Jetzt isse also auch schon zehn Jahre tot, die Prinzessin. Noch immer wollen viele Leserinnen von Wartezimmerauslegeware nicht glauben, dass das glamouröse Leben von “et Daiänna” endete, weil ihr betrunkener Fahrer einen Mercedes mit überhöhter Geschwindigkeit gegen einen Betonpfeiler jagte.
Wie später bei den Anschlägen des 11. September oder vorher bei der Ermordung John F. Kennedys (die deutlich Älteren werden sich erinnern …) weiß heut noch jeder, wo er an diesem schönen Sonntagmorgen war, als er “davon” erfuhr. Alternativ hat sich das Unterbewusstsein aus der Wirklichkeit und den Milliarden Berichten, die man seitdem über diese Ereignisse gesehen hat, eine eigene, vielleicht spannendere Version dieses Moments zurechtgebogen.
Ich taperte an diesem 31. August 1997 – von einer ein paar Tage zurückliegenden Operation noch leicht gehbehindert – durch die elterliche Wohnung und vernahm auf WDR2 (es ist immer WDR2, wenn irgendwas schlimmes passiert) einen Nachrichtensprecher, der folgenden Satz vorlas: “Bundespräsident Herzog hat in einem Telegramm den Prinzen William und Harry sein Mitgefühl ausgedrückt.”
“Was ist da los?”, dachte ich, fragte ich und bekam ich berichtet. Und obwohl mir Prinzessin Diana bis zu diesme Moment nun wirklich sowas von egal gewesen war, war ich doch … Nein, nicht geschockt oder berührt oder so: verwirrt. Ich nahm die Nachricht zur Kenntnis und widmete mich dem, was ich schon seit Ewigkeiten mache, wenn irgendetwas schlimmes passiert ist: Ich versuchte, alle Informationen über das Ereignis aufzusaugen.
Ich erinnere mich daran, dass ich es irgenwie unpassend fand, dass WDR2 “Mmmm, Mmmm, Mmmm, Mmmm” von den Crash Test Dummies spielte (“Once there was this kid who got into an accident and couldn’t come to school”), dass wir am Nachmittag in “Mr. Bean – Der Film” waren, und dass am Abend nichts anderes im Fernsehen kam als die tote Prinzessin. Alle Menschen sprachen nur noch davon, Milliarden sahen die Beerdigung im Fernsehen und ich schnitt mir den neuen Text von Elton Johns “Candle In The Wind” aus der Zeitung aus und versuchte, das Lied auf dem Klavier nachzuspielen. Nach anderthalb Wochen war mir das englische Königshaus wieder völlig egal.
Und wenn dieser Tage wieder überall über die Prinzessin berichtet wird und der Satz “Sie wird nie vergessen werden” fällt, dann ist das eine self-fulfilling prophecy.