich denkt: Viel­leicht muss­te das so sein… oder das ande­re Extrem: Was hat­te das jetzt für einen Sinn?
10 Jah­re hat das Paar in die­sem Film gebraucht, um sich wie­der zu tref­fen – dra­ma­ti­scher­wei­se waren bei­de kurz vor ihrer Hoch­zeit. Auch das ist eher Hol­ly­wood-like – den­noch kann man da Par­al­le­len für´s rea­le Leben zie­hen, oder wor­an liegt es, dass man nach Jah­ren plötz­lich an Men­schen den­ken muss, die man Ewig­kei­ten nicht gese­hen hat, man sich plötz­lich fragt, was wohl aus denen gewor­den ist und nimmt den Kon­takt plötz­lich auf? Mei­ner Mei­nung nach, soll­te jeder die­se Erfah­rung machen, dass es Men­schen im Leben gibt, die einen (auch wenn man kei­nen Kon­takt wirk­lich zu Ihnen hat) das gan­ze Leben lang beglei­ten… ob das wohl Schick­sal ist? Albert Ein­stein hat ein­mal gesagt: Gott wür­felt nicht.

Kategorien
Musik

Der musikalische Aschermittwoch: Who Invented These Lists?

Nicht nur die Poli­ti­ker machen heu­te aller­or­ten Bestands­auf­nah­men, auch ich wer­fe einen Blick ins Plat­ten­re­gal und ver­su­che fest­zu­hal­ten, was da so bis­her unter dem Erschei­nungs­jahr 2007 ein­sor­tiert wur­de.

Alben
1. Bloc Par­ty – A Weekend In The City
„Silent Alarm“ hat (fast) alle kalt erwischt: vor zwei Jah­ren, auf dem ers­ten Höhe­punkt der Newest Wave, waren Bloc Par­ty plötz­lich da und klan­gen so anders als der gan­ze Rest. Die Erwar­tungs­hal­tun­gen für den Nach­fol­ger waren rie­sig und was tut die Band? Schlägt so vie­le Haken, dass man erst gar nicht merkt, dass das Zweit­werk noch grö­ßer ist als das Debüt.
Eine Art Kon­zept­al­bum über Lon­don und Eng­land all­ge­mein, geprägt von der dor­ti­gen Para­noia und Gewalt, von Exszes­sen und der immer glei­chen Suche nach Lie­be. Die ganz gro­ßen The­men, gehau­en in nicht min­der gro­ße Songs, die auf dem Grat zwi­schen ver­stö­rend und über­wäl­ti­gend tan­zen.
Aus­ge­wähl­te High­lights zu bestim­men, erscheint schon fast unmög­lich. Mein per­sön­li­cher Favo­rit aber von Anfang an: „Sun­day“, nicht zuletzt wegen des Refrains „I love you in the mor­ning /​ When you’­re still hung over /​ I love you in the mor­ning /​ When you’­re still strung out“. Das dürf­te die­ses Jahr schwer zu top­pen sein.

2. The Blood Arm – Lie Lover Lie
Schreibt der Musik­ex­press, die klän­gen wie eine Mischung aus Ben Folds Five und Franz Fer­di­nand. Denk ich: „Das wol­len wir doch erst mal sehen“. Da dröhnt es aus den Boxen der Indi­edis­cos: „I like all the girls and all the girls like me“, immer und immer wie­der. Das Ren­nen um die Text­zei­len des Jah­res ist also ganz sicher noch nicht ent­schie­den und der dazu­ge­hö­ri­ge Song „Suspci­cious Cha­rac­ter“ hat alle Chan­cen, mei­ne Sin­gle des Jah­res zu wer­den.
Das zwei­te Album des Quar­tetts aus L.A. hat aber mehr zu bie­ten als text­ar­me Mit­gröl­hym­nen: „Going To Ari­zo­na“ ist eine herr­li­che Folk­num­mer zum, nun ja: Mit­grö­len, und „Dolo­res Deli­vers A Glo­rious Death“ ein fast schon töd­li­cher Schun­k­ler. Es gibt eine wei­te­re Band, die das Kla­vier zum Rocken nutzt und im Gitar­ren­ver­lieb­ten Indie­rock abstellt, was will man mehr?

3. Litt­le Man Tate – About What You Know
Shef­field, Part­ner­stadt Bochums und Hei­mat von Pulp und der Arc­tic Mon­keys. Letz­te­re sind dafür ver­ant­wort­lich, dass wohl bald jeder ver­pi­ckel­te Schul­jun­ge in der Stadt, der eine Gitar­re hal­ten kann, einen Plat­ten­ver­trag unter­schrei­ben muss. Bevor es aber so weit ist (und der gro­ße Rock’n’Roll-Cir­cus womög­lich nach Dar­ling­ton wei­ter­zieht), dür­fen wir uns am Debüt­al­bum von Litt­le Man Tate erfreu­en.
Die machen das, was man als jun­ge Band halt so macht: leicht rot­zi­gen Gitar­ren­pop mit mehr oder weni­ger bis­si­gen Tex­ten und ein­gän­gi­gen Melo­dien. Der Ope­ner „Man I Hate Your Band“, das schon mehr­fach als Sin­gle aus­ge­kop­pelt wor­den war, spielt dann auch gleich mit den gan­zen Kli­schees, die Schü­ler­bands auf Musik­ma­ga­zin­ti­tel­bil­dern so mit sich brin­gen, aber auch „Euro­pean Lover“ und „Court Report“ sprin­gen direkt aus dem All­tag in die Radi­os die­ser Welt. Bochum hat immer noch nur Grö­ne­mey­er. Noch.

4. Cold War Kids – Rob­bers And Cowards
Da kommt jah­re­lang nichts Neu­es aus Kali­for­ni­en und jetzt haben wir hier schon die zwei­te Band, die am Pazi­fik zu Hau­se ist: auch Indie­rock im wei­tes­ten Sin­ne, auch ab und zu mal mit Kla­vier, aber ins­ge­samt ein weni­ger kan­ti­ger als The Blood Arm. Man erahnt ein wenig Tom-Waits-Ein­flüs­se (Cali­for­nia, you know?), auch Ver­glei­che mit Clap Your Hands Say Yeah klop­fen höf­lich an, aber so unhör­bar sind Cold War Kids dann auch nicht.
„Hang Me Up To Dry“ heißt die aktu­el­le Sin­gle, die nur des­halb nicht so häu­fig in Indi­edis­cos lau­fen wird, weil man auf den Takt kaum tan­zen kann.

5. Tele – Wir brau­chen nichts
Und noch schnell was für die Deutsch­quo­te tun: Tele wer­den beim Durch­zäh­len der aktu­el­len deutsch­spra­chi­gen Bands ger­ne über­se­hen. Ihre Sin­gles lau­fen viel­leicht im Radio, aber vie­le ihrer Songs sind ein biss­chen zu vetrackt, um noch Mas­sen­kom­pa­ti­bler Pop zu sein. Beim „Bun­des­vi­si­on Song Con­test“ lan­de­ten sie im Mit­tel­feld, dabei war „Mario“ wohl der mit Abstand am bes­ten aus­ge­ar­bei­te­te Song im Wett­be­werb: die Lied gewor­de­ne Geschich­te eines Jun­gen aus gutem Hau­se, der immer auf der Suche ist, vor­ge­tra­gen zu leicht latein­ame­ri­ka­ni­sier­ter Musik und unwi­der­steh­li­chen „Oh oh“-Chören.
Mit nicht ganz so nahe­lie­gen­den Musik­sti­len haben es Tele eh, auch wenn „Rio de Janei­ro“ eher nach US-ame­ri­ka­ni­scher Revue­mu­sik als nach Sam­ba klingt. Und dann noch die­se Tex­te: „Als Du noch hier warst, war ich sicher, ich bin nicht mehr in dich ver­liebt, aber das war falsch wie der ers­te und der zwei­te Golf­krieg“. Der Titel­track ist dann (nach Muff Pot­ters „Wenn dann das hier“ und „Nichts geht ver­lo­ren“ von Kan­te) der end­gül­ti­ge Beweis dafür, dass man über Sex sehr wohl auch auf Deutsch sin­gen kann. Ein Lied, so ver­ein­neh­mend, dass man dazu auch ger­ne mal sei­ne Rei­se­ta­sche im Zug ste­hen lässt.

