Monat: Februar 2007
Fernsehbeweis #1 (12.02. – 18.02.)
Ein echter Meilenstein für die C&TV-Mission, aber wirklich auch noch den letzten Scheiß mit irgendeiner irreführenden, nichts sagenden Popkultur-Referenz zu benennen: Der Fernsehbeweis, ein hiermit gestarteter, vermutlich niemals fortgeführter Wegweiser durch die brennenden Überreste, die noch da sind vom deutschen TV-Programm. Als ob dein Leben nicht so schon langweilig genug wäre, richtig.
Montag: Lost (Pro 7, 22.15 – 23.15 Uhr)
Erste Folge des zweiteiligen Season-Finales. Letztes Jahr hätte man sich bei Pro 7 vielleicht noch die Mühe gemacht, beide Folgen am Stück zu zeigen, aber jetzt läuft ja vorher der “Gameshow Marathon” mit den beiden Olli P.s und Sonja Krauss als Gast. Ist das nicht eigentlich witzig, dass Olli Pocher so herunter gekommen ist, dass er eine Show zusammen mit Oliver Petszokat machen muss, dem gleichen Typ, dem er früher regelmäßig mental in die Eier getreten hat? Ist das jetzt Gerechtigkeit? Wie ist da die Stimmung Backstage? Nun ja, “Lost” jedenfalls, da geht es diesmal hoch her, man darf ja nichts Genaueres sagen, weil jeder Zuschauer auf seinem eigenen Stand ist mit den ganzen DVDs und Interneträubern, die es da gibt. Der Cliffhänger wird mörderisch, so viel sei verraten.
Dienstag: Lichter (3sat, 22.45 – 00.25 Uhr)
So eine Art Episodenfilm über deutsch-polnische Grenzschicksale, ganz ohne blöde Polenwitze, aber dafür mit Matratzenverkäufern, Zigarettenschmugglern und ukrainischen Flüchtlingen. Kann man auch mit geschlossenen Augen gucken, so schön ist der Soundtrack von The Notwist.
Mittwoch: Die Truman Show (Pro 7, 20.15 – 22.10 Uhr)
Erster Teil des großen Jim-Carrey-Ernsthaftigkeitfindungs-Marathons. Ace Venturra spielt hier einen tapsigen Jedermann, der ein bisschen ungehalten wird, als ihm dämmert, dass sein Leben eine Fernsehsendung ist. Die Moral: Unser aller Leben ist eine Fernsehsendung. Wer danach noch Lust hat, mag vielleicht David Lynchs “Blue Velvet” auf Arte gucken.
Donnerstag
Heute bleibt das Fernsehen geschlossen, Betriebsausflug.
Freitag: Der Mondmann (3sat, 22.45 – 00.40 Uhr)
Zweiter Teil des großen Jim-Carrey-Ernsthaftigkeitfindungs-Marathons. Bruce Almighty spielt hier den Komiker Andy Kaufman, dessen Leben zwar immerhin keine Fernsehsendung, aber doch auch ziemlich straff durchinszeniert ist. Unglaublicher Film, wir sind hier ja nicht zur Neutralität verpflichtet.
Samstag: In der Hitze der Nacht (ARD, 22.55 – 00.40 Uhr)
Wir widerstehen der Versuchung, mit „Batman Forever“ auf den dritten Jim-Carrey-Film der Woche hinzuweisen und empfehlen lieber diesen 40 Jahre alten Krimi, der sich an der Aufklärung eines Mordes in einer Kleinstadt in Mississippi, die noch auf die Erfindung der Rassengleichheit wartet, abarbeitet. Das Erste zeigt ihn wegen des 80. Geburtstags von Sidney Poitier am 20.2., wozu wir natürlich noch nicht gratulieren, weil das doch Unglück bringt und wir nicht schuld sein wollen, falls irgendwas mit Sidney Poitier passiert.
Sonntag: Scary Movie 3 (Pro 7, 20.15 – 20.25 Uhr) und Muxmäuschenstill (ARD, 23.30 – 01.00 Uhr)
Die ersten zehn Minuten des dritten “Scary Movie” sollte man mitnehmen, danach vielleicht noch schnell in die Badewanne und dann aber rüber ins Öffentlich-Rechtliche, wo diese Pseudo-Dokumentation um einen fanatischen Selbstjustizler gezeigt wird, der arglosen Mitbürgern auflauert und sie für ihre kleinen Sünden bestraft. War 2004 für den deutschen Filmpreis nominiert, falls das jemandem weiterhilft.
Torschützen und Theoretiker
Eines der Hauptprobleme für Prominente ist das Erkanntwerden, und das gleich doppelt: Geht ein Prominenter (Politiker, Sportler, Telenoveladarsteller) neben einer Person, die nicht durch diverse Presseberichte als sein aktueller Lebenspartner bekannt ist, durch die Straßen irgendeiner deutschen Stadt, ist die Chance groß, dass gleich jemand mit einem Fotohandy hinter dem nächsten Straßenschild hervorspringt, ungefragt ein verwackeltes Foto “schießt” und dieses an ein Boulevardblatt verkauft. Das fragt dann in einer neckischen Bildunterschrift, was denn wohl die Frau des Prominenten dazu sage, aber die Antwort dieser Frau (“Ich begrüße es durchaus, wenn mein Gatte mit seiner Schwester, die gerade in Trennung von ihrem dritten Mann lebt, durch die Straßen seiner Heimatstadt schlendert, während ich mit einer Wohnraumexpertin unser Wohnzimmer im Landhausstil relaunche – dann sitzt er mir nämlich beim Einrichten nicht im Weg!”) wird der Leser nie erfahren, weil sie womöglich total unspannend wäre.
Total unspannend bis deprimierend kann es für einen Prominenten aber auch sein, eben genau nicht erkannt zu werden. Wer dieser Tage über den roten Teppich der Berlinale geht und dabei nicht um Autogramme und gemeinsame Fotos gebeten wird, der kann schnell in eine mittelschwere Sinnkrise stürzen.
Mein Problem mit Prominenten ist, dass ich sie meist an so unwahrscheinlichen Orten sichte, dass ich zunächst immer an eine Verwechslung glaube. So stand ich am Montagabend nichtsahnend auf einer Kunstausstellung in Düsseldorf, als hinter meinem Rücken plötzlich Kevin Kuranyi auftauchte. Nun braucht es schon einige Überwindung der eigenen Vorurteile, sich einen Fußballnationalspieler auf einer Vernissage vorzustellen, aber es spricht einiges dafür: Kevin Kuranyi hat ja nicht gerade das, was man ein Allerweltsgesicht nennt (das wäre etwa bei Mike Hanke schon ganz anders), und die deutsche Fußballnationalmannschaft befand sich seit Sonntagabend tatsächlich zwecks Länderspielvorbereitung in Düsseldorf. Wenn es also wirklich Kevin Kuranyi war, kann ich in Zukunft berichten, dass alle Fußballnationalspieler, mit denen ich jemals im gleichen Raum war, danach innerhalb von 48 Stunden ein Tor geschossen haben.
Heute war es dann schon wieder so weit: im Bochumer Hauptbahnhof fuhr ein Mann die Rolltreppe hinab, der eine nicht geringe Ähnlichkeit mit dem Philosophen Peter Sloterdijk aufwies. Dieser sollte am gleichen Tag bei einem Symposium an der Ruhr-Uni zugegen sein, was mir auch sofort wieder einfiel, als ich den möglichen Doppelgänger erblickte. Allein: müssen weltweit geachtete Professoren, die auf dem Weg zu Tagungen über die Dialektik der Säkularisierung sind, wirklich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren? Reisen sie zu solchen Terminen wirklich ganz ohne Gepäck an? Und: kann es wirklich sein, dass der Autor von “Ich prognostiziere der Philosophie eine neue Vergangenheit” und Gastgeber des “philosophischen Quartetts” die U-Bahn in die falsche Richtung nimmt?
Falls also jemand persönlichen Kontakt zu den Herren Kuranyi oder Sloterdijk hat (Noch spannender wäre natürlich jemand, der Kontakt zu beiden hat – was mögen die schon groß gemeinsam haben?), wäre ich natürlich hocherfreut zu erfahren, ob ich einer Verwechslung aufgesessen bin oder mein Weg tatsächlich mit Prominenten gepflastert ist.
Lauf, Stapel, lauf!
Schön, dass Sie alle so zahlreich erschienen sind!
Bei mir ist jetzt die Gattin des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden der Zementwerke Niedermörmter, Heidrun Bessmer-Vollenstein. Ich will gar nicht lange quatschen, Frau Bessmer-Vollenstein, vielleicht nehmen Sie einfach mal diese Flasche Sekt hier und werfen sie mit etwas Schwung – und wir kennen Sie ja als schwungvolle Frau – dort gegen diesen alten 14-Zoll-Bildschirm aus südkoreanischer Produktion.
Herrlich, wie das gespritzt und gezischt und geknallt hat. Ganz herzlichen Dank, Frau Bessmer-Vollenstein, dieses Blog – ich hab extra mal nachgeschaut: Blog gilt wohl als Neutrum, deswegen “das” – ist damit eröffnet. Grüßen Sie Ihren Mann und die Kinder ganz herzlich, wenn Sie wollen, können Sie noch was von den Schnittchen mitnehmen, zum Mittach oder so …