Kommen wir nun zu einem abschließenden Nachklapp zum by:Larm-Festival und dem damit verbundenen Oslo-Trip:
Eigentlich hätte ich so durch die Gegend laufen müssen, denn groteske Napoleon-Dynamite-Brillen und Ironie-Schnauzbärte scheinen im Moment der Renner unter den Musik-nahen Skandinaviern zu sein. Ansonsten machten diese aber einen ganz normalen und höflichen Eindruck.
Am Samstag wurden dann die internationalen Pressevertreter, die sich auf Abenteuer einlassen wollten, mit Bussen aus der Stadt gebracht. Unser Busfahrer war offenbar früher einmal erfolgreicher Rallye-Teilnehmer gewesen, denn er jagte das Gefährt trotz anhaltenden Schneefalls, meterhoher Schneewände (oder noch höherer Abgründe) am Straßenrand und Gegenverkehrs mit erstaunlichem Verve den Berg hinauf. Dort erwartete uns der schönste Ausblick über Stadt und Fjord — beziehungsweise hätte er uns erwartet, wenn der Schneefall nicht die Sichtweite auf ein paar hundert Meter reduziert hätte.
So saßen wir in einem Holzhaus, das in den 1920er Jahren als Gasthaus einer großen Brauerei erbaut worden war (damals war Alkoholausschank im Stadtgebiet am Wochenende verboten, aber das Haus stand ganz zufällig kurz hinter der Stadtgrenze) und jetzt frisch renoviert wieder ein beliebtes Ausflugsziel mit kulturellem Angebot werden soll.
Kultur gab es sofort, denn ein Opernsänger, der nur ein klein wenig an Hape Kerkeling bei seinem berühten “Hurz”-Auftritt erinnerte, sang uns drei norwegische Volkslieder vor. Die Szene, wie ein Mann ein paar Dutzend übernächtigten Journalisten bei Kaffee und Rosinenbrötchen etwas vorsingt, hätte unter Umständen sehr grotesk bis peinlich werden können, aber sie war durchweg würdevoll und bewegend. Wir fragten uns anschließend, was man in Deutschland wohl seinen internationalen Gästen vorsingen würde, wenn es um die Vermittlung jahrhundertealter Kultur ginge, vertagten das Thema aber aufgrund einer drängenden Schneeballschlacht.
Ebenfalls schwer vorstellbar für Deutschland ist etwas wie das “Stratos”, ein Club in dem ich am Samstagabend kurz war: Er liegt im 12. (die Betreiber behaupten: 14.) Stock des Gebäudes der norwegischen Arbeiterpartei. Mal davon ab, dass es in Deutschland natürlich keine Arbeiterpartei gibt, wäre auch das Betreiben eines Clubs mit Dachterrasse auf deren Dach undenkbar. Aber norwegische Sicherheitsvorschriften scheinen generell etwas lockerer zu sein, wie die diversen Dachlawinen und abstürzenden Eiszapfen, die einen jederzeit töten könnten, beweisen.
Am Sonntag nach dem Auschecken machte unsere teutonische Reisegruppe noch eine kleine Rund durch die Stadt. Zunächst ging es hinunter zum Hafen, wo uns das fantastische Opernhaus erwartete, das im vergangenen Jahr eröffnet worden war.
Dann ging es am Hafen entlang, am Friedensnobelzentrum vorbei Richtung königliches Schloss, das mit beeindruckend schlichten Sicherheitsvorkehrungen aufwartete. Entweder sind die ganzen Antiterroreinheiten, Scharfschützen und Selbstschussanlagen dort perfekt getarnt oder ich habe schon öffentlich-rechtliche Funkhäuser gesehen, die sich aufwändiger geschützt hatten als das norwegische Königshaus. Schöner (weil von vornehmer Schlichtheit) ist wohl in jedem Fall das Schloss.
Leider nicht mehr geschafft habe ich es in die Nationalgalerie oder ins Munch-Museum, wo jeweils eine Ausgabe meines Lieblingsgemäldes ausgestellt wird. Aber irgendwie hab ich das dann doch noch gesehen:
Was es mit dem Oslo-Trip auf sich hatte, steht hier.