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Musik Radio

It’s Only Pop (But I Like It)

Zu den vielen interessanten Erfahrungen, die ich in Oslo gemacht habe, zählt diese hier:

Nachdem ich den ESC-Songs einige Tage ausgesetzt war (die Ohrwürmer aus Dänemark und Norwegen sind immer noch nicht ausgeheilt), fand ich sie gar nicht mehr so schlimm. Mehr noch: Bei vielen Songs, die uns der norwegische Top-40-Radiosender im Frühstücksraum des Hotels jeden Morgen über unsere Frühstücksflocken kippte, kamen Stefan und ich überein, dass das “jetzt auch irgendwie eine Grand-Prix-Nummer sein könnte”. (Das spricht im Wesentlichen eher gegen Top-40-Musik im Allgemeinen als für die Eurovisionsbeiträge, aber nun gut.)

Es ist psychologisch einigermaßen erstaunlich, wie groß der Kontext, in dem wir einen Song kennenlernen, unsere Rezeption beeinflusst. Der britische Beitrag (Stock/Waterman) ist zwar ganz große Grütze und völlig zu recht letzter geworden, er unterscheidet sich in der Qualität des Songwritings aber nicht von ganz vielem, was man täglich so im Radio hört. Nur die Hemmschwelle der Musikredaktionen, eine Single auf Rotation zu nehmen, auf deren Hülle “bekannt vom Eurovision Song Contest” steht, ist offenbar immer noch hoch. (Andererseits haben es dieses Jahr immerhin die Beiträge aus Belgien und Frankreich ins Radio geschafft, der aserbaidschanische Song – und die Nachfolgesingle von Safura! – lief sogar im Musikfernsehen. Lena lief ja eh überall.)

Obwohl viele der ESC-Songs von den gleichen Autoren und/oder Produzenten stammen wie vieles von der Pop-Fließbandware, die die Plattenfirmen wöchentlich mit Schubkarren in die Funkhäuser karren, beurteilt der Hörer sie als minderwertiger, wenn er sie am Abend des Finales zum ersten Mal hört. Dabei hat man ja auch Ke$ha, Scouting For Girls oder Luxuslärm irgendwann zum ersten Mal gehört und findet sie, wenn man sie erst einmal wiedererkennt, vielleicht nicht mehr so scheiße. (Gut, Luxuslärm sind da ein schlechtes Beispiel, aber Sie verstehen, was ich meine.)

Nun bin ich inzwischen vielleicht ein bisschen manisch geworden, was den Grand Prix angeht, aber ich muss ja immerhin auch noch einen Song für den Wettbewerb schreiben. Insofern beschäftige ich mich seit drei Monaten etwas intensiver mit leicht verdaulichen Popnummern — und bin dabei kürzlich über ein Lied gestolpert (genauer: WDR 2 hat mehrfach damit auf mich eingeschlagen), das eine hundertprozentige moderne Grand-Prix-Nummer ist:

Hier klicken, um den Inhalt von www.myvideo.de anzuzeigen


Demi Lovato Feat. Stanfour — Wouldn't Change A Th… – MyVideo

Das sind Stanfour (von der Nordseeinsel Föhr, Sie erinnern sich) und Demi Lovato (die Sie aus “Camp Rock” kennen). Der Song stammt aus dem Soundtrack zu “Camp Rock 2”, diese spezielle Version wurde extra für den deutschen Markt aufgenommen zusammengemischt. Im Film singt Joe Jonas von den Jonas Brothers und so langsam glaube ich wirklich, dass die Disney-Channel-Filme das amerikanische Äquivalent zum ESC sind.

Jedenfalls: Ist das nicht der Wahnsinn, wie die beiden da gleichzeitig völlig unterschiedliche Texte singen, die nur so mittelgut ineinandergreifen? Das spart natürlich Zeit, auch wenn die magische Drei-Minuten-Marke für Grand-Prix-Songs immer noch überschritten wird.

Aber dann diese Middle 8, auf die sofort die Rückung folgt! Das ist Songwriting vom Reißbrett, angelehnt an die bewährten Akkordfolgen von 3 Doors Down und Nickelback. Die ungestüme Instrumentierung mit Schlagzeug und E-Gitarren, die Dynamik simulieren soll (heißt ja nicht umsonst “Camp Rock“), bei der aber auch der Oma nicht die Kaffeetasse aus der Hand fällt. Also im Prinzip Bryan Adams konsequent zu Ende gedacht.

Natürlich ganz große Grütze, der Song — aber ich fürchte, ich habe ihn jetzt ein bisschen zu oft gehört, um das noch zu erkennen.

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Rundfunk Literatur Radio

Pop revisited

von Katharina Schliebs und Lukas Heinser

Einslive jedenfalls, die “Jugendwelle” des Westdeutschen Rundfunks, feierte am Freitag ihren 15. Geburtstag.

Wir verbrachten den ganzen Nachmittag in einer Köln-Ehrenfelder Wohnung, ließen uns bekochen und hörten dabei Einslive. Zumindest letzteres gehört zu den Dingen, die Menschen in unserem Alter sonst eher vermeiden. Doch diesmal war es etwas anderes: Wir hörten regelrecht gebannt zu und veranstalteten ein privates Popquiz, denn gefeiert wurde mit einem eigentlich nur brillant zu nennenden Sende-Marathon, in dem zwischen 6 und 21 Uhr jede Stunde einem anderen Jahr gewidmet war. Los ging es mit dem Jahr 2009 und dann immer weiter vorwärts in die Vergangenheit.

So saßen wir zu dritt vor dem Radio und hörten die Jahre 1998, 1997, 1996, 1995 und wurden dabei immer alberner und übertrafen und gegenseitig mit Nerdwissen aus 100 Jahren Popmusik. Dabei sind persönliche Musikhör-Biografien natürlich irgendwann stark abweichend zu dem, was im Radio an Musik läuft. Dennoch darf man nicht unterschätzen, wie viel Radio man dann aber doch gehört hat und wie viele Lieder man kennt, auch wenn man sie eigentlich schlimm oder belanglos findet (Wer um alles in der Welt kann ernsthaft auf die Idee kommen, ein so völlig egales Lied wie “Got ‘Til It’s Gone” von Janet Jackson irgendwie gut zu finden oder sogar die Single zu kaufen? Ein Riesenhit dennoch!), und wie viele Erinnerungen verbunden sind mit diesen Radiopopsongs und den Radiocomedys. Und sogar mit den Betten, Drops und Jingles! Niemals hätte man “Einslive macht hörig” rausschmeißen dürfen.

Exkurs “Nerdwissen über Einslive”: Früher kam direkt nach den Nachrichten eine Begrüßung. Mit dem Relaunch 2007 lief nach den Nachrichten erst ein Lied und dann sagte der Moderator Hallo. Sogar diesen Relaunch hat Einslive für einige Stunden zurückgenommen und die Moderatoren haben wieder direkt nach den Nachrichten eine Begrüßung gesprochen! Mit dem Original-Bett von früher! Und wenn das niemandem sonst auf der ganzen Welt aufgefallen sein sollte: In der Ehrenfelder Küche wurde es bemerkt. Und bejubelt. Exkurs Ende.

Je näher der Rückblick dem Gründungsjahr 1995 kam, desto deutlicher wurde die Rolle, die Eins Live bei der eigenen Adoleszenz gespielt hatte: Nahezu jeden Song konnten wir noch mitsingen — nicht bei jedem kannte man Titel und Interpret, aber wir hatten alles unzählige Male gehört. Damals tatsächlich noch ausschließlich über Radio, denn wir hatten ja nichts. Die Zielgruppe, die jetzt zuhause vor dem Webstream saß und damals noch gar nicht geboren war, wird in 15 Jahren kaum so viele gemeinsame Erinnerungen an ein Medium ihrer Jugend haben.

