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Reife Panne

Die ARD und der Rad­sport, das ist wie die­ses eine Paar, das jeder in sei­nem Freun­des­kreis hat: Stän­dig strei­ten sie sich, zie­hen alle Bekann­ten in ihre Bezie­hungs­kri­sen mit hin­ein, nur um kurz vor der end­gül­ti­gen Tren­nung zu erken­nen, dass man ohne ein­an­der nicht leben kann und von Hei­rat zu faseln, wobei man sich über die Pla­nung der­sel­bi­gen wohl wie­der tie­risch in die Haa­re krie­gen wird …

Als wäh­rend der Tour de France her­aus­kam, dass der T‑Mo­bi­le-Fah­rer Patrik Sin­ke­witz vor der Tour posi­tiv auf Doping getes­tet wor­den war, spran­gen ARD und ZDF ent­setzt auf, schrien laut „Iiih ba!“ und stie­gen aus der Bericht­erstat­tung aus. Sat.1 kauf­te die die Rech­te, bla­mier­te sich bis auf die Kno­chen und kei­ne Woche spä­ter woll­te man in der ARD doch wie­der über die Tour berich­ten, aber nicht live.

Jetzt ist Deutsch­land-Tour und die ARD über­trägt an neun Tagen live (wenn auch unter der Woche nur je eine Stun­de am Tag). Und im direk­ten Ver­gleich zu den Bil­dern des fran­zö­si­schen Fern­se­hens, an die wir uns im letz­ten Monat gewöhnt hat­ten, fällt auf:

Schal­tet man ein, hat man kei­ne Ahnung, wo die Fah­rer sind und wie weit sie noch fah­ren müs­sen. Statt einer per­ma­nen­ten Ein­blen­dung, wie es sie bei jedem Fuß­ball­spiel gibt (und die man, gera­de wenn die ARD bzw. die Bun­des­li­ga betei­ligt sind, nicht lesen kann), wird alle paar Minu­ten mal ein­ge­blen­det, wie vie­le Kilo­me­ter noch zu fah­ren sind. Immer­hin.

Die Land­schafts­auf­nah­men sind sehr schön (ich den­ke bereits über einen Schwarz­wald-Urlaub nach), aber von den Fah­rern wer­den abwech­selnd Live-Bil­der und Nicht-ganz-so-Live-Bil­der in Zeit­lu­pe gezeigt, ohne dass der Zuschau­er erfüh­re, was jetzt gera­de pas­siert und was vor­hin pas­siert ist.

Kom­men­ta­tor Flo­ri­an Naß vor­zu­wer­fen, dass er gan­ze Sät­ze aus­for­mu­lie­ren und vor allem been­den kann, wäre viel­leicht eine Spur zu bös­ar­tig, aber er ist halt ganz allei­ne und bei einer Rad­sport­über­tra­gung gehört die­ses Geschwa­fel ja irgend­wie ein­fach dazu.

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Irrationale Ängste

Als ich ges­tern „Das Model und der Freak“ sah, dach­te ich, dass es doch ein biss­chen beun­ru­hi­gend wäre, wenn dort ein­mal ein ehe­ma­li­ger Klas­sen­ka­me­rad als „Freak“ auf­tauch­te. Mög­li­cher­wei­se hät­te man sich mit unüber­leg­ten puber­tä­ren Sprü­chen oder der Wahl des Betref­fen­den zum „Schü­ler, der ein­mal in den Nach­rich­ten erschei­nen wird“ in der Abizei­tung mit­schul­dig dar­an gemacht, dass der Arme nun von halb­nack­ten Models in küchen­psy­cho­lo­gi­sche Gesprä­che ver­wi­ckelt wird.

Dann dach­te ich: Noch tra­gi­scher wäre doch, wenn man als Frau vor dem Fern­se­her sitzt und sei­nen Ex-Freund durch eine sol­che Sen­dung gescheucht sieht. Der neue Lebens­part­ner (oder gar Ehe­mann) sitzt mit einem Tel­ler Möh­ren und einer Schüs­sel Kräu­ter­quark auf dem Sofa neben einem und man muss jetzt ganz genau über­le­gen, ob das die rich­ti­ge Situa­ti­on ist, ihm sei­nen Vor­gän­ger vor­zu­stel­len.

Dann erin­ner­te ich mich an ein Gespräch, das ich mal in einem Café mit­be­kom­men hat­te: Eine jun­ge Frau erzähl­te einer ande­ren, sie habe kürz­lich mit ihrem Ex-Freund tele­fo­niert und als sie die­sen gefragt habe, wie es ihm gehe, habe der geant­wor­tet, er sei jetzt mit Sound­so zusam­men und Sound­so war der Name eines Man­nes und der Ex-Freund dem­nach auf ein­mal schwul. Ich konn­te gera­de noch an mich hal­ten, mich zu den bei­den umzu­dre­hen, mich vor­zu­leh­nen und in Rein­hold-Beck­mann-Ton­fall zu fra­gen: „Wie fühlt man sich in einer sol­chen Situa­ti­on? Zwei­felt man da nicht an sei­ner eige­nen Weib­lich­keit?“ Aber dann dach­te ich mir, dass Rein­hold Beck­mann (ob echt oder falsch) der letz­te ist, den man in einer sol­chen Situa­ti­on um sich haben möch­te.

Frü­her, als es im Fern­se­hen nur drei Kanä­le gab, war man noch sicher: Ins Fern­se­hen kam nur, wer Poli­ti­ker, Sport­ler oder Kan­di­dat bei „Wet­ten, dass…?“ war. Dann kamen die Pri­vat­sen­der und ris­sen die vier­te Wand, von der sie ver­mut­lich nicht mal wuss­ten, dass sie exis­tier­te oder wer sie dahin­ge­stellt hat­te, ein. Aber auch nach über zwan­zig Jah­ren haben die Leu­te auf der Stra­ße nicht begrif­fen, dass die ein­zig ange­mes­se­ne Reak­ti­on auf eine Fern­seh­ka­me­ra und einen über­dreh­ten Repor­ter ist, schnell weg­zu­lau­fen und wäh­rend der Flucht mit den eige­nen Anwäl­ten zu dro­hen, falls die­ser Irr­sinn aus­ge­strahlt wer­den soll­te. Nein, die Leu­te sind immer noch ganz ehr­fürch­tig, wenn sie von alber­nen Fran­zo­sen, die in ein Baguette spre­chen, oder TV-Total-Mit­ar­bei­tern ange­quas­selt wer­den.

Einen, der die­ses jour­na­lis­ti­sche Sub­gen­re in Deutsch­land „groß“ gemacht hat, sah ich neu­lich in der Esse­ner Innen­stadt: Theo West. Von wei­tem sah ich, wie er unver­mit­telt neben (meist älte­ren) Pas­san­ten auf­tauch­te und sie mit ver­mut­lich dadurch schon so weit irri­tier­te, dass sie ihm spä­ter glau­ben wür­den, Bun­des­kanz­le­rin Mer­kel habe auf dem Esse­ner Wochen­markt einen Stand mit selbst­ge­koch­ter Wal­nuss­mar­me­la­de eröff­net (oder was immer er ihnen erzähl­te). Ich merk­te, dass ich kalt­schwei­ßig wur­de und instän­dig hoff­te, die­ser Knilch möge an mir vor­über­ge­hen. Ich hät­te ver­sucht sein kön­nen, wit­zig oder schlag­fer­tig zu sein (zwei Eigen­schaf­ten, die ich für mich nie in Anspruch genom­men habe), und das hät­te neben einem sol­chen Voll­pro­fi rich­tig pein­lich wir­ken kön­nen. Da hät­te nur noch apa­thi­sches Stie­ren direkt in die Kame­ra eine Aus­strah­lung ver­mas­seln kön­nen (so bin ich mal dem dama­li­gen Musik­sen­der Viva ent­kom­men).

Aber selbst, wer die Esse­ner, Köl­ner und Ber­li­ner (wo man immer­hin noch von Cars­ten van Rys­sen ver­arscht wer­den konn­te) Innen­stadt mei­det, ist nicht mehr sicher: Seit neu­es­tem läuft man auch zuhau­se Gefahr, von Sen­dun­gen wie „Quiz-Tour“ beläs­tigt zu wer­den. Mein schlimms­ter Alp­traum indes wäre, dass Tine Witt­ler bei mir klin­gel­te, um medi­ter­ra­ne Wisch­tech­nik und Stau­raum in mei­ne vier Wän­de zu brin­gen, auf dass ich zukünf­tig lie­ber unter einer Brü­cke schlie­fe als daheim. Wo sind die Leu­te, die immer mit dem Grund­ge­setz wedeln, eigent­lich, wenn öffent­lich der­art gegen die Unver­letz­lich­keit der Woh­nung ver­sto­ßen wird?

