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Die schwei­zer Bank Juli­us Bär ist gericht­lich gegen die Inter­net-Platt­form Wiki­leaks vor­ge­gan­gen, weil auf die­ser Kun­den­da­ten auf­ge­taucht waren, die Geld­wä­sche und Steu­er­hin­ter­zie­hung auf den Cayman Islands bele­gen sol­len. Inzwi­schen ist Wiki­leaks wie­der online.

Da mein Inter­es­se am Finanz­ge­sche­hen eher gering ist, kann­te ich die Bank Juli­us Bär vor­her gar nicht – genau­so wenig wie Wiki­leaks. Eben­so war mir der Begriff für der­art unfrei­wil­li­ge PR bis­her unbe­kannt, aber Dank NPR weiß ich nun, dass man in sol­chen Fäl­len vom „Strei­sand effect“ spricht. Die­ser ist benannt nach der Schau­spie­le­rin Bar­bra Strei­sand, die einen Foto­gra­fen ver­klagt hat­te, dem beim Foto­gra­fie­ren der kali­for­ni­schen Küs­te auch das Haus der Schau­spie­le­rin vor die Lin­se gera­ten war. Bis zu ihrer Kla­ge war das nie­man­dem auf­ge­fal­len, danach war das Foto auf Inter­net­sei­ten und in Zei­tun­gen zu sehen.

Auch in Deutsch­land kennt man Fäl­le, in denen die (ver­such­te) Ver­hin­de­rung von Bericht­erstat­tung sehr viel mehr Auf­merk­sam­keit erzeugt hat als die ursprüng­li­che Bericht­erstat­tung selbst. Aller­dings unter etwas ande­ren Vor­zei­chen:

Da wäre der Nach­rich­ten­spre­cher, der 1998 gericht­lich gegen die Behaup­tung vor­ging, er sei homo­se­xu­ell, und mit die­sem Schritt eine grö­ße­re media­le Auf­merk­sam­keit erreg­te, als es die Nischen-Medi­en, die die Behaup­tung auf­ge­stellt hat­ten, je gekonnt hät­ten.

Oder der dama­li­ge Bun­des­kanz­ler, der vor Gericht zog, weil eine Nach­rich­ten­agen­tur in einem Neben­satz die Behaup­tung einer Image-Bera­te­rin zitiert hat­te, der Poli­ti­ker fär­be sein dunk­les Haupt­haar.

Nun ver­hält es sich in die­sen Fäl­len etwas anders als bei Juli­us Bär und Bar­bra Strei­sand: Gericht­lich bestä­tigt müs­sen wir davon aus­ge­hen, dass der Nach­rich­ten­spre­cher wirk­lich nicht homo­se­xu­ell ist, der Kanz­ler wirk­lich nicht gefärbt hat.

Allein: Das Unter­be­wusst­sein kennt ja angeb­lich kei­ne Ver­nei­nung und spei­chert des­halb den Begriff „schwul“ unter dem Foto des Nach­rich­ten­spre­chers ab und addiert beim (inzwi­schen Alt-)Kanzler „Haa­re fär­ben“. Mal davon ab, dass man als Spit­zen­po­li­ti­ker mit einem klein­li­chen Pro­zess in der Regel mehr blei­ben­den Ein­druck hin­ter­lässt, als eine unbe­kann­te Image-Bera­te­rin mit einem dahin­ge­sag­ten Halb­satz über die Haa­re des Kanz­lers.