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Digital Politik

Zwei Männer, die reden

Zu mei­nen liebs­ten jour­na­lis­ti­schen For­men gehört das Gespräch, wie es bei­spiels­wei­se von Roger Wil­lem­sen in „Wil­lem­sens Woche“ geführt wur­de, oder wie man es manch­mal noch im talk radio hört.

Die inter­es­san­tes­ten Gesprä­che der letz­ten Mona­te im deut­schen Fern­se­hen wur­den am offe­nen Lager­feu­er von „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ geführt. Sonst gibt es O‑Töne, die kna­ckig klin­gen sol­len und des­halb völ­lig über­steu­ert sind (inhalt­lich, nicht akus­tisch), lau­war­me Beicht­stun­den bei Rein­hold Beck­mann und Johan­nes B. Ker­ner, sowie die Volks­thea­ter-Auf­füh­run­gen bei May­brit Ill­ner und Anne Will. Aber dafür gibt es ja jetzt das Inter­net.

Peter Mül­ler, der Minis­ter­prä­si­dent des Saar­lan­des, über den ich außer sei­ner Par­tei­zu­ge­hö­rig­keit (CDU) nun wirk­lich gar nichts wuss­te, war zu Gast in den Büros von spreeblick.com und John­ny Haeus­ler hat mit ihm … ja: gespro­chen.

Es ist kein durch­re­cher­chier­tes, auf knall­har­ten Jour­na­lis­mus getrimm­tes Inter­view – was durch­aus gut ist, denn es wäre albern anzu­neh­men, dass Poli­ti­ker nicht auf knall­har­te Fra­gen vor­be­rei­tet wären. Statt­des­sen kom­men Fra­gen, die für Polit-Kom­mu­ni­ka­to­ren eher schwer vor­her­seh­bar gewe­sen sein dürf­ten, und auf die Mül­ler des­halb auch sehr offen ant­wor­tet.

Es geht weni­ger um kon­kre­te Sach­la­gen (dafür gibt es ja die Zwan­zig-Sekun­den-O-Töne in der „Tages­schau“), als viel­mehr um ein grö­ße­res Gan­zes. Ich hät­te bei vie­len Fra­gen gleich mit­erklärt, was social net­works sind, aber Mül­ler macht den Ein­druck, als wis­se er durch­aus Bescheid, ohne gleich berufs­ju­gend­lich-ran­schmei­ße­risch zu wir­ken. Er hält es für „völ­lig unmög­lich“, tech­ni­sche Ent­wick­lun­gen auf­zu­hal­ten, und spricht sich „im Zwei­fel für die Frei­heit“ aus. Mül­ler erklärt, wel­che Bedeu­tung das „C“ in „CDU“ hat, und schafft es sogar, sei­nen (mei­ner Mei­nung nach unnö­ti­gen) Vor­stoß, die deut­sche Spra­che im Grund­ge­setz zu ver­an­kern, schlüs­sig zu begrün­den.

Ich habe mir die Nai­vi­tät bewahrt zu glau­ben, dass Poli­ti­ker auch Men­schen sind. Zyni­ker wer­den wie­der los­brül­len, das sei alles Pose und Spree­blick habe sich vor den Wahl­kampf­kar­ren span­nen las­sen. Aber da ich auch glau­be, dass die, die nichts zu sagen haben, immer am lau­tes­ten brül­len, emp­fiehlt es sich viel­leicht ein­fach, mal einem lei­sen Gespräch mit einem Poli­ti­ker aus der zwei­ten Rei­he zuzu­hö­ren. Einem boden­stän­di­gen, sym­pa­thi­schen Mann, bei dem man nicht Angst haben muss, er wer­de als nächs­tes „Yes we can!“ brül­len. Jeman­dem wie Peter Mül­ler eben.

Peter Mül­ler zu Gast bei Spree­blick