Wir fühlten uns natürlich alt und sprachen darüber, dass das Konservative manchmal auch seine guten Seiten habe, der Gastgeber brachte Bier — und das war der Moment, in dem wir entdeckten, dass die “Beck’s”-Flaschen neue Etiketten haben. Unsere Reaktion darauf darf man ruhig hysterisch nennen.

Was ja auch nur in einer Medienmetropole wie Köln geht: Den Beginn einer landesweit ausgestrahlten Sendung am heimischen Radio verfolgen und eine Stunde später selbst in der Sendung sitzen und applaudieren. Benjamin von Stuckrad-Barre war zu Gast in der Sendung “Klubbing” und das passte irgendwie ganz wunderbar zur Popkultur-Nostalgie an diesem Karfreitag: Stuckrad-Barre verkörpert die späten 1990er Jahre fast noch besser als Eins Live. Aber während der Sender mit seinem immer profilärmeren Programm gerade die größte Hörerschaft seiner Geschichte feiert, hat es der Literat mit seinem durchaus famosen neuen Buch “Auch Deutsche unter den Opfern” nicht mehr auf die sichtbaren Plätze irgendwelcher Bestselller-Charts geschafft. In großen Buchhandlungen liegen zwar genug Exemplare von “Axolotl Roadkill” aus, um damit die ganze Oberstufe eines Gymnasiums zu versorgen, aber den neuen Stuckrad-Barre müsste man bestellen. Wenn einem das jemand vor zehn Jahren erzählt hätte, als man am Tag der Veröffentlichung von “Blackbox” kleine Buchläden in Dinslaken und Göttingen gestürmt hat …

Wenigstens seine Lesungen (zuletzt gerne mit Christian Ulmen) sind immer noch ausverkauft. Und auch hier im dritten Stock über dem nächtlichen Mediapark ist der Einslive Salon gut besucht. Außen an der Tür hängt immer noch ein Schild, das den Raum als “Kultkomplexcafé” bezeichnet, dieser seltsam absurde Name, der in seiner Eigenartigkeit unbedingt erhaltenswert gewesen wäre, denn “Salon” ist ja nun doch, mit Verlaub, immer noch das, wo man zum Haareschneiden hingeht.

Das erste Gespräch, das Sabine Heinrich mit Stuckrad-Barre noch ohne Publikum im Studio führte, ließ zwar nicht das Schlimmste, aber doch Ungutes befürchten: Nach einem etwas umständlichen “Sie oder Du”-Einstieg waren die beiden ungefähr eine Minute beim sehr unergiebigen Thema “Ostermärsche” hängen geblieben, wobei Stuckrads Antworten zusehends knapper und genervter klangen.

Doch dann steht sie vor einem und man ist sofort verzaubert: Sabine Heinrich hört sich besser an und sieht besser aus als im Fernsehen, wie sie da auf der Bühne des Einslive Salons steht und dem Publikum erklärt, dass es die Handys nach der Lesung gerne wieder anstellen darf. Eins ihrer Hosenbeine ist aus den Stiefeln gerutscht und hängt jetzt über dem Schuh, sie trägt ein weißes T-Shirt und einen Pferdeschwanz, und wenn sie so die Echo-Verleihung moderiert hätte, dann wäre das mit Robbie Williams vielleicht was geworden.

Jetzt aber betritt erst mal Benjamin von Stuckrad-Barre die Bühne. Er sitzt nicht einfach schon da rum wie viele andere Autoren vor ihm, er braucht den Auftritt — und wenn es nur einer durch eine ganz normale Zimmertür ist. Hat er nicht früher seine Lesungen auch mit “Let Me Entertain You” eröffnet?

Benjamin von Stuckrad-Barre

DJ Larse legt irgendwelche Elektro-Musik auf, dann wird abwechselnd gelesen und getalkt, wobei sich zwei Dinge abzeichnen: Stuckrad-Barre ist ein sehr guter Autor, aber ein noch besserer Performer, und Sabine Heinrich ist zwar eine wahnsinnig charmante Moderatorin, aber eben auch eine eher nur mittelgute Interviewerin.

Es ist ein denkbar ungünstige Konstellation: Eine aufgeregte Fragestellerin trifft auf einen Talkgast, der keinerlei Bereitschaft zeigt, die etwas unglücklich formulierten Fragen wohlwollend aufzunehmen. “Was ist denn ein Sittengemälde?” – “Naja ich mein das ist ein ganz schönes deutsches Kompositum. Sitten-Gemälde. Das ist ja … Heiz-Körper. Was ist ein Heizkörper?” – “Ich hab noch nie so ein Wort benutzt! Sittengemälde!” – “Du bist zuviel mit Matthias Opdenhövel zusammen.”

Es läuft nicht. Im Salon ist es heiß, stickig, und sehr, sehr voll. Man könnte jetzt die eigene Hand abnagen (oder die des Sitznachbarn). Mag gar nicht aufhören, den Dialog zwischen Sabine Heinrich und BvSB wiederzugeben, man kann einfach nicht weghören.

Sabine Heinrich sagt: “Hör mal, in deinem Buch war mal die Rede von Müsli mit Brombeeren.”
BvSB: “Ja, das ist saisonabhängig. Nä?”
Heinrich: “Pflückst du die selber in deinem eigenen Garten?”
BvSB: “Im Supermarkt.”
Heinrich: “Eigener Biogarten.”
BvSB: “GARTEN?!? Nein, nein. Gärten gilt es wirklich zu vermeiden. Das ist ja der Anfang vom Ende.”
Heinrich: “Du hast ja auch keine Küche, hast du gesagt.”
BvSB: “Aber das mit dem Garten stimmt! Ja, nee, nein. Gärten.”

Es geht so weiter. Frau Heinrich fragte, wie Herr von Stuckrad-Barre lebt, wie er wohnt, was er von Möbeln hält, ob er denn selber kocht (Antwort: “Nein!”). Er kann sich offensichtlich nicht entscheiden, ob er Frau Heinrich jetzt wirklich permanent auflaufen lassen soll oder nicht und schwankt dann zwischen absoluter Sabotage des Gesprächs und mitleidigem Nachgeben.

Und man will ja Sabine Heinrich nett finden! Und ein bisschen Mitleid mit ihr haben, weil Benjamin von Stuckrad-Barre sich so bockig zeigt! Aber dann sagt sie Sachen, da ist man froh, dass ihr Gesprächspartner entsprechend reagiert:

“Ich hab dich bei Jörg Thadeusz in der Sendung gehört, als Podcast, liebe Grüße an den Jörg, und der hat dich gefragt, -”
“Jetzt wird’s aber ein bisschen privat, oder?“, unterbricht Stuckrad-Barre erneut, zurecht, leicht amüsiert.
“Es kann ja sein, dass Jörg diese Sendung beim Laufen hört”, gibt Frau Heinrich tapfer zu bedenken.
“Na dann aber auch schöne Grüße. Lieber Jörg, es war schön mit dir in Leipzig.“ Zu Frau Heinrich, verschwörerischer Unterton: “Meinze der hört das?” – “Bestimmt!” – “Jörg? Sollen wir in Bochum zusammen lesen oder in Dortmund?”

Und jetzt raten Sie, wer im Publikum an dieser Stelle nicht an sich halten kann und laut “Bochum!” ruft. Stuckrad-Barre wendet sich daraufhin dem Publikum zu und will das ausdiskutieren, aber da wirft sich Frau Heinrich dazwischen: “Darf ich jetzt bitte mal meine Frage durchbringen?!” Sie darf. Aber sie hätte es auch lassen können.