All dies sind natür­lich Extrem­bei­spie­le; Ängs­te, die – wie die aller­meis­ten Ängs­te – unbe­grün­det sind. So habe ich jah­re­lang wie­der­holt geträumt, in einem Fahr­stuhl zu sein, der wahl­wei­se abstürzt oder nach oben durch die Decke schießt. Das ist inso­fern fas­zi­nie­rend, als ich im wachen Zustand kei­ner­lei Pro­ble­me mit gro­ßen Höhen oder Fahr­stüh­len habe – mit der Ein­schrän­kung, dass ich pani­sche Angst davor habe, gemein­sam mit Jür­gen Drews und Gül­can Karahan­ci in einem Fahr­stuhl ste­cken zu blei­ben. Da ich aber weder dem „König von Mal­lor­ca“, noch der Plau­der­ta­sche von Viva bis­her begeg­net bin, basiert auch die­se Angst mehr auf der vagen Mög­lich­keit, ein sol­ches Ereig­nis kön­ne ein­tre­ten, als auf per­sön­li­chen Erfah­run­gen. Noch unwahr­schein­li­cher ist ledig­lich der Traum, den ich kürz­lich hat­te, und in dem ich zum Bun­des­vor­sit­zen­den der Jun­gen Uni­on gewählt wor­den war. Der war aber auch schreck­lich.

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Rundfunk Sport

Klare Fronten und ’ne Schüppe voll Sand (Eurosport Revisited)

Als ich die Her­ren Migels, Jansch und Schulz vor zwei­ein­halb Wochen ken­nen­lern­te, war ich ja eher amü­siert. Es stell­te sich aber her­aus, dass die Kom­men­ta­to­ren bei ARD und ZDF nicht nur nicht bes­ser waren, sie waren letz­te Woche auch ein­fach weg. Und da die Sat.1‑Leute schlicht­weg nicht zu ertra­gen sind, habe ich dann doch die letz­ten Wochen mit Migels, Jansch und Schulz ver­bracht, sie sind mir inzwi­schen ans Herz gewach­sen. Am Sonn­tag ist die Tour zu Ende (und wer weiß, was im nächs­ten Jahr sein wird), des­halb habe ich heu­te noch ein­mal genau hin­ge­hört:

Jansch: Das Klos­ter und die Kir­che von Not­re Dame, gele­gen im klei­nen Ört­chen Simor­re, das in der Gas­cao­gne liegt – also heu­te ’n gan­zes Stück durch die­se Land­schaft, wir haben’s vor­ges­tern, Nein: ges­tern schon mal erwähnt, dass sie sich bis zum Nor­den der Aqui­taine erstreckt – von den Pyre­nä­en aus gese­hen. Hier die Namens­ein­blen­dung für die­se aus dem 13. Jahr­hun­dert stam­men­de kirch­li­che Ein­rich­tung – und wir wer­den in die­sem Bau­stil heu­te sicher­lich noch ’ne gan­ze Men­ge von Schlös­sern, Bur­gen und Kir­chen zu Gesicht bekom­men, in den nächs­ten Tagen wird’s dann ein biss­chen zisel­lier­ter, da ist der Bau­stil nicht mehr so grad­li­nig, die Stei­ne nicht mehr so wuch­tig und die Fron­ten nicht mehr so klar.

Beson­ders inter­es­sant wer­den man­che Gedan­ken­sprün­ge, wenn man nicht unent­wegt auf den Bild­schirm starrt und einem des­halb man­che Kon­text­wech­sel ver­schlos­sen blei­ben:

Jansch: Einer der bei­den Caisse-d’Éparg­ne-Kapi­tä­ne, näm­lich Val­ver­de, soll­te zugleich auch der bes­te Sprin­ter des Teams sein – ich weiß nicht, ob ihm viel­leicht die­se Nach­führ­ar­beit die­nen soll. [Ein rie­si­ges Son­nen­blu­men­feld kommt ins Bild] Mein Gott, hier wür­de van Gogh sicher­lich das Herz auf­ge­hen.

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Radio Musik Rundfunk

Programmhinweis

Mor­gen (Don­ners­tag, 26. Juli) wer­de ich noch ein­mal an mei­ne alte Wir­kungs­stät­te zurück­keh­ren und die Sen­dung „Rocka­way Beach“ bei CT das radio mode­rie­ren.
Es wird eine ein­stün­di­ge Vor­schau auf das Hald­ern Pop Fes­ti­val, das vom 2. bis zum 4. August wie­der am schö­nen Nie­der­rhein statt­fin­det, und ich wer­de haupt­säch­lich Künst­ler spie­len, die die­ses Jahr in Hald­ern am Start sind, und Anek­do­ten aus den ver­gan­ge­nen Jah­ren erzäh­len.

Rocka­way Beach
am 26. Juli 2007
um 21 Uhr
auf CT das radio (Web­stream gibt’s hier)

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Radio Rundfunk Digital

Totgesagte sollen leben!

