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Caught in a bad romance

Geht wei­ter: Nach dem DJV NRW beschwert sich jetzt die „Deut­sche Jour­na­lis­tin­nen und Jour­na­lis­ten Uni­on“ (dju) über die Art, wie das Manage­ment von Leo­nard Cohen mit Jour­na­lis­ten umgeht.

Und Eins­li­ve beklagt sich völ­lig zu Recht über die Repres­sio­nen, denen die Bericht­erstat­ter bei den gest­ri­gen Kon­zer­ten von Cold­play und Lady Gaga in Köln aus­ge­setzt waren:

Am Diens­tag­abend (04. Sep­tem­ber) haben in Köln gleich zwei Kon­zert-High­lights statt­ge­fun­den. Lady Gaga und Cold­play – prä­sen­tiert von 1LIVE. Nor­ma­ler­wei­se wür­det ihr an die­ser Stel­le eine Bil­der­ga­le­rie mit Fotos von den Kon­zer­ten fin­den. Doch durch Foto­ver­trä­ge wird die Bericht­erstat­tung über Kon­zer­te zuneh­mend erschwert.

Tja. Da prä­sen­tiert Eins­li­ve die Kon­zer­te und kann dann nicht mal eine Bil­der­ga­le­rie anbie­ten. Aus unter­schied­li­chen Grün­den: Cold­play woll­ten alle Rech­te an den geschos­se­nen Fotos haben (was, um das noch mal zu beto­nen, eine grö­ßen­wahn­sin­ni­ge und mit dem deut­schen Urhe­ber­recht schwer zu ver­ein­ba­ren­de For­de­rung ist), und Lady Gaga ließ gar kei­ne Pres­se­fo­to­gra­fen rein.

Es dür­fen nur die Bil­der ver­öf­fent­licht wer­den, die ihr eigens enga­gier­ter Tour­fo­to­graf geschos­sen hat. Für Bild­jour­na­list Peter Waf­zig geht das zu weit: „Sie pro­du­ziert ein Bild von sich selbst, das sie ger­ne in der Öffent­lich­keit sehen möch­te und sorgt dafür, dass die Pres­se ganz mas­siv beein­flusst wird.“

Dass Lady Gaga ein Bild von sich selbst pro­du­ziert, dürf­te nie­man­den ernst­haft über­ra­schen. Ich fra­ge mich aber, was sich an die­ser Insze­nie­rung geän­dert hät­te, wenn neben dem offi­zi­el­len auch ande­re Foto­gra­fen Bil­der hät­ten machen kön­nen. Wenn Frau Gaga nicht gera­de auf der Büh­ne stol­pert und einem Pres­se­fo­to­gra­fen ein beson­ders unvor­teil­haf­tes Bild gelingt, wer­den sich die Bil­der im Gro­ßen und Gan­zen ähneln. In den aller­meis­ten Fäl­len kann die Pres­se eh nur die Insze­nie­rung wei­ter trans­por­tie­ren, die sie vor­ge­setzt bekommt. Ein Kon­zert ist ja in der Regel kein Fuß­ball­spiel, wo sich in den Fan­blö­cken immer wie­der Sze­nen abspie­len, die der Ver­band lie­ber nicht in der Zei­tung sehen wür­de – und selbst da müss­te man ja noch mal län­ger über­le­gen, ob es die Idio­ten nicht eher anspornt, wenn ihre men­schen­ver­ach­ten­den Ban­ner hin­ter­her im Fern­se­hen zu sehen sind, egal, wie erho­ben der Zei­ge­fin­ger der Repor­ter dabei ist.

Aber zurück zu Lady Gaga: Die bräuch­te die Medi­en womög­lich gar nicht mehr. Auf Twit­ter kann sie zu 29 Mil­lio­nen (über­wie­gend wahn­sin­nig loya­len) Fol­lo­wern direkt spre­chen – nicht mal ein Auf­tritt bei „Wet­ten dass..?“ oder eine Titel­sei­te in der „Bild“-Zeitung kann da mit­hal­ten. Der Hebel, an dem die klas­si­schen Medi­en (zu denen auch die Web­site eines Radio­sen­ders gehört), ist nicht nur kür­zer gewor­den, er ist kom­plett ver­schwun­den.