Irgendwann liest Stuckrad-Barre Ausschnitte aus dem längsten Text des Buches, in dem er von der Entstehung der letzten Udo-Lindenberg-Platte berichtet. Was bei der Lesung nur am Rande anklingt: Es ist einer der persönlichsten und intensivsten Texte, den der Autor je veröffentlicht hat. Kommt Lindenberg zu Wort, parodiert Stuckrad den typischen Tonfall des Musikers, was sehr, sehr peinlich wirken könnte (steht nicht irgendwo im Frühwerk des Popliteraten, dass Lindenberg an Parodisten-Schulen in der ersten Stunde auf dem Lehrplan stünde?), hier aber magischerweise funktioniert. Als Sabine Heinrich im inzwischen legendären Angela-Merkel-Interview die Rolle der Kanzlerin liest, ist sie allerdings ihrerseits so klug, auf jedweden Parodie-Versuch zu verzichten.

Um Mitternacht ist die Sendung vorbei, Karfreitag und das Tanzverbot. Es ist wieder 2010 und Einslive klingt auch wieder so. Alle sind wieder so alt, wie sie sich fühlen, und Benjamin von Stuckrad-Barre signiert Bücher.

Podcast der Sendung herunterladen

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Rundfunk Radio

Ich, WDR 2

Radio-Symbolbild

Ich renoviere ja zur Zeit eine ehemals milde sanierungsbedürftige Zwei-Zimmer-Wohnung in der Nähe der Bochumer Innenstadt, weswegen ich auch so selten dazu komme, irgendwelche Texte zu schreiben. Weil die Geräusche, die so eine Renovierung macht, extrem langweilig sind (und ich mich immer noch jedes Mal erschrecke, wenn meine Gas-Therme anspringt), habe ich mir ein Radio in die Wohnung gestellt. Es soll mich mit aktuellen Nachrichten und gefälliger Musik versorgen, soll unterhalten, aber nicht anstrengen — kurzum: Es soll das tun, wozu ein Nebenbeimedium wie das Radio heutzutage da ist.

Ich habe mich notgedrungen für WDR 2 entschieden. Bei meinen Eltern ist WDR 2 seit Jahrzehnten in den Radios in Küche, Wohnzimmer und Auto eingestellt, und ich selbst höre den Sender seit einiger Zeit beim Frühstück, noch dazu jeden Samstagnachmittag, wenn Fußball ist. Es ist der Sender, mit dem ich aufgewachsen bin, und noch heute erinnern mich Namen wie Horst Kläuser, Michael Brocker oder Gisela Steinhauer an die Nachmittage meiner Kindheit, an denen wir zum Einkaufen fuhren oder zu Freunden gebracht wurden und im Autoradio das “Mittagsmagazin” laufen hatten.

Ich höre WDR 2 nicht, weil der Sender so gut wäre, sondern weil er alternativlos ist: Eins Live ist für mich inzwischen unerträglich geworden, WDR5 hat einen viel zu hohen Wortanteil und zu lange Beiträge, wegen derer man dann zwanzig Minuten lang den Staubsauger nicht einschalten darf, und Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur kann ich auch noch hören, wenn ich ebenso tot bin wie die Macher. CT das radio wäre naheliegend, habe ich kürzlich auch probiert, aber da fehlten mir dann tagsüber wieder die Inhalte. Es bleibt also wirklich nur WDR 2, wo die meisten Moderatoren ganz sympathisch sind, die meisten Beiträge vorhersehbar bieder und man insgesamt weiß, was man hat — so wie in einer langjährigen Ehe halt.

Das Problem ist: Der durchschnittliche Hörer hört einen Sender am Tag etwa 30 Minuten beim Frühstück, Autofahrer evtl. ein bisschen mehr. Das Programm ist nicht darauf ausgelegt, den ganzen Tag über zu laufen. Wer es trotzdem eingeschaltet lässt, bekommt die Quittung: Die ständige Wiederholung.

Ein Beitrag, der in der “Westzeit” lief, kann bequem noch mal bei “Zwischen Rhein und Weser” recycelt werden. Was im “Mittagsmagazin” vorkam, kann bei “Der Tag” vier Stunden später noch einmal laufen. Die Kurzform bekommt man in der Zeit dazwischen alle zwei Stunden in den Nachrichten eingespielt. Der “Stichtag” wird eh zwei Mal am Tag ausgestrahlt (9.40 Uhr und 17.40 Uhr) — beide Male mit der wortgleichen An- und Abmoderation.

Besonders schlimm war es rund um den Jahreswechsel: Viele Redakteure hatten Urlaub und Rückblicke und Vorschauen auf kulturelle oder sportliche Großereignisse konnten beliebig oft gesendet werden. Zeitlose Beiträge wie der über die kalten Füße (“Warum hat man sie, was kann man dagegen tun?”) oder den Kauf des richtigen Ski-Helms wurden vermutlich im Oktober produziert und laufen bis März alle anderthalb Wochen, dann werden sie eingemottet und erst im Folgewinter wieder hervorgeholt.

Zwischendurch läuft viel Musik, aber nur wenig unterschiedliche. Nach ein paar Tagen weiß ich, welche Songs auf welchen Rotationsstufen laufen. Auf der höchsten beispielsweise “Aeroplane” von Reamonn, “Wheels” von den Foo Fighters, “Fireflies” von Owl City und elendigerweise auch “If Today Was Your Last Day” von Nickelback. “I Will Love You Monday (365)” von Aura Dione ist ganz offensichtlich der grauenerregendste Song des Jahres 2009 (vielleicht auch der schlechteste Song, der jemals aufgenommen wurde), aber das muss ja nicht alle 14 Stunden aufs Neue bewiesen werden. Stanfour kommen von der Insel Föhr, was jedes verdammte Mal in der Abmoderation erwähnt werden muss — dass Föhr die zweitgrößte deutsche Nordseeinsel ist, erfährt man nur alle drei bis vier Einsätze.

Ungefähr die Hälfte aller WDR2-Songs klingt so ähnlich, dass man sich beim Zählen ständig vertut: Eine junge Frau singt ein bisschen soulig über einen Typen, der sie schlecht behandelt, den sie aber trotzdem liebt. Sie bleibt eine tapfere, eigenständige Frau, während im Hintergrund das von den 1960er-Jahren inspirierte Arrangement mit Bläsern und Chören schunkelt. Mark Ronson hat das Tor zur Hölle aufgestoßen, als er Amy Winehouse und Lily Allen produzierte.

Eine Zeit lang denke ich, dass es an der eigenen Radioerfahrung liegt, dass mir das alles auffällt. Dann kommen meine Geschwister zum Anstreichen und verkünden, welcher Song in welcher Stunde laufen wird (bei Eins Live kann man es auf die Minute genau vorhersagen). Nach vier Tagen kenne ich die Schichtpläne der Nachrichtensprecher und die Sendeuhr, nach acht Tagen bin ich die Sendeuhr.

Noch öfter als Beiträge und Musikstücke wiederholt sich die Werbung — jede halbe Stunde. Ex-Deutschlandfunk-Chef Ernst Elitz hatte völlig Recht, als er einmal sinngemäß sagte, Radiowerbung habe – im Gegensatz zu Kino- oder Fernsehwerbung – nie neue Ästhetiken erschaffen und neue Trends gesetzt, sondern sei immer nur nervtötend gewesen.