Track­back am Ende, so beti­tel­te Mari­us einen Ein­trag bei Main­gold am Sonn­tag. Eine Abrech­nung mit einem Sen­de­for­mat, das in Deutsch­land wohl nach wie vor sei­nes­glei­chen sucht (für alle, die nicht wis­sen, was Track­back ist: Es ist eine Radio­sen­dung beim RBB, die sich mit Netz- und Blog­the­men beschäf­tigt).

Seit eini­gen Wochen läuft die Sen­dung eher unrund. Mir fal­len da vor allem die­se Din­ge ein: Wenig The­men, schlech­te Vor­be­rei­tung und unste­te Mode­ra­to­ren­aus­wahl. Erst am Sonn­tag wur­de das so deut­lich wie nie: Nach­dem eine Woche vor­her erst Hol­ger Klein sei­nen Aus­stand gege­ben hat, muss­te Ole Stühr­mann ran. Was er da mach­te, wirk­te eher mit­leid­erre­gend. Was, wie er sel­ber im Track­back-Chat mit­teil­te, dar­an lag, dass er nur Ersatz­mann vom eigent­li­chen Ersatz­mo­de­ra­tor und außer­dem aus­ge­powert gewe­sen sei. Bleibt abzu­war­ten, was in den nächs­ten Wochen so pas­siert mit der Sen­dung. Und wer der end­gül­ti­ge Nach­fol­ger für Hol­gi wird.

John­ny Häus­ler von Spree­blick, mut­maß­li­cher Erfin­der der Sen­dung, hat sich heu­te Nacht zu all dem geäu­ßert, was mit Track­back aktu­ell so pas­siert. Erklärt die Umstän­de, unter denen die Sen­dung und der ent­spre­chen­de Pod­cast im Herbst 2007 star­te­te. Bevor ich jetzt alles kon­kret zitie­re, was er zu erzäh­len hat­te, ver­lin­ke ich den Bei­trag lie­ber.

Sicher ist es schwer, im Medi­um Radio eine Sen­dung über Netz­the­men zu machen. Blogs sind nun­mal pri­mär dazu da, um gele­sen zu wer­den, und nicht um über sie zu reden. Ent­spre­chend ange­nehm fand ich vor allem die Fol­gen, die sich mit dem aktu­el­len Netz-Zeit­ge­sche­hen beschäf­ti­gen. Die flickr-Zen­sur. Abmah­nun­gen. Daten­schutz. Alles rele­van­te The­men, die auch mich als akti­ve Blog­ge­rin inter­es­sie­ren. Es gab Hochs und Tiefs, und die Sen­dung letz­ten Sonn­tag war defi­ni­tiv einer die­ser Tief­punk­te. Der Mei­nung von Mari­us mag ich mich aller­dings nicht anschlie­ßen.

Track­back ist aus mei­ner Sicht zu 100% geschei­tert. Wor­an das liegt habe ich oben für mich erklärt, war­um dies so ist kann ich nicht sagen. FRITZ soll­te sich den Gefal­len tun die­se Sen­dung so schnell wie mög­lich kom­plett abzu­set­zen, bevor die gan­ze Ange­le­gen­heit noch trau­ri­ger wird als sie ohne­hin schon ist.

Anstatt des­sen zitie­re ich dann doch mal John­ny:

Neue Ideen, Pro­jek­te und Medi­en­ex­pe­ri­men­te brau­chen den Wunsch nach Gelin­gen, nicht den Wunsch nach Schei­tern. Und wer Angst vor dem Schei­tern hat, kann immer nur auf Bewähr­tes zurück­grei­fen, allein der Ver­such der Inno­va­ti­on wird dadurch unmög­lich.

TRACKBACK wird wei­ter sen­den und wei­ter aus­pro­bie­ren und wei­ter spie­len, bestimmt nicht für immer, aber für jetzt. Ob mit oder ohne Spree­blick ist dabei noch unge­klärt, aber im Grun­de irrele­vant, denn die grund­sätz­li­che Idee funk­tio­niert auch ohne uns. Aber nicht ohne euch.

Das Poten­ti­al hat die Sen­dung auf jeden Fall. Und diver­se wirk­lich gute und inter­es­san­te Sen­dun­gen las­sen mich an das Gute am The­ma glau­ben.

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Rundfunk Sport

Fahrrädchen im Wind

So ganz genau weiß man bei der ARD offen­bar auch nicht, was man will, meint oder vor­hat: Als letz­ten Mitt­woch her­aus­kam, dass eine Doping­pro­be aus dem Trai­ning des T‑Mo­bi­le-Fah­rers Patrik Sin­ke­witz posi­tiv war, stie­gen ARD und ZDF ange­wi­dert aus der Live-Bericht­erstat­tung aus und insze­nier­ten sich im eige­nen Pro­gramm (für mei­nen Geschmack einen Tacken zu laut­stark) als Grals­hü­ter des guten Geschmacks und der öffent­li­chen Ord­nung. Dann über­nahm Sat.1 die Tour-Über­tra­gung und neben eini­gen Poli­ti­kern fand auch WDR-Che­fin Moni­ka Piel die­se Ent­schei­dung nicht gut.

Wäh­rend Sat.1 mit grot­ten­schlech­ter Live-Bericht­erstat­tung beein­druck­te (die heu­te mit einem Jan-Ull­rich-Inter­view einen neu­en Tief­punkt erreich­te), berich­te­te die ARD wei­ter­hin über die Tour – nur eben nicht live. Wo da der qua­li­ta­ti­ve Unter­schied lie­gen soll, weiß der Hen­ker – es wird ja im Ers­ten nie­mand ernst­haft erwar­tet haben, da wer­de sich ein Rad­fah­rer live eine Sprit­ze in den Arm drü­cken, was man dann für die Zusam­men­fas­sung raus­schnei­den kann.

Heu­te mel­det „Spie­gel Online“, die ARD wol­le ab mor­gen – mor­gen ist Ruhe­tag! – ein 25minütiges Tour-Maga­zin sen­den. Ein „Umden­ken“, wie SpOn es nennt, ist das natür­lich (s.o.) nicht, aber so wirk­lich glaub­wür­dig ist so lang­sam nichts mehr an die­ser Tour: Nicht nur, dass der der­zeit im gel­ben Tri­kot fah­ren­de Däne Micha­el Ras­mus­sen unter Doping­ver­dacht steht und der zweit­plat­zier­te Alber­to Con­ta­dor auch eine etwas zwei­fel­haf­te Ver­gan­gen­heit zu haben scheint – auch das Thea­ter um die Bericht­erstat­tung spot­tet in die­sem Jahr jeder Beschrei­bung.

Man kann davon aus­ge­hen, dass den Leu­ten, die jetzt noch die Tour de France gucken, so ziem­lich alles egal ist – die Fah­rer könn­ten im Ziel Rob­ben­ba­bies opfern und die (in Deutsch­land schwa­chen) Zuschau­er­zah­len wür­den kaum wei­ter abneh­men. Scha­den kön­nen Tour und Umfeld jetzt nur noch den betei­lig­ten Fern­seh­sen­dern: Sat.1 hat mise­ra­ble Quo­ten, denen wohl auch die ab mor­gen ein­set­zen­de öffent­li­che Empö­rung über das Ull­rich-Inter­view nicht mehr viel hel­fen kön­nen wird, und die ARD ver­hed­dert sich in einem Netz aus „Ja!“, „Nein!“ und „Viel­leicht!“.

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Fernsehen Rundfunk Digital

Korrekturspalte

Am 19. Juli 2007 behaup­te­te ich in dem Arti­kel „Öffent­lich-recht­li­che Rad­lo­sig­keit“:

Für die Öffent­lich-Recht­li­chen ist das ein laut­star­ker, öffent­li­cher Schlag in die Fres­se, denn die Quo­ten bei Sat.1 wer­den – wie ges­tern die bei Euro­s­port – explo­die­ren.

Die­se Pro­phe­zei­ung war falsch. Rich­tig ist viel­mehr: Die Tour-Quo­ten von Sat.1 sind eine ziem­li­che Kata­stro­phe. Ich bedaue­re die­se fal­sche Vor­aus­sa­ge zutiefst und wer­de für­der­hin kei­ne Quo­ten­pro­gno­sen zu Sport­ver­an­stal­tun­gen mehr abge­ben.

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Rad und Tat

Man kann sicher viel dar­über dis­ku­tie­ren, ob es eine gute Idee war, dass Sat.1 die Bericht­erstat­tung der Tour de France über­nom­men hat, kaum dass ARD und ZDF aus­ge­stie­gen waren. Das geschieht ja auch hie und da und dort. Letzt­end­lich gibt es da sicher­lich kein „rich­tig“ oder „falsch“, aber es muss ja nicht jede Dis­kus­si­on zu einem Ergeb­nis kom­men.