Sin­gles
1. Kai­ser Chiefs – Ruby
Mei­nen Hang zu klug erson­ne­nen Mit­gröl­hym­nen hat­te ich ja schon wei­ter oben zuge­ge­ben. „Ruby­ru­by­ru­by­ru­by (ahaaa­haa), doya­doya­doya­doya“ ist also ein Zwei-Pro­mill-Refrain ganz nach mei­nem Geschmack. Das ist für den Moment mehr als genug, das ist sogar spit­zen­mä­ßig, und wie das Album wird, sehen wir dann am Frei­tag.

2. Bloc Par­ty – I Still Remem­ber
Gerüch­ten zufol­ge die zwei­te Sin­gle, des­we­gen hier in der Lis­te: ein The-Cure-Gitar­ren­riff, danach erst mal nur noch Bass, Schlag­zeug und die unglaub­li­che Stim­me von Kele Oke­re­ke. Eine Hym­ne über uner­füll­te Lie­be, wahr­schein­lich bald zu Ker­zen­licht und bil­li­gem Rot­wein in jedem zwei­ten Teen­ager-Zim­mer zu hören (falls man sowas heu­te noch macht).

3. The Blood Arm – Suspcious Cha­rac­ter
Ich schreib doch jetzt nicht das drit­te Alko­hol-Lob­lied in Fol­ge! Statt­des­sen nur „I like all the girls and all the girls like me“, der Rest steht eh oben.

4. Mika – Grace Kel­ly
Seit Wochen Num­mer 1 in UK, muss ich mehr sagen? Okay: Wenn es Queen mit ihrer Reuni­on halb­wegs ernst gemeint hät­ten, hät­ten sie sich Mika als Sän­ger geholt. Der jon­gliert nicht nur mit sei­ner Stim­me wie der­einst Fred­die Mer­cu­ry, der schreibt auch noch gleich sol­che Songs.

5. Lady Sove­reign – Love Me Or Hate Me
Wei­ße Eng­län­de­rin­nen, die anfan­gen zu rap­pen: Au weia. Glück­li­cher­wei­se erreicht Loui­se Har­man einen recht beacht­li­chen Wert auf der Mike-Skin­ner-Ska­la und bas­telt sich noch reich­lich Grime-Ele­men­te in die Musik. Wie Lily Allens böse Stief­schwes­ter. Klar, dass sowas pola­ri­siert, aber das sagt ja auch schon der Titel.

Kategorien
Digital Print

Fair is foul and foul is fair

Sie lässt uns ein­fach nicht los, die deut­sche Vani­ty Fair: Der frü­he­re Viva-2-„Rüpelkomödiant“ Niels Ruf, der offen­bar seit län­ge­rem eine neue Show beim Digi­tal­fern­seh­ka­nal Sat 1 Come­dy hat, hat eine Redak­ti­ons­kon­fe­renz beim fik­ti­ven Hoch­glanz­ma­ga­zin „Vani­ty Fear“ gedreht. Den äußerst unter­halt­sa­men Clip gibt’s hier zu sehen und natür­lich schwärmt schon die hal­be Blogo­sphä­re davon.

Auch bei sueddeutsche.de, wo man ja schon vor ein paar Wochen Web 9 3/​4 und lus­ti­ge Online-Clips für sich ent­deckt hat, wird Rufs Video hoch gelobt. Mit einem Text, der nach min­des­tens eben­so über­dreh­ter Redak­ti­ons­kon­fe­renz klingt. Aus­zug:

Wir sagen dazu nichts wei­ter und behaup­ten auch nicht, dass die­ses Video den Ablauf irgend­ei­ner Redak­ti­ons­kon­fe­renz auf die­sem Pla­ne­ten wie­der­gibt.
Wir lachen nur – und wir lachen trotz­dem – und wenn Sie es sehen, tun Sie es auch. Mehr muss man zum Inhalt nicht sagen. Laut hören, das ist wich­tig.