Ich weiß jetzt, dass es bei Praktiker bis zum Wochenende 20% auf alles (“außer Tiernahrung”) gab, was ich allerdings schon vorher wusste, weil man beim Renovieren auffallend oft Baumärkte ansteuert. Manfred “Bruce Willis” Lehmann wirbt außerdem noch für einen Küchenmarkt, was marketingtechnisch sicher suboptimal ist, weil jetzt ständig die Leute bei Praktiker nach den Küchen-Rabatt-Aktionen fragen. Guildo Horn wirbt für die Küchen in einem Einrichtungsmarkt, Werner Hansch für einen anderen und Ludger Stratmann ebenfalls für einen. Es gibt Rabattaktionen in der Galeria Kaufhof und Null-Prozent-Finanzierung bei Opel und Peugeot. Und Seitenbacher-Müsli ist gut für die Verdauung.

Die dreckigsten Arbeiten sind abgeschlossen, mein gutes altes Telefunken-Radio hat viel Staub, aber nur sehr wenige Farbspritzer abbekommen. So langsam könnte ich meinen einen iPod mitbringen und an die alten Aktivboxen anschließen. Aber ich würde auch etwas vermissen: Die ständig ins Programm eingestreuten Evergreens von den Lightning Seeds und The Beautiful South, die vorgelesenen Hörer-E-Mails und die immer neuen Versuche, Verkehrsmeldungen mit humoristischen Einlagen zu verbinden.

Das Frequenzwahl-Rädchen meines Telefunken wird auch nach dem Umzug unberührt bleiben.

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Rundfunk Radio Musik

Über Kronen

Im Dezember wird die WDR-“Jugendwelle” (die sich glaub ich schon länger nicht mehr selbst mit diesem Achtziger-Jahre-Wortkonstrukt bezeichnet) 1Live zum zehnten Mal die “1Live Krone” verleihen. Wie in den vergangenen Jahren auch findet die Verleihung des “größten deutschen Radio Awards” (WDR-Presseinfo) in der Bochumer Jahrhunderthalle statt.

Neben Jan Delay, Silbermond, Stefanie Heinzmann und Jennifer Rostock befinden sich unter den Nominierten auch die …

*Trommelwirbel*

Kilians!

In der sehr ehrenhaften Kategorie “Bester Live-Act” gehen sie gegen Philipp Poisel,die Toten Hosen, Peter Fox und Rammstein ins Rennen. Das wird sicher nicht ganz leicht, aber da es sich um einen Publikumspreis handelt, ist alles möglich.

Abstimmen kann man jedenfalls ab sofort auf einslive.de

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Rundfunk Radio Leben

I’m single bilingual

Ich war noch nicht ganz wach und hörte nur mit einem halben Ohr hin, als auf WDR 5 eine Reportage über Singles in Deutschland lief. Dennoch hinterließ die Frau, die tapfer verkündete, sie brauche gar keinen Partner, bei mir bleibenden Eindruck.

Den Grad ihrer inneren Verzweiflung konnte man dem Satz entnehmen, mit dem sie ihre Ausführungen schloss:

Wenn ich total desperate wäre, vielleicht.

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Musik Rundfunk Radio

Merkt ja eh keiner (1)

Es ist ja nicht so, dass ich morgens aufstehe und denke “Was könnte ich heute mal Böses über den WDR schreiben?” Das machen die ja alles selber.

Gestern war Thees Uhlmann zu Gast im “1Live Kassettendeck”, das vom Konzept her eine Super-Radiosendung ist und deshalb um Mitternacht laufen muss: Ein Promi (meist Musiker) stellt eine Stunde lang Songs vor, die ihm sein Leben lang oder gerade jetzt im Moment wichtig sind. Gestern also der Sänger der “umstrittenen Band Tomte” (O-Ton welt.de, wo man auch nicht nach gutem Musikjournalismus suchen sollte).

Thees erzählte also und spielte Songs (Rod Stewart, Kool Savas, Escapado) und sagte nach jedem Lied, wer er ist und was wir da hören (ist ja Radio). Und dann kündigte er wortreich “Rain On The Pretty Ones” von Ed Harcourt an, zitierte noch aus dem Text (“I’m the Christian, that cannot forgive”, “I’m the hunter, who’s killed by his dog”) und sagte “Hier ist Ed Harcourt mit ‘Rain On The Pretty Ones'”.

Und was lief? Ed Harcourt mit “Late Night Partner”. Auch schön, sogar vom gleichen Album, aber ein ganz anderer Song. Auch, wenn er von Thees mit “Das war Ed Harcourt mit ‘Rain On The Pretty Ones'” abmoderiert wurde.

Nun ist es ja nicht so, dass da gestern Nacht ein übernächtiger Thees Uhlmann im 1Live-Studio gesessen und unbemerkt den falschen Track gefahren hätte: Weil man einen Promi kaum eine Stunde im Studio halten kann (dichter Promo-Zeitplan!), lässt man ihn einfach alle Moderationstexte hintereinander aufsagen, wenn er eh grad mal für ein Interview da ist. Dann gibt er einen Zettel mit der Playlist ab und irgendjemand muss die Songs zwischen die Moderationen schneiden. Und dieser Jemand hat offenbar einen Fehler gemacht.

Das ist kein großes Drama, kein Skandal und kein Eklat. Es ist nur ein Beispiel, warum es mir so schwer fällt, Medienschaffende in diesem Land ernst zu nehmen: Weil sie ihre Arbeit selbst nicht ernst nehmen.

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Radio Rundfunk Digital

Irgendwann nach Erfindung des Buchdrucks

Mal ehrlich: Wie groß wäre Ihr Vertrauen in die journalistische Qualität einer Radiosendung, in deren Pressemitteilung folgender Satz steht?

In nur 15 Jahren ist das Internet für viele unentbehrlich geworden.

(Zur Erinnerung: Das World Wide Web wurde Ende April 15 Jahre alt, das Internet existiert nach allgemein üblicher Zählweise seit 1969. Das hätte man so ungefähr auch im WDR-eigenen Kinderlexikon “neuneinhalb” nachlesen können.)

Falls Sie nach der Lektüre des kompletten Ankündigungstextes doch noch Hoffnung auf eine sachliche Diskussion haben: die Sendung “Hallo Ü-Wagen” läuft am Samstag, 31. Mai 2008 um 11:05 Uhr live auf WDR 5, dem Sender der gestern schon so stimmungsvoll über das Internet berichtet hat.

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Rundfunk Gesellschaft Radio

Der Unratskübel auf dem anti-anglistischen Schutzwall

Das Schöne an getroffenen Hunden ist ja, dass sie durch ihr Bellen häufig schlafende Hunde wecken. Äh …

Die Wochenzeitung “Neue Solidarität”, Zentralorgan des “Schiller-Instituts” und der “Bürgerrechtsbewegung Solidarität” (mit der wir uns schon das ein oder andere Mal beschäftigt haben), ließ sich in ihrer Ausgabe vom 30. Januar in einem “Zwischenruf” über den WDR und zwei seiner Mitarbeiterinnen aus:

Dort [in Köln, Anm. d. Bloggers] befindet sich nämlich der WDR (Westdeutscher Rundfunk), der sich am 24. Januar in seinem Radioprogramm WDR5 bemüßigt fühlte, zwanzig Minuten lang einen Unratskübel über die BüSo, das Schiller-Institut und vor allem natürlich Lyndon LaRouche auszuschütten.

Ein Unratskübel, den man zwanzig Minuten über zwei Organisationen und einen alten Mann ausschütten kann, muss natürlich gewaltig groß sein. Und was war drin?