Was mich aber gera­de mal wie­der auf die Pal­me treibt, sind die Ber­li­ner Hin­ter­bänk­ler, die – kaum, dass sich das Som­mer­loch bedroh­lich über der Medi­en­land­schaft öff­net – eiligst durch die Gegend ren­nen und in die erst­bes­ten Mikro­fo­ne hin­ein­sal­ba­dern:

Die Grü­nen spra­chen von einem «fata­len Signal», wenn die Quo­te zäh­le, der Inhalt aber nicht. «An die Zuschau­er wird dabei nicht gedacht, an einen sau­be­ren Rad­sport schon gar nicht – Haupt­sa­che Spek­ta­kel», heißt es in einer gemein­sa­men Erklä­rung der medi­en­po­li­ti­schen Spre­che­rin, Griet­je Bet­tin, und des sport­po­li­ti­schen Spre­chers, Win­fried Her­mann.

Zunächst ein­mal freut es mich natür­lich, wenn sich die mir bis­her unbe­kann­ten Grü­nen-Spre­cher als mei­ne Anwäl­te (ich als Teil­men­ge von die Zuschau­er) auf­spie­len. Allein: Ich will gucken – und eine knap­pe Mil­lio­nen ande­rer Leu­te offen­bar auch.

Sicher: Wir könn­ten auch der Über­tra­gung bei Euro­s­port fol­gen, dafür braucht es kei­ne lang­wei­li­ge Sat.1‑Übertragung. Aber allein die Ver­wen­dung des Begriffs „Spek­ta­kel“ zeigt, dass sich offen­bar kei­ner der Bei­den die Mühe gemacht hat, sich das Elend bei Sat.1 anzu­schau­en – dage­gen ist ja jeder Wet­ter­be­richt nach den „Tages­the­men“ ein grö­ße­res Spek­ta­kel. Und die Quo­te „stimm­te“ ges­tern bei Sat.1 schon mal über­haupt nicht.

Mir erschließt sich auch nicht so ganz, ob und wie der Rad­sport dadurch sau­be­rer wer­den soll­te, wenn die Tour nicht im Fern­se­hen auf einem Sen­der, der einen ein­stel­li­gen Sen­de­platz auf der Fern­be­die­nung belegt, über­tra­gen wür­de. Es ist ein biss­chen wie mit Schrö­din­gers Kat­ze: ent­we­der wird gedopt oder nicht – ob man dabei zuse­hen kann oder nicht, hat dar­auf kei­nen Ein­fluss.

Poli­ti­ker müs­sen nicht zu allem eine Mei­nung haben und vor allem soll­ten sie dar­auf ver­trau­en, dass die Bür­ger, von denen sie mit der Wah­rung ihrer Inter­es­sen beauf­tragt wur­den, mün­dig genug sind, einen Fern­se­her ein­zu­schal­ten oder nicht. So doll wie frü­her waren die Zuschau­er­zah­len der Tour schon bei ARD und ZDF nicht – also gibt es offen­bar genug frü­he­re Zuschau­er, die ent­we­der die Schnau­ze voll haben von gedop­ten Sport­lern oder – auch das wäre nicht undenk­bar – denen die unge­dop­ten Fah­rer zu lang­sam fah­ren.

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Öffentlich-rechtliche Radlosigkeit

Ges­tern sind ARD und ZDF aus der Über­tra­gung der Tour de France aus­ge­stie­gen. Der Spie­gel­fech­ter hat die­ses Vor­ge­hen recht aus­führ­lich kom­men­tiert und in zwei Sät­zen gut zusam­men­ge­fasst:

Wenn man „den Doping­sumpf“ halb­wegs tro­cken legen will, ist weder kra­wal­li­ger Aktio­nis­mus noch Hys­te­rie hilf­reich, wie die ARD und ZDF an den Tag legen. Wer bes­se­re Kon­trol­len for­dert und laut auf­schreit, wenn die­se Kon­trol­len tat­säch­lich etwas zu Tage för­dern, agiert wie der Dieb der „Hal­tet den Dieb!“ schreit.

Heu­te haben dann völ­lig über­ra­schend Sat.1 und Pro­Sie­ben, zwei Sen­der die in der letz­ten Zeit nicht unbe­dingt durch Sport­über­tra­gun­gen auf­fie­len, die Sen­de­rech­te der Tour de France gekauft. Für die Öffent­lich-Recht­li­chen ist das ein laut­star­ker, öffent­li­cher Schlag in die Fres­se, denn die Quo­ten bei Sat.1 wer­den – wie ges­tern die bei Euro­s­port – explo­die­ren. Die Zuschau­er wol­len offen­bar die Tour sehen und das ist ja auch gar nicht so abwe­gig: Unter Beob­ach­tung wer­den die Fah­rer ja wohl hof­fent­lich weni­ger Schei­ße bau­en, als wenn sie unter sich sind.

