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Scheitern als Chance

Da schrei­be ich ges­tern noch über die Musik­in­dus­trie und die tol­le Idee, zah­len­den Kun­den funk­ti­ons­lo­se „Ton­trä­ger“ zu ver­kau­fen, und was mache ich qua­si zeit­gleich? Gehe zu Saturn und kau­fe an einer idio­ti­schen SB-Kas­se eine CD mit Kopier­schutz.

Das aller­dings fiel mir erst auf, als ich die CD zum Anhö­ren in den hei­mi­schen Com­pu­ter schob: iTu­nes woll­te die Schei­be in kei­nem der bei­den Lauf­wer­ke wie­der­ge­ben und nicht mal Win­dows konn­te das Ding erken­nen. Das ist für ein End­an­wen­der-Pro­dukt neu­er Rekord, bis­her kann­te ich der­ar­ti­gen Digi­tal­müll nur als Rezen­si­ons­exem­pla­re für die schwer­kri­mi­nel­len Musik­jour­na­lis­ten. Das Kopier­schutz-Logo war übri­gens erstaun­lich gut getarnt, die CD „The Sin­gles“ von Base­ment Jaxx aus dem Jahr 2005 (was den Kopier­schutz im Nach­hin­ein erklärt). Da an eine gemein­sa­me Zukunft aus nahe­lie­gen­den Grün­den nicht zu den­ken war, schlepp­te ich die CD zurück zu Saturn.

An der Info­the­ke im Erd­ge­schoss muss­te ich nur drei Minu­ten war­ten, dann füll­te die (wirk­lich freund­li­che) Dame einen „Mit­bring­schein“ aus, kopier­te mei­nen Kas­sen­bon von ges­tern und schick­te mich an die Infor­ma­ti­on der CD-Abtei­lung im zwei­ten Stock.

Die dor­ti­ge Infor­ma­ti­on, an der ich zunächst vor­sprach, war die fal­sche, man schick­te mich zu einer wei­te­ren am ande­ren Ende des Gebäu­des. Dort trug ich mein Anlie­gen ein drit­tes Mal vor:

Ich: „Guten Tag, ich habe ges­tern die­se CD gekauft. Da ist ein Kopier­schutz drauf und ich kann sie nicht hören!“
Typ: „Auf dem Com­pu­ter …“
Ich: „Äh, ja.“
Typ: „Das steht da aber auch drauf, nicht?“
Ich: „Oh Gott, Sie wol­len doch auch nicht, dass ich hin­ter­her im Blog so Sachen wie ‚mei­ne Hals­schlag­ader schwoll an‘ oder ‚dürf­te ich bit­te Ihren Vor­ge­setz­ten spre­chen‘ schrei­ben muss, oder? Ich habe ein paar Dut­zend CDs zuhau­se, auf denen Kopier­schutz­lo­gos drauf sind. Bis­her konn­te ich jede ein­zel­ne davon hören – und auf eini­gen war noch nicht mal wirk­lich ein Kopier­schutz drauf.“
Typ: (mur­melt unver­ständ­lich)

Im Fol­gen­den wur­de ich gebe­ten, mei­nen Namen und mei­ne Anschrift zu nen­nen. Ich war natür­lich viel zu ver­wirrt, irgend­wel­chen Blöd­sinn zu erzäh­len, und wuss­te auch nicht, ob mir das Geld nicht viel­leicht bar per Post zuge­stellt wer­den soll­te. Wur­de es aber nicht: Es wur­de ein wei­te­res Blatt Papier bedruckt (der Laden muss eine beein­dru­cken­de Öko-Bilanz haben) und mir mit den Wor­ten „Damit gehen Sie jetzt wie­der zur Kas­se und krie­gen Ihr Geld!“, in die Hand gedrückt wur­de.

Noch ein­mal kurz zum Mit­schrei­ben: Um einen Ton­trä­ger umzu­tau­schen, der die Töne zwar tra­gen mag, aber nicht mehr her­ge­ben will, muss­te ich bei drei Per­so­nen (vier, wenn man die fal­sche Info-The­ke mit­zählt, was ich ger­ne mache, denn die war ja nicht mein Feh­ler) auf zwei Eta­gen vor­spre­chen und bekam nach nur einer Vier­tel­stun­de mei­ne 8,99 Euro zurück.

Und jetzt will ich kei­ne Argu­men­te für die CD mehr hören. Die Zukunft gehört der MP3!