Der betreffende Beitrag, der am 24. Januar in der WDR-5-Sendung “Neugier genügt” lief und den man hier nachhören kann, beschäftigte sich mit dem bis heute ungelösten Todesfall Jeremiah Duggan. Der 22-jährige Engländer war in der Nacht zum 27. März 2003 in Wiesbaden ums Leben gekommen, nachdem er kurz zuvor zwei telefonische Hilferufe an seine Mutter in London abgesetzt hatte.

Jeremiah hatte in der Nähe von Wiesbaden eine Tagung des “Schiller-Instituts” besucht und soll sich dann mitten in der Nacht auf einer Schnellstraße vor ein Auto geworfen haben. Die deutschen Behörden haben den Fall trotz einiger Ungereimtheiten schnell als Selbstmord abgehakt und ließen sich weder durch einen Aufruf des renommierten Simon-Wiesenthal-Zentrums (Jeremiah war Jude) noch durch einen Appell von 96 britischen Abgeordneten zu einer Wiederaufnahme bewegen. Genaueres zum Fall Jeremiah Duggan entnehmen Sie bitte der “taz”, der “Berliner Zeitung”, “Telepolis” oder dem “Daily Telegraph”, diesem Beitrag des Hessischen Rundfunks (von dem ich leider nicht weiß, wann und in welcher Sendung er gelaufen ist) und der Website “Justice For Jeremiah”.

Und damit zurück zum WDR-Bashing der “Neuen Solidarität”:

Allen Erklärungen und Entscheidungen der deutschen Staatsanwaltschaft, des Frankfurter Oberlandesgerichts und den mittlerweile freigegebenen Akten der Londoner Metropolitan Police zuwider brachte die Sendung, in reißerischer Manier und gegen besseres Wissen, die BüSo und das Schiller-Institut wieder in Zusammenhang mit diesem Selbstmord.

Wer den Beitrag gehört hat, wird wenig finden, was als “reißerisch” durchgehen könnte. Auch scheint mir das Hauptinteresse der WDR-Autorin auf dem Verhalten der deutschen Behörden zu liegen:

Der zuständige Beamte der Wiesbadener Polizei erklärt den Duggans,
man behandle den Fall als Selbstmord. Ein Fremdverschulden sei auszuschließen. Eine Version, die Hartmut Ferse, Pressesprecher der Wiesbadener Staatsanwaltschaft auch mir gegenüber telefonisch bestätigt. Eine von der am Unfallort anwesenden Notärztin empfohlene Obduktion unterblieb, wie aus den Unterlagen hervorgeht.

Der deutsche Polizeibeamte wusste offenbar, dass Jeremiah im Alter von sieben Jahren nach der Trennung seiner Eltern bei einer Familienberatung in der Londoner
Tavistock-Klinik war, und schloss daraus, dass er auch mit 22 noch “Psychiatrie-
Patient” sei.

Im Beitrag heißt es weiter:

O-Ton Erica Duggan: “And then the police officer said: Lyndon LaRouche… And then we asked more questions and he said: No comment.”
Autorin: Lyndon LaRouche?
Sprecher: Lyndon LaRouche, amerikanischer Polit-Aktivist, der politische und kulturelle Organisationen in den USA und in Europa, auch in Deutschland, aufgebaut
hat? Lyndon LaRouche, heute 85 Jahre alt, in der Vergangenheit mehrmals selbsternannter Kandidat für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten? Lyndon LaRouche, der von amerikanischen und deutschen Journalisten und Sektenexperten als “Extremist” und “gefährlicher Verschwörungstheoretiker” bezeichnet wird?
Autorin: Die Eltern Duggan forschen nach und kommen zu dem Schluß, dass ihr Sohn in die Fänge einer Organisation geraten sein musste, die etwa der “Spiegel” als eine der umstrittensten “Weltverschwörungssekten” bezeichnet: in die von Lyndon LaRouche. Klar wird ihnen, dass der Schlüssel zu all den Ereignissen dem Anschein nach bei den Organisatoren des von Jerry besuchten Seminars liegen musste.

Angeblich habe sogar ein Polizeibeamter gesagt:

Wir wollen keine Ermittlungen gegen die LaRouche-Organisation einleiten …

Interessanterweise wirft “BüSo” der Autorin des WDR-Beitrags eine Menge, nicht aber Einseitigkeit vor. Das wäre ja auch etwas lächerlich, sagt sie doch selbst:

Alle Versuche meinerseits, Stellungnahmen von LaRouche-Organisationen zu bekommen, verlaufen im Sande. Angegebene Telefonnummern existieren nicht oder nicht mehr. Bei einem kurzen telefonischen Kontakt mit der Presseagentur der Organisation in Wiesbaden, wird mir erklärt, mit dem Fall Duggan habe man „nichts zu tun.“

Wer sich dennoch für den Standpunkt von “BüSo”, “Schiller-Institut” und/oder LaRouche interessiert, bekommt auf deren Website ein paar Informationen und einen Aufsatz von Lyndon LaRouche aus dem November 2006, in dem dieser interessante Schlüsse zieht:

Londoner Quellen, die eng mit US-Vizepräsident Dick Cheney und dessen Ehefrau Lynne Cheney verbunden sind, haben erneut eine Pressekampagne in Gang gesetzt, um eine wiederholt diskreditierte Lügengeschichte hinsichtlich der Ursachen und Umstände des Selbstmords eines emotional gestörten jungen Briten, Jeremy Duggan, wieder aufzuwärmen, der sich, wie der offizielle forensische Bericht zweifelsfrei ergab, an einer Schnellstraße bei Wiesbaden mehrfach gegen vorbeifahrende Fahrzeuge geworfen hat.

Der Grund für die ursprüngliche und nun wiederholte Verbreitung dieses Presseschwindels war und ist der persönliche Haß Cheneys und seiner Ehefrau gegen eine Person – mich – , die sie weiterhin als beunruhigenden politischen Gegner betrachten, der mit einer führenden, hochrangigen Fraktion in der Demokratischen Partei der USA verbunden ist.

Die Vorstellung, der US-Vizepräsident habe wenige Tage nach der verlorenen midterm election nichts besseres zu tun, als einem als Witzfigur geltenden Greis schlechte Schlagzeilen anzuhängen, ist irgendwie rührend. In Wahrheit dürfte die Geschichte im Herbst 2006 noch einmal durch die Presse gegangen sein, weil Erica Duggan zu dieser Zeit vor dem Bundesverfassungsgericht Beschwerde eingereicht, um eine Wiederaufnahme der Untersuchungen zu erzwingen. Die Entscheidung dazu steht bis heute aus.

Doch zurück zur “Neuen Solidarität”:

Warum, so möchte man erfahren, da es doch keinerlei neue Erkenntnisse gibt? Die Antwort ist simpel, aber fundamental, und sie liegt in der Geschichte des WDR. Dieser erhielt bekanntermaßen seine Lizenz durch die britische Besatzungsmacht, woran er sich immer, wenn es darauf ankommt, treulich erinnert hat.

Mit dem WDR hat sich die LaRouche-Bewegung noch nie gut verstanden, wie man z.B. in “Deckname Schiller”, einem Buch von Helmut Lorscheid und Leo A. Müller aus dem Jahr 1986 nachlesen kann. Damals warf man dem Sender zwar noch “Goebbels-Methoden” vor, aber die Zeiten ändern sich und so kann sich der Westdeutsche Rundfunk natürlich auch in einen heimlichen Feindfunk verwandelt haben. Dazu muss man wissen, dass Lyndon LaRouche und seine Anhänger bei jeder sich bietenden (also viel mehr: bei jeder) Gelegenheit eine britische Verschwörung vermuten: Der Bombenanschlag in Oklahoma City 1995, die versuchte Amtsenthebung von Bill Clinton, selbst Kommentare in kanadischen Boulevardzeitungen sollen auf das Konto “der Briten” gehen – kein Wunder, dass LaRouche “die amerikanische Republik vor der Zerstörung durch ihren Erzfeind, das britische Empire” bewahren will.