Den Text allein kann man ja schon selt­sam genug fin­den, einen wirk­lich selt­sa­men Bei­geschmack bekommt der Arti­kel aber erst, wenn man sich noch mal vor Augen hält, wer eigent­lich der Chef von „Vani­ty Fair“ ist, der da in die­sem Video kari­kiert wer­den soll: Ulf Pos­ch­ardt, von 1996 bis 2000 Chef des „SZ-Maga­zins“, der qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­gen Frei­tags­bei­la­ge der ohne­hin recht emp­feh­lens­wer­ten „Süd­deut­schen Zei­tung“. Ein Schelm, der hier an so unschö­ne Begrif­fe wie „Nach­tre­ten“ denkt …

Kategorien
Unterwegs Leben

Die schönsten Bahnstrecken Europas

Heu­te ist der Tag des Hirns. Und das kam so:

14:19 h: Ich ver­las­se Bochum bei strah­len­dem Son­nen­schein mit einem Regio­nal­ex­press. Ich bin bes­ter Din­ge und lese in der neu­en Vani­ty Fair (ich erken­ne jetzt schon ver­däch­ti­ges Run­ning-Gag-Poten­ti­al für die­se Zeit­schrift in die­sem Blog).
14:43 h: Ich kom­me in Duis­burg an, kau­fe mir am Bahn­steig eine Fla­sche Mez­zo­mix und war­te auf den nächs­ten Zug.
14:58 h: Die Regio­nal­bahn nach Wesel fährt ein. Nach dem Ein­stei­gen depo­nie­re ich mei­ne Rei­se­ta­sche in einer der Abla­gen, set­ze mich und löse die Sudo­kus in … einer Zeit­schrift.
15:19 h: Der Zug fährt in Dins­la­ken ein. Ich stei­ge aus, die Son­ne scheint, mein MP3-Play­er spielt „Ever­yo­ne Is Here“ von den Finn Brot­hers und ich gehe bes­tens gelaunt zu Fuß zu mei­nem Eltern­haus.
15:45 h: Ich errei­che mein Eltern­haus, begrü­ße mei­ne Geschwis­ter, gehe wie­der in mein Zim­mer und fra­ge mich, wo eigent­lich mei­ne Rei­se­ta­sche ist.
15:46 h: Ich rufe bei der Deut­schen Bahn AG an, las­se mich mit der zen­tra­len Ver­lust­stel­le ver­bin­den, schil­de­re mein Anlie­gen und die Tasche und bekom­me eine Vor­gangs­num­mer. Bil­der von gesperr­ten Bahn­stre­cken und mei­ner armen, gespreng­ten Rei­se­ta­sche zucken mir durch den Kopf.
16:39 h: Ich bin wie­der am Dins­la­ke­ner Bahn­hof, die Züge fah­ren noch. Also stei­ge ich in die Regio­nal­bahn nach Mön­chen­glad­bach ein, die nach Fahr­plan die glei­che (also der sel­be Zug) sein könn­te, in dem ich acht­zig Minu­ten zuvor mei­ne Tasche ver­ges­sen hat­te. Ich gehe den gan­zen Zug ab, fin­de aber kei­ne Tasche. Weil die Suche so ihre Zeit braucht, ist der Zug schon wie­der los­ge­fah­ren und ich kann erst in Ober­hau­sen-Hol­ten aus­stei­gen.
16:48 h: Ich neh­me die nächs­te Regio­nal­bahn (dies­mal ein offen­kun­dig ande­rer Wagen­typ) nach Dins­la­ken zurück.
17:01 h: Ich fra­ge am Schal­ter der Deut­schen Bahn in Dins­la­ken nach, was ich denn tun kön­ne. Der stets außer­ge­wöhn­lich freund­li­che Schal­ter­be­am­te, der wirk­lich mal öffent­li­che Erwäh­nung und Lob­prei­sung ver­dient hät­te, gibt mir die Num­mer der Leit­stel­le in Duis­burg.
17:05 h: Ich rufe in Duis­burg an. Dort ist eine Rei­se­ta­sche, auf die mei­ne Beschrei­bung passt, soeben als gefun­den gemel­det wor­den und wird in die­sem Moment – „Blei­ben­se ma grad dran!“ – dem Duis­bur­ger Bahn­hofs­per­so­nal aus­ge­hän­digt.
17:39 h: Ich neh­me die nächs­te Regio­nal­bahn nach Duis­burg.
18:01 h: Ich gehe zum Ser­vice­point im Duis­bur­ger Haupt­bahn­hof, mel­de mich, sehe mei­ne Tasche und muss nur noch auf­sa­gen, was sich dar­in befand, dann gehört sie wie­der mir.
18:20 h: Mit dem Gurt mei­ner Rei­se­ta­sche um die Füße gewi­ckelt fah­re ich mit dem nächs­ten Zug wie­der nach Dins­la­ken zurück.
18:40 h: Ich stei­ge zum drit­ten Mal am heu­ti­gen Tag am Dins­la­ke­ner Bahn­hof aus einem Zug und mache mich aber­mals auf den Weg zu mei­nem Eltern­haus.
19:10 h: Ich stel­le fest, dass die sechs DVDs aus der Tasche ver­schwun­den sind.