Die Teams von ARD und ZDF, die für drei Wochen gebucht waren, ste­hen jetzt mit ihren Über­tra­gungs­wa­gen, Dekos und Kame­ras irgend­wo mit­ten in Frank­reich, ihnen droht auch noch der Ent­zug ihrer Akkre­di­tie­run­gen. Mög­li­cher­wei­se wird sich der eine oder ande­re Gebüh­ren­zah­ler fra­gen, wel­che Kos­ten die nun­mehr beschäf­ti­gungs­lo­sen ÖR-Repor­ter gera­de so ver­ur­sa­chen.

Für Sat.1 kam die Nach­richt unter­des­sen so über­ra­schend, dass man impro­vi­sie­ren muss­te: Exper­te Mike Klu­ge erzähl­te vor­hin, man habe ihn ges­tern Abend um 23 Uhr ange­ru­fen und gefragt, ob er kom­men­tie­ren wol­le. Des­we­gen sit­zen er und N24-Sport­chef Timon Saat­mann heu­te auch noch in einem Ber­li­ner Stu­dio und nicht (wie sonst üblich) am Ziel in Mont­pel­lier. Das erklärt auch, war­um der Kom­men­tar heu­te so ster­bens­lang­wei­lig ist: die bei­den haben ja noch nicht mal das Buch zur Hand, in dem his­to­ri­sche Gebäu­de, loka­le Wein- und Käse­sor­ten ver­merkt sind. Ich will hof­fen, dass sich das ab mor­gen ändert. Sonst muss ich mir die Tour nach­her noch von Euro­s­port kom­men­tie­ren las­sen.

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Rundfunk Gesellschaft

Die Hitze dauert an

Ich bin nie­mand, der sich som­mer­li­che Tem­pe­ra­tu­ren wünscht und dann meckert, sobald die Son­ne mal drei Tage am Stück scheint. Wenn es nach mir gin­ge, müss­te das Ther­mo­me­ter nie über 18, naja: 23°C klet­tern. Zwar bin ich durch­aus bes­ser gelaunt, wenn es drau­ßen mal nicht reg­net, aber die­se gute Lau­ne ver­fliegt nach drei Minu­ten, denn inten­si­ver Son­nen­schein macht mich wahn­sin­nig: Man kann noch schlech­ter vor die Tür gehen als bei Regen, weil einen nichts wir­kungs­voll vor den hohen Tem­pe­ra­tu­ren und der Son­nen­ein­strah­lung schützt. Man kann nachts nicht rich­tig schla­fen, weil die gan­ze Woh­nung auf­ge­heizt ist. Man ist über­all mit Mücken­sti­chen über­sät, weil die klei­nen Blut­sauger ins Zim­mer flie­gen, sobald man nur kurz das Licht ein­schal­tet, um hei­len Fußes von der Zim­mer­tür zum eige­nen Bett zu kom­men.

Ohne Som­mer gäbe es kei­ne „Som­mer­in­ter­views“ im Fern­se­hen, bei denen die Poli­ti­ker ankün­di­gen, wel­chen Irr­sinn sie in den nächs­ten Mona­ten in Geset­zes­tex­te gie­ßen wol­len. Es gäbe kei­ne 14. Wie­der­ho­lung irgend­wel­cher uralter Fil­me (lief die „Zurück in die Zukunft“-Trilogie eigent­lich schon?) und kei­ne Som­mer­pau­se in der Fuß­ball­bun­des­li­ga zwei­ten Liga. Es gäbe kei­nen Feri­en­ver­kehr und somit kei­ne „Superstaus“ und Ben­zin­preis­er­hö­hun­gen.

Mich wür­de mal inter­es­sie­ren (und ich bin sicher, irgend­ei­ne Unter­neh­mens­be­ra­tung hat das längst aus­ge­rech­net), wie groß der volks­wirt­schaft­li­che Scha­den ist, der jedes Jahr durch min­des­tens zwei Mona­te Hit­ze und Unter­be­set­zung ent­steht. Allein ich kann mich ja kaum dar­auf kon­zen­trie­ren, einen neu­en Blog-Ein­trag zu schrei­ben …

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Rundfunk Sport

Swimming Pool und Peitsche

Heu­te begann die Tour de France offi­zi­ell (wen inter­es­siert die­ser Pro­log?) und obwohl diver­se Doping­ge­ständ­nis­se der letz­ten Mona­ten und das Kar­rie­re­en­de von Her­bert Watt­erott eigent­lich Grün­de wären, den Rad­sport­klas­si­ker die­ses Jahr zu igno­rie­ren, kom­me ich doch nicht von der eigen­tüm­li­chen Fas­zi­na­ti­on die­ses Ereig­nis­ses los: Da fah­ren Män­ner im Schwei­ße ihres Ange­sichts stun­den­lang durch schö­ne Land­schaf­ten und weil das zwar beacht­lich, aber eben auf Dau­er auch nicht soooo span­nend ist, reden die Kom­men­ta­to­ren über Schlös­ser, Kir­chen, Brü­cken und kuli­na­ri­sche Spe­zia­li­tä­ten, ehe sie sich in der letz­ten hal­ben Minu­te förm­lich beim Spre­chen über­schla­gen.

Bevor das ZDF am spä­ten Nach­mit­tag in die ers­te Etap­pe von Lon­don nach Can­ter­bu­ry (ja, das ist Eng­land, nicht Frank­reich) ein­stieg, lie­fen schon meh­re­re Stun­den bei Euro­s­port. Lei­der war es mir auf­grund der völ­lig zer­schos­se­nen Euro­s­port-Web­site nicht sofort mög­lich, die Namen der zwei, manch­mal drei Kom­men­ta­to­ren her­aus­zu­fin­den, aber die­sen Quel­len zufol­ge will ich sie Kars­ten Migels, Ulli Jansch und Andre­as Schulz nen­nen. Wich­ti­ger ist aber eh, was sie zu sagen hat­ten:

Migels: So, Ulli, unse­re Stamm­zu­schau­er wis­sen, Du bist Russ­land­ex­per­te: Minsk …
Jansch: Aber ich bin nicht Weiß­russ­land­ex­per­te …
Migels: Ach so (lacht). Aber da warst Du doch bestimmt auch schon mal, oder?
Jansch: (lacht) Der Zufall will es so, dass ich schon mal dort war …
Migels: (lacht) Das hab ich mir doch gedacht, komm …
Jansch: Viel­leicht nicht die hüb­sches­te Stadt, die ich in Russ­land oder Weiss­russ­land schon gese­hen hab oder in der Ukrai­ne – Kiew, zum Bei­spiel, ist ja eine sehr schö­ne Stadt – aber eine sehr sport­in­ter­es­sier­te Stadt: Den Biath­lon-Fans wird – aus der Ver­gan­gen­heit zumin­dest noch – Rau­bi­chi vor den Toren von Minsk im Gespräch sein und vor allem die Schwim­mer und Was­ser­sprin­ger aus Weiß­russ­land waren sei­ner­zeit in den Mann­schaf­ten der UdSSR sehr, sehr stark – ich kann mich an Ale­nik erin­nern, Euro­pa­meis­ter und Medail­len­ge­win­ner bei Welt­meis­ter­schaf­ten, und ich hat­te ’n schö­nes Erleb­nis: Die hat­ten dort unter­ir­disch Höh­len aus­ge­baut zu einem Zen­trum, was man heu­te – das ist schon zwan­zig Jah­re her – als ein Well­ness-Zen­trum bezeich­nen wür­de. Ganz toll gemacht und … äh … war ’n sehr, sehr ange­neh­mer und inter­es­san­ter Besuch und gut getan hat’s auch.
(Pau­se)
Migels: Dort hast Du dich damals schon gepflegt …
Jansch: Mmmmh!
(Pau­se)
Migels: Daher die­ses jugend­li­che Aus­se­hen.
Jansch: „Aus dem Osten kommt das Licht“ – viel­leicht auch die Well­ness.
Migels: Bist zwar schon 49, siehst aber aus wie … 43.
(Pau­se)
Jansch: Du bist aber gei­zig!
Migels: (lacht) Extra ’n biss­chen hoch­ge­sta­pelt …

Mehr davon? Aber gewiss:

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So I start a revolution from my bed

Gallagher Lane in San Francisco, CA

Zur Stun­de ist ja bekannt­lich Macht­wech­sel in Groß­bri­tan­ni­en. Das ist an sich schon ganz gro­ßes Kino, gewinnt aber noch mehr Qua­li­tät durch die (natür­lich her­vor­ra­gen­de) news covera­ge von BBC World:

Ein Bei­trag, in dem ein Inti­mus über den desi­gnier­ten Pre­mier­mi­nis­ter Gor­don Brown spricht, wur­de mit dem Intro von „Won­der­wall“ unter­legt, und zum Abschluss gab es dann noch mal die schöns­ten Bil­der aus Tony Blairs zehn­jäh­ri­ger Amts­zeit, unter­legt mit? Na klar: „Don’t Look Back In Anger“.

Und jetzt stel­len wir uns mal vor, ARD und ZDF unter­leg­ten den nächs­ten Regie­rungs­wech­sel in Deutsch­land mit … äh … mit … Ach ver­dammt, der Ver­gleich hinkt dop­pelt …