Statt also Propaganda für die bösen, bösen Briten zu betreiben, so der weitere Tenor in der “Neuen Solidarität”, hätte der WDR mal lieber über die wirklich wichtigen Themen sprechen sollen. Natürlich mit jemandem, der sich damit auskennt:

Man frage sich doch einmal ganz unvoreingenommen: Wäre es im gegenwärtigen finanziellen Zusammenbruchsprozeß, der spätestens seit Montag, dem 21. Januar, jedem deutlich geworden ist, nicht „normaler“ gewesen, wenn der WDR Helga Zepp-LaRouche angerufen und sie zu ihren Lösungsvorschlägen für die Krise („Neues Bretton Woods“, Schutzwall für das Gemeinwohl) und zu den Initiativen ihres Mannes in Amerika befragt und darüber eine Sendung gemacht hätte? Das sind die Themen, die gegenwärtig die Menschen brennend interessieren, vor allem, weil die politische Führung offenbar bisher komplett versagt! Als öffentlich-rechtlicher Rundfunk wäre das die Aufgabe des WDR, statt die Gelder der Bürger dazu zu vergeuden, die einzige gegenwärtig in Deutschland sichtbare Persönlichkeit, die kompetente Initiativen zum Schutz des Gemeinwohls präsentiert, anzugreifen. Es sei denn, man fühlt sich anderem verpflichtet… und da liegt wohl „der Hase im Pfeffer“, wie man so schön sagt.

Einmal in Rage geschrieben macht die stellvertretende Bundesvorsitzende der “BüSo”, die diesen “Zwischenruf” verfasst hat, noch einen etwas wirren Schlenker zu dem Verlag, in dem die Autorin dieser “Sendung” (da steht wirklich Sendung in Anführungsstrichen) ihre Bücher veröffentlicht, und greift dann zum Schlimmsten: Namenswitzen.

Die verantwortliche Redakteurin heißt übrigens Frau Dreckmann – kein Karnevalsscherz.

Ebenfalls kein Scherz: Die ausgiebig zitierte “Neue Solidarität” wird bei “Google News” als Nachrichtenquelle geführt. Zwei Anfragen meinerseits (eine im Januar, eine letzte Woche), ob man bei Google eigentlich wisse, um was für eine Publikation es sich bei der “Neuen Solidarität” handele, sind bis heute unbeantwortet geblieben.

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Radio Musik Fernsehen Rundfunk

Das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht

Am Donnerstag wurde in der Weltstadt Bochum die “Eins Live Krone”, der “größte deutsche Radiopreis” verliehen. Weil die Kilians als beste Newcomer nominiert waren, fühlte ich mich genötigt, mir das Spektakel anzuhören.

Da die Verleihung zwar live im Radio lief, im Fernsehen aber erst mit 25-stündiger Verpätung, musste Max von Malotki das Geschehen für die Hörer beschreiben. Das führte oft zu dezentem Chaos, wenn zu zwei bis drei Stimmen noch der Kommentar dazukam – mal davon ab, dass es schon ein bisschen, äh: wirr ist, bei der Verleihung eines Radiopreises im Radio ständig zu hören: “Ja, das könnt Ihr jetzt nicht sehen, dann müsst Ihr morgen Fernsehen gucken!”

Der Preis für den besten Newcomer war zum Glück der Dritte. Viel länger hätte ich das Elend von schlecht geschriebenen und durch Mirja Boes und Olli Briesch noch schlechter vorgetragenen Moderationstexten und die unsichtbaren Videoeinspieler (Radio!) auch nicht ertragen. Dass der Preis ausgerechnet an Boundzound ging, dessen Single “Louder” ich bekanntlich für einen der schlechtesten Songs des Genres “nervtötende, repetitive Partymucke” halte, hob meine Laune nicht gerade und so war ich froh, das Radio ausschalten zu können.

Die TV-Ausstrahlung gestern (wir erinnern uns: “Highlights”, “Mehrwert der Bilder”) war dann in mancher Hinsicht erhellend. So war die Bildregie zum Beispiel exakt so, wie man sie von einer Radiosendung erwarten würde: Die Bochumer Jahrhunderthalle wirkte abwechselnd wie ein schwarzes Loch und wie ein völlig überfülltes Tanten-Café; ständig sah man, wie sich Moderatoren, die sich längst im Off wähnten, über ihre fehlerfreien Ansagen freuten, und bei den Nominierten …

Nun ist man eigentlich von jeder Feld-, Wald- und Wiesengala gewohnt, dass bei der Vorstellung der Nominierten, meistens sogar beim Aufruf der Gewinner, diese auch im Bild sind. Entweder hatte der WDR keine fünf Handkameras zur Verfügung, die man auf die Gäste hätte richten können, oder man hielt es ernsthaft für ansprechender und aufschlussreicher, Balkendiagramme zu zeigen, deren Aussagekraft ich im Übrigen heftig bezweifle ((Leider gibt es (bisher) keine Zahlen zu den Hörer-Abstimmungen, aber wenn die Ärzte 72.000 Stimmen für “Junge” bekommen haben und das wirklich so viel mehr als für die anderen Nominierten war, dann hätte ihr Balken ja auch deutlich länger sein müssen.)), und dann in eine schlecht ausgeleuchtete Totale zu wechseln und zu hoffen, dass der oder die Gewinner schon irgendwo im Bild sein würden. Falls letzteres der Plan war, fragt man sich allerdings, wozu es Lichtdoubles bei den Proben gebraucht hat. Dass die Sportfreunde Stiller fünf mal so lang wie jede andere Band im Bild waren, ist ein subjektiver Eindruck, den ich nicht mit Messungen belegen kann. Vielleicht waren die auch nur immer in den Szenen zu sehen, die man beim WDR für die “Highlights” hielt.

Doch halten wir uns nicht an solchen Äußerlichkeiten auf: Die teilweise recht aufwändig produzierten Videoeinspieler waren durchaus nett gemeint und manchmal sogar unterhaltsam. Auch die Idee, “Let’s Dance”-Juror Joachim Llambi zwischendurch Wertungstäfelchen hochhalten zu lassen, war witzig. Wohlgemerkt: die Idee, nicht ihre Umsetzung. Dass man für besonders gelungene Moderationsübergänge (Haha, Sie verstehen …) Bruce Darnell das Mikro weiterreichen ließ (Radio!!!1) komplettierte dann meinen Eindruck, dass man die Planungskonferenz nach dem ersten “einfach mal drauf los”-Brainstorming beendet und die dort vorgetragenen Ideen zu Programmpunkten erklärt hatte. Ich kann leider nicht schreiben, dass meine eigene offizielle Abifeier lustiger gewesen sei, denn das wäre eine furchtbare Lüge.

Aber, hey: Der WDR ist ja immerhin auch der Sender, der für “Schmidt & Pocher” ((“Schmidt & Pocher” waren übrigens in der Kategorie “Beste Comedy” nominiert, was auch schon deshalb erstaunlich ist, da die Nominierungen am 28. September bekannt gegeben wurden – vier Wochen vor der ersten Sendung.)) verantwortlich ist, insofern muss man davon ausgehen, dass das dortige Unterhaltungsressort, äh: nicht existiert. Dass man den Toten Hosen, die den Preis für ihr Lebenswerk bekamen, anscheinend die halbe Laudatio (durch Jan Weiler) und die halbe Dankesrede weggeschnibbelt hat, lag sicher daran, dass es sich dabei nicht um die “Highlights” handelte – dazu gehörte ja schon die Comedy (im schlimmsten Wortsinne) “Lukas’ Tagebuch”.