Kategorien
Film

David Lynch auf Pilzen

Ein gan­zer Rat­ten­schwanz an fun facts über „Inland Empire“, das neue Werk von unser aller Kult­ver­wir­rer David Lynch, geis­tert durch das Inter­net. Dass es kein Dreh­buch gab, son­dern Lynch ein­fach vor jedem Dreh die Sze­ne schnell mal so schrieb. Dass dies Lynchs letz­ter Film sein wird. Dass die Sagen von Per­se­pho­ne, Ali­ce im Wun­der­land, „Der Zau­be­rer von Oz“ und „Shi­ning“ die „Hand­lung“ inspi­rier­ten.

Eine weni­ger lus­ti­ge Tat­sa­che ist die mit drei Stun­den epi­sche Lauf­zeit, und dass Lynch das DV-For­mat für sich ent­deckt hat. Mit einer Sony-Kame­ra aus dem Elek­tro­la­den um die Ecke kann Lynch natür­lich noch öfter über­le­bens­gro­ße, von Wahn­sinn ver­zerr­te Gesich­ter auf die Lein­wand brin­gen; und jede Men­ge Rei­sen unter­neh­men, meist durch die Psy­che sei­ner Haupt­fi­gur (Lau­ra Dern: Respekt mein Lie­ber!), dann aber auch ger­ne mal nach Polen, wo eben­falls ein Teil des Films spielt.

Konn­te man bei „Mul­hol­land Dri­ve“ oder „Lost High­way“ mit eini­ger Mühe noch einen Zusam­men­hang bzw. gar eine Erklä­rung für das Gese­he­ne fin­den, so ent­zieht sich „Inland Empire“ jeg­li­cher Logik. Man sieht sich ein­fach nur mit geball­ter Lynch-Power kon­fron­tiert: Skur­ril, wild und mit­un­ter ziem­lich gru­se­lig; abso­lut uner­träg­lich für den Nicht-Ein­ge­weih­ten und auch für den erklär­ten Fan nicht ganz leicht durch­zu­ste­hen. Was ein Trip! Ich will auch was von dem Zeug das Lynch wäh­rend der Dreh­ar­bei­ten intus hat­te. (Oder lie­ber nicht…)

P.S.: Wil­liam H. Macys Cameo rockt! ;-) Ach­ja, und falls Ihr Euch traut, der Film läuft ab 26. April in deut­schen Kinos.

Kategorien
Musik Rundfunk

Rock Me Amadeus

Ich mag die Öster­rei­cher. Und in den letz­ten 12 Stun­den fand ich wie­der zwei Sachen, an denen ich das fest­ma­chen konn­te:

1. Die ORF-2-Über­tra­gung vom Wie­ner Opern­ball. Wäh­rend mann im deut­schen Fern­se­hen (auch oder gera­de im öffent­lich-recht­li­chen) bei sol­chen Ereig­nis­sen hek­ti­sche, ober­fläch­li­che Inter­views mit den immer glei­chen Pro­mi­nen­ten sehen wür­de, unter­hielt sich Ara­bel­la Kies­bau­er min­des­tens drei Minu­ten mit Stel­la Deet­jen, die sich für ein Lepra-Pro­jekt in Indi­en enga­giert und den Opern­ball zum Kon­tak­te­knüp­fen und Spen­den­sam­meln nut­zen woll­te. Man mag das als Ali­bi-The­ma abtun, aber dann stel­le man sich mal vor, bei irgend­ei­nem deut­schen „Event“ (bei dem deut­schen „Event“, was auch immer das sein soll­te) käme eine nicht-pro­mi­nen­te Wohl­tä­te­rin zu Wort und rede­te drei Minu­ten über eine immer noch weit ver­brei­te­te, aber rela­tiv gut heil­ba­re Krank­heit. Klingt eher unwahr­schein­lich, oder? Dass der kur­ze Talk mit Paris Hil­ton dann auch noch gar nicht mal so ober­fläch­lich war und Mode­ra­tor Alfons Hai­der mit dem hüb­schen Neben­satz „sie ver­sucht sich als Schau­spie­le­rin, Sän­ge­rin und Model“ auch noch eine (unfrei­wil­li­ge?) Spit­ze rein­brach­te, run­de­te mei­ne Freu­de über die­ses TV-Ereig­nis ab.

2. Die­se Wor­te, die die Öster­rei­cher, und wirk­lich nur die Öster­rei­cher haben, die­se Berufs­be­zeich­nun­gen, die­se etwas anti­quiert wir­ken­de Höf­lich­keit, das alles fin­de ich ganz toll. Und ein neu­es Lieb­lings­wort habe ich jetzt auch: Pöna­le.

In die­sem Zusam­men­hang soll­te man viel­leicht dar­auf hin­wei­sen, dass der zweit dritt viert­be­rühm­tes­te Öster­rei­cher der Welt nächs­te Woche 50 Jah­re alt gewor­den wäre. Stand in der neu­en Vani­ty Fair.

Kategorien
Uncategorized

Wir können alle lesen…

…rich­tig, „und du bist nie ein Mist­stück gewe­sen“. Die­se Zei­len von Kett­car fie­len mir ein, als ich letz­tes Jahr im Okto­ber mit dem Bus durch eine bra­si­lia­ni­sche Klein­stadt fuhr und eine gera­de ein­ge­stie­gen­de Mit­fah­re­rin ihr T‑Shirt „prä­sen­tier­te“.

„Miss Pla­net Club“ stand da drauf. Zuge­ge­ben – nicht gera­de ein Brül­ler, aber den­noch brach­te mich die­ser Auf­druck zum Nach­den­ken. Was war das für ein selt­sa­mer Club? War es ein Ver­ein für Damen mit dem Titel „Miss Pla­net“ oder eine Ver­ei­ni­gung namens „Pla­net Club“ des­sen Miss die­se Dame momen­tan war? Wie auch immer; ich merk­te mir die­sen selt­sa­men Spruch und beschloss ein biss­chen mehr auf die Auf­drü­cke bra­si­lia­ni­scher T‑Shirts zu ach­ten.

Das nächs­te Shirt-Ver­bre­chen sah ich kurz dar­auf, die­ses Mal an einer Bus­hal­te­stel­le: „Sweet Girl 86 who loves her dog – infi­ni­te dream“ stand da drauf, mit Herz­chen und einem klei­nen Hünd­chen ver­ziert. Ich konn­te das Lachen nur schwer unter­drü­cken…

Man muss zur Ver­tei­di­gung der T‑Shirt-Trä­ger sagen, dass die eng­li­sche Spra­che in Bra­si­li­en nicht sehr ver­brei­tet ist, son­dern höchs­tens von eini­gen Stu­den­ten gespro­chen wird. Aber man ach­te mal bit­te auf T‑Shirt-Auf­drü­cke in Deutsch­land: Auch die sind nicht viel bes­ser. Manch­mal den­ke ich mir, ob die Her­stel­ler sol­cher Desi­gnerMas­sen­wa­re extra däm­li­chen Scheiss auf ihre Pro­duk­te schrei­ben. Ich erin­ne­re mich bei­spiels­wei­se an zahl­lo­se im Col­lege-Stil gehal­te­ne T‑Shirts (ob sie nun von C&A, H&M, Aldi oder sonst­wo stam­men), auf denen mit Jah­res­zah­len (beliebt alles mit ’60 und ’70) nur so um sich geschmis­sen wird und dann noch ein „Club Ame­ri­can Foot­ball“ oder „Ulti­ma­te World Cham­pi­on“ oder „$1000 Uni­ver­si­ty“ steht… Also ste­hen wir den Bra­si­lia­nern da in nichts nach – und dabei denkt man doch, dass hier mehr Men­schen der eng­li­schen Spra­che hab­haft sind.

Den Knal­ler sah ich den­noch in Bra­si­li­en und – Über­ra­schung – wie­der in einem Bus. Dort war ein jun­ger Mann, der ein gro­ßes T‑Shirt trug (es muss groß gewe­sen sein, denn es stand ne Men­ge drauf). Fol­gen­des stand auf sei­ner Brust: „86 Sun­ny Day – Incre­di­ble Jour­ney“, da drun­ter dann „73 Pan­ora­ma 76“. Auf dem Rücken stand dann abschlie­ßend „See­king a new chall­enge, Mali­bu – LA“. Groß! Ich muss­te den Herrn fasst bit­ten noch ein­mal auf­zu­ste­hen, da ich so schnell nicht alles abschrei­ben konn­te. Glück­li­cher­wei­se hat­te sich ein Freund, der mit mir reis­te, eini­ges gemerkt.

Was Bes­se­res ist mir danach nicht mehr unter­ge­kom­men – ehr­lich gesagt habe ich danach auch nicht mehr gesucht. Wie sieht es bei euch aus? Was sind die bes­ten T‑Shirt-Ent­de­ckun­gen oder wel­che Lei­chen habt ihr selbst im Kel­ler, äh im Schrank hän­gen?

Kategorien
Musik

Gothic nicht mehr Underground?

Mit Fas­zi­na­ti­on stel­le ich nun seit län­ge­rer Zeit fest, dass die Musik­be­we­gung, die sich immer noch für eli­tär und under­ground­ver­bun­den hält, immer mehr Ein­zug in die 0815-Musik­sze­ne fin­det – aber nicht nur das, auch umge­kehrt gibt es Schnitt­stel­len !
Nina-Frie­de­ri­ke Gnä­dig, bes­ser bekannt als das Biest aus „Ver­liebt in Ber­lin“ posiert für das Video „Schwar­ze Wit­we“ der Gothic-Rock Band Eis­bre­cher. Regi­na Hal­mich ist sehr gut mit Mozart von Umbra et Ima­go befreun­det und geniesst durch­aus Aben­de in Gothic­schup­pen. Es ist einer­seits gut zu sehen, dass die Tole­ranz der „Nor­ma­los“ für so einen Lebens­stil wie den des Goths steigt, aller­dings sehe ich die umge­kehr­te Wen­dung mit einem wei­nen­den Auge – denn es gibt genug Künst­ler, die mit den Gruf­ties gross gewor­den sind und nun ihren Stil um 180 Grad dre­hen, damit sie von gros­sen Musik­sen­der akzep­tiert wer­den. Um nur eini­ge zu nen­nen: Apo­ptyg­ma Berz­erk – die haben frü­her kei­ne ein­zi­ge Gitar­re gese­hen, Oomph waren anders unter­wegs als sie noch „Ich bin der neue Gott“ san­gen, And One klin­gen nach Schla­ger und jedem „Chart-Hörer“ wür­de das Blut in den Adern gefrie­ren, wenn sie z.B. „Pan­zer­mensch“ statt „So klingt Lie­be“ im Radio hören wür­den. Auch ist es inter­es­sant zu sehen, dass Ramm­stein seich­ter in ihren Vide­os wer­den, statt­des­sen aber jun­ge Tee­ny Bands geschminkt rum­lau­fen wie Chris Pohl in sei­nen dun­kels­ten Jah­ren.

Ich glau­be, ich wird das nie ver­ste­hen.… ich bin ein­fach zu alt für so was *lach*