Es ist ein erschütternde Nachricht, die “Spiegel Online” heute überbringt:
Nirgendwo in Deutschland werden mehr rechte Straftaten gezählt als in dem bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen.
Und nicht nur das: Auch die meisten Verkehrsunfälle, Ehescheidungen und Sterbefälle werden im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen gezählt. (Aber auch die meisten Eheschließungen und Geburten.)
Tatsächlich bringt es erstaunlich wenig, die absoluten Zahlen verschiedener Bundesländer zu irgendeinem Thema zu vergleichen.
Im Verfassungsschutzbericht 2010 (PDF) steht zum Beispiel:
Die – in absoluten Zahlen – meisten politisch rechts motivierten Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund ereigneten sich mit 149 registrierten Delikten in Nordrhein-Westfalen, das allerdings bezogen auf je 100.000 Einwohner im mittleren Feld der Statistik liegt.
Jörg Diehl, Düsseldorfer Korrespondent des Online-Magazins, verbreitet die wenig erstaunliche Nullinformation schon länger:
Das Klischee besagt zwar, Skinheads und Neonazis trieben vor allem im Osten der Republik ihr Unwesen, doch in Wahrheit werden nirgendwo in Deutschland mehr rechte Straftaten gezählt als in dem bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen.
Das Klischee besagt zwar, Skinheads und Neonazis trieben vor allem im Osten der Republik ihr Unwesen, doch in Wirklichkeit werden nirgendwo in Deutschland mehr rechte Straftaten gezählt als in Nordrhein-Westfalen.
Das Gute an Diehls aktuellem Artikel aber ist, dass man bei der Lektüre kaum bis zu dem unsinnigen Satz durchdringt — vorher ist man nämlich schon über den Einstieg gestolpert und bewusstlos liegen geblieben:
Man hätte meinen können, die Neonazis hielten sich erst einmal zurück. Man hätte denken können, die allgemeine Empörung über die der Zwickauer Zelle zugeschriebenen Verbrechen machte sie vielleicht nachdenklich. Doch das Gegenteil scheint der Fall zu sein: Während die Republik mit der bitteren Erkenntnis ringt, dass es hierzulande tatsächlich rechtsradikale Terroristen gibt, schlagen die Glatzen in Dortmund wieder zu.
Natürlich: Bei all der “allgemeinen Empörung” werden Neonazis “nachdenklich”. Weil das, was diese Leute jahrelang am Liebsten gemacht hätten, schon jahrelang gemacht wurde.
Wer seine Artikel in einer derartigen rhetorischen und logischen Schieflage eröffnet, kann sie auch so beenden. Bei Jörg Diehl liest sich das so:
Jetzt allerdings könnten die Dortmunder Neonazis mit Sven K. einen schlagkräftigen Kader verlieren. Seit Sonntag sitzt der 24-Jährige in Untersuchungshaft und schon macht in Justizkreisen ein Wort die Runde, das eigentlich auch von den linken Aktivisten sehr begrüßt wird. Es lautet: Sicherungsverwahrung.
Offiziell indes mag sich die Staatsanwaltschaft dazu nicht äußern. Noch nicht.
Linke Aktivisten begrüßen das Wort “Sicherungsverwahrung” (aber nur eigentlich) und die Staatsanwaltschaft mag sich dazu noch nicht äußern. Und das alles im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen.