Kategorien
Politik

Die Normalität des Bösen

Udo Vet­ter hat im Law­blog eine sehr inter­es­san­te MP3 ver­linkt. Zu hören ist Ange­la Mer­kel bei ihrem gest­ri­gen Auf­tritt in der Stadt­hal­le Osna­brück, wo sie den nie­der­säch­si­schen Minis­ter­prä­si­den­ten Chris­ti­an Wulff im Wahl­kampf unter­stütz­te.

Die­ser gut ein­mi­nü­ti­ge Aus­schnitt ist bemer­kens­wert – sprach­lich wie inhalt­lich. Und des­halb gehen wir die wesent­li­chen Stel­len mal gemein­sam durch.

Sie wer­den sich erin­nern, die Älte­ren unter Ihnen, wie vie­le Schlach­ten wir schon geschla­gen haben.

War­um aus­ge­rech­net Frau­en immer so eine mar­tia­li­sche Spra­che an den Tag legen müs­sen, habe ich mich schon bei Eva Her­man gefragt. Aber das ist hier nur ein unwich­ti­ges Detail …

Heu­te hät­ten wir weder die liba­ne­si­schen Kof­fer­bom­ber gefun­den, noch hät­ten wir die Schlä­ge­rei­en des alten Man­nes in der U‑Bahn in Mün­chen so schnell auf­klä­ren kön­nen, und heu­te fin­det jeder Video­über­wa­chung auf gro­ßen Plät­zen, öffent­li­chen Plät­zen ganz nor­mal.

Mit den „Kof­fer­bom­bern“, die auch von seriö­sen Medi­en nur unter Auf­bie­tung von Anfüh­rungs­zei­chen so genannt wer­den, war es so: Der ers­te Ver­däch­ti­ge wur­de nach Hin­wei­sen des liba­ne­si­schen Geheim­diens­tes fest­ge­nom­men, der zwei­te stell­te sich im Liba­non selbst. Und die bei­den jun­gen Män­ner, die in Mün­chen einen Rent­ner zusam­men­ge­schla­gen haben (Ist die For­mu­lie­rung „die Schlä­ge­rei­en des alten Man­nes“ nicht irgend­wie drol­lig?) wur­den mit­hil­fe eines kurz zuvor gestoh­le­nen Mobil­te­le­fons über­führt.

Auch die Behaup­tung, „jeder“ fän­de die Video­über­wa­chung „nor­mal“, hal­te ich für sehr gewagt – Frau Mer­kel aber bekannt­lich nicht.

Wenn es die Uni­on nicht gewe­sen wäre, die dafür gekämpft hät­te, dass das not­wen­dig ist, hät­ten wir heu­te noch kei­ne Video­über­wa­chung.

Es mag eine leich­te Unsi­cher­heit in der frei­en Rede sein, aber fin­den Sie es nicht auch irgend­wie merk­wür­dig, dass die Uni­on dafür „kämpft“, dass etwas „not­wen­dig“ ist? Ent­we­der etwas ist not­wen­dig, oder es ist es nicht.

Wir wer­den nicht zulas­sen, dass tech­nisch man­ches mög­lich ist, aber der Staat es nicht nutzt, dafür aber die Ver­bre­cher und Täter und Ter­ro­ris­ten es nut­zen, das ist nicht unser Staat, der Staat muss hier hart sein.

„Tech­nisch mög­lich“ sind auch die Fol­ter mit Elek­tro­schocks, die geziel­te Tötung von Ver­däch­ti­gen oder ande­re, gegen die UN-Anti­fol­ter­kon­ven­ti­on ver­sto­ßen­de Maß­nah­men. Will der Staat die zukünf­tig auch nut­zen?

Wie weit will „der Staat“ (Wer soll das über­haupt sein? Sie? Ich? Mer­kel­schäub­le­zy­pries?) beim Wett­rüs­ten mit den bösen Jungs gehen? „Die machen das, also machen wir das auch“, hal­te ich für eine sehr gefähr­li­che Argu­men­ta­ti­on, mit der man den Boden des Rechts­staats schon nach kur­zer Zeit ver­lässt.

Und: Wer sind „die Ver­bre­cher und Täter und Ter­ro­ris­ten“? Ab dem Ver­dacht zu wel­cher Straf­tat will Frau Mer­kel da wel­che tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten aus­rei­zen? Wirk­lich erst ab Ter­ro­ris­mus, oder viel­leicht doch schon bei Laden­dieb­stahl? Sicher doch auch gegen Kin­der­por­no­gra­phie, nicht? Da war die Staats­an­walt­schaft doch erst kürz­lich so mega-erfolg­reich.

Frau Mer­kels Ansich­ten sind beun­ru­hi­gend, ihre Spra­che ver­rä­te­risch.