Es war ja trotzdem nicht alles schlecht bei der “Krone”: Der Auftritt von Culcha Candela mit der WDR Big Band war zum Beispiel wirklich gelungen, obwohl ich “Hamma” nach wie vor für die zweitdämlichste Single des Jahres halte. Kate Nash spielte sehr charmant und verhuscht ihren Hit “Foundations” und klang dabei wie auf Platte. Wir Sind Helden gaben “Kaputt” akustisch zum Besten. Die Toten Hosen haben sich sehr ehrlich und aufrichtig gefreut und ihr Auftritt mit “Wort zum Sonntag” war auch angemessen. ((Wobei Campino natürlich inzwischen schon irgendwie nah an der Sechzig ist.)) Darüber hinaus bleibt noch die Feststellung, dass die Eins-Live-Moderatorinnen und -Moderatoren gar nicht mal so schlecht aussehen, wie man es bei Radioleuten erwarten würde ((Ich darf das sagen, ich habe schließlich selber mal Radio gemacht.)) und man die Veranstaltung mit einem besseren Buch und anderen Moderatoren sicherlich schon geschaukelt gekriegt hätte.

Fürs nächste Jahr wünsche ich mir dann mehr Klarheit, ob es sich um eine Radio- oder eine TV-Veranstaltung handeln soll. Vielleicht klappt das ja mal mit einer Live-Ausstrahlung im WDR Fernsehen.

Und wenn Sie jetzt der Meinung sind, ich sei irgendwie sehr kleinlich und miesepetrig an die Veranstaltung rangegangen: Die Wiederholung der “Eins Live Krone” kann man sich heute Abend um 23:00 Uhr im WDR Fernsehen ansehen. Dann angeblich sogar eine Viertelstunde länger als gestern.

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Wenn Journalisten ihre Tage haben

Am Samstag fand in der Bochumer Jahrhunderthalle (bzw. in deren Foyer) der Journalistentag NRW statt. Da traf man sich dann bei Kaffee und Finger Food ((Bin ich eigentlich der Einzige, der das Wort “Finger Food” unglaublich ekelhaft findet? (Andererseits heißt Hundefutter ja auch “Hundefutter” …) )), herzte die Kollegen und alles war ungefähr so, wie sich Klein Fritzchen ein Treffen von Journalisten vorstellt.

Helmut Dahlmann, Vorsitzender des DJV-Landesverbands NRW, sagte in seiner Eröffnungsrede einen Satz, dem ich durchaus zustimmen konnte. Er lautete “Die Presse ist keine vierte Gewalt mehr”. Einen Vorschlag, wie man das ändern könnte, gab es aber den ganzen Tag über nicht. Es folgte ein “Impuls” von Prof. Dieter Gorny, dem Erfinder von Klingeltonreklameabspielsendern und des Popkomm-Mexikaners (oder so), der für Ersthörer ((Djure meinte hinterher, Gorny erzähle jedes Mal das Gleiche, was ich gerne zu Glauben bereit bin.)) halbwegs spannend war. Allerdings offenbarte das Referat zum Thema “Kreativwirtschaft” auch, warum Deutschland auf absehbare Zeit keine relevante Kulturnation sein wird: All das, was Gorny in durchaus bester Absicht vorstellte (Zitat: “Für die Deutschen ist Kreativwirtschaft der Museumsshop, für die Engländer Electronic Arts.”), mag für einige der Hörer und sicher auch für die Leute der RUHR.2010, deren künstlerischer Direktor er ist, unvorstellbar progressiv klingen, für mich waren Ausführungen über das Copyright Anekdoten aus der Medienhistorie (Stichwort Creative Commons).

Besonders gespannt war ich auf Günter Wallraff – immerhin hat der Mann mit “Der Aufmacher” das Standardwerk über “Bild” geschrieben. Um “Bild” ging es dann auch immer wieder in dem von Ele Beuthner (WDR) sagenhaft konfus moderierten Gespräch, außerdem um Wallraffs berühmte Recherchearbeiten da, wo es wehtut. Nach ein paar Minuten des Zuhörens fiel auf: Wenn Wallraff über seine Arbeit und seine Erfolge redet, redet er vor allem über sich. Das darf er durchaus als “Journalisten-Legende”, aber es ist für den Teil des Publikums, der nicht die ganze Zeit sabbernd “Oh mein Gott, da vorne sitzt Günter Wallraff!!!!!1” dachte, ein bisschen ermüdend. Meine Frage nach der Recherchefaulheit namhafter deutscher Zeitungen, die lieber auf “Bild”-Artikel vertrauen, als selber in die Quellen zu schauen, beantwortete er mit einem ausführlichen Wolf-Schneider-Bashing und ehe er zum Punkt kommen konnte, hatte Frau Beuthner die Diskussion auch schon beendet.

Von beeindruckender Unergiebigkeit war das “Panel” zum Thema Digitalhörfunk, bei dem Dr. Udo Becker, der Geschäftsführer des Zeitungsverlegerverbandes NRW, Jan Marc Eumann, Medienpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, und WDR-Hörfunkdirektor Wolfgang Schmitz in brüderlicher Eintracht das wiederholten, was ich auch schon zwei Wochen zuvor beim “Campusradio-Tag NRW” zum gleichen Thema gehört hatte: So genau weiß keiner, wie Digitalhörfunk funktionieren wird und wann er kommt, aber er kommt bestimmt irgendwann und dann teilen WDR und die Zeitungsverleger das Land unter sich auf wie die Großherzöge. Dass sich Medienmenschen in Zeiten von Internet und Europäischer Union ernsthaft darüber beschweren, dass man im Süden NRWs auch Radioprogramme des SWR empfangen kann, ist eigentlich schon einen eigenen Eintrag wert, soll hier aber nur eine Randanekdote abgeben.

Kurz vor dem “Get-Together”, bei dem niemand mehr anwesend war, hörte ich mir noch an, was André Boße, Chefredakteur vom Interview-Magazin “Galore” zum Thema Interview und Redaktionsgründung zu sagen hatte. Durchaus offen sprach er über das Problem, ohne zahlungskräftigen Verlag und damit auch ohne Reise-Etat arbeiten zu müssen, was dazu führe, dass Auslandsreisen von den Film- oder Plattenfirmen bezahlt würden, was wiederum schnell zu gewissen Einflussnahmen und Abhängigkeiten führen könne. Man achte aber sehr genau darauf, keine äußere Einflussnahme zuzulassen. “Public”, die Werbebeilage für Abonnenten, hat er nicht erwähnt.

Am Ende war vor allem der direkte Vergleich zum Campusradio-Tag interessant: Die Profis unterscheiden sich nicht groß von den Amateuren, es ist eine Art Klassentreffen mit ein paar oberflächlichen Podiumsdiskussionen. Es sind keine unspannenden Veranstaltungen, aber man lernt mehr über die Branche als über Inhalte. Was mich aber irgendwie beruhigte: Die spannenden und etwas kritischeren Publikumsfragen kamen grundsätzlich von den jüngeren Kollegen.

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Radio Rundfunk

Wenn Campusradios ihre Tage haben

Am Samstag wurde CT das radio, das älteste Campusradio Nordrhein-Westfalens, zehn Jahre alt. Gefeiert wurde mit einer endlosen (ca. 16 Stunden dauernden) Live-Sendung mit beinahe allen High- und Lowlights der Sendergeschichte, mit einer großen Party im Mensafoyer und mit einem offiziellen Teil, dem Campus-Radio-Tag1 der Landesanstalt für Medien NRW (LfM).