Wenn es Eins­li­ve drauf anle­gen wür­de, könn­ten sie ein­fach kei­ne Songs von Cold­play und Lady Gaga mehr spie­len. Das wäre mal ein State­ment, könn­te aber auch nach hin­ten los­ge­hen (Stich­wort: 29 Mil­lio­nen Fol­lower). Und dann wür­de voll­ends offen­sicht­lich, dass sich die Medi­en nach Belie­ben von der Unter­hal­tungs­in­dus­trie, die doch eigent­lich schon tot war, am Nasen­ring durch die Mane­ge zie­hen las­sen. Die Musik­ma­nage­ment­fir­men sind kein Mine­ral­öl­kon­zern, der Image­schä­den und Umsatz­ein­bu­ßen befürch­ten muss, wenn er eine Ölplatt­form in der Nord­see ver­sen­ken will. Bleibt also nur noch: Pro­tes­tie­ren.

Frehn Hawel arbei­tet bei einer Ver­an­stal­tungs­agen­tur und kennt das Pro­blem. Er ver­sucht, zwi­schen Manage­ment und Foto­gra­fen zu ver­mit­teln: „Es ist eigent­lich nicht im Sin­ne des Künst­lers. Es ist für die Pro­mo­ti­on oder die Pres­se­ar­beit für eine Tour­nee eher hin­der­lich, wenn man die­se Ver­trä­ge auf­setzt, weil dadurch ein­fach Berich­te weg­fal­len, die man viel­leicht auch braucht, um den Vor­ver­kauf anzu­kur­beln.“

Das mit dem Vor­ver­kauf scheint ganz gut geklappt zu haben: Cold­play haben das Köl­ner Sta­di­on aus­ver­kauft, Lady Gaga für heu­te die Köln­are­na (das gest­ri­ge Zusatz­kon­zert war nicht ganz aus­ver­kauft) – mit freund­li­cher Unter­stüt­zung von Eins­li­ve, wo bis zuletzt Kar­ten ver­lost wur­den. Künst­ler und Sen­der waren Geschäfts­part­ner und einer von bei­den hat den ande­ren über den Tisch gezo­gen. Kon­se­quent wäre, auf die Prä­sen­ta­ti­on solch „schwie­ri­ger“ Künst­ler künf­tig zu ver­zich­ten.

Ich kann die Empö­rung über die­se Foto­gra­fen­ver­trä­ge völ­lig nach­voll­zie­hen: Sie sind mora­lisch und juris­tisch hoch­gra­dig frag­wür­dig. Aber es fällt mir schon schwer, die­se Art von Empö­rung ernst zu neh­men:

Es ist ein Span­nungs­feld zwi­schen Manage­ment, Ver­an­stal­tern und Foto­gra­fen. Über Face­book und ande­re sozia­le Netz­wer­ke bil­det sich zuneh­mend Wider­stand gegen die Foto­ver­trä­ge. Auch Jour­na­lis­ten­ver­bän­de war­nen vor Ein­grif­fen in die Pres­se­frei­heit. Es ist auf der einen Sei­te durch­aus ver­ständ­lich, dass Bands wis­sen wol­len, wo ihre Bil­der ver­öf­fent­licht wer­den. Es muss aber die Fra­ge geklärt wer­den: Wo hört ein gewis­ses Maß an Kon­trol­le auf und wo geht Zen­sur los?

„Pres­se­frei­heit“! „Zen­sur“! Natür­lich!

Das geht nicht mehr als „Weh­ret den Anfän­gen“ durch, das ist eine völ­li­ge Fehl­ein­schät­zung der Situa­ti­on: Die Manage­ments machen Ange­bo­te und ich fürch­te, die Medi­en kön­nen nicht mehr tun, als sich nicht dar­auf ein­zu­las­sen. Die Selbst­in­sze­nie­rungs­ma­schi­ne­rie wird das natür­lich nicht stop­pen. Die hat gewon­nen.