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Musik Digital

Internetversteher unter sich

Ich muss zuge­ben, nie der gro­ße Blum­feld-Fan gewe­sen zu sein. Des­we­gen war es mir auch eini­ger­ma­ßen egal, dass deren frü­he­rer Front­mann Jochen Dis­tel­mey­er vor kur­zem bei eini­gen Kon­zer­ten neue Songs vor­stell­te, die auf sei­nem Solo-Debüt „Hea­vy“ (VÖ: 25. Sep­tem­ber) ent­hal­ten sein wer­den.

Eini­ge die­ser Songs wur­den – wie heut­zu­ta­ge all­ge­mein üblich – mit Han­dy- oder Digi­tal­ka­me­ras auf­ge­nom­men und kurz danach bei You­Tube hoch­ge­la­den. Dort blie­ben sie nicht all­zu lan­ge ste­hen: Sie wur­den mit Hin­weis auf Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen gelöscht, wie der Pop­kul­tur­jun­kie ges­tern in einem Ein­trag doku­men­tier­te.

Sei­ne Über­schrift ließ kei­nen Zwei­fel dar­an, wer hier der Schul­di­ge sein müss­te:

Sony hat das Inter­net immer noch nicht begrif­fen

In den Kom­men­ta­ren ergoss sich schnell der übli­che „Wir hier unten, die da oben“-Sermon von

ich fin­de das äußerst begrü­ßens­wert wenn sich sony selbst ins bein schießt, je frü­her medi­en­kon­zer­ne aller art kre­pie­ren des­to bes­ser.

bis hin zu

Memo an mich selbst: Kauf von Sony Pro­duk­ten mei­den!

Als Chris­ti­an Ihle höf­lich anfrag­te, ob es nicht viel ein­fa­cher sein könn­te und weder Dis­tel­mey­er noch die Plat­ten­fir­ma das Risi­ko ein­ge­hen woll­ten, dass die Leu­te die neu­en Songs in schlech­ter Qua­li­tät hör­ten (weil das „den Buzz zer­stö­ren wür­de“), wur­de die­se Mög­lich­keit mit dem Hin­weis abge­bü­gelt, so schlecht sei die Qua­li­tät nun auch wie­der nicht gewe­sen.

Ich hab heu­te ein­fach mal Jochen Dis­tel­mey­ers Mana­ger Oli­ver Frank nach­ge­fragt, wie es denn zu der Löschung gekom­men sei. Der sag­te mir, er habe wäh­rend der Tour beob­ach­tet, dass immer mehr Mit­schnit­te aus den Kon­zer­ten hoch­ge­la­den wur­den, und – „weil wir nicht so früh in den Wett­be­werb ‚Wer stellt das wacke­ligs­te Video ins Netz?‘ ein­stei­gen woll­ten“ – Dis­tel­mey­ers Plat­ten­fir­ma Sony Music gebe­ten, etwas dage­gen zu unter­neh­men.

Oli­ver Frank mein­te wei­ter, dass es nicht nur immer die „bösen Kon­zer­ne“ sei­en, die Trends wie das Hoch­la­den gan­zer Kon­zer­te skep­tisch sehen, son­dern häu­fig auch die Künst­ler selbst. Man käme sich vor den hoch­ge­reck­ten Kame­ras im Publi­kum ja manch­mal vor wie vor einer Bus­la­dung Tou­ris­ten.

Ich weiß, dass es vie­len Künst­lern gera­de bei neu­em Mate­ri­al ähn­lich geht, und ich kann das ver­ste­hen: Man ver­bringt doch nicht Mona­te im Stu­dio, damit die Hörer dann eine über­steu­er­te, ver­quatsch­te und womög­lich noch nicht mal feh­ler­freie Live­ver­si­on als ers­ten Ein­druck bekom­men.

[Zwi­schen­ruf: „Dann braucht man doch gar nicht mehr live zu spie­len!“]

Äh, doch. Es ist ja was ande­res, ob drei­hun­dert Men­schen so eine Ver­si­on ein­mal hören, oder sich ein paar Tau­send die­se Ver­si­on immer und immer wie­der anschau­en kön­nen.

Man kann das als Musi­ker natür­lich auch anders sehen und wie Thees Uhl­mann sagen: „Film das und stell das online!“, aber das ist ja dann eine bewuss­te Ent­schei­dung des Künst­lers:

Tom­te – „der letz­te gro­ße Wal“ aufm Fest van Cleef 2008

(Ben Folds nutzt die You­Tube-Mit­schnit­te sei­ner Kon­zer­te ja bekannt­lich, um aus wüs­ten Impro­vi­sa­tio­nen Album­tracks zu zau­bern.)

Ich fin­de es legi­tim, wenn ein Musi­ker wenigs­tens im Vor­feld einer Album­ver­öf­fent­li­chung ver­sucht, die Kon­trol­le über sei­ne Songs zu behal­ten. (Und Jochen Dis­tel­mey­er hat ja durch­aus schon einen Song, der nicht die Sin­gle wird, zum Durch­hö­ren auf sei­ne Web­site gestellt.) Nach der Ver­öf­fent­li­chung gehö­ren die Songs ja sowie­so den Men­schen, wie Fran Hea­ly so schön sagt – auch wenn man­che das mit dem „gehö­ren“ viel­leicht ein biss­chen zu wört­lich neh­men.

Das Manage­ment von Jochen Dis­tel­mey­er hat übri­gens ange­deu­tet, dass die Löschung die letz­te gewe­sen sein wird.