Letzteres war eine Art Konferenz, auf der sich Campusradio-Macher aus ganz Deutschland treffen und austauschen sollten. Ich war als ehemaliger Mitarbeiter und Chefredakteur von CT zum ersten Mal bei einer solchen Veranstaltung und mein Interesse an einer Wiederholung schwand mit jeder Minute der “Workshop” genannten Podiumsdiskussionen. Ein wenig erinnerten die “Panels”, also die Menschen, die da vorne zum Diskutieren saßen, nämlich ein bisschen an das, was die Kollegen so immer von den Treffen hauptberuflicher Journalisten berichten.

Nein, das war jetzt ungerecht. Aber es gibt schon Parallelen: Wie in den großen Sendeanstalten und Zeitungsredaktionen, so gibt es auch bei den Campusradios Leute, die mit viel Herzblut und Energie (und in den meisten Fällen auch noch ohne Bezahlung) am Programm arbeiten, und Leute, die sich hinstellen und schön daherreden.

Leider (oder glücklicherweise) boten die einzelnen “Workshops” keine Möglichkeiten zu Diskussionen, geschweige denn zu kontroversen. Zwar glaube ich nicht, dass auch nur einer der Diskutanten angefangen hätte, Internetmedien als “Müll” oder “Scheißhäuser” zu bezeichnen (für solche Ausfälle wären sie wohl auch nicht alt oder verbittert genug), aber irgendwas spannendes hätte durchaus mal passieren können.

In der Diskussionsrunde “Personalmanagement im Campus-Radio” (s.a. das Liveblog von Dominik Osterholt bei Radio Q) ging es um die in der Tat brisante Frage, wie man in Zeiten verschulter Studiengänge und Studiengebühren überhaupt noch Mitarbeiter mit Tagesfreizeit finden könne. Nur Antworten gab es leider keine. “Wieder mal”, muss man sagen, denn das Thema ist natürlich mindestens ebenso alt wie die Bachelor-/Master-Studiengänge.

Echte Lösungsvorschläge hätte ich auch keine, aber die Frage, warum man als Mitglied einer Fachschaft (und manche Studiengänge haben fast so viele Fachschafts-Mitglieder wie Studenten) die Studiengebühren erlassen kriegt, nicht aber als Mitarbeiter eines Campusradios, das die Uni ja auch weit nach außen hin repräsentiert. Vielleicht stellt die ja noch mal jemand seiner Uni-Verwaltung.

Erfreulich hingegen ist, dass sich viele Radios im Moment nicht über fehlende Mitarbeiter beklagen. In Bochum kann man sein Radio-Praktikum aber zum Beispiel für die credit points des Bachelor-Studiums anrechnen lassen – wie viele Praktikanten hinterher weitermachen, lässt sich nie vorhersagen. Wolfgang Sabisch vom Münchener Ausbildungsradio M94.5 sagte deshalb den interessanten Satz, man müsse sich von dem Gedanken verabschieden, dass man als Campus- oder Ausbildungsradio immer eine gleichbleibende Qualität liefern könne. Ich sehe das durchaus ähnlich, hätte ihm aber noch deutlicher zugestimmt, wenn er statt Qualität von Quantität gesprochen hätte. Denn das Schöne an Campusradios (zumindest in NRW) ist ja, dass man nur zu zwei Stunden Liveprogramm pro Werktag verpflichtet ist und man nicht wie öffentlich-rechtliche oder Privatsender gezwungen ist, seine Musikschleife immer wieder mit schlechten Beiträgen oder nervigen Gewinnspielen zu unterbrechen.

Um die Programminhalte ging es dann im nächsten Workshop (s.a. das Radio-Q-Liveblog), genauer: um neue Programmideen. Das hatte dem Kollegen von Radio Hertz aus Bielefeld leider niemand gesagt, so dass der erst einmal zehn Minuten seine Person und die allgemeine Programmstruktur seines Senders vorstellte. Als in seiner Powerpoint-Präsentation dann die Schrift ins Bild zu fliegen begann, musste ich den Saal verlassen, um mich an der frischen Luft zu beruhigen.

Zuvor hatte ich aber immerhin noch zwei interessante Sendekonzepte kennenlernen dürfen: das Auslandsmagazin “Hin & Weg” von Radio Sirup aus Siegen und die englischsprachige “Miller & Johnson Show” beim CampusRadio Bonn. Denn auch das ist ja das Schöne an Campusradios: Man kann ohne Quotendruck und Gremien-Terror neue Ideen ausprobieren. Hinterher enden ja eh alle Moderatoren bei Einslive und Das Ding.

Interessant und sogar unterhaltsam wurde es erst in der letzten Diskussionsrunde. Das interessante war das Thema “Campusradios auf dem Weg von der analogen in die digitale Welt” (Liveblog), das unterhaltsame war unter anderem die Moderation von Radio-Q-Urgestein Daniel Fiene. Während das “Impulsreferat” von Matthias Felling die Idee des “digitalen” noch sehr weit fasste (Digitalradio, Internet, Podcasts, mobile Endgeräte), ging es anschließend leider fast nur noch um das Thema Digitalradio, von dem alle immer wieder betonten, dass das noch Zukunftsmusik sei. Vom Dachverband CampusRadios NRW (angesichts der Tatsache, dass dort nicht alle Campusradios NRWs vertreten sind, sollte man vielleicht besser von einem “Vordachverband” sprechen) gab es noch zu hören, dass es ihn seit zwei Jahren gibt, was sich im Wesentlichen mit meinen Erfahrungen in diesem Verein deckte. Denn so gut und wichtig die Idee ist, eine gemeinsame Vertretung zu haben: Die Idee, mehrere unabhängige Sender irgendwie kooperieren zu lassen, äußert sich auf einer höheren Ebene ja vor allem durch Gremien-Terror.

So endete der Campus-Radio-Tag (sieht das Wort nicht herrlich albern aus mit den ganzen Bindestrichen?) leider ohne einen nennenswerten Erkenntnisgewinn für mich. Noch vor dem Gespräch mit NRW-“Innovationsminister” Andreas Pinkwart, der Verleihung des Campusradio-Preises und dem gemeinsamen Abendessen verließ ich die Veranstaltung. Ich musste unbedingt Bayern München verlieren sehen.

P.S.: Ich danke Schandmaennchen.de für die Inspiration für die Überschrift.

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Musik Rundfunk Sport Radio

Die Schönheit des Scheiterns

Bei manchen Musikern sind die Interviews, die sie zur Veröffentlichung eines neuen Albums geben, spannender als die Musik selbst. Bei anderen Musikern ist die Musik so toll und einzigartig, dass sie gar nichts mehr zu sagen bräuchten – und manchmal auch gar nichts zu sagen haben.

Diese Erfahrung musste auch Luke Burbank von NPR machen, der Sigur Rós im Studio hatte. Zugegeben: Seine Fragen waren nicht unbedingt die besten (man lernt doch am ersten Tag, dass man keine Fragen stellen soll, auf die man mit “Ja” oder “Nein” antworten könnte), aber das, was sich aus diesem “Gespräch” entwickelt, ist schon ziemlich desaströs und somit unterhaltsam.

Anyway, last Friday the band showed up promptly at 11am (EDT) and commenced to give what is possibly the worst interview in the history of electronic media.

Seriously.

It was that bad.

Zwar bin ich mir nicht sicher, ob Burbanks Einschätzung richtig ist, aber “nicht sonderlich gut” war das Interview auf alle Fälle.

Und weil NPR so multimedial und zukunftsweisend ist, kann man sich das Radio-Interview nicht nur anhören, sondern auch ansehen. Und das